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Menschenbild und Personendarstellung bei Caspar David Friedrich

AutorNora Zeitz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl70 Seiten
ISBN9783640103317
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Pädagogik - Kunstpädagogik, Note: 1, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit besteht aus zwei Teilen: einem Grundlagenteil zu der Epoche der Romantik und einem Hauptteil, der sich mit der Personendarstellung und dem Menschenbild im Werk von Caspar David Friedrich beschäftigt. Im Grundlagenteil wird zunächst die Bedeutung des Wortes 'Romantik' beleuchtet und eine Abgrenzung des Begriffs vorgenommen. Grundlegende philosophische, theoretische und praktische Einflüsse des 18. Jahrhunderts sowie die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, die in Deutschland und Frankreich um 1800 herrschten, werden folgend behandelt. In diesem Teil wird auch auf die patriotischen Gemälde Caspar David Friedrichs eingegangen, aus denen der damalige Zeitgeist offensichtlich wird. Danach erfolgt eine Darstellung der romantischen Ideale, die sich aus den historischen Bedingungen heraus entwickelten. Den Abschluss des Grundlagenteils bildet ein Abschnitt zu dem Verständnis von Künstler und Malerei um 1800 mit Ausführungen zum Aufkommen des Subjektivismus in der Kunst und dem neuen Zugang zur Malerei. Darauf aufbauend folgt der Hauptteil der Arbeit, der sich mit der Personendarstellung und dem Menschenbild im Werk von Caspar David Friedrich beschäftigt. Zunächst werden die gezeichneten Selbstbildnisse des Malers vorgestellt, da diese das Selbstverständnis Friedrichs verdeutlichen. Eines der berühmtesten Gemälde von Caspar David Friedrich, 'Der Mönch am Meer', anhand dessen die Besonderheiten der Personendarstellung im Werk des Malers und sein Menschenbild ersichtlich werden, ist Thema des folgenden Abschnitts. Nach einer Bildbeschreibung des Gemäldes wird die grundsätzliche Funktion von Staffagefiguren geklärt. Folgend werden die Rückenfiguren im Werk von Caspar David Friedrich behandelt, ehe Ausführungen zu den Staffagefiguren, die als Selbstbildnisse Caspar David Friedrichs gelten, den Hauptteil abschließen. Schließlich werden die zentralen Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick auf die Bedeutung Friedrichs für die Moderne gegeben.

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Leseprobe

3. Menschenbild und Personendarstellung bei Caspar David Friedrich


 

Caspar David Friedrichs Kunst hob sich stark von den akademischen Traditionen ab. Dadurch hatte es der Künstler schwer, sich zu seinen Lebzeiten zu etablieren.[138] Friedrich wurde von seinen Zeitgenossen nicht als Ausnahmekünstler wahrge­nommen und musste deshalb um Anerkennung kämpfen. Zu seiner Zeit wurde das Genie des Malers verkannt, denn Kritiker und Kunstkenner sahen in Friedrich nur eine Art Mystiker.[139] Erst nach der denkwürdigen Berliner Jahrhundertausstellung, die 1906 stattfand und bei der 32 Werke Friedrichs gezeigt wurden, begann die    Wie­derentdeckung des Künstlers.[140]

 

Folgender Tagebucheintrag von Friedrichs Künstlerkollegen Adrian Ludwig Richter belegt, wie negativ seine Werke von vielen Zeitgenossen aufgenommen wurden:

 

„Mir scheint die Auffassungsweise Friedrichs auf einen Abweg zu führen, der in unseren Zeiten sehr epidemisch werden kann: seine meisten Bilder atmen jene kranke Schwermut, jenen Fieberreiz, welcher jeden gefühlvollen Beschauer mächtig ergreift, aber immer ein untröstliches Gefühl hervorbringt. Das ist nicht der Ernst, nicht der Charakter, noch der Geist und die Bedeutung der Natur, das ist hineingezwungen. – Friedrich fesselt uns an einen abstrakten Gedanken,     ge­braucht die Naturformen nur allegorisch, als Zeichen und Hieroglyphen, sie sol­len das und das bedeuten; in der Natur spricht sich aber jedes Ding für sich selbst aus, ihr Geist, ihre Sprache liegt in jeder Form und Farbe.“[141] 

 

Friedrich ging es allerdings auch nicht darum, Kunst für das breite Publikum zu schaffen. Vielmehr wollte er von einem kleinen, ausgewählten Kreis verstanden   wer­den.[142] Heute ist allerdings gemeinhin bekannt, dass Friedrich äußerst eindrucksvoll und mit großem malerischen Können die romantischen Ideale in seinen Gemälden verarbeitet und die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen seiner Zeit kom­mentiert hat. In seinen Landschaften wird aufgrund der speziellen Personendarstel­lung die religiöse Auffassung des Künstlers und sein Welt- und Menschenbild, das auf den theoretischen Grundlagen der Romantik fußt, zum Ausdruck gebracht. Friedrichs Selbstbildnisse sind ein Beispiel für den gesteigerten Subjektivismus   während der Roman­tik, da der Maler mit diesen frühen Zeichnungen seine Persönlichkeit preisgibt und einen Einblick in sein Verständnis von sich als Künstler       gewährt.   

 

3.1 Gezeichnete Selbstbildnisse von Caspar David Friedrich


 

 

„Selbstbildnis“, 1800, 42 x 27,6 cm, Schwarze Kreide, Kopenhagen,

 

Königliches Kup­ferstichkabinett.[143]

 

Caspar David Friedrich beschäftigte sich bis zum Jahr 1810 zeichnerisch mit seinem eigenen Bildnis.[144] Lediglich in seinem Frühwerk stellt sich der Maler in der Vorderan­sicht dar und ermöglicht es dadurch dem Betrachter, in sein Gesicht zu schauen.[145]

 

Auf einem Selbstbildnis bildet Caspar David Friedrich sein Gesicht zur Grimasse verzerrt ab, ein anderes zeigt ihn melancholisch sinnierend. Teilweise, wenn er sich im völligen Profil als Graphikvorlage darstellt, scheint der Maler auch nur objektiv dokumentieren zu wollen. Einmal zeigt er sich scharf über die Schulter gewandt und doch in sich versunken, ein andermal den Betrachter aus tiefen, im Schatten liegen­den Augenhöhlen anblickend. Auf einem weiteren Selbstbildnis charakterisiert sich der Maler mit Mütze und Augenklappe als Künstler.[146] Alle gezeichneten Selbst­bildnisse Friedrichs werden als Charakterstudien verstanden, die keinen tieferen Sinngehalt haben.[147] Anhand der Selbstportraits kann jedoch festgestellt werden, dass der Maler offenbar stets den Drang gehabt hat, künstlerisch über sich selbst und seine Tätigkeit zu reflektieren.[148]

 

 

„Selbstbildnis mit Mütze und Visierklappe“, 1802, 17,5 x 10,5 cm, Tinte auf Graphit,

 

Kunsthalle Hamburg.[149]

 

Das Selbstbildnis mit Mütze und Visierklappe von 1802 führte Friedrich anstatt mit schwarzer Kreide, wie die meisten anderen Zeichnungen, mit Sepiatinte aus.[150] Der Maler bediente sich hier einer Technik, die er im Jahr der Entstehung des Selbstbild­nisses entwickelte und im Laufe seiner Karriere immer wieder aufgriff. Über eine Bleistiftzeichnung hat Friedrich braune Tinte in Schichten aufgetragen. Er integrierte in seine Zeichnung durch die spezielle Technik demnach auch malerische Komponenten, durch die Licht- und Schattenfelder entstanden.[151] Hier kam demzufolge die neue Kenntnis über die Bedeutung des Lichts, die sich während der Romantik entwi­ckelte, zum Tragen.

 

Das Selbstportrait von 1802 zeigt Friedrich als arbeitenden Künstler. Das Fläschchen im Knopfloch des Malers dient zur Aufbewahrung der Tusche. Das Tuch, das er um den Kopf gewi­ckelt hat, ermöglicht es ihm, mit dem einen Zipfel sein Auge zu verdecken, um ihm das flächige Sehen zu erleichtern.[152] Der Maler stellt sich hier als selbstbewusster Künstler dar, der mit seiner Tätigkeit und der stetigen Weiterentwicklung seiner Ar­beit zufrieden ist. Caspar David Friedrich steht auf dieser Selbstdarstellung zu sich selbst und zu seiner Tätigkeit. Hierfür spricht auch der selbstgewisse und entschie­dene, fast kühne Ausdruck seines Gesichts.[153]

 

 

„Selbstbildnis“, um 1810, 23 x 18,2 cm, Schwarze Kreide,

 

Staatliche Museen zu Ber­lin.[154]

 

Das obige Selbstportrait, das 1810 entstand, ist das wohl Bekannteste des Malers und deshalb in fast jedem Buch über Caspar David Friedrich zu finden.[155] Der Künstler war 35 oder 36 Jahre alt, als er die Zeichnung anfertigte. Es ist das letzte Selbstbildnis in Frontalansicht, das Friedrich zeichnete, und es entstand zu einem Zeitpunkt, als seine Kunst erstmals Zustimmung fand.[156] Bei Betrachtung der Zeichnung können folgende Beschreibun­gen des Aussehens Caspar David Friedrichs, die Zeitgenossen formulierten, nachvoll­zogen werden:

 

„Gebürtig vom Strande der Ostsee, eine recht scharf gezeichnete norddeutsche Natur, mit blondem Haar und Backenbart, einem bedeutenden Kopfbau und von hagerem, stark knochigem Körper, trug er einen eigenen melancholischen Aus­druck in seinem meist bleichen Gesicht, dessen blaues Augenpaar so tief unter dem stark vorspringenden Orbitalrande und buschigen, ebenfalls blonden       Au­genbrauen verborgen lag, daß darin der Blick des die Lichtwirkung im höchsten Grade konzentrierenden Malers sehr charakteristisch sich erklärt fand.“[157]

 

„In der Erscheinung glich Friedrich mit seinem aschblonden Haar und Bart, blauen Augen und kräftigen ausdrucksvollen Gesicht ganz einem alten Germa­nen; sein schönes, reines, frommes, kindliches Gemüt, die fast weibliche       Zar­theit seiner unaffektiert-sentimentalen Seele stand freilich in wunderlichem Wiederspruch mit seinem derben Stocke und seinem Backenbarte, aber wer ihm nur einmal in sein reines Auge blickte, mußte auch durch die oft bittere Schale in seinem Tun und Bilden den süßen Kern schmecken […].“[158]

 

Der Betrachter muss feststellen, dass das Bildnis, welches während der Erfolgsperiode Friedrichs entstand, nicht von dem großen Selbstbewusstsein eines auf­strebenden Malers zeugt.[159] Vielmehr scheint die Zeichnung aufgrund der Komposi­tion ungewöhnlich und befremdend.[160]

 

Die Kleidung Friedrichs gleicht einer Mönchs­kutte und sein Blick zieht den Betrachter in seinen Bann.[161] Dies wird auch dadurch erreicht, dass die Formen alle um das rechte Auge des Künstlers angeordnet zu sein scheinen.[162] Das rechte Auge Friedrichs ist in der Bildmitte platziert und schaut den Betrachter direkt an. Bei ein-       gängiger Betrachtung dieses Auges fällt auf, dass die rechte Hälfte des Gesichts hell      beleuchtet ist, die linke Seite hingegen im Schatten liegt. Diese Tatsache gibt dem Selbstbildnis laut Jensen einen zwiespältigen, schizoiden Ausdruck.[163]

 

Der Maler setzt sich hier nicht in Szene, er posiert nicht und bildet sich ohne jegliche Eitelkeit oder Merkmale seiner gesellschaftlichen Stellung ab. Dies unterscheidet Friedrichs Selbstportrait von Künstlerdarstellungen, die im 17. und 18. Jahrhundert entstanden sind, auf denen Maler gerne ihre gesellschaftliche Bedeutung dargestellt...

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