2. Teil:
Operatives Marketing
Lernziele
Das generelle Lernziel dieses Teils liegt im Aufbau von Kenntnissen zur Ausgestaltung von Marketingmaßnahmen:
- Sie lernen operatives Marketing als ein Maßnahmenprogramm kennen, mit dem Sie strategische Marketingziele realisieren können.
- Sie verstehen die erforderlichen Informations- und Verhaltensgrundlagen für die Gestaltung von Marketingmaßnahmen
- Sie lernen die vier Instrumentalbereiche der Marketing im Detail kennen und verstehen die Rahmenbedingungen für deren Einsatz
- Sie überblicken die Möglichkeiten zur organisatorischen Gestaltung von Marketing im Unternehmen
1 Die Rahmenbedingungen der Gestaltung absatzpolitischer Instrumente
Der Marketing-Mix ist das letzte Glied der Marketingkonzeption. Hier erfolgt die eigentliche Umsetzung der strategischen Maßnahmen zur Erreichung der definierten Ziele. Mix bedeutet daher, eine möglichst optimale Kombination der einzelnen marketingpolitischen Instrumente zu finden und diese umzusetzen. Der klassische Marketing-Mix besteht aus vier Elementen („four P’s“), die im Folgenden intensiv erläutert werden:
- Die Leistungspolitik oder Produkt- und Programmpolitik (product)
- Die Entgeltpolitik oder Preispolitik (price)
- Die Distributionspolitik (place)
- Die Kommunikationspolitik (promotion)
Diese vier Instrumentalbereiche sind so einzusetzen, dass letztendlich die verfolgten Marketing-Ziele erreicht werden. Abzustimmen sind die Marketing-Instrumente dabei im sog. Marketing-Mix, innerhalb dessen Interdependenzen zwischen den einzelnen Marketing-Instrumenten berücksichtigt werden können. Auf diese Weise gelingt es, gestalthaft ganzheitlich auf die Konsumenten bzw. Zielgruppen einzuwirken und ihnen gegenüber aufzutreten
Die Ausgestaltung der einzelnen Marketingistrumente ist jedoch von zahlreichen internen und externen Rahmenbedingungen abhängig:
Die Charakteristika des unternehmerischen Leistungsprogramms haben unmittelbaren Einfluss auf die Marketinggestaltung. Einfache Massenprodukte erfordern z.B. eine breite Distribution und damit u.U. zahlreiche Vertriebspartner, erklärungsbedürftige Produkte erfordern hingegen qualifizierte und sachkundige Absatzmittler. Zahlreiche, theoretisch mögliche Gestaltungsoptionen können bereits vor Beginn der Planung des operativen Marketing ausgeschlossen werden.
Vielfach müssen rechtliche Vorgaben beachtet werden, die die Ausgestaltung der Marketinginstrumente u. U. erheblich beeinflussen können. Diese rechtlichen Restriktionen können vielfältiger Art sein. So existieren z. B. Reglementierungen bei der Preis- und Konditionenpolitik (Preisbindungsverbote) und zahlreiche Einschränkungen im Bereich der Kommunikationspolitik bis hin zu Werbeverboten. Eine Überprüfung aller operativen Marketingmaßnahmen ist somit unerlässlich.
Nicht immer sind für erfolgversprechende Marketingideen und -maßnahmen ausreichende finanzielle oder auch personelle Kapazitäten vorhanden. Hohe Marketinginvestitionen entstehen z. B. im Vertrieb, insbesondere wenn eigene Vertriebsorganisationen aufgebaut und im Markt verankert werden sollen. Für neue Produkte oder Dienstleistungen werden oftmals hohe Werbebudgets gewünscht, die aber nicht finanzierbar sind. Bereits während der Planung des operativen Marketing sind Konzepte auf ihren Ressourcenbedarf hin zu überprüfen und müssen an bestehenden Ressourcengrenzen ausgerichtet werden.
Aus der Unternehmensstrategie resultieren i. d. R. zahlreiche Prinzipien, die als Restriktion auf das Marketing wirken können. So ist z. B. eine bestehende selektive Vertriebsstrategie (die Konzentration auf wenige Vertriebspartner) bei der geplanten Sortimentsausweitung zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass der Marketing-Mix immer einen „Fit“ mit unternehmenspolitischen Vorgaben aufweisen muss.
Eine weitere Erkenntnis ist bei der Gestaltung des Marketing-Mix von hoher Bedeutung: Die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Instrumenten und die zahlreichen, i. d.R. nicht steuerbaren externen Einflussfaktoren.
Schließlich bestehen zwischen Marketing-Mix-Instrumenten diverse Komplementaritätsbeziehungen und in eingeschränktem Maße auch Substitutionsbeziehungen (z.B. kann eine Preissenkung i. d. R. erst durch Kommunikation voll wirksam werden).
Und nicht zuletzt muss auch bei unternehmerischen Entscheidungen von der Irrationalität menschlichen Verhaltens ausgegangen werden.
1.2 Informationsgrundlagen des Marketing
In diesem Abschnitt werden die Informationsgrundlagen des operativen Marketing näher erläutert. Dabei interessieren weniger die wissenschaftlichen Grundlagen empirischer Forschung, sondern vielmehr die unterschiedlichen Informationsquellen und die Formen ihrer Erschließung.
Etwas anders gelagert ist die Darstellung der Verhaltensgrundlagen in Abschnitt 1.3: Hier sollen elementare wissenschaftliche Erkenntnisse in einfach nachzuvollziehender Form erläutert werden, um die angestrebten Wirkungsmechanismen des Marketing mit den Einkaufs- und Nachfrageverhalten von Individuen und Organisationen zu integrieren.
Zusammenfassend werden im folgenden alle Aktivitäten der Beschaffung und Analyse von absatzmarktorientierten Informationen als Marktforschung bezeichnet.
1.2.1 Primär- und Sekundärforschung
Hinsichtlich der Informationsgewinnung können zwei grundsätzliche Methoden unterschieden werden: Die Sekundärforschung dient der Gewinnung von Informationen aus bereits vorhandenem Datenmaterial. Es wird auf Daten zurückgegriffen, die selbst oder von Dritten für ähnliche oder auch ganz andere Zwecke erhoben wurden. Das existierende Datenmaterial wird unter den Aspekten der Fragestellung gesammelt, analysiert und ausgewertet.
Abb. 27: Übersicht über Informationsquellen und Erhebungsformen
Die Sekundärforschung weist eine Reihe von Vorzügen auf: So sind Informationen i. d. R. preiswerter und schneller als bei Primärerhebungen zu beschaffen. Zudem sind Sekundärdaten auch im Falle einer etwaigen erforderlichen Primärerhebung zur Einarbeitung in die Materie und zur Ökonomisierung der Erhebungsarbeit von hoher Bedeutung.
Die wichtigsten Sekundärquellen:
- Interne Datenquellen: Buchungsunterlagen, Unterlagen der Kostenrechnung, allgemeine Statistiken, Kundenstatistiken, Berichte und Meldungen des Außendienstes, frühere Primärerhebungen, die für neue Problemstellungen ausgewertet werden.
- Externe Datenquellen: Veröffentlichungen der statistischen Ämter, Veröffentlichungen von sonstigen amtlichen und halbamtlichen Institutionen (z. B. Ministerien), Veröffentlichungen von Wirtschaftsverbänden, Veröffentlichungen wirtschaftswissenschaftlicher Institute und Universitäten, Veröffentlichungen von Banken, Veröffentlichungen von Verlagen (Bücher, Zeitschriften, Publikationen), Veröffentlichungen von Werbeträgern und Werbemittelherstellern, Veröffentlichungen firmenspezifischer Art (Geschäftsberichte, Firmenzeitschriften, Kataloge, Werbemitteilungen), Informationsmaterial von Adressverlagen.
Kann man aus den vorhandenen Sekundärquellen nicht die erforderlichen Informationen gewinnen, so müssen durch Primärerhebungen (Primärforschung) neue, bisher noch nicht erhobene Marktdaten ermittelt werden. Sowohl absatzwirtschaftliche Tatsachen als auch die Informationen zu Verhalten, Meinungen, Absichten und Motiven der potentiellen Nachfrager sollen gewonnen werden. Die Informationen werden somit primär mit Hilfe von speziellen Erhebungstechniken, häufig von spezialisierten Marktforschungsinstituten, gewonnen.
1.2.2 Erhebungsmethoden
Die Methoden der Informationsgewinnung können wir folgt unterschieden werden:
- Befragungen
- Beobachtungen
- Experimente
- Fragebogen und Interviews
Abb. 28: Methoden der Befragung
Die Befragung (auch Umfrage genannt) ist die am häufigsten angewandte und wichtigste Erhebungsmethode im Rahmen der Primärforschung.
Hinsichtlich der Kommunikationsform können mündliche („face-to-face“), telefonische und schriftliche Kommunikation unterschieden werden.
Mündliche Befragung
- Vorteile:
- Größerer Fragenumfang möglich
- Fragenthematik prinzipiell unbeschränkt
- Einsatz befragungstaktischer Instrumentarien
- Einsatz von visuellen Hilfsmitteln unbeschränkt
- Ergänzende Beobachtungen möglich
- Nachteile:
- I. d. R. hoher organisatorischer Aufwand (Interviewerstab) erforderlich
- Tendenziell hohe Kosten für externe Interviewer
- Gefahr der Beeinflussung durch den Interviewer („bias“)
- Zeitprobleme
Telefonische Befragung: