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Quersubventionen und die zunehmende Privatisierung von Flughafengesellschaften und deren Vereinbarkeit mit Europäischem Wettbewerbsrecht

AutorKai-Alexander Bischoff
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl82 Seiten
ISBN9783638838832
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Jura - Europarecht, Völkerrecht, Internationales Privatrecht, Note: mit Auszeichnung bestanden (A), Universität Bremen (Fachbereich Rechtswissenschaften - Aufbaustudium Europäisches und Internationales Recht), Sprache: Deutsch, Abstract: Es verwundert nicht, dass sich im Zuge der Liberalisierung des Luftverkehrs in Teilbereichen auch Wettbewerb zwischen Flughäfen entwickelt hat. Hinzu kommt, dass Flughafenbetreiber parallel zu ihrem Engagement in den traditionellen aeronautischen Dienstleistungsmärkten zunehmend in vor- und nachgelagerte Wettbewerbsmärkten allgemeinwirtschaftlicher Natur expandieren. Zugleich bestehen aber in zahlreichen anderen Bereichen weiterhin teils faktische, teils rechtliche Monopole. Damit gibt die Flughafenwirtschaft heute ein Bild ab, dass vom Nebeneinander regulierter und liberalisierter Märkte geprägt ist. Es liegt also nahe, die Vereinbarkeit von Quersubventionen in der Flughafenwirtschaft mit dem europäischen Wettbewerbsrecht genauer zu untersuchen. Das wohl wichtigste EG-wettbewerbsrechtliche Instrument gegen Quersubventionen bietet sich mit Art. 82 EGV an, der die missbräuchliche Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen untersagt. Da sich die Mehrheit der Flughäfen, wie andere Betriebe der Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft, weiterhin in staatlichem Besitz befinden, können Quersubventionen aber möglicherweise auch unter dem Aspekt des Verbots staatlicher Beihilfen gem. Art. 87 I EGV bzw. des Gebots vertragsgerechten Verhaltens gem. Art. 86 I EGV sanktioniert werden. Natürlich kann ein Außenstehender, der nicht über einen vertieften Einblick in die tatsächlichen wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse einzelner Flughafengesellschaften verfügt, kein abschließendes Urteil über die Frage, welches Unternehmen Quersubventionierung praktiziert, abgeben. Ein entsprechender Einblick bleibt manchmal selbst der Europäischen Kommission verwehrt. Ziel der Arbeit kann daher lediglich sein, zu untersuchen, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen Quersubventionierung im Rahmen des EG-Wettbewerbrechts verboten bzw. sanktionierbar ist.

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Leseprobe

3 Vereinbarkeit von Quersubventionen mit Europäischem Wettbewerbsrecht


 

Die vorliegende Arbeit will die Vereinbarkeit von Quersubventionen in der Flughafenwirtschaft mit dem europäischen Wettbewerbsrecht untersuchen.

 

Für diese rechtliche Überprüfung kommen sowohl Art. 82 EGV (Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung), also auch die Art. 87 I EGV (Verbot staatlicher Beihilfen) und Art. 86 I EGV (Verbotene staatliche Einflussnahem) in Betracht. Nachfolgend sollen die erörterten Beispiele für Quersubventionen in der Flughafenwirtschaft unter diese Artikel subsumiert werden.

 

3.1 Quersubventionierung als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EGV


 

3.1.1 Anwendbarkeit für die Flughafenwirtschaft


 

Die EG-Wettbewerbsvorschriften gelten grundsätzlich für alle wirtschaftlichen Tätigkeiten. Dazu zählen insbesondere die Herstellung von Gütern und die Erbringung von Dienstleistungen. Allerdings können gem. Art. 83 II 2 c EGV für bestimmte Bereiche Sonderregeln beschlossen werden.[84]

 

Von dieser Möglichkeit hat Europäische Rat mit der Verordnung 141/62/EWG[85] Gebrauch gemacht, da er aufgrund der Besonderheiten des Verkehrssektors auch gesonderte Wettbewerbsregeln für erforderlich  erachtete. Mit Hinblick auf zukünftige Spezialregeln für die jeweiligen Verkehrssektoren Eisenbahn-, Straßen-, Binnenschiffsverkehr und  Luft- und Seefahrt, erklärte er, dass die „Verordnung Nr. 17[[86]] [solange] ... auf [bestimmte] Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Verkehr [Art. 81 EGV] ..., sowie auf beherrschende Stellungen auf dem Verkehrsmarkt im Sinne des Artikels 82 EGV keine Anwendung findet.“[87] 

 

Die entsprechende Spezialregelung für den Luftverkehrssektor wurde mit der Verordnung 3975/87/EWG[88] geschaffen. Diese Verordnung regelt Einzelheiten der Anwendung von Art. 81 und 82 EGV auf den Luftverkehr (Art. 1 I der VO).

 

Dabei stellt sich die Frage, ob die Verordnung nur den Luftverkehr unmittelbar oder auch sämtliche, mittelbar mit diesem zusammenhängenden Wirtschaftsbereiche, wie z.B. die Flughafenwirtschaft,  erfassen soll.

 

In der Sache Ilmailulaitos/Luftfartsverket ging die Kommission davon aus, dass „Dienstleistungen, die Zugang zur Flughafeninfrastruktur verschaffen ... kein unmittelbarer Bestandteil der Beförderungsleistung für den Reisenden [sind] und ... damit nicht unter die speziellen Verfahrensregeln für den Verkehrsbereich [fallen]. Was die Anwendung der Art. 85 [heute Art. 81] und Art. 86 [heute Art. 82] EG-Vertrag anbelangt, gilt für sie vielmehr die Verordnung Nr. 17.“ [89]

 

Diese Auffassung der Kommission hat das EuG bestätigt. In seiner Entscheidung Aéroports de Paris stellt es klar, dass die Verordnung Nr. 3975/87 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen, die ihrem Charakter nach spezifisch ist, nur für Tätigkeiten, die unmittelbar Luftverkehrsleistungen betreffen, gilt. Tätigkeiten, die diese Dienstleistungen nicht unmittelbar betreffen, fallen demnach unter die nach ihrer Art allgemeinen Verordnung Nr. 17.[90] 

 

“Insoweit hängt die Tätigkeit eines Flughafenbetreibers, die nicht in Bodenabfertigungsdiensten, sondern - auf einem vorgelagerten Markt - in der Bereitstellung von Flughafenanlagen und Leistungen des Flughafenbetriebs für Dienstleister der Bodenabfertigung besteht, mit dem Luftverkehr nur mittelbar zusammen, denn es handelt sich dabei weder um Luftverkehrsleistungen, noch auch nur um Tätigkeiten, die sich unmittelbar auf Luftverkehrsleistungen beziehen.“[91]

 

Allerdings ist es in Hinblick auf vermeintlich quersubventionierte Flughafenentgelte fraglich, ob durch deren Festlegung nicht ein wirtschaftlicher Vorgang betroffen ist, der einen unmittelbaren Zusammenhang mit Luftverkehrsleistungen aufweist. Denn Flughafenentgelte sind zumindest potentiell dazu geeignet, den Flugpreis zu beeinflussen.[92] In der Regel sind Flughafenentgelte aber klar vom eigentlichen Flugpreis zu differenzieren.[93]

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Flughafeneigner oder -betreiber „unstreitig keine Fluggesellschaften und somit kein ‚Luftfahrtunterneh-men’“[94] im Sinne der Verordnung 3975/87 sind. Die Bereitstellung von Luftverkehrsinfrastruktur und die damit verbundene Erhebung von Entgelten ist „unstreitig auch keine Luftverkehrsleistung, während  die Verordnung Nr. 3965/87 nach ihrem Art. 1 Abs. 2 ‚nur für den internationalen Luftverkehr zwischen Flughäfen der Gemeinschaft’ gilt.“[95] Somit müssten sie unter die für die allgemeinen Wirtschaftsbereiche geltende Verordnung Nr. 17 fallen.

 

Zusätzlich werden „nicht alle Praktiken auf sämtlichen Märkten, die dem Luftverkehrsmarkt vorgelagert sind, von der Verordnung Nr. 3975/87 allein deshalb erfasst, weil sie bestimmte mittelbare Auswirkungen auf den Luftverkehrsmarkt haben könnten.“[96]

 

Als Konsequenz dieser Argumentation ergibt sich, dass die Sonderregeln der VO 3965/87 ausschließlich für den originären Luftverkehrsmarkt gelten. Für alle dem Luftverkehrsmarkt vor- und nachgelagerten Märkte gilt dagegen die Verordnung Nr. 17.

 

3.1.2 Voraussetzungen des Art. 82 EG


 

3.1.2.1.1 Adressaten des Missbrauchverbot

 

Als Adressaten des Missbrauchverbots nennt Art. 82 EGV Unternehmen.  Im Hinblick auf die bereits erläuterte Heterogenität der Eigentums- und Organisationsstrukturen der Flughäfen innerhalb der Gemeinschaft, stellt sich die Frage, welche davon unter den Unternehmensbegriff zu subsumieren sind.

 

Problematisch erscheinen vor allem sämtliche Eigentums- und Organisationskategorien, die eine Beteiligung der öffentlichen Hand aufweisen.

 

Der Unternehmensbegriff ist generell so zu verstehen wie der wortgleiche Begriff in Art. 81 EGV.[97] Die Frage der Unternehmensqualität beurteilt sich demnach nicht nach formalen, sondern allein nach wirtschaftlich-funktionalen Kriterien. Der Unternehmensbegriff ist also entsprechend weit auszulegen.[98]

 

„Nach der ständigen Rs. des EuGH umfasst der Begriff des Unternehmens im gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. [[99]] Die Art. 85 und 86 EG-Vertrag sind auf die Verhaltensweisen einer öffentlichen Einrichtung anwendbar, wenn feststeht, dass der Staat über diese Einrichtung wirtschaftliche Tätigkeiten industrieller oder kommerzieller Art ausübt, die darin bestehen, Güter und Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Staat unmittelbar durch eine Stelle tätig wird, die zur staatlichen Verwaltung gehört, oder durch eine Einrichtung, die er mit besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgestattet hat. Es muss folglich geprüft werden, welcher Art die von den öffentlichen Unternehmen oder der vom Staat mit besonderen oder ausschließlichen Rechten versehenen Einrichtung ausgeübten Tätigkeiten sind.“[100]

 

So ist nach Auffassung des EuGH die Unternehmereigenschaft eines Flughafenbetreiber i.S.d. Art. 82 I EGV auch dann nicht ausgeschlossen, wenn er als öffentliche Einrichtung eine im öffentlichen Eigentum stehende Infrastruktureinrichtungen betreibt.[101] Denn die „Vertragsbestimmungen über denn Wettbewerb sind auch anwendbar auf Tätigkeiten einer Einrichtung, die sich von ihrem Tätigwerden als Hoheitsträger unterscheiden lässt.“[102]  Daher kommt es vielmehr darauf an, ob die in Frage stehende Tätigkeit wirtschaftlicher Art ist.

 

Das „Zurverfügungstellen von Flughafenanlagen an Luftfahrtgesellschaften und verschiedene Dienstleister gegen Zahlung einer Abgabe, deren Satz... [der jeweilige Flughafenbetreiber] frei festsetzt, ist als eine Tätigkeit wirtschaftlicher Art anzusehen.“[103]

 

Dass ihm zur Verwaltung dieser Tätigkeit eventuell hoheitliche Befugnisse zur Seite stehen, ist dabei ohne Belang.[104]

 

Zur Untermauerung dieser Einschätzung verweist der EuGH auf seine einschlägige Rs.. So hat er entschieden, dass das hoheitliche Verwalten und Vermieten eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes im Auftrage des Staates selbst dann eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, wenn eine hoheitliche Verordnungsbefugnis zur Regelung dieser Tätigkeit existiert.[105]

 

Außerdem sei auch die Stellung von Lokomotiven, Schienenbeförderungsdiensten und die Zulassung zum Schienennetz als eine Tätigkeit wirtschaftlicher Art anzusehen.[106]

 

Als deutliches Indiz für die Annahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit wertet der EuGH den...

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