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Nachtschatten

Anthologie vom Haus des Schreibens 2016

AutorAlex Breugl, Lea Wintterlin, Liena Berin, Marion Wünderich, Vera Lynn Fox
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl63 Seiten
ISBN9783745081220
Altersgruppe18 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,49 EUR
Fast hundert Jahre nachdem ein kleinwüchsiger Detektiv in einem Ballhaus Miss Blinky suchte, geht mitten in der Nacht der Pieper. Es gibt einen Patienten im Marburger Hospital. Und mit ihm ist nicht gut Erdbeeren essen. Auch nicht in Stockholm, wo man nach einer Theateraufführung am liebsten in eine Amour Foux taumeln würde - so wie damals in Genua mit dem Wuschelkopf, der so verdammt gut kochen konnte. Und selbst wenn man am Ende in einer Hängematte der Amazonas Lodge schaukelt, bleibt es dabei: Am besten genießt man die Natur mit einer Polizeiserie ... Die Autorinnen und Autoren vom Haus des Schreibens haben ihre besten Kurzgeschichten hier versammelt, die in einem Jahr Autorenausbildung entstanden sind. haus-des-schreibens.de

Die Krimi-Autorin verbrachte ihre Lebensstationen in Los Angeles, Puerto Rico und Marburg.

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Leseprobe

Alex Breugl


Lennox


 

 

Manchmal ufert es eben aus.

Manchmal ich kann nicht behaupten oft wird aus einer einfachen Begegnung eine ausufernde Geschichte.

Bei Lennox und mir hat diese Begegnung vor mehr als zehn Jahren stattgefunden. Ich war damals zum ersten Mal im Ausland, genaugenommen in Genua, f ü r ein Jahr zum Studieren. Ich wohnte in einer WG mit einem dicklichen Amerikaner, einem hageren Franzosen mit Ü berbiss und einer Portugiesin und hatte anfangs noch einen Freund in Deutschland. Nach acht Monaten merkte ich, dass er mir nicht fehlen w ü rde und wir beendeten die Sache am Telefon.

Ich hing ein-zwei Tage in meinem Zimmer rum und h ä kelte gerade an einem Bikini, als meine beiden m ä nnlichen Mitbewohner vorschlugen, ein-zwei Gl ä ser Wein trinken zu gehen. Vielleicht dachte ich, mit M ä nnern Wein trinken zu gehen w ä re notwendig, um meinen Ex-Freund zu vergessen. Es h ä tte mir auch komisch vorkommen k ö nnen, dass sie mich in eine Bar schleppten, in der man den Wein nicht gl ä ser- sondern flaschenweise bekam. Nachdem die zweite Flasche leer war, bestellte der Dickliche ohne zu fragen noch eine.

» Uihlalaa deine gro ß Liebe wird also nisch mehr zu Besuch kommen? « , sagte der Hagere und sein Akzent war noch st ä rker als sonst.

» Nein « , ich leerte mein Glas, » aus und vorbei. «

Der Dickliche schenkte nach.

» Povera Pia, now she is all alone. «

» Das Letzte, was ich jetzt brauche, « sagte ich und lie ß meinen Blick durch die Bar schweifen, » ist ein Mann. «

Der Dickliche legte seinen Arm um meine Schultern und prostete mir zu, w ä hrend der Hagere mich ununterbrochen angrinste.

» Wirklich « , wiederholte ich, » ich will nichts von M ä nnern wissen. «

In eben jenem Moment nahm ich einen Lockenkopf wahr, der alle anderen in der Bar ü berragte. Sein Gesicht drehte sich zu mir und ich schaute nicht schnell genug weg.

Der Dickliche: » Keine M ä nner? «

Ich sch ü ttelte den Kopf und fixierte die Locken.

» Gelegentlisch Austausch von K ö rperfl ü ssig- keiten « , der Hagere schob seinen Ü berbiss an mein Ohr, » ist erwiesenerma ß en zutr ä glich f ü r das Wohlbefinden. «

» Sex ist nur gut, wenn beide es wollen « , sagte ich.

» Oh aber Sex ist so ein h ä sslisches Wort amore! , wir sollten besser amore machen. «

» Wenn da aber keine amore ist « , ich schaute zu dem Lockenkopf.

» Auf Englisch es ist always making love « , der Ami.

» Ja, wenn da aber keine love is for making « , ich hielt mein Glas fester, » einfach keine Lust, ich meine, wenn einer wirklich keine Lust hat «

» Ouihhlaa, die Lust ist wie der Appetit kommt mit dem Essen. «

Wir tranken.

Ich, entschieden: » Dann ist es Liebe aus Mitleid. «

» Pity sex! « , der Dickliche schenkte nach.

» Also ich h ä tte lieber keinen Sex als pity sex « , sagte ich.

» Abeeer: pity sex kling so h ä sslisch « , der Ü berbiss wieder, » es ist doch keine pity, wenn man sisch ein bisschen lieblisch macht. «

Ich musste st ä ndig zu dem Lockenkopf schauen, er hatte sich mit anderen ins Gespr ä ch vertieft, ich bestand daher umso heftiger darauf, dass hier kein sex und schon gar keine pity stattzufinden haben sollte.

» Ich bestell uns noch was « , bestimmte der Ami.

Da blickte der Lockenkopf mich an und dieses Mal waren wir beide zu langsam im Wegschauen. Mein Handy klingelte, ich fuchtelte damit in der Luft herum, gegen den Ger ä uschpegel in der Bar und grub mich dann durch die Menge nach drau ß en. Meine Mutter wollte wissen, ob es mir gut gehe.

» Hallo Mama, jaja, alles gut. «

Ob mir die Trennung zu schaffen mache.

» Neinnein, alles gut. «

W ä hrend meine Mutter betonte, dass bestimmt bald alles gut w ü rde, z ü ckte ich eine Zigarette.

Nach dem Gespr ä ch lie ß ich das Handy in meine Tasche fallen und wollte gerade nach Feuer suchen. Da stand eine gro ß e Gestalt mit wuschelig wilden Locken vor mir, wie eine Schutzmauer gegen alles, was ich nicht brauchte. Vor meiner Nase brannte ein Feuerzeug. Es funkelte, ich zog. Ich schwebte, er strahlte. Warm war sein Blick, seine Stimme wie Honig, ich perlte, nagte Zigarette, dampfte, schaute mir auf die H ä nde und ihm, schwankte von einem Bein aufs andere, sein Antlitz Augenweide, ich saugte seinen Anblick auf, stie ß den Rauch aus, hatte s üß en Saft im Hirn, alles schmeckte irgendwie unfassbar, ich dachte » Rotwein « und » hinter Milchglas « und wir redeten ü ber was? Ich erinnere mich ü berhaupt nicht, wahrscheinlich, dass uns die Bar gut gefiel. Ich hatte schon zwei oder drei Zigaretten geraucht, da brach mein dicklicher Mitbewohner herein: » Say Pia, wo bleibst du denn? «

Der Hagere war ihm gefolgt und griff nach meinem Arm: » Komm jetzt, Pia, wir m ö schten gehn. «

» Ich ä h unterhalte mich gerade. «

» Mit deeem da? «

» Das ist –« ich wandte mich an

» Lennox « , sagte Lennox da zum ersten Mal und sch ü ttelte meinen Mitbewohnern l ä chelnd die Gelenke aus den H ä nden, » nice to meet you. «

Der Ü berbiss wackelte und der Amerikaner stotterte: » Meet yeah wonderful –«

Dann zu mir: » Pia, du willst doch nicht etwa hier bleiben willst du? «

» Aber ich ä h warum nicht? «

» Weil du sooo betrunken bist. «

» Also Pia, « der Ü berbiss versuchte sich zu n ä hern, » du wei ß ja nisch, was du sags. «

Der Ami wieder: » Und gibst...

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