1Einleitung
Mit der Konversion mehrerer meiner Bekannten zum Islam ab dem Jahre 2008 begann mein Interesse an den Videos missionarischer Muslime auf der Internetplattform YouTube. Die Konvertiten gaben an, dass sie unter anderem durch YouTube-Videos auf den Islam aufmerksam geworden waren, und in weiteren Gesprächen verwiesen sie immer wieder auf islamische YouTube-Prediger. Aufgrund des missionarischen Eifers der Konvertiten beschäftigte sich mein christlich geprägtes Umfeld zwangsläufig mit der islamischen Argumentationsweise. Auch ich setzte mich mit diesen Fragestellungen auseinander. Auf der Suche nach Antworten im Internet trafen verunsicherte Freunde von mir auf missionarische Muslime, die der sogenannten salafistischen1 Ausrichtung des Islams zuzurechnen sind. Dass gerade Salafisten einen wesentlichen Einfluss haben, wenn es um die Neugewinnung von Anhängern des Islams geht, bestätigt auch die Bundeszentrale für politische Bildung. Denn auch wenn Salafisten in Deutschland die Minderheit der Muslime bilden, „erreichen sie durch ihre öffentlichen Publikationen ein breites Publikum, das auf der Suche nach Informationen zum Islam ist.“2 Erstaunlicherweise gilt dies aber auch für die Suche nach Informationen über das Christentum. Zentrale Suchbegriffe wie „Christentum“ oder „Christen“ auf YouTube ergeben unter den ersten 5 Treffern regelmäßig Videos von missionarischen Muslimen beispielsweise zur Kritik an dem göttlichen Status Jesu.3 Auf der Videoplattform YouTube ist insbesondere der muslimische Videoprediger und Konvertit Pierre Vogel sehr präsent. Er kann als der bekannteste Salafist Deutschlands bezeichnet werden, da er immer wieder durch öffentliche Auftritte, Großveranstaltun gen und durch unterhaltsame YouTube-Videos in Erscheinung tritt. Seine Auslegung zu einigen kontroversen biblischen Texten soll daher als wesentlicher Bestandteil dieses Buches untersucht werden.
YouTube ist die erfolgreichste Videoplattform im Internet, da sie weltweit täglich 3 Milliarden Videozugriffe4 verzeichnet. Allein in Deutschland werden mehr als 34 Millionen Besucher gezählt.5 Pierre Vogel erreicht mit einigen seiner Videoveröffentlichungen insgesamt mehr als eine halbe Million Aufrufe.6 Seine Botschaften sind durch missionarische Überzeugungsversuche gekennzeichnet sowie durch die Kritik an christlichen Glaubensüberzeugungen.7 Auf YouTube veröffentlicht sind auch Vogels Großveranstaltungen mit anschließendem Bekehrungsaufruf, bei denen regelmäßig8 ein Teil seines Publikums zum (salafistischen) Islam übertritt. Doch sind die Argumente des missionarischen Islams bzw. die Argumente von Pierre Vogel schlüssig? Dies soll in der vorliegenden Darstellung untersucht werden, damit insbesondere Jugendliche, die die Mehrheit der Konvertiten darstellen,9 Argumentationshilfen an die Hand bekommen, um den Argumenten salafistischer Muslime begegnen zu können.10 Denn als Grund des Übertritts geben Konvertierte unter anderem die Einfachheit und Rationalität des islamischen Glaubens an, insbesondere auch im Gegensatz zum Christentum.11
Aus diesem Grund wurde das YouTube-Videoprojekt „Bibel und Koran“ durch den Autor dieses Buches gegründet, das sich mit den Behauptungen Vogels und anderer missionarischer Muslime befasst. In diesem Videoprojekt werden durch professionelle Kurzbeiträge christlich geprägte Sichtweisen zu Bibelstellen veröffentlicht, die von Muslimen in ihrer Argumentation verwendet werden. In Kapitel 3.5 wird näher auf das Videoprojekt eingegangen.
Das vorliegende Buch behandelt zunächst in Kapitel 2 die Schriften, auf die sich besonders missionarische Salafisten regelmäßig berufen: Den Koran und die Sunna (das Vorbild des Propheten), um ein Verständnis für die Grundlagen ihrer Argumentationsweise zu bekommen.12 Daraufhin wird in Kapitel 2.3 das Verständnis von „Mission“ im islamischen Kontext thematisiert.13 Anschließend folgt eine Untersuchung islamischer und christlicher YouTube-Prediger (Kap. 3). Zwei Themen, die sich bei der Untersuchung als relevant herausgestellt haben, werden exegetisch behandelt: Die Behauptungen Pierre Vogels zu der Thematik „Mohammed in der Bibel?“ (Kap. 4) und zu der Frage „Ist Jesus Gott oder ein Prophet?“ (Kap. 5) werden in diesem Rahmen ausführlich dargestellt und widerlegt. In Kapitel 6 wird dieses Buch mit einem Fazit und mit Empfehlungen zu dem weiteren Vorgehen auf YouTube abgeschlossen.
Die im Regelfall zitierte Bibelübersetzung ist die Einheitsübersetzung (EÜ)14, die Koranübersetzung ist die von Rudi Paret.15 Begriffe und Satzauszüge aus dem Koran und der Bibel wurden kursiv hervorgehoben, um sie so von Zitaten der Sekundärliteratur abzusetzen.16 Die Transliteration der verschiedenen Sprachen (Arabisch, Aramäisch, Griechisch, Hebräisch) orientiert sich in diesem Buch an der Transliteration der verwendeten Literatur.17
1 Salafismus: Eine Richtung des Islams, die sich der idealisierten Frühzeit der Muslime verschrieben hat. Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Salafismus, http://www.bpb.de/themen/DY4AIX,20,0,Glossar.html (24.01.2012). Weitere Erklärungen unter 2.1.
2 Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Salafismus, http://www.bpb.de/themen/DY4AIX,20,0,Glossar.html (24.01.2012). Beispielsweise erscheinen auf Suchmaschinen bei Suchworten wie „Islam“ oder „Scharia“ in erster Linie salafistische Websites. Vgl. Olivier Roy: Der Islamische Weg nach Westen, Globalisierung, Entwurzelung und Radikalisierung, München: Pantheon Verlag, 2006, S. 237; vgl. Sadigh Parvin: „Salafismus ist eine maximale Protesthaltung“, 2012, in: Zeit, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-05/salafisten-szene (19.03.2013); vgl. Florian Flade: Die salafistische Verführung in Deutschland, 2012, in: Welt, http://www.welt.de/politik/deutschland/article110853935/Die-salafistische-Verfuehrung-in-Deutschland.html (02.04.2013).
3 Vgl. Christen, http://www.YouTube.com/results?search_query=Christen (24.01.2012). Eingestellt ist die Suche auf den Standort „Deutschland“ und auf die Sprache „Deutsch“.
4 Vgl. YouTube Team (Hrsg.): Thanks, YouTube community, for two BIG gifts on our sixth birthday!, http://googleblog.blogspot.com/2011/05/thanks-YouTube-community-for-two-big.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+blogspot%2FMKuf+%28Official+Google+Blog%29&utm_content=Google+Reader (24.12.2012).
5 Vgl. Meedia: Top 20 Videoportale in Deutschland im März 2012 nach Anzahl der Unique Visitors (in 1.000)*, http://de.statista.com/statistik/daten/studie/209190/umfrage/beliebteste-videoportale-in-deutschland/ (04.04.2013).
6 Vgl. Junger Christ stört islamischen Vortrag von Pierre Vogel (Mönchengladbach 13.03.2011) TEIL 1, http://www.YouTube.com/watch?v=z93BZnQ_EQA (19.03.2013). Am 19.03.2013 waren es 640.791 Aufrufe für dieses Video. Diese Anzahl an Aufrufen erlangte das Video innerhalb von zwei Jahren.
7 Siehe Kapitel 3.3.2.
8 Vgl. 17 Menschen konvertieren zum Islam + Pierre Vogel, Ibrahim Abu Nagie & Dr. Bilal Philips! (20.04.2011), http://www.YouTube.com/watch?v=oSQ3kNEOFGA (01.03. 2013); vgl. Pierre Vogel in Hamburg-Dammtor 09.07.2011 (7 Deutsche konvertieren zum Islam), http://www.YouTube.com/watch?v=4KnmdedkKI0 (01.03.2013).
9 Besonders 15- bis 20-Jährige lassen sich zum Salfismus verleiten. Vgl. Naomi Conrad: Auf einen Kaffee mit zwei „Salafisten“, in: Deutsche Welle, http://www.dw.de/auf-einen-kaffee-mit-zwei-salafisten/a-16507948 (15.01.2013). Aktuelle Studien zur Konversion zum Salafismus sind nicht vorhanden. Vgl. Flade: Die salafistische Verführung in Deutschland, http://www.welt.de/politik/deutschland/article110853935/Die-salafistische-Verfuehrung-in-Deutschland.html (02.04.2013). Etwa 20 Prozent der Konvertiten aus NRW sind deutsche Staatsbürger. Vgl. Johannes Nitschmann: Unterschätzte Gefahr, 2012, in: Frankfurter Neue Presse, http://www.fnp.de/nachrichten/politik/print/Unterschaetzte-Gefahr;art673,147573 (02.04.2013); vgl. Roland Preuß: Deutsche konvertiert zum Salafismus, 2012, in: Süddeutsche, http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-konvertiert-zum-salafismus-ploetzlich-heiratet-sie-einen-fremden-mann-mit-bart-1.1336217 (04.04.2013).
10 Barino Barsoum und Dina sind nur zwei öffentliche Beispiele von Konvertiten, die nach ihrer Konversion zum Islam wieder zurück zum christlichen Glauben gefunden haben. Vgl. Koran im Kopf 2 – Barinos Ausstieg – Teil 1, http://www.YouTube.com/watch?v=12dg_BBuTls (06.03.2013); vgl. Deutsche Muslimen wird Christ, http://www.YouTube.com/watch?v=YowdvuohIc0&list=UU9Nh1kCDGSqrc5JDzYRm3mw&index=20 (06.03.2013).
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