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E-Book

Postpartale Depression

Von der Forschung zur Praxis

VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl170 Seiten
ISBN9783211299562
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis66,99 EUR

Die Geburt: ein glückliches Ereignis? Es bedarf günstiger Bedingungen, um die Verantwortung für ein Kind tatsächlich als Bereicherung zu empfinden. Für etwa 15 bis 20 Prozent der Frauen trifft dies nicht zu. Psychosoziale Vorbelastungen, finanzielle Probleme, Partnerschaftskonflikte, seelische Krisen führen zu Depressionen nach der Geburt: Dieses Buch schildert Aspekte der Therapie und Prävention aus der Praxis betroffener Berufsgruppen.



Beate WIMMER-PUCHINGER

a.o. Univ.-Prof., Universität Salzburg, Dr. phil., geb. 1948; Psychologin, Wissenschaftliche Leiterin des LBI für Frauengesundheitsforschung; Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien; 1976 Assistentin am Institut für Tiefenpsychologie und Psychotherapie, Wien; 1978 bis 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin am LBI für Geburtenregelung und Schwangerenbetreuung an der Semmelweis Frauenklinik, Wien; 1985 Habilitation, venia docendi für Psychologie; von 1989 bis 1992 Vorsitzende der Klinischen Psychologen im Berufsverband für Psychologen; seit 1990 Leitung des Ludwig Boltzmann Instituts für Frauengesundheitsforschung an der Semmelweis Frauenklinik, Wien; 1993 Verleihung des Titels 'Außerordentliche Universitätsprofessorin' an der Universität Salzburg; 1994 WHO Country Coordinator für Women´s Health; 1996 Ernennung zur Leiterin der europäischen Studiengruppe 'Parenting - Elternunterstützung' durch den Europarat; 1999 Ernennung zur Frauengesundheitsbeauftragten der Stadt Wien; seit 2000 Professorin zum Modul Frauengesundheit im Rahmen der Postgraduate Ausbildung zu Public Health, Schweiz; 2000 und 2002 Gastvorlesungen School of Public Health, Yale University, USA; 2004 Fortbildung an der Harvard Summer School of Public Health, USA; 2005 Gastprofessorin an der Donau-Universität Krems; Mitglied des ExpertInnenbeirates des Gender Gesundheitsberichtes der Schweiz; Verfasserin zahlreicher verschiedener wissenschaftlicher Publikationen und Bücher, wissenschaftliche Leitung zahlreicher Forschungsprojekte.

Anita RIECHER-RÖSSLER

Prof. Dr. med., geb. 1954 in Tübingen/D; Chefärztin der Psychiatrischen Poliklinik des Universitätsspitals Basel und Ordinaria für Psychiatrie an der Universität Basel; Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Psychoanalytikerin; Studium in Heidelberg und London; langjährige klinische Erfahrung in der Inneren Medizin und Neurologie in Heidelberg, v.a. aber in der Psychiatrischen Klinik und später der Psychosomatischen Klinik des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim; Schwerpunkt der Forschungsarbeiten: Geschlechtsunterschiede bei psychischen Erkrankungen und psychische Erkrankungen bei Frauen; Präsidentin der Section of Women's Mental Health der AEP (Assoziation Europäischer Psychiater), Vizepräsidentin der GPGF (Gesellschaft für die psychische Gesundheit von Frauen) und assoziiertes Vorstandsmitglied der Section of Women's Mental Health der WPA (World Psychiatric Association) sowie der IAWMH (International Association of Women's Mental Health).

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Leseprobe
CLAUDIA REINER-LAWUGGER

Postpartale Depression – was tun? Das Wiener Modell (S. 119-120)

Einleitung

Auch in Österreich gibt es viele Mütter, die sowohl in der Schwangerschaft als auch nach der Geburt eine psychische Krise durchleben. Hierzulande ist allerdings die Selbstverständlichkeit, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen, in der Form wie z.B. in den USA nicht gegeben. Nach wie vor ist der Schritt, zu einer PsychiaterIn zu gehen und damit einzugestehen, dass es einem psychisch nicht gut geht, mit viel Scham verbunden. Jungen Müttern, denen gesellschaftlich suggeriert wird, dass sie mit einem Baby glücklich sein müssten, fällt dieser Schritt besonders schwer.

Aus internationalen Studien wissen wir, dass ca. 10 bis 15 Prozent aller Frauen in der Zeit zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr an einer Depression erkranken. Schwangere und Mütter sind davon nicht ausgenommen. Der Unterschied besteht hier lediglich in der Besonderheit des Zeitpunkts der Erkrankung. Gerade dieser Zeitpunkt ist für die Patientinnen besonders bitter, da sie natürlich für ihr Baby da sein wollen, durch die Erkrankung im Kontakt zu ihrem Kind aber behindert sind. Die gesellschaftliche Akzeptanz einer Depression in dieser Zeit ist noch geringer als normalerweise, und die Wahrnehmung der Umwelt ist viel mehr auf das Baby gerichtet als auf die Mutter. Viele der postpartalen Depressionen werden deshalb nicht wahrgenommen oder erst spät erkannt. Rund ein Promille der Mütter entwickelt postpartal eine Psychose, viele dieser Frauen waren vorher noch nie in psychiatrischer Behandlung.

Aber auch Frauen, die an psychiatrischen Grunderkrankungen leiden, werden schwanger, viele von ihnen sind in der Lage ihre Kinder gut aufzuziehen. Oft brauchen aber gerade diese Mütter bereits in der Schwangerschaft engmaschige psychiatrische Unterstützung und auch in dieser Zeit eine psychopharmakologische Therapie. Eine ganz andere Problematik haben Eltern, deren Kinder unruhig sind, wenig schlafen und viel weinen. Wenn diese Situation anhält, kommt es rasch zu einer Erschöpfung des Betreuungssystems, zu reaktivem Verhalten und schließlich zu Interaktionsstörungen zwischen Mutter und Kind.

Alle Mütter mit den oben genannten Erkrankungen brauchen professionelle Hilfe. Vor allem bei leichten depressiven Erkrankungen können viele Probleme in niederschwelligen Einrichtungen wie Eltern-/Kindzentren, in Beratungsstellen und bei mit dem Thema vertrauten KinderärztInnen und GynäkologInnen gelöst werden. Rund 25 Prozent der erkrankten Mütter brauchen aber spezielle psychiatrische und therapeutische Hilfe. Bereits 1948 gab es in England die erste psychiatrische Mutter-Kind-Einheit. In den vergangenen 20 Jahren hat sich dieses Modell in Großbritannien etabliert. In jeder größeren Stadt sind solche Spezialabteilungen eingerichtet, derzeit sind etwa 200 Betten dafür vorgesehen. Es gibt Einheiten, die an psychiatrische Abteilungen angeschlossen sind, und solche, die als hochspezialisierte Einrichtungen selbstständig geführt werden. Weltweit wurden die unterschiedlichsten Versorgungsmodelle entwickelt (z.B.: Australisches Modell, s. Beitrag von Justin Bilszta). In Wien wurde leider bis dato keine eigene psychiatrische Mutter- Kindstation errichtet.

Da sich die ökonomischen Bedingungen im Gesundheitswesen deutlich verschlechtert haben und Innovation in Spitälern nur durch Schließung und Umstrukturierung anderer Einheiten zu erreichen ist, ist hier auch wenig Chance auf Veränderung in den nächsten Jahren zu erwarten. Der Bedarf an psychiatrischer Betreuung für Mütter mit peripartalen psychischen Krisen ist aber in Wien genauso hoch wie in allen anderen Ländern. Durch die Initiative zweier – ursprünglich nicht miteinander verknüpfter – Einrichtungen, die sogar in unterschiedlichen Spitälern untergebracht sind, konnte aber in den vergangenen fünf Jahren ein neues Modell für die Versorgung dieser Patientinnen geschaffen werden.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis10
Geburtenrückgang und Geschlechterverhältnisse – Eine Zwischenbilanz (Beck-Gernsheim)12
Einleitung12
Neue Angebote der Medizintechnologie: von der Pille zu Fortpflanzungsmedizin und Pränataldiagnostik13
Zeitliches Aufschieben14
Die Pille als Einstieg in die Fortpflanzungstechnologie14
Die Risiken der späten Mütter15
Der neue Arbeitsmarkt: die Forderung nach Chancengleichheit und die Gebote von Flexibilisierung und Deregulierung16
Prekäre Arbeitsverträge16
Mobilität statt Kontinuität17
Hausarbeitsmigrantinnen oder: die neue Arbeitsteilung zwischen den Frauen18
Die Familie als Kleinunternehmen18
Transnationale Betreuungsketten18
Fazit20
Literatur21
Was ist postpartale Depression? (Riecher-Rössler)22
Einleitung22
Symptomatik22
Differentialdiagnose22
Häufigkeit23
Ätiologie und Pathogenese24
Diagnostik25
Verlauf und Folgen26
Prophylaxe und Früherkennung26
Therapie27
Versorgungsangebote29
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen29
Literatur30
Prävention von postpartalen Depressionen – Ein Pilotprojekt des Wiener Programms für Frauengesundheit (Wimmer-Puchinger)32
Ausgangsüberlegungen32
Kinderwunsch – Schwangerschaft – Elternschaft32
Schwangerschaft als normative Krise33
Auswirkungen psychosozialer Belastungen in der Schwangerschaft und der Postpartalzeit38
Konsequenzen für die Familiendynamik38
Konsequenzen für die Mutter-Kind-Interaktion und für die Entwicklung des Kindes38
Häufigkeit und Dauer der postpartalen Depression39
Primäre und sekundäre Prävention und Therapie40
Schwangerschaft und Wochenbettbetreuung: Psychosoziale Prävention bei belasteten Frauen41
Ziele des Wiener Pilotprojektes und wissenschaftliche Begleitevaluation42
Implementierung im Setting Krankenhaus46
Maßnahmen46
Psychosoziales Screening47
Schnittstelle Projekthebammen47
Unterstützung durch SozialarbeiterInnen, Familienhebammen und PsychotherapeutInnen47
Interdisziplinäre Arbeitsgruppen zur besseren Kooperation in der Betreuung47
Ergebnisse48
Nachhaltigkeit des Projekts51
PPD-Broschüre54
Netzwerk54
Fortbildung54
PPD-Fortbildungsunterlagen55
Resümee55
Literatur57
Implementierung eines nationalen Screening-Programmes für perinatale mentale Gesundheit: beyondblue National Postnatal Depression Program (Bilszta, Buist, Barnett u. a.)61
Einleitung61
Screeningprogramme für perinatale Depression62
Wozu ein universelles Screeningprogramm für perinatale Depression?63
Was ist das beyondblue National Postnatal Depression Program?65
Zusammenarbeit mit beyondblue65
Ziele des beyondblue National Postnatal Depression Program66
Screeningprotokolle67
Präpartales Screening67
Postpartales Screening68
Awareness und Destigmatisierung69
Informations- und Promotionsmaterial69
Schlussfolgerung72
Literatur72
Postpartale Depression – Darauf sollten GynäkologInnen achten (Bitzer, Alder)75
Einleitung75
Beratungsprozess in der ambulanten gynäkologischen Nachsorge77
Screening77
Psychoedukation79
Bewältigungsorientierte Beratung80
Überweisung81
Medikamentöse Behandlung81
Antidepressive Medikation bei nicht stillenden Frauen81
Antidepressive Medikation bei stillenden Frauen83
Hormontherapie83
Zusammenfassung84
Literatur86
Die pharmakologische Therapie von postpartalen Depressionen (Klier, Schäfer, Lanczik)88
Einleitung88
Schwierigkeiten bei der Interpretation von Studienergebnissen und Kasuistiken89
Medikamentenkonzentrationen in der Muttermilch90
Besonderheiten der Pharmakokinetik beim Säugling90
Allgemeine Richtlinien91
Antidepressiva91
Medikamente zur Phasenprophylaxe affektiver Erkrankungen94
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen98
Literatur98
Postpartale Depression aus psychotherapeutischer Sicht und Strategien der Behandlung (Fliegl)104
Einleitung104
Kinder – Glück oder Last?105
Individuelle Faktoren107
Partnerschaft109
Soziales Umfeld, Herkunftsfamilie110
Was charakterisiert die psychotherapeutische Arbeit111
Zusammenfassung113
Exploration und Bearbeitung114
Individuelle Faktoren114
Partnerschaftliche, paardynamische Faktoren114
Soziale Faktoren114
Psychotherapeutische Arbeit114
Literatur115
Psychotherapeutische Aspekte in der Behandlung der postpartalen Depression in der Praxis (Weissenböck)117
Auftreten und Verlauf117
Entstehungs- und Risikofaktoren118
Prävention und Therapie119
Therapieverlauf und Abschluss/Ergebnisse120
Fallbeispiele121
Fallbeispiel 1121
Fallbeispiel 2122
Fallbeispiel 3123
Fallbeispiel 4124
Literatur125
Postpartale Depression – was tun? Das Wiener Modell (Reiner-Lawugger)126
Einleitung126
Das Wiener Modell127
Der Beginn einer konstruktiven Zusammenarbeit128
Interaktion zwischen Mutter und Kind131
Entwicklung des Departements für perinatale Psychiatrie132
Literatur133
Postpartale Depression und Säuglingspsychosomatik – Interaktion und Therapie (Schwarz-Gero)134
Einleitung134
Säuglingspsychosomatik Glanzing/Wilhelminenspital in Wien 16134
Säuglingsforschung135
Mutter-Kind-Interaktion136
Postpartale Depression und Mutter- Kind- Interaktion138
Stationäre Eltern-Kind-Therapie bei postpartaler Depression141
Video-unterstützte Interaktionstherapie142
Therapeutisches Nutzen der Mutter-/Vaterfunktion der Station142
Der Vater als Co-Therapeut143
Zusammenfassung145
Literatur145
Postpartale Depression – Praxis- Erfahrungen aus der Sozialarbeit (Friedl)147
Einleitung147
Ziele, Erfahrungen, Erkenntnisse148
Zielsetzungen149
Zahlen und Fallbeispiele151
Fall 1151
Fall 2152
Fall 3152
Die Nachhaltigkeit des Projekts153
Maflnahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit des Projektes und der daraus resultierenden Erkenntnisse153
Probleme beim Überweisen während des Projekts155
Wichtige Erkenntnisse aus dem Projekt156
Zusammenfassende Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Arbeit mit postpartaler Depression158
Die Rolle der Hebamme in der Arbeit mit psychisch belasteten Frauen oder Frauen mit einem Risiko für eine Erkrankung (Grossbichler-Ulrich)159
Aufklärung in der Geburtsvorbereitung159
Prophylaxe durch Aufklärung159
Themen, die sich zum Gedankenaustausch anbieten:160
Das Gespräch zwischen Hebamme und Wöchnerin160
Was kann die Hebamme bei postpartaler Depression tun?161
Was kann die Hebamme bei postpartaler Psychose tun?162
Grenzen der Einflussnahme durch die Hebamme163
Autorenverzeichnis164

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