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Pflege Demenzkranker

Impulse für eine wertschätzende Pflege. Grundlagen & Pflege. Aufgaben & Anforderungen. Konzepte & Methoden.

AutorErich Grond
VerlagSchlütersche
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783842686526
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Bei der Pflege von Demenzkranken geht es nicht nur um technisch einwandfreie Pflege, sondern vor allem auch um die Wahrung der Menschenwürde. Der Mensch mit Demenz, seine Angehörigen und die Pflegenden brauchen Wertschätzung (Validation), einfühlendes Verstehen, Akzeptanz und Güte. Auch die 5. Auflage dieses Standardwerkes orientiert sich an diesen Werten und gibt ihnen eine Grundlage. So wurden neue Erkenntnisse zur Krankheit Demenz eingearbeitet; die Aspekte Zuwendung, Wertschätzung, basale Kommunikation und ABEDL-Konzept werden besonders betont. Mit aktuellem Wissen und wertschätzender Haltung lässt sich die Pflege von Demenzkranken verbessern. Es entsteht eine gute Pflegequalität, ohne dass die Kreativität und Individualität der Pflege zu kurz kommt. Es geht immer um die individuelle Lebensqualität des Menschen mit Demenz. Es ist seine Situation, die den Rahmen vorgibt und das Ziel der Pflege definiert.

Dr. Erich Grond war von 1980 bis 1994 Professor für Sozialmedizin und Psychopathologie. Er arbeitet heute als Psychotherapeut in eigener Praxis in Hagen und als Dozent für Gerontopsychiatrie in Altenpflegeseminaren und in der Palliative Care-Ausbildung.

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Leseprobe

2 DIAGNOSE EINER DEMENZ


2.1 Kernkriterien einer Demenz


2.1.1 Kernkriterien nach NIA-AA


Als aktuelle Demenz-Kernkriterien gelten nach NIA-AA (National Institute on Aging, Alzheimer-Association) Kognitions- und Verhaltens-Symptome:

1. Arbeit, gewohnte Tätigkeiten sind beeinträchtigt;

2. Funktionsverschlechterung;

3. nicht durch Delir oder andere psychische Erkrankung bedingt;

4. kognitive Defizite durch Anamnese, Kurztest, neuropsychologisch feststellbar;

5. Kognition und Verhalten sind in mindestens zwei der folgenden Bereiche gestört:

Informationen aufzunehmen und zu erinnern: Fragen, Verlegen, Vergessen, Verirren;

denken, komplexe Aufgaben zu planen, zu lösen, richtig zu entscheiden;

Gesichter, Gegenstände zu erkennen, Vorrichtungen oder Kleidung zu verwenden;

sprechen, Lesen, Schreiben, Worte finden;

individuelles Verhalten und Benehmen: Unruhe, Apathie, Antriebsverlust, Rückzug, Empathieverlust, zwanghaftes oder sozial inakzeptables Verhalten5.

2.1.2 Diagnostische Kriterien nach DSM-IV-TR6


A. Entwicklung multipler kognitiver Defizite, die sich zeigen in:

1. einer Beeinträchtigung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses;

2. mindestens eine der folgenden kognitiven Störungen;

Aphasie: Störung der Sprache, meist Wortfindungsstörungen;

Apraxie: beeinträchtigte Fähigkeit, motorische Aktivitäten trotz intakter Motorik auszuführen;

Agnosie: Unfähigkeit, Gegenstände trotz intakter sensorischer Funktionen wiederzuerkennen;

Störungen der Ausführungsfunktionen, d. h. des Planens, Organisierens, Einhaltens einer Reihenfolge und des Abstrahierens.

B. Die kognitiven Defizite beeinträchtigen bedeutsame soziale und berufliche Funktionen und verschlechtern deutlich das frühere Leistungsniveau.

Die kognitiven Defizite bestehen seit mindestens sechs Monaten und Bewusstseinstrübung fehlt. Die DSM-5, die seit Mitte 2013 gilt, erklärt bereits leichte kognitive Störungen zur Krankheit.

2.2 Erforderliche Untersuchungen


Die S3-Leitlinie »Demenz« der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie fordert zur Diagnostik der Demenzen folgende Untersuchungen: Klinischer Befund, kurze kognitive Testung, neuropsychologische Diagnostik, BPSD (Behavioral and psychological symptoms of dementia, d. h. Störungen des Erlebens und Verhaltens), kraniales CT oder MRT (Magnetresonanz-Tomografie) sowie folgende Blutuntersuchungen: Blutbild, Elektrolyte, Glukose, TSH (Thyreotropin), GOT, Gamma-GT, Kreatinin, Harnstoff, BKS (oder CRP), Vitamin B12 und Liquoruntersuchung: Sind ß-Amyloid 1–42 vermindert und Tau-Protein (Gesamt- und Phospho-Tau) vermehrt? Damit ist eine Frühdiagnose möglich, die aber u.U. sehr deprimieren kann.

2.2.1 Psychometrische Tests zur neuropsychologischen Diagnostik


Uhrentest und RDS = Rapid Dementia Screening Test

MMST = Mini-Mental Status-Test nach Folstein

CERAD = Consortium to establish a registry of Alzheimer

Demtect = Test zur Frühdiagnostik auch leichter kognitiver Störung

SIDAM = Strukturiertes Interview für die Diagnose einer Demenz

Reisberg-Skala FAST (Functional Assessment Staging)

ADAS = Alzheimer’s Disease Assessment Scale

CAMDEX = Cambridge Examination for Mental Disorders of the Elderly

TFDD = Test zur Früherkennung von Demenz mit Depressionsabgrenzung

NOSGER = Nurses Observation Scale for Geriatric Patients

Barthel-Index für Pflegende = beurteilt die Unabhängigkeit oder Hilfe beim Essen, Bett-, Rollstuhltransfer, Waschen, Toilettenbenutzung, Baden, Gehen auf Flurebene, Treppensteigen, An- und Auskleiden und Stuhl- und Urinkontrolle

2.2.1.1 Mini-Mental Status Test (MMST) nach Folstein


1. Fragen nach der Orientierung (je 1 Punkt): Jahr, Jahreszeit, Datum, Wochentag, Monat, Bundesland, Land, Stadt/Ortschaft, Klinik/Praxis/Altenheim, Stockwerk.

2. Merkfähigkeit: Vor- und Nachsprechen drei unterschiedlicher Begriffe (z. B. Auto – Blume – Kerze). Der Klient wird aufgefordert, die drei Begriffe so oft zu wiederholen, bis er sie behält (maximal 3 Punkte).

3. Aufmerksamkeit und Rechenfähigkeit: von 100 immer 7 abziehen (also 93, 86, 79, 72, 65 usw.); jeder richtige Schritt ergibt einen Punkt; der Klient darf nicht wiederholen (maximal 5 Punkte).

4. Erinnerungsfähigkeit: Wiederholung der 3 Begriffe unter Punkt 2 (maximal 3 Punkte).

5. Sprache und andere Funktionen: Armbanduhr, Bleistift benennen (je 1 Punkt), Nachsprechen des Satzes: »Sie leiht ihm kein Geld« (1 Punkt); Kommandos befolgen (maximal 3 Punkte): Ein Blatt Papier in die Hand nehmen, in der Mitte falten und auf den Boden legen. Schriftliche Anweisung vorlesen und befolgen: »Schließen Sie die Augen« (1 Punkt). Schreiben eines vollständigen Satzes (1 Punkt) und Nachzeichnen einer geometrischen Figur (1 Punkt).

Auswertung:

Maximal-Punktzahl: 30

28–30 Punkte = nicht demenzkrank

unter 24 Punkte = Demenz-Verdacht

19–10 Punkte = nicht urteilsfähig

unter 14 Punkte = schwer demenzkrank.

2.2.1.2 AMT Abbreviated Mental Test (Kurzer Mentaltest) wird mit folgenden Fragen häufig angewandt:


  1. Alter

  2. Zeit

  3. Adresse

  4. Aktuelles Jahr

  5. Name des Heimes

  6. Erkennen von zwei Personen

  7. Geburtstag

  8. Zeitpunkt des Ersten Weltkrieges

  9. Name der/des aktuellen Bundeskanzlerin/s

10. Rückwärts zählen von 20 bis 1

Auswertung:

Weniger als sieben Punkte gelten als krankhaft und erfordern weitere Klärung.

2.2.1.3 Uhrentest


Der Klient soll in einen vorgezeichneten Kreis das Zifferblatt einer Uhr mit allen Zahlen und Zeigern zeichnen, die Uhr z. B. auf 01:50 Uhr stellen.

2.2.1.4 Rapid Dementia Screening (RDS)


1. Der Klient soll in einer Minute mindestens zehn Dinge nennen, die er im Supermarkt kaufen kann.

2. Der Klient soll ein Zahlwort in Zahlen und umgekehrt umwandeln, z. B. die Zahl 2054 in zweitausendvierundfünfzig und das Zahlwort sechshunderteinundachtzig in 681; für jede Umwandlung gibt es einen Punkt.

2.2.1.5 DemTect


DemTect gliedert sich in fünf Aufgaben:

1. Der Klient soll sich 20 Worte merken.

2. Der Klient soll Zahlworte in Zahlen und Zahlen in Zahlworte umwandeln.

3. Der Klient soll in einer Minute möglichst viele Gegenstände im Supermarkt benennen.

4. Der Klient soll eine Zahlenfolge rückwärts wiederholen.

5. Die Wortliste aus der ersten Aufgabe wird abgefragt.

Auswertung:

über 13 Punkte = altersgemäß

9–12 Punkte = leichte kognitive Störung

unter 8 Punkte = Demenzverdacht

Hinweis

Wegen des langsam fortschreitenden Prozesses und der fehlenden Krankheitseinsicht bleibt eine Demenzerkrankung lange unentdeckt. Zunächst sind es Angehörige, Bekannte oder vertraute Ärzte, die eine frühe Diagnose vermuten. Einige Betroffene interessieren sich nicht für die Diagnose, andere reagieren depressiv auf die Mitteilung, an Demenz erkrankt zu sein. Fakt ist aber, dass eine frühe Diagnose die Lebensqualität verbessern kann.

2.3 Symptome einer Demenz


Bei den Symptomen einer Demenz unterscheidet man kognitive Störungen und Verhaltensstörungen.

2.3.1 Kognitive Störungen


Kognitive Defizite sind mögliche Denk-Ausfälle, die sogenannten 7 A:

Amnesie, Kurzzeitgedächtnis- und Merkstörungen

Der Betroffene

vergisst, verliert, verlegt Sachen, verheimlicht Versagen;

fragt oder erzählt dauernd dasselbe, ruft ständig um Hilfe;

ist in der Fremde verwirrt, stellt sich nicht um und irrt herum;

klammert sich an Angehörige an oder läuft ihnen nach.

Altgedächtnis- oder Erinnerungsstörungen folgen später:

Der Betroffene

kann sich immer weniger an frühere Erlebnisse erinnern;

spricht mit Verstorbenen, verwechselt Gegenwart und Vergangenheit...

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