3. Arbeitsblätter und Arbeitsaufträge erstellen
Welcher Lehrer kennt das nicht? Du bearbeitest mit deiner Klasse ein Themengebiet, aber die Aufgaben im Buch bzw. der Infotext sind nicht nach deinem Geschmack. Die Lösung: Du erstellst ein Arbeitsblatt mit Arbeitsaufträgen. Doch auch hier gibt es nach meiner bisherigen Erfahrung riesige Unterschiede. Als Schüler kannte ich meist nur langweilige schwarz-weiß Kopien mit undeutlicher Schrift, langem Text und unklaren Arbeitsaufträgen.
Fazit: Man wusste nicht was das soll und es hat einen dazu noch gelangweilt. Doch wie sehen gute Arbeitsaufträge aus? Wie erscheinen Arbeitsblätter nicht mehr langweilig und führen zum Ziel?
3.1 Was sind gute Arbeitsaufträge?
Für mich als Lehrer ist ein guter Arbeitsauftrag, wenn die Schülerinnen und Schüler ihn beim erstem Lesen verstehen und anfangen zu arbeiten, ohne viel nachzufragen. Ein Schlagwort ist damit unzertrennlich: Zieltransparenz. Zieltransparenz bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler erkennen, wie sie etwas erarbeiten sollen und mit welchem Ziel. Und genau diese Zieltransparenz muss bereits aus den Arbeitsaufträgen ersichtlich sein. Jetzt kann man den Fehler machen und sehr detailliert und kleinschrittig die Aufträge beschreiben. Doch stell dir vor du arbeitest in einer Firma und ein Chef erteilt dir deine Arbeitsaufträge in diesem Stil. Du kommst dir doch mit der Zeit bestimmt blöd vor. Deshalb: Hüte dich davor Arbeitsaufträge zu detailliert zu formulieren. Eine weitere Folge ist, dass die Selbständigkeit der Schülerinnen und Schüler eingeschränkt wird, denn sie müssen ja nur noch deine kleinschrittige Liste abarbeiten ohne viel nachzudenken oder sie verlieren durch die vielen Sätze einfach den Überblick über die Aufgaben und wissen am Ende überhaupt nicht mehr was sie tun sollen (→ kontraproduktiv).
Doch wie kann man nun Arbeitsaufträge optimal formulieren. Dazu stellt Thomas Unruh in seinem Buch12 einfache Regeln auf, an die ich mich auch in meinem Unterricht versuche zu halten. Einige möchte ich hier zusammenfassen.
Damit die Schülerinnen und Schüler auch wissen was sie tun sollen und nicht zehnmal nachfragen gilt: wenig sagen. Dies scheint auf den ersten Blick nicht logisch. Viele Lehrer und Lehramtsanwärter versuchen möglichst detailliert und in vielen Sätzen Arbeitsaufträge zu formulieren. Denn, wer mehr Informationen hat, hält sich genauer dran. Falsch! Hier ist oft weniger mehr! Denn wie oben bereits erwähnt, werden häufig die Schülerinnen und Schüler durch viele Anweisungen nur verunsichert und verwirrt!
Doch nicht nur wenig sagen schafft Zieltransparenz, sondern auch das Einbauen von sogenannten Ankerbegriffen. Thomas Unruh bezeichnet so prägnante Wörter, die die Anweisung präzise und merkbar auf den Punkt bringen (z.B. Höre zu!, Schreibe!). Doch du solltest nicht nur solche Begriffe verwenden, sondern auch visualisieren. So kann man vor die Arbeitsaufträge auch jeweils ein Bild setzen, dass den Ankerbegriff beinhaltet.
Beispiel:
Schreibe die Informationen heraus, die dir etwas über die Nahrungsgewohnheit der Stabschrecke verrät.
Allein der Stift vor dem Arbeitsauftrag visualisiert den Schülerinnen und Schüler was sie nun tun sollen und schafft Klarheit.
Der aufmerksame Leser weiß an dieser Stelle noch was „Think-Pair-Share“ bedeutet. Ich habe erwähnt, dass ich diese Methode oft an in Einstiegen, aber auch auf Arbeitsblättern verwende. Hier ein Beispiel: Durch die Anzahl der Smileys vor den jeweiligen Arbeitsaufträgen werden zwar keine Ankerbegriffe vermittelt, aber die Methode selbst.
Versuche einen Term zu finden, der dir das Rückgeld ausgibt!
Vergleiche deinen Term mit dem Term deines Partners!
Wir sammeln eure Terme nun an der Tafel!
Meine Schülerinnen und Schüler wissen, dass sie bei vielen Arbeitsaufträgen zunächst alleine einen Lösungsweg finden müssen, anschließend der Vergleich mit dem Partner und dann die Besprechung im Klassenplenum (vgl. 2.2).
Als weitere Empfehlung kann man festhalten: Immer ein Beispiel angeben. Das kann man auch wieder als eine Mini-Differenzierungsmaßnahme ansehen. Schülerinnen und Schüler die nicht wissen wie eine Aufgabe zu erledigen ist können sich am Beispiel orientieren.
Was macht man in einer Klasse in der du sichergehen willst, dass sie alle Arbeitsaufträge verstanden hat? Natürlich: Du lässt die Arbeitsaufträge wiederholen. Doch du solltest dich nicht dran gewöhnen dies jedes Mal zu tun. Denn deine Schülerinnen und Schüler gewöhnen sich ebenfalls daran und nach einiger Zeit herrscht Unaufmerksamkeit, wenn du Arbeitsaufträge erteilst. Deshalb gilt: Arbeitsaufträge nicht immer wiederholen lassen.
Als junger Lehrer hat man es am Anfang schwer, wenn es um die Zeitvorgaben für Arbeitsaufträge geht. Entweder man teilt zu viel Zeit ein, dann hat man hinterher Unruhe in der Klasse. Oder man teilt zu wenig Zeit ein, dann meckern die Schülerinnen und Schüler. Das ist eines der vielen Dinge, die man nach einiger Zeit unter Erfahrung abstempeln kann. Doch Thomas Unruh empfiehlt: Knappe Zeitvorgaben.
Man darf Schülerinnen und Schülern niemals signalisieren, dass sie viel Zeit haben, denn dann nimmt intensives Arbeitsverhalten stark ab und die Gespräche über Hobbys und Freizeit fangen an. Seitdem wähle ich auch bewusst knappe Zeitvorgaben, denn verlängern kann man schließlich immer noch! Da wir schon bei Zeitangaben sind möchte ich folgendes erwähnen: Ich habe festgestellt, dass viele Schülerinnen und Schüler innerhalb von schriftlichen Überprüfungen nicht mit der Zeit umgehen können. Sie verheddern sich innerhalb verschiedenster Aufgaben, denken zu kompliziert und verschwenden kostbare Zeit. Im Unterricht sollte man ab und zu bewusst auf Zeitangaben achten, denn so kann das Zeitmanagement der Schülerinnen und Schüler trainiert werden. Oder man lässt die Schülerinnen und Schüler aufschreiben wie lange sie an einer Aufgabe gesessen haben und vergleicht diese Zeit mit den Hausaufgaben. Auch empfehle ich vielen Schülerinnen und Schüler bzw. den Eltern/Erziehungsberechtigten am Elternsprechtag, dass sie mit ihren Kindern bewusst verschiedene Aufgaben in kurzer Zeit vor Klassenarbeiten einüben sollten.
Als ich während meiner Ausbildung zum Realschullehrer auch ein Grundschulpraktikum absolvieren musste fiel mir eins direkt auf: Die Arbeitsanweisungen der Lehrerin waren nicht wie ich es bisher kannte allgemein zur Klasse (Ihr sollt….Ihr macht bitte…), sondern individueller auf jeden Einzelnen formuliert (Du machst bitte…Du kannst dabei…..). Ich saß hinten und hospitierte mit einer Anwärterkollegin und wir schauten uns an. Keiner von uns hatte sowas selbst im eigenen Unterricht probiert.
Nachher fragten wir die Lehrerin ob sie die Klasse immer mit Du-Anweisungen bedient. Ihre Erfahrungen waren positiv! Sie meinte, dadurch fühlt sich jeder in der Klasse angesprochen und die Schülerinnen und Schüler wären dadurch aufmerksamer, als bei einer allgemeinen Ihr-Anweisung. Du kannst es gerne mal ausprobieren. Ich persönlich finde es interessant mal gesehen zu haben, aber ich persönlich denke, dass man in der weiterführenden Schule eher komisch angesehen wird. Bei Grundschülern denke ich passt es!
3.2 Was macht ein gutes Arbeitsblatt aus?
Ob Schülerinnen und Schüler motiviert sind am Unterrichtsgeschehen mitzuarbeiten oder auch nicht hängt auch von hintergründigen Faktoren ab. Oft ist einem nicht bewusst, dass z.B. die Gliederung des Arbeitsblattes oder die Formulierung der Arbeitsaufträge eine große Auswirkung auf den Unterrichtsverlauf hat. Ein gutes Arbeitsblatt hat eine übersichtliche Gliederung und zieltransparente Arbeitsaufträge (siehe Kapitel 3.1.). Diese fundamentalen Grundkenntnisse wurden bei uns bereits im Referendariat behandelt. Aber auch in der folgenden Zeit als Junglehrer, die natürlich noch anhält, ist dies im Unterricht erkennbar.
Natürlich sind die Schülerinnen und Schüler von farbigen Arbeitsblättern angetan. Allein der Anblick der farbigen Bilder oder auch eingefärbten Sätze lässt Schüleraugen größer werden und den Mund erstrahlen. Vor allem im Referendariat druckt man übermäßig viele farbige Arbeitsblätter, für Unterrichtsbesuche und Lehrproben, da man ja auch etwas „angeben“ will.
Dennoch gilt, farbige Arbeitsblätter sind nicht immer so vorteilhaft wie eben ausgeführt (für Mathematiker: bunt≠gut). Auch sollte man bedenken, dass mit voller Stundenzahl und vielen Klassen im Lehreralltag farbige Arbeitsblätter sehr aufs Geld gehen. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass nach dem...