1Die öko-soziale Schadensbilanz des Menschen
Die heutige Unternehmenswelt basiert mehrheitlich auf dem Konstrukt des Kapitalismus. Es mag hierbei aufweichende Varianten geben, wie z. B. die „soziale Marktwirtschaft“, aber die Unterscheidung dieser Varianten ist letztendlich nicht zielführend. Der Kapitalismus hat als Erschaffer oder Bewahrer einer ökonomischen Gesamtharmonie dieser Welt versagt.
Begründungen sind folgende:
1.1Öko-soziales Marktversagen durch den Faktor Mensch
Oft ist zu lesen, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles verbessert hätte: Die Rate für Kindersterblichkeit sinkt, die weltweite Armut geht zurück, das weltweite Durchschnittseinkommen steigt, die Mittelschicht wächst (z. B. in China), und immer mehr Menschen haben Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zahlreiche Staaten, Philanthropen, NGOs (Non-Governmental Organizations) und NPOs (Non-Profit Organizations) bis hin zu supranationalen Einrichtungen wie den Vereinten Nationen investieren viel Zeit und Geld, um die Missstände der Erde zu beheben. Wo also ist das Problem?
Die Antwort: All diese Bemühungen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Immer noch leben heute Milliarden Menschen in bitterer Armut, während Firmen und deren Inhaber die Probleme ungelöst lassen und immer mehr Reichtum anhäufen. Weiterhin gibt es ein Verteilungsproblem, und die reiche Welt ist nicht bereit, zugunsten der Armen substanziell Verzicht zu leisten.
Für den Konsum der Reichen schuften Wanderarbeiter in Asien für einen Hungerlohn unter nachweislich gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Noch schlimmer ergeht es quasi versklavten Kindern in den Minen Afrikas. Immer noch werden jährlich Waldflächen so groß wie Staaten und ganze Tier- und Pflanzenarten ausgelöscht. Weiterhin verseucht der Mensch die Meere, hält die reiche Welt die armen Länder ökonomisch klein und gibt ihnen keinen Raum für eigenständiges Wachstum. Flüchtlingswellen sind die Folge. Die ganze Welt befindet sich in einer Schuldenspirale – und dort sicherlich bereits im finalen Drittel. Per saldo fließt mehr Kapital zu den Reichen als zu den Armen. Für diese Missstände gibt es kein ökonomisches Rezept, das erwiesenermaßen erfolgreich wäre und von allen Menschen akzeptiert werden würde. Das ist das Problem!
In den vergangenen Jahrzehnten fand eine gravierende Verschiebung statt in Bezug auf die Frage, welcher Mensch zur Wertschöpfung in der Wirtschaftswelt beiträgt. Für den Berufsstand der Arbeiter gilt im Allgemeinen, dass sich ihre Bedeutung von wesentlich immer mehr hin zu unwesentlich verschoben hat. Industrieautomation und Robotik in allen Branchen – sowohl im sogenannten Westen als auch in den sogenannten Billiglohnländern – haben dazu geführt, dass Arbeiter im Gegensatz zu vor 50 Jahren heute oftmals bereits durch Maschinen substituiert wurden oder in nicht allzu ferner Zukunft substituiert werden. Man erinnere sich an den aktuell in der Umsetzung befindlichen Plan der taiwanesischen Firma Foxconn (Hersteller von Mobiltelefonen für Apple, Samsung etc.), von den 1,3 Millionen Mitarbeitern bis zum Jahr 2020 in den sogenannten 3d-jobs (dirty, dangerous and dull) 30 Prozent der Menschen durch Roboter zu ersetzen. In der sogenannten sozialen Marktwirtschaft führt dies dazu, dass der Arbeiter im sozialen Ranking weit abfällt und für ihn die soziale Absicherung, gerade in den Bereichen Altersversorgung und Inflationsausgleich, in Zukunft kaum mehr gegeben sein wird.
Arbeiter, die in Billiglohnländern leben, arbeiten in der Regel weit mehr als die von der International Labour Organization (ILO) empfohlenen 60 Stunden pro Woche. Sie haben keinen bis sehr wenig Urlaub, sind wenig oder gar nicht sozialversichert und erhalten vielleicht, vielleicht auch nicht, einen Mindestlohn. All dies verwehrt ihnen ein Leben in Würde mit positiver sozialer Teilhabe. Darunter leiden auf vielfältige Art und Weise auch die Kinder der Arbeiter (im Hinblick auf Bildung, Hygiene, Ernährung, Gesundheit etc.).
Die Konsumenten der reichen Länder könnten durch eine Veränderung ihres Konsumverhaltens positiven Einfluss nehmen. Denn natürlich findet fast jeder Verbraucher soziale Missstände in Produktionsbetrieben schlecht. Dank Internet kann man sich leichter denn je erkundigen, welcher Betrieb unter welchen Sozialbedingungen fertigt, und sein Konsumverhalten danach ausrichten. Man stelle sich vor, was ein globaler einmonatiger Boykott z. B. der Textilmarke Primark bewirken würde.
Aber das passiert nicht.
Wenn es an den eigenen Geldbeutel geht, sind die sozialen Bedingungen in den Produktionsbetrieben mehrheitlich nicht relevant, um faktisch das Konsumverhalten zu beeinflussen. Ausnahmen gibt es natürlich; Fairtrade-Kaffee wird ja schon gekauft. Aber für die große Masse gilt weiterhin: „Geiz ist geil.“ Der Homo oeconomicus maximiert sein Konsumverhalten mehrheitlich zu seinem eigenen Vorteil. Verzicht zugunsten Dritter ist in der Masse keine Handlungsoption. Diese große Masse der Verbraucher kommt somit als Faktor, aus dem heraus sich Veränderung ergeben könnte, nicht in Frage. Es gibt ein großes globales Wohlstandsgefälle, an dessen Auflösung die Konsumenten der reichen Länder de facto bis heute kein Interesse haben, trotz anders lautender Lippenbekenntnisse. Wenn Wirtschaftswissenschaften davon sprechen, dass sich die Märkte angeblich selbst regulieren, dann haben wir ein öko-soziales globales Marktversagen.
1.2Zerstörung der Umwelt
Der Kapitalismus führt dazu, dass wir unsere Umwelt auf eine nicht nachhaltige Art und Weise ausbeuten, verschmutzen (= reparabel) und verseuchen (= kaum bis gar nicht reparabel). Wir rotten in Rekordzeit Tier- und Pflanzenarten aus, vergiften die Meere mit Kunststoffen, Öl und anderen Substanzen und beuten die Rohstoffe unserer Erde aus, als würde nur der kurzfristige Profit zählen und als gäbe es kein Morgen. Fast die gesamte Menschheit atmet gesundheitsgefährdende Luft. Die Horrorzustände der globalen Tierhaltung zu Nahrungszwecken übersteigen die Vorstellungskraft der meisten Verbraucher. Die Aufzählung der menschenverursachten Umweltsünden ließe sich erschreckend lange fortsetzen. Wir preisen diesen Raubbau bislang nicht ein.
1.3Monopolisten − die Herrscher der Zukunft
Der Kapitalismus in der heute gelebten Form führt zudem dazu, dass sich immer mehr Konzerne zu Großkonzernen zusammenschließen. Am Ende dieser Entwicklung ist abzusehen, dass es für uns Verbraucher augenscheinlich viele Wahlmöglichkeiten pro Produkt gibt, die aber letztendlich hinsichtlich der tatsächlichen Eigentümerschaft (Banken, Versicherungen, institutionelle Anleger wie Staatsfonds, superreiche Individuen und viele weitere) zumindest indirekt von den gleichen Quellen beherrscht werden.
MARKEN DER FIRMA PROCTER & GAMBLE (USA) |
ANTIKAL | Herbal Essences | Clearblue |
FAIRY | head & shoulders | DURACELL |
Markenkrake „Procter & Gamble“
Quelle: Frank Martin Püschel, Daten: Deloitte: »Global Powers of Consumer Products 2012« mit Umsatzzahlen von 2010
In der Abbildung auf Seite 19 sieht man anschaulich, wie viele Marken letztendlich zu einer einzigen Firma gehören. In letzter Konsequenz wird es immer weniger verschiedene Inhaber von Firmen geben, da die Erfolgreichsten die weniger Erfolgreichen mit der Zeit übernehmen oder wirtschaftlich eliminieren.
1.4Krieg als Mittel der Geostrategie
Es ist nicht zu leugnen, dass aufgrund geostrategischer Interessen direkte Kriege oder zumindest Stellvertreterkriege um Rohstoffe und den Einfluss auf Zukunftsmärkte geführt werden. Wird ein Land beherrschbar gemacht, so ziehen sofort ausländische Unternehmen die wirtschaftliche Macht an sich. Industrien werden privatisiert und gelangen so in den Einfluss der großen Konzerne. Ein drastisches Beispiel sind...