Schmerzen
Natürlich wissen Sie als Betroffener, was Schmerzen sind, wie sie peinigen, wie sehr sie sich auf Ihre Lebensqualität auswirken. Mit diesen Erfahrungen sind Sie ganz und gar nicht alleine. Von den rund 100 Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum leiden etwa 20 Prozent unter chronischen Schmerzen, das sind rund 20 Millionen Menschen.
Rückenschmerzen, Kopf- und Nackenschmerzen, Migräne, Hüft-, Schulter- und Knieschmerzen, Ellbogen-, Handgelenk- und Fingerschmerzen, Fußgelenk-, Fuß- und Zehenschmerzen – Schmerzen können an jeder Stelle des Körpers auftreten. Besonders häufig sind Rückenschmerzen. Die Kosten, die allein in Deutschland durch Rückenschmerzen und damit oft einhergehende Schädigungen wie Wirbelgelenksarthrose, Bandscheibenschädigungen, Spinalkanalstenosen sowie Entzündungen verursacht werden, schätzt man auf 50 Milliarden Euro jährlich. Schmerzen sorgen also nicht nur für großes persönliches Leid, sie sind auch eine massive finanzielle Belastung für unsere Krankenversicherungen und die Betroffenen. Eine möglichst effiziente Behandlung ist daher von großem Interesse für die Volkswirtschaft.
Die Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht
Sehr vielen Schmerzpatienten kann mit wirksamen und nachhaltigen Therapien geholfen werden, die auf dem Wissen über die tatsächlichen Ursachen für Schmerzen basieren. Dieses Wissen und diese Therapien sind leider noch viel zu wenig verbreitet.
Hier kommen wir ins Spiel. Mit unserer Schmerztherapie können wir bei rund 90 Prozent der Patienten meist schon in der ersten Behandlung die Schmerzen löschen oder deutlich reduzieren. Mit sogenannten Engpassdehnungen, die der Patient in Eigenregie macht, kann dieser Effekt gefestigt und dauerhaft gehalten werden. Varianten dieser Übungen stellen wir Ihnen in diesem Buch vor.
Muskulär-fasziale Fehlspannungen verursachen Schmerzen
Grundlage für die frappierende Wirksamkeit unserer Therapie ist die Entdeckung, dass die meisten Schmerzen nicht ursächlich durch Verletzungen, Schädigungen oder Verschleiß verursacht werden, sondern letztlich durch überhöhte Zugspannung der Muskeln entstehen (eine Fehlprogrammierung der Muskeln und daraus folgende Verkürzung der Faszien). Diese muskulär-faszialen Fehlspannungen äußern sich in »Alarmschmerzen« (siehe hier). Solche Alarmschmerzen können einfach und schnell beseitigt werden, wenn der Therapeut weiß, wie sie zustande kommen.
In der Therapie lernt der Patient, selbst dafür zu sorgen, dass er schmerzfrei bleibt.
In unserer Schmerztherapie setzt der Therapeut die »Osteopressur« ein, um die muskulär-faszialen Fehlspannungen zu korrigieren. Das heißt, er beeinflusst bestimmte biologische Informationsschalter (Mechanorezeptoren) auf den Knochen, die wir nach unserer Systematik »Alarmschmerzrezeptoren« nennen. Nach dieser Behandlung bekommt der Patient ein Übungsprogramm aus Engpassdehnungen gezeigt, das er zu Hause ausführen kann. Mit diesen Übungen festigt er nach und nach die durch die Therapie erreichte Schmerzfreiheit. Die in diesem Buch beschriebenen Schmerzfrei-Übungen sind einfach nachzuvollziehende Varianten dieser Engpassdehnungen. Wenn der Patient darüber hinaus noch seine Ernährung optimiert und schädliche Umweltfaktoren oder psychische Belastungen ausschaltet, hilft das dabei, dauerhaft schmerzfrei zu bleiben. Als Nebeneffekt verbessert sich der gesamte Gesundheitszustand.
Für wen ist das Selbsthilfeprogramm geeignet?
Unsere Schmerztherapie greift in über 90 Prozent der Fälle. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber sie sind sehr selten. Beispielsweise behandelten wir vor Jahren einen Patienten, der über diffuse Rückenschmerzen klagte. Er reagierte untypisch auf unsere Therapie, so dass wir ihn zwecks Abklärung zum Kardiologen schickten. Einige Wochen später hatte man ihm drei Bypässe gelegt – die Schmerzen hingen in diesem Fall mit dem Zustand seines Herzens zusammen.
Sie haben die Verantwortung für Ihren Körper. Das in diesem Buch beschriebene Selbsthilfeprogramm ist im Prinzip für jeden geeignet, doch wenn die Übungen nicht gleich schmerzlindernd wirken, experimentieren Sie bitte nicht länger herum, sondern gehen Sie zu einem Arzt oder Therapeuten – am besten zu einem, der unsere Therapie erlernt hat. Möglicherweise ist die Ursache für Ihre Schmerzen eine andere.
Berücksichtigen Sie auch die Schwere Ihres Zustandes: Je länger Sie schon unter Schmerzen leiden, je schlimmer diese sind und vor allem, wenn Sie schon über längere Zeit nicht mehr ohne Schmerzmittel auskommen, ist es unbedingt ratsam, vor Beginn des Programms einen unserer Therapeuten aufzusuchen.
Es gibt genügend Möglichkeiten für jeden Anspruch, die aus den Erkenntnissen unserer neuen Schmerztherapie resultierenden Werkzeuge zu nutzen.
- Wenn Sie häufig unter Schmerzen leiden, die aber immer wieder vorübergehen, können Sie mit dem Programm verhindern, dass die Schmerzen chronisch werden.
- Als Schmerzpatient, der schon bei einem Liebscher-&-Bracht Therapeuten in Behandlung ist, können Sie mit dem Selbsthilfeprogramm die Erfolge der Therapie festigen.
- Als gesundheitsbewusster Mensch, der sich vorbeugend gegen Schmerzen »immun« machen möchte, sollten Sie unsere Schmerzfrei-Übungen regelmäßig in Ihren Alltag einbauen.
- Sie können die Faszien-Rollmassage immer anwenden, wenn Sie eine Körperregion aktivieren oder beweglicher machen möchten. Sie lässt auch Muskelkater schneller verschwinden.
- Für sich selbst oder einen Partner können Sie das Programm als wirksame Entspannungstechnik nutzen.
Lösungen statt Vermeidungsstrategien
Das Selbsthilfeprogramm ist grundsätzlich für jeden geeignet. Sie können sich aber jederzeit Rat bei einem Liebscher-&-Bracht Therapeuten holen.
Wir haben eine gute Nachricht für Sie: Sie dürfen und sollen sich grundsätzlich so bewegen – oder nicht bewegen –, wie es Ihnen gefällt! Es gibt keine »falschen« Bewegungen. Um schmerzfrei zu werden und zu bleiben, müssen Sie nicht Ihrem geliebten Sport oder Hobby abschwören. Sie brauchen keine »Gesundheitsstühle«, »Gesundheitsmatratzen« oder »Gesundheitskissen«, auch spezielle Schuhe oder Einlagen, Bandagen oder Gelenkstützen sind nicht notwendig. Die Aufzählung dieser oft empfohlenen Maßnahmen könnten wir noch über Seiten fortsetzen.
All diese Hilfsmittel, Maßnahmen und Verhaltensbeschränkungen sind nicht notwendig, im Gegenteil: Oft verschlimmern sie unseren degenerierten Zustand noch. Denn unser Körper ist ein lebendiges System, das sich den Anforderungen anpasst. Senken oder minimieren wir diese durch Schonen und Unterstützen, dann baut die Struktur unseres Körpers ab. Wir werden noch schwächer und anfälliger – und abhängig von den vermeintlichen Hilfsprodukten.
Bewegung ist das A und O
Gehen wir davon aus, dass unser Körper sich so, wie er genetisch festgelegt ist, bei Nutzung aller »eingebauten« Bewegungswinkel, zu 100 Prozent bewegen kann. Was denken Sie, wie viel davon wir heute durchschnittlich nutzen? Diese Frage stellen wir regelmäßig den Ärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten in unseren Schmerztherapie-Ausbildungen. Die Antworten bewegen sich zwischen 10 und 30 Prozent. Wir selbst halten 15 bis 20 Prozent für realistisch. Sicher ist: Den größten Teil der Möglichkeiten, uns zu bewegen, nutzen wir nicht.
Alles muss im Fluss sein
Alles in uns ist vernetzt, alles in uns fließt und bewegt sich. Blut und Lymphe sind die Transportflüssigkeiten, die Nährstoffe dorthin befördern, wo sie benötigt werden, bzw. Abfallstoffe abtransportieren.
Bei längerem Sitzen oder Liegen werden die feinsten Verästelungen der Gefäße, die Kapillaren, nur minimal durchblutet. Aber in ihnen findet der Austausch von Sauerstoff, Nährstoffen und Stoffwechselendprodukten zwischen dem Blutkreislauf und den Geweben statt. Die Nährstoffe gelangen aus dem Blut in die Zwischenzellflüssigkeit – in die Flüssigkeit zwischen den Zellen des Bindegewebes – und werden zu den Organgeweben transportiert. Umgekehrt werden Abfallstoffe (Zellausscheidungen) aus den Geweben über die Zwischenzellflüssigkeit wieder in den Blutkreislauf aufgenommen und abtransportiert. In relativ unbewegten Körperbereichen funktioniert dieser Austausch nicht richtig, die Nährstoffe und Abfallstoffe bleiben in der Zwischenzellflüssigkeit hängen und sammeln sich dort an.
Bewegen wir uns zu wenig, bauen wir sehr schnell auf allen Funktionsebenen ab. Doch sobald wir wieder in Bewegung kommen, pumpen die Muskeln das Blut durch die Adern, auch der Lymphfluss wird wieder angeregt, die Zellen werden wieder mit Nährstoffen versorgt, die Abfallstoffe werden wieder weggeschafft.
Bewegung ist für uns Menschen also immens wichtig. Und zwar genügend Bewegung – das ist deutlich mehr, als es im heutigen Alltag üblich ist.
Zu wenig und einseitige Bewegung – Ursache für Schmerzen
Viele Bewegungen, für die unser Körper konstruiert ist, finden zu selten oder zu einseitig statt. Wir müssen nicht mehr nach hinten greifen, um einen Ordner aus dem Regal zu nehmen, weil wir uns auf dem Drehstuhl sitzend herumdrehen. Wir strecken uns nicht weit nach oben und hangeln nicht an Ästen, weil wir nicht auf Bäume klettern. Wir erklimmen keinen Hang, weil wir mit dem Aufzug in den dritten Stock kommen. Wir laufen nicht zig Kilometer am Tag, weil wir die Entfernungen mit dem Auto zurücklegen und in Flughäfen...