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E-Book

ProSieben ohne den Entertainer Stefan Raab? Profil- und Markenbildung des TV-Senders

AutorMaximilian Reinhold
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783668273153
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Für die deutsche Medienbranche war es die Sensationsnachricht schlechthin, als Stefan Raab 2015 bekannt gab, seine TV-Karriere zum Ende des Jahres beenden zu wollen. Der Entertainer hatte das Programm- und Senderprofil von ProSieben über sechszehn Jahre lang entscheidend mitgeprägt. Doch was passiert, wenn ein Fernsehsender plötzlich sein wichtigstes 'Aushängeschild' verliert? Inwiefern muss sich ProSieben nun neu profilieren? Dieses Buch beschäftigt sich mit der Relevanz von Markenschaffung für TV-Sender. Diese Thematik wird am Beispiel des Wirkens des Entertainers Stefan Raab bei ProSieben, insbesondere im Kontext seines TV-Rücktritts Ende 2015, untersucht. Der Autor widmet sich hierbei der Frage, inwiefern ProSieben nun sein Profil anpassen muss, um den Verlust Raabs zu kompensieren und ob es auf dem heutigen Fernsehmarkt ratsam ist, die Außenwirkung des eigenen Senderimages substantiell an dem Leitbild einiger weniger Entertainer auszurichten. Dabei werden Grundlagen der Markenführung zusammenfassend erläutert, auf Spezifika beim Fernsehen angewendet und schließlich am Senderprofil von ProSieben konkretisiert. Ferner wird anhand aktueller Einschaltquoten und Programmplanungen analysiert, welche ersten sichtbaren Konsequenzen und Umstrukturierungen der Sender aus Raabs Rücktritt aus dem TV-Business gezogen hat. Aus dem Inhalt: Fernsehen Entertainment Senderimage Personenmarke Senderprofil

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Leseprobe

3. Senderprofil ProSieben


 

3.1 Positionierung am Fernsehmarkt


 

ProSieben ist ein deutscher Privatsender mit Vollprogramm[90], der aus der Lizenz des gescheiterten Vorgängers Eureka TV hervorging und am 1. Januar 1989 den Sendebetrieb aufnahm.[91] Als Tochter der ProSiebenSat.1 Media SE gehört das Unternehmen zu den erfolgreichsten deutschen Sendern im Free-TV.[92] Die ProSiebenSat.1 Media SE bedient sich einer Mehrsenderstrategie auf dem TV-Markt, um mithilfe der einzelnen Sender unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und sich so komplementär zu ergänzen.[93] Während beispielsweise das Schwesterprogramm Sat.1 ein TV-Programm für die ganze Familie bietet, versucht sich ProSieben vor allem durch seine selbst definierte Zielgruppe der ‚jungen Mediengeneration’ zwischen 14 bis 39 Jahren zu differenzieren, worauf auch sein Programmangebot und die Markenidentität aufgebaut ist.[94] Der Sender behauptet von sich selbst, die beliebteste Entertainmentmarke der ‚jungen Mediengeneration‘ zu sein.[95] Einer wissenschaftlichen Untersuchung zufolge wurde das Image von ProSieben von den Probanden als besonders sympathisch, unterhaltsam, humorvoll, dynamisch, modern und schnell bewertet.[96]

 

Ursprünglich als „der Spielfilmsender mit Hollywoodflair und internationalen Top-Serien schlechthin“[97] angetreten, wurde schon im Laufe der 1990er Jahre eine Umpositionierung des Senders angestrebt, um den ‚point-of-difference’ im Bereich Spielfilm/Serie nach und nach zu erweitern.[98] Dennoch blieben fiktionale US-Programme weiterhin ein zentraler Bestandteil des Senderprogramms.[99] Schon damals stellte der ‚Premiumanspruch’ einen weiteren zentralen Aspekt des Kernversprechens von ProSieben dar, welchen der Sender bereits früh mit einer Metapher aus dem Lebensmittelhandel beschrieb:

 

„ProSieben will sich in das bestehende Fernsehangebot der Bundesrepublik Deutschland als das ‚etwas anspruchsvollere’ Privatfernsehen einordnen. ProSieben versteht sich als populärer Feinkostladen, der vielfältigen Ansprüchen gerecht wird.“[100]

 

Vor dem Hintergrund des schon damals eindeutig fiktionslastigen Programmangebots darf nach Wolff jedoch bezweifelt werden, dass ProSieben zu dieser Zeit dem Qualitätsanspruch ‚Premium’ gerecht wurde, da der Schwerpunkt zu einseitig auf der fiktionalen Unterhaltung lag und es sich seiner Meinung nach um kein wirkliches Vollprogramm handelte.[101] Daher wurde der Kernbereich der Fiction-Formate schon bald durch neu aufgebaute Kompetenzen bei der Eigenproduktion von Prime-Time-Events mit Stefan Raab, sowie durch Comedy- und Infotainment-Formate und eigenproduzierte TV-Movies und Serien unter dem Label ‚Made by ProSieben’ ergänzt.[102] Auch aktuell sieht ProSieben immer noch seine Kernkompetenzen neben Blockbuster-Spielfilmen und US-Serien/-Sitcoms bei großen Prime-Time-Events, sowie bei Information und ‚Dokutainment’.[103]

 

Schon 2011 konstatierte Hofstätter, dass das Programmprofil von ProSieben in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben ist.[104] Ein Umstand, der sich bis heute im Wesentlichen kaum geändert hat, vergleicht man die Anteile der Fiction-Formate und Nachrichteninhalte am Gesamtprogramm.

 

Während der Fiction-Anteil jährlich steigt[105], lag bereits 2014 der Anteil des Nachrichtenprogramms durchschnittlich bei unter einem Prozent am Tag, womit ProSieben nach wie vor den geringsten Informationsteil unter den vier größten deutschen TV-Sendern hat.[106]

 

 

Abb. 6: Spartenanteile des Programmprofils von ProSieben 2014

 

(Basis: Gesamtprogramm 1.440 Min./Tag; Untersuchungszeitraum 01.01.-30.12.2014, Quelle: Vgl. IFEM Institut für empirische Medienforschung: Spartenprofile von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 und ProSieben 2012 bis 2014, in: Media Perspektiven, 3/2015, S. 147; eigene Darstellung)

 

Auch wenn ProSieben große Eigenproduktionen im Non-Fiction-Bereich als eine seiner Kernkompetenzen angibt, so ist der Anteil dieser Sendeinhalte in den letzten Jahren immer mehr gesunken. Lag er 2009 bei etwa 23,3 % Anteil am Programmprofil, waren es 2014 nur noch 4,5 %.[107] Auf Sportübertragungen verzichtet ProSieben hingegen – auch wenn sich die ProSiebenSat.1 Group seit einiger Zeit mit dem Spartensender ProSieben MAXX an der Übertragung der NFL-Football-League versucht[108] und damit 2015 überraschend starke Quoten einfuhr.[109]

 

Hinsichtlich der Programmplanung hat ProSieben eine Wochendramaturgie entwickelt, bei der einzelnen Wochentagen bestimmte Themen in der Prime-Time zugeordnet werden. Ursprünglich wurde der Montag unter dem Motto ‚Mystery-Abend’ als männeraffiner Serienabend vermarktet (nun MAD-Monday[110]), beim Comedy-Dienstag wurde der Fokus auf Comedy gelegt.[111] Dieser wurde aktuell in den SERIEN-Dienstag umbenannt, bei dem tagsüber vor allem Comedyserien und zur Prime-Time gezielt frauenaffine Dramaserien ausgestrahlt werden.[112] Zuvor hatte der SERIEN-Mittwoch die Konzeption gehabt, gezielt in erster Linie Frauen anzusprechen, was ursprünglich als Gegenstück zum klassischen Fußballabend der Männer fungieren sollte.[113] Am BLOCKBUSTER-Sonntag zeigt der Sender nach wie vor Spielfilme aus Hollywood.[114]

 

„Die meisten Sender versuchen ihre Spielfilm-Sendeplätze durch wiederkehrende Labels wie ‚Blockbuster‘ (ProSieben) oder ‚Top Movie‘ (VOX) Profil zu verleihen und sie so aus dem Einerlei der ständig wechselnden Kinofilme und TV-Movies herauszuheben. Sendungen, die nicht auf diese Weise gelabelt sind, erhalten eine allgemeine (generische) Verpackung, die ihrem Genre oder der Sendezeit angepasst ist.“[115]

 

3.2 Markenarchitektur


 

Die Programmpolitik des Senders spiegelt sich auch in der Markenarchitektur wieder. In der jüngeren Vergangenheit weitet ProSieben mehr und mehr sein Markenversprechen mit dem Begriff des ‚Everytainments auf die plattformübergreifende und zeitlich unabhängige Unterhaltung der Zuschauer aus. Dieses Kernversprechen bildet das heutige Fundament für die Marke ProSieben, was sich auch im Claim ‚We love to entertain you’ widerspiegelt.[116] Laut dem ehemaligen ProSieben-Marketing-Leiter Kai Blasberg stellt der Claim:

 

„[...] ein Versprechen an den Zuschauer für erstklassige Unterhaltung [dar], hinter der Engagement und Mut zur Programm-Innovation stehen. Mit dieser Kampagne möchten wir dem Zuschauer mehr Emotionalität und Nähe vermitteln.“[117]

 

Der Claim soll das Versprechen an die Unterhaltung der Zuschauer noch einmal zusätzlich zum Ausdruck bringen, und auch die Corporate Identity wurde mehrfach an den Slogan angepasst und weiterentwickelt, zuletzt im Februar 2015.[118]

 

Auch nach dem Re-Design 2015 setzt ProSieben weiterhin den Fokus zur Kommunikation seiner Leistung auf Stars. Während der Sender in der Vergangenheit Die Fantastischen Vier, Robbie Williams oder auch Katy Perry für seine Star Force Kampagne gewinnen konnte[119], treten auch in dem neuen Design berühmte Persönlichkeiten wie Bruno Mars als Testimonials auf.[120] ProSieben-Marketing-Chef David Loy erklärte hierzu:

 

„Unser neues Design folgt zwei Leitmotiven. Wir wollen dem Zuschauer mehr Orientierung geben. Zudem kann der Zuschauer das ProSieben-Markenerlebnis auf allen Plattformen – on air, Mobile, Web und Print – in der Intensität und Emotionalität bekommen, wie er es auf dem Fernseh-Bildschirm liebt.“[121]

 

Den Nutzern der Onlineplattform www.prosieben.de wird ermöglicht, kostenlos auf ausgewählte Episoden und diverse andere Sendungsinhalte zuzugreifen, sowie mithilfe der eigenen Smartphone-App Zusatzangebote und das Mobile-TV Angebot des Senders zu nutzen.[122] Dadurch will der Sender von der Veränderung des Mediennutzungsverhaltens profitieren.[123]

 

Darüber hinaus ist ProSieben, wie mittlerweile bei allen großen Sendern üblich, auf den gängigsten Social-Media Plattformen vertreten, um eine engere User-Senderbeziehung aufbauen zu können.[124]

 

ProSieben hat sich eigene Genre-, Format- und Personenmarken aufgebaut, welche: „[...] strategisch als Monomarken behandelt [werden], mit dem Absender ProSieben.“[125]

 

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