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DIE IDEALE RUDERTECHNIK
3 DIE IDEALE RUDERTECHNIK
ZUR ORIENTIERUNG FÜR DEN EINSTEIGER
3.1 Grundlegende Vorstellungen zur Rudertechnik
Man kann die Rudertechnik auf vielfältige Art und Weise beschreiben: Ruderlehrer und Trainer unterscheiden sich einerseits in ihrer Vorstellung darüber, was sie als „gute“ Technik bezeichnen, andererseits auch darüber, welche Perspektiven der Technik, z. B. zur Beurteilung oder zur Vermittlung, herangezogen werden. Dazu zählen unter anderem:
Ästhetische Gesichtspunkte (Bewegungsharmonie).
Die Umsetzung individueller Merkmale und Möglichkeiten (Körperbau, Kondition, Entwicklungsstand).
Biomechanisch-physikalische Anforderungen und Prinzipien.
Zeitminimierung: Technik ist dann gut, wenn eine Strecke schneller durchrudert wird, als es die (alle) Gegner schaffen.
Geringstmöglicher Energiebedarf (Bewegungsökonomie).
Orientierung an den Weltbesten (Idealbild).
Funktional: Unter dem Aspekt der Aufgabenlösung.
Gleichgültig, welche Perspektive man zur Beurteilung und Vermittlung heranzieht, Rudertechnik hat
1. für einen effektiven Vortrieb des Bootes zu sorgen.
2. Kräfte und Bewegungen, die dem Vortrieb des Bootes entgegenwirken oder zu einem höheren Energiebedarf führen, zu minimieren.
In der Praxis besteht das Problem darin, zwischen beiden Forderungen einen Kompromiss zu finden, der dadurch noch erschwert wird, dass die konstitutionellen und konditionellen Bedingungen eines Ruderers, aber auch die Zielsetzung berücksichtigt werden müssen. Zwischen „richtig“und „falsch“ entstehen für die einzelnen Ruderer Spielräume, die jedoch Technik als vortriebswirksamste Bewegung eingegrenzt werden müssen durch die Tatsache, dass Ruderer innerhalb einer Mannschaft miteinander kooperieren müssen oder auch dadurch, dass bestmögliche Ergebnisse (Spitzensport) angestrebt werden.
Mannschaftliche Zusammenarbeit und Dynamik. Langer Antriebsweg.
Technik als vortriebswirksame Bewegung
Abb. 11: Durch den Ruderer direkt beeinflussbare Faktoren des Widerstandes und des Vortriebs
Welche Faktoren beeinflussen die Rudertechnik?
Eine gute Rudertechnik wird durch zahlreiche Faktoren begründet: Voraussetzung ist ein gut eingestelltes Boot und intaktes Rudermaterial. Neben der Teamfähigkeit, dem Willen und der Motivation häufig und mit anderen zusammen rudern zu wollen, spielt eine vom Trainer gut vermittelte Bewegungsvorstellung eine große Rolle, genauso wie eine sinnvolle Methodik beim Erlernen und in der Durchführung eines Techniktrainings.
Letztlich sind die sportlichen Voraussetzungen des Ruderers zu nennen, die sich in den konditionellen und koordinativen Fähigkeiten zeigen.
Veränderte Griffhaltung zur Schulung des Boots- und Bewegungsgefühls
Abb. 12: Ursachen und Bedingungsfaktoren einer guten Rudertechnik (Fritsch 2010)
Abb. 13: Idealtypische Körperpositionen in der Aus- und Rücklage
3.2 Der Bewegungsablauf im Skullen
Neben den Kenntnissen über die Zusammenhänge der Rudertechnik dient die Darstellung des idealtypischen Bewegungsablaufs dazu, eine optische Vorstellung des Rudervorgangs zu entwickeln.
Vorrollen
Die Hände werden mit der gleichen Geschwindigkeit aus der Rücklage gebracht, wie sie herangezogen wurden: Prinzip „Billardkugel“.
Die Hände nehmen den Oberkörper aus der maximalen Rücklage mit nach vorne: Arme – Oberkörper – Beine.
Die Arme werden nicht starr gestreckt, es bleibt eine leichte Beugung im Ellenbogen, die Handgelenke sind entspannt, die Finger leicht geöffnet.
Sobald die Hände vor den Knien sind, sollte der Oberkörper seine maximale Vorlage erreicht haben. Die Blätter werden nicht zu spät aufgedreht, spätestens wenn die Hände über den Füßen sind. Der Rollsitz wird kontinuierlich an das Stemmbrett herangezogen, die Arme gestreckt.
Die aufgedrehten Blatter werden durch die Unterstützung der Schultern und Handgelenke nach vorne oben ins Wasser gesetzt, ohne dass der Oberkörper nochmal „nachduckt“. Das „Setzen“ der Blätter (beide Hände sind in einer Höhe!) erfolgt in kürzester Zeit und der Situation angepassten Druckaufnahme. Das Wasserfassen erfolgt „über dem Vorrollen“.
Die Beine nehmen den Druck auf, der Oberkörper wird „eingespannt“. Die Arme dienen als Verbindungsstangen und bleiben gestreckt. Der Oberkörper bleibt noch in einer leichten Vorlage.
Der Einsatz der Beinmuskulatur bewirkt eine hohe Beschleunigung des Bootes; die Arme bleiben gestreckt, der Oberkörper ist noch in leichter Vorlage.
Kurz vor Streckung der Beine wird der Oberkörper eingesetzt und erst wenn die Hände die Knie passieren, werden die Arme herangezogen.
Die Beine sind nun gestreckt, der Oberkörper hat seine maximale Rücklageposition erreicht. Nun werden die Arme zum Körper gezogen, während die Muskelspannung in Hüfte und Oberkörper als Widerlager gehalten wird. Die Skulls werden an den Körper herangezogen, wobei es nicht zu verhindern ist, dass das Blatt kurz vor der Umkehr aus dem Wasser „heraus gerudert“ wird.
Schließlich werden die Blätter mithilfe des Einsatzes von Händen, Schultern und Armen ausgehoben, ohne dass der Schaft oder die Blätter Widerstand im Wasser erzeugen.
Beide Hände werden am Körper gleich hoch geführt.
3.3 Der Bewegungsablauf des Riemenruderns
Nach dem entspannten und widerstandfreien Ausheben werden die Hände aus der Endzugposition gebracht. Auch hier gilt das Prinzip „Billardkugel“. Der Oberkörper hat nur eine leichte Rücklage im Vergleich zum Skullen.
Nach der umgekehrten Reihenfolge wie im Durchzug werden zunächst Hände/Arme, dann der Oberkörper und schließlich die Beine in die Auslageposition gebracht.
Die Arme werden nicht starr gestreckt, es bleibt eine leichte Beugung im Ellenbogen, die Handgelenke sind entspannt, die Finger leicht geöffnet.
Sobald die Hände vor den Knien sind, hat der Oberkörper seine maximale Vorlage erreicht. Die Blätter werden spätestens aufgedreht, wenn die Hände über den Füßen sind. Der Rollsitz wird kontinuierlich an das Stemmbrett herangezogen, die Arme gestreckt.
Ohne dass der Oberkörper noch nachduckt, folgt die Schulterachse dem Innenhebel. Zur Unterstützung eines größeren Auslagewinkels kann das äußere Bein leicht abgespreizt werden.
Mit dem spätestens über dem Schienbein oder den Füßen aufgedrehte Blatt und unterstützt durch Schultern und Hände wird in kürzester Zeit und „über dem Vorrollen“ das „Wasser gefasst“.
Die Beine nehmen den Druck auf, der Oberkörper wird „eingespannt“. Die Arme dienen als Verbindungsstangen und bleiben gestreckt. Der Oberkörper bleibt noch in seiner Vorlageposition.
Der explosive Einsatz der Beinmuskulatur bewirkt eine hohe Beschleunigung des Bootes; die Arme bleiben gestreckt, der Oberkörper ist noch in Vorlage. Kurz vor Streckung der Beine wird der Oberkörper eingesetzt und frühestens, wenn die Hände über den Knien sind, werden die Arme herangezogen. Der leicht gerundete Rücken verhindert allzu große Vertikalbewegungen im Boot.
Bereits kurz nach dem Wasserfassen wird die Schulterachse wieder orthogonal zur Bootslängsachse geführt.
Mit einem nicht allzu großen Rückschwung des Oberkörpers werden die Arme an den Körper herangezogen. Die Spannung in Hüfte, Beinen und Oberkörper dienen als Widerlager, um im Endzug das Ruderblatt mit Hilfe des Einsatzes von Händen, Schultern und Armen auszuheben, ohne dass „gebremst“ wird.
Die Schulterachse ist senkrecht zur Bootsachse.
Endzugposition im Vierer ohne Steuermann
3.4 Welche Probleme können auftreten?
PROBLEM | AUSWIRKUNGEN | MÖGLICHE URSACHEN | |
Zu geringer Auslagewinkel. | Zu kurze Wasserarbeit, zu geringer Vortrieb, unökonomische Arbeit. | Stemmbretteinstellung (Höhe, Neigung, Längsrichtung), mangelnde Beweglichkeit des Ruderers, Dollenhöhe, Hebelabmessungen am Ruder, Balanceunsicherheiten in der Auslage. |
Zu großer Vorlagewinkel des Oberkörpers. | Begünstigt Kiste schieben, Abducken des Oberkörpers in der... |