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Prozesskostenrechnung für öffentliche Verwaltungen

In Zusammenarbeit mit der Samtgemeinde Horneburg

AutorAlexander Goltzsch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783638535342
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich BWL - Controlling, Note: 2,0, Universität Hamburg (Institut für Öffentliche Wirtschaft und Personalwirtschaft), 88 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Aufgrund der nachhaltigen Haushaltsdefizite von Bund, Ländern und Gemeinden sowie der damit verbundenen angespannten Finanzsituation wächst der Kostendruck in öffentlichen Verwaltungen. Infolgedessen ist es unausweichlich, ein verstärktes Kostenbewusstsein für diese zu fordern. Damit verbunden steigen die Anforderungen an Kostensteuerungen und es stellt sich immer dringlicher die Frage nach einem adäquaten Verwaltungskostenrechnungsinstrument, das eine Planung, Steuerung und Bewertung des öffentlichen Verwaltungshandelns unter Effizienzgesichtspunkten ermöglicht sowie eine notwendige Basis für verwaltungsspezifische Kostenrechnungszwecke wie eine angemessene Gebühren- und Entgeltkalkulation oder eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeitskontrolle bildet. Hieraus resultiert die Suche nach einem Kostenrechnungsverfahren, das sich möglichst einfach an das bestehende kameralistische Verwaltungssystem anpassen lässt und dennoch die gewünschten Informationen liefert. Daneben ist zu bedenken, dass Verwaltungsleistungen als Kostenträger sich oft als immateriell erweisen und unter Beteiligung verschiedener (Kosten-)Stellen in komplexen Verfahrensabläufen hergestellt werden. Deshalb können sich bereits bei einer Kostenträgerrechnung im Rahmen der Implementierung einer Kostenrechnung in öffentlichen Verwaltungen erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Eine Problemlösung stellt möglichenfalls die Prozesskostenrechnung als Kostenrechnungsverfahren dar. Diese betrachtet die gesamten Verwaltungsprozesse, die zur Erstellung von Verwaltungsleistungen notwendig sind. Mit Hilfe solcher Prozesse können ggf. ausreichend Informationen zur Ermittlung von Kosten für Verwaltungsleistungen erlangt werden. Darüber hinaus können sie herangezogen werden, um in traditionellen Verwaltungsabläufen sich verbergende Optimierungspotentiale aufzuzeigen. Daran anknüpfend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit sowohl mit allgemeinen Kostenrechnungsgrundlagen als auch mit dem Konzept einer modifizierten Prozesskostenrechnung für öffentliche Einrichtungen sowie ihrer praktischen Umsetzung.

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Leseprobe

3 Prozesskostenrechnung für öffentliche Verwaltungen


 

Aus der Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten der Kostenrechnungsverfahren wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausschließlich auf die Prozesskostenrechnung für öffentliche Verwaltungen als grundsätzliches Vollkostenkonzept auf Plankostenbasis eingegangen.

 

3.1 Grundlagen der Prozesskostenrechnung


 

Als Fundament werden vorab die Grundlagen der Prozesskostenrechnung besprochen. Dabei wird zunächst die Fragestellung beantwortet, warum die Rechnung als Verwaltungsinstrument in den Vordergrund rücken kann. In der Folge werden die Grundüberlegungen, die Entwicklungsgeschichte, die Merkmale sowie auch die Aufgabenfelder einer verwaltungsspezifischen Prozesskostenrechnung als Gliederungspunkte besprochen.

 

3.1.1 Auswahl der Prozesskostenrechnung


 

[69]An dieser Stelle ist auf die Fragestellung einzugehen, ob sich die Prozesskostenrechung als Verwaltungskostenrechnungsverfahren eignet. Dazu kann zunächst die Erkenntnis herangezogen werden, dass im öffentlichen Sektor der Output zumeist aus Dienstleistungen besteht und folglich die entsprechenden Kosten nicht immer direkt vom Output abhängig bzw. nicht systematisch mit dieser Leistungsmenge verknüpft sind. Darüber hinaus lassen sich Verwaltungsleistungen in vielen Fällen quantitativ kaum erfassen. Auf Grund dessen kann der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten sehr hoch sein. Insofern kann sich ein verwaltungsspezifisches Kostenrechnungsverfahren schwerpunktmäßig auf die Gemeinkosten und nicht auf die Einzelkosten konzentrieren. Ergänzend dazu kann festgestellt werden, dass traditionelle Vollkostenrechnungssysteme (sofern sie Anwendung finden) die genannten Gemeinkosten auf Basis von wertmäßigen Bezugsgrößen über die Kostenstellen auf die Leistungseinheiten verteilen und somit das Verursachungsprinzip erheblich verletzen. In diesem Sinne könnten die daraus resultierenden Kosteninformationen für die durchzuführenden Aufgaben einer Verwaltungskostenrechnung unbrauchbar sein. Daher können beispw. Fehlentscheidungen im Rahmen einer Entgeltbemessung  auftreten.

 

Daran anlehnend benötigen öffentliche Verwaltungen ein adäquates Kostenrechnungssystem mit der Gewährleistung einer hohen Transparenz in den Gemeinkostenbereichen. Auf solch einem Fundament können beispw. die tatsächlich kostenverursachenden Faktoren herausgearbeitet und folglich zweckmäßig als direkte Bezugsgrößen zur Kostenverrechnung herangezogen werden.

 

Zur Lösung dieser Problematik kann die so genannte Prozesskostenrechnung herangezogen werden. Dabei werden gewissermaßen alle in der Verwaltung erbrachten Leistungen als Prozesse definiert und in ihren Zusammenhängen erfasst.

 

[70]Ein weiterer Grund für diese Ausarbeitung liegt in der verwaltungsspezifischen Kostenträgerrechnung, die bei der Implementierung einer Kostenrechnung in öffentlichen Einrichtungen erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann, weil die Verwaltungsleistungen als Kostenträger oft immateriell und nicht standardisierbar sind. Sie werden vielfach durch komplexe Verfahrensabläufe unter Beteiligung verschiedener (Kosten-)Stellen erzeugt. Um dieses Problem zu lösen, besteht die Möglichkeit einer Betrachtung der Verwaltungsprozesse, die zur Erstellung der Verwaltungsleistungen auszuführen sind. Mit Hilfe dieser Prozesse können im Anschluss ausreichend Informationen generiert werden, um die Kosten von Verwaltungsleistungen zuverlässig ermitteln zu können. Hinzu bringt eine differenzierte Betrachtung und Analyse von Verwaltungsprozessen den Zugang zu vielfältigen Optimierungspotentialen mit sich, die sich prinzipiell in traditionellen Verwaltungsabläufen verdecken.

 

Diese Gedankengänge werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit vertieft sowie weitere Aspekte der Prozesskostenrechnung dargestellt und analysiert.

 

3.1.2 Grundüberlegungen der Prozesskostenrechnung


 

Der Grundgedanke der Prozesskostenrechnung ist der, das gesamte Geschehen innerhalb einer Verwaltung kostenstellenübergreifend als Folge von Prozessen darzustellen.[71] Dahinter steckt der Gedankengang, dass die öffentliche Verwaltung eine Vielzahl von Prozessen, die sich meist kostenstellenübergreifend durch die Verwaltung ziehen, miteinander kombinieren muss, bis sie den Staatsbürgern eine Leistung anbieten kann. Demzufolge ist bei der bevorstehenden Implementierung der Prozesskostenrechnung das gesamte Verwaltungsgeschehen ablauforientiert darzustellen wie auch eine entsprechende Gemeinkostenverrechnung zu integrieren. Daraus lässt sich das Neuartige der Rechnung im Vergleich zu traditionellen Kostenrechnungsverfahren ableiten. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht nicht der Kostenanfall jeder einzelnen Kostenstelle, sondern die Entwicklung von Kosten in Zusammenhang mit kostenstellenübergreifenden Abläufen.[72]

 

Die beiden Grundüberlegungen, dass zum einen die meisten verwaltungsbetrieblichen Abläufe abteilungsübergreifend sind und dass zum anderen traditionelle Kostenrechnungsverfahren mit ihren funktional orientierten Kostenstellen die Kosten dieser kostenstellenübergreifenden Abläufe kaum abbilden können, sind für den weiteren Verlauf dieser Arbeit von elementarer Bedeutung. Die Prozesskostenrechnung setzt daran an und zielt insbesondere darauf ab, ein neues Verständnis für die in den indirekten Leistungsbereichen erzeugten Leistungen zu vermitteln. Beispiel: Was kostet die Bearbeitung einer Baugenehmigung in einer ausgewählten Behörde über alle Abteilungen hinweg? In der Folge werden diese Assoziationen weiter vertieft und analysiert.

 

3.1.3 Entwicklungsgeschichte der Prozesskostenrechnung


 

In der amerikanischen Industrie veränderten sich die Kostenstrukturen, so dass letzten Endes die vorhandenen Kostenrechnungsverfahren an die Grenzen ihrer Anwendungsmöglichkeiten stießen.[73] Miller und Vollmann belegten 1985 mit ihrer Studie „The Hidden Factory“, dass die Gemeinkosten (bezogen auf die Nettowertschöpfung und die Fertigungskosten) seit über 100 Jahren stetig anstiegen, während der Anteil der Lohneinzelkosten sank (siehe Abbildung 4). Sie zeigen mit ihrer Ausarbeitung, dass die indirekten Leistungsbereiche eine weitgehend „verborgene Fabrik“ darstellen, sofern die dort erbrachten Leistungen im Vergleich zum direkten Leistungsbereich bzw. zur Produktion kaum beachtet werden, obwohl die dort anfallenden Kosten desgleichen von enormer Bedeutung sind.[74]

 

Ein Grund für den stetigen Anstieg der Gemeinkosten lag in der starken technologischen Weiterentwicklung und der damit verbundenen Rationalisierung, so dass gemäß einer Zuschlagskalkulation die Lohneinzelkosten nicht mehr zweckmäßig als zutreffende Zuschlagbasis für die Verrechnung von Gemeinkosten angesehen werden konnten.[75]

 

 

Abbildung 4: Veränderte Kostenstrukturen in der betrieblichen Wertschöpfung

(Vgl. Miller, J.; Vollmann, T., 1985, S. 142.)

 

Infolge dieser Unzulänglichkeiten entstand in der amerikanischen Kostenrechnung mit dem sog. Activity Based Costing (ABC) ein neues Kostenrechnungsverfahren.[76] Dieser neuartige Ansatz sorgte dafür, dass die fixen Gemeinkosten nicht mehr über Fertigungslohnstunden, sondern über in Anspruch genommene Aktivitäten den Produkten zugerechnet wurden.[77] Bezeichnend für die ersten Ansätze des ABC war die Konzentration auf die Gemeinkosten der Fertigung und eine abschließende Gemeinkostenverrechnung auf die entsprechenden Produkte.[78]

 

In Deutschland wurde indessen zweckmäßig mit der sog. flexiblen Grenzplankostenrechnung auf Basis einer ausgearbeiteten Kostenstellenrechnung mit innerbetrieblicher Leistungsverrechnung gearbeitet. Dabei zeigten Kostenstrukturuntersuchungen ebenfalls eine starke Verlagerung der Kosten in die indirekten Bereiche (wie beispw. Beschaffung, F&E, Qualitätssicherung, Vertrieb, Verwaltung oder Produktionssteuerung).[79] Daher fehlte auch hier ein Kostenrechnungsverfahren, das die steigenden Gemeinkostenanteile der indirekten Leistungsbereiche näher analysiert. Um dem schließlich entgegenzuwirken, entwickelten Horváth und Mayer im Jahre 1989 mit der Prozesskostenrechnung ein ebenfalls aktivitätsorientiertes Kostenrechnungsverfahren.[80]

 

Abbildung 5: Anwendungsbereiche zweier Kostenrechnungskonzeptionen

(Vgl. Horváth, P.; Mayer, R.: Konzeption und Entwicklung der Prozesskostenrechnung, 1993, in: krp, Sonderheft 2/93: Prozesskostenrechnung. Methodik, Anwendung und Softwaresysteme, 1993, S. 16.)

 

[81]Das dargestellte Schema (siehe Abbildung 5) unterstreicht, dass sowohl das Activity Based Costing als auch die Prozesskostenrechnung eine Fokussierung auf die fixen Gemeinkosten und auf betriebliche Aktivitäten bzw. Prozesse vornehmen. Die beiden Verfahren stellen jeweils eine Methodik zur Abbildung und Verrechnung von Gemeinkosten über diese...

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