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E-Book

Radikale Innovationen durch Kooperation mit Lead Usern: Ausgewählte Probleme und Lösungen

AutorHeidi Günther
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl38 Seiten
ISBN9783956848803
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Lead User sind besonders trendbewusste Verwender, die eigenständig Problemlösungen für ihre Bedürfnisse entwickeln, und interessante Kooperationspartner für Unternehmen beim Generieren radikaler Innovationen. Doch während das Erfolgspotenzial des Lead User-Konzepts mittlerweile als akzeptiert gilt, werden potenzielle Anwendungsschwierigkeiten nur selten diskutiert. Die Arbeit widmet sich jener Forschungslücke und analysiert ausgewählte Problemfelder bei der Zusammenarbeit mit Lead Usern sowie geeignete Lösungsansätze. Zur Kategorisierung wird der Lead User-Prozess - das allgemeine Ablaufschema bei kooperativen Innovationsprojekten - verwendet.

Dr. Heidi Günther wurde 1982 in Stollberg (Erzgebirge) geboren. Bereits während ihres Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der TU Bergakademie Freiberg untersuchte sie aktuelle Themen des Innovationsmanagements. Nach umfassenden Erfahrungen in der Wir

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.3.1, Markttauglichkeit und Schutz von Lead User-Ideen: Das starke Trendbewusstsein der Lead User wurde bereits eingehend erläutert. Doch obwohl die heute von ihnen verspürten Bedürfnisse in Zukunft wahrscheinlich zu denen der repräsentativen Kunden werden (z.B. Lilien et al. 2002, S. 1044) und Lead User dabei oft als beeinflussende Meinungsführer agieren (z.B. Reichwald/Piller 2009, S. 161; Bilgram et al 2008, S. 442f.), kann eine völlige Übertragbarkeit der Lead User-Ideen nicht angenommen werden. Schon Eric Von Hippel (1988, S. 114) resümiert: 'The needs of today's lead users are typically not precisely the same as the needs of the users who will make up a major share of tomorrow's predicted market.' Unternehmen befürchten daher, dass Lead User dem Gesamtmarkt zu weit voraus sind und auf ihren Ideen basierende Neuproduktkonzepte (noch) nicht den Wünschen des durchschnittlichen Kunden von morgen entsprechen werden (Olson/Bakke 2001, S. 391). Im schlimmsten Fall eignen sich Lead User-Ideen überhaupt nur zur Erfüllung ihrer eigenen extremen Bedürfnisse und werden nie zu gemäßigteren Bedürfnissen der breiten Marktmasse (vgl. z.B. Urban/Von Hippel 1988, S. 580). Doch selbst tatsächlich anwendbare Lead User-Ideen sind ggf. nur auf ein bestimmtes Marktsegment übertragbar. In dem Fall besteht die Gefahr einer zu hohen Nischenorientierung, wenn die vom gewählten Marktsegment gebundenen Ressourcen zum Bedienen anderer aussichtsreicher Nachfragesegmente nicht mehr zur Verfügung stehen. Demnach kann es durch die Entwicklung und Markteinführung von Lead User-Ideen zu Opportunitätskosten kommen, die sich z.B. im Entgehen potenzieller Umsätze widerspiegeln (Brockhoff 1997, S. 364). Doch wie sollen Unternehmen nun mit den erhaltenen Lead User-Ideen umgehen? Die Ideen der Lead User dürfen nicht einfach unverändert auf den Zielmarkt übertragen werden; vielmehr bedarf es vorher einer ausführlichen Nutzbarkeitsanalyse (z.B. Von Hippel 1986, S. 802). Um die Markttauglichkeit der Lead User-Ideen zu erhöhen, haben Unternehmen prinzipiell verschiedene erfolgsversprechende Alternativen: Je nach Fit zur Geschäftsstrategie kommerzialisieren manche Unternehmen fast identische Lead User-Innovationen, während andere Firmen die erhaltenen Lead User-Ideen zur verbesserten Eignung für den Zielmarkt flexibilisieren (Von Hippel/Riggs 1996, S. 18). Unternehmen können auch beide Strategien gleichzeitig anwenden, indem sie - wie im Bereich der Softwareentwicklung - eine komplexere Lösung für Lead User bereitstellen, '(...) während das marktfähige Produkt von der 'Maßfertigung' abweichende, meist weniger anspruchsvolle Leistungscharakteristika aufweist' (Brockhoff 1997, S. 364). Ein ähnlicher Fall wurde von Baldwin et al. (2006) in der Rodeo-Kayaking-Industrie illustriert, in der radikal neue Designs fortschrittlicher Sportler immer weiter verfeinert und mit skalierbaren Herstellungsmethoden kombiniert wurden, um nach und nach massenmarkttaugliche Produkte zu entwickeln. Außerdem sind die Präferenzen von Lead Usern und Non-Lead Usern oftmals weniger verschieden, als viele Unternehmen befürchten (vgl. Von Hippel 1988, S. 114). In Kapitel zwei wurde bereits erwähnt, dass befragte Kunden häufig die Lead User-Innovationen dem besten momentan am Markt verfügbaren Produkt vorziehen; ebenso präferieren Lead User die von ihnen selbst entwickelten Lösungen (z.B. Herstatt/Von Hippel 1992; Urban/Von Hippel 1988). Dabei hängt die Übereinstimmung von Präferenzen der Lead User und der Non-Lead User von der Ähnlichkeit ihrer Bewertungsmuster ab: Ist die Wertschätzung von Produktattributen wie Kraft oder Benutzerfreundlichkeit für beide Gruppen ähnlich, werden auch ihre Präferenzen ähnlich ausfallen. Eine an Kundenbefragungen anknüpfende Analyse solcher Indikatoren kann im Vorfeld über das Zielmarktpotenzial von Lead User-Ideen Auskunft geben (vgl. Urban/Von Hippel 1988, S. 577-580). Bei Anwendung von Marktanteilsprognosen sollten aber neben zukunftsbezogenen Erwartungswerten auch historische Daten (z.B. projektierte und vergangene Verkaufszahlen) berücksichtigt werden (vgl. Lilien et al. 2002, S. 1050-1051). An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass Unternehmen von Lead Usern nicht nur bei der Suche nach konkreten Neuproduktkonzepten profitieren. Lead User haben ein großes Bewusstsein für die sie umgebenden Gesamtsysteme - z.B. die Rolle einer Komponente im Gesamtprodukt oder ihre Relevanz für bestimmte persönliche Verhaltensweisen - und die daraus abgeleiteten Bedürfnisse bzw. gewünschten Produktfunktionen. Durch Diskussion dieser Gesamtsysteme im Workshop geben Lead User ihr Wissen weiter und tragen somit zum besseren Verständnis der abhängigen Nachfrage bei (Von Hippel/Riggs 1996, S. 17f.). Verstehen Unternehmen, wie Produkte in ein solches Gesamtsystem passen, können Innovationschancen besser einschätzt und sogar verbreitert werden (vgl. Boyd/Levy 1963, S. 138). Ein generelles Problem ist die Frage nach den Nutzungsrechten für die Lead User-Ideen. Allerdings löst es sich durch das bereits vorgestellte Free Revealing meist von selbst, wenn Lead User ihre Rechte kostenlos an Unternehmen abtreten (Herstatt et al. 2003, S. 64). Diese Tatsache erschwert aber die Patentierbarkeit von Lead User-Ideen, da sie oft auch bereits gegenüber Dritten enthüllt wurden. Eine Lösung bietet der Workshop: Hier können die Ideen einzelner Lead User miteinander kombiniert und situativ angepasst werden, wobei das daraus resultierende Gesamtkonzept vom Unternehmen durchaus patentierbar ist. Ansonsten gibt es für Ideen von Lead Usern bzw. Non-Lead Usern kaum Unterschiede hinsichtlich des Schutzes von intellektuellem Eigentum (Lilien et al. 2002, S. 1047/S. 1055f.). Weitere, auf dieser Stufe des Lead User-Prozesses relevante Aspekte betreffen z.B. das Timing der Neuprodukteinführung am Markt (z.B. Nagel 1993, S. 42) oder die geeignete Gestaltung eines Workshops (Olson/Bakke 2004, S. 131). Da es sich hierbei aber um allgemeine Probleme des Innovationsmanagements handelt, sollen sie an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden. 3.3.2, Barrieren innerhalb der Organisation: Im vorherigen Abschnitt wurde die Bedeutung der Markttauglichkeit von Lead User-Ideen für die Entwicklung erfolgreicher, kommerzialisierbarer Lösungen erläutert. Dazu gibt es in der Literatur auch Hinweise, dass seitens des Unternehmens gewisse erfolgsrelevante Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Diese sollen nun betrachtet werden.
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