Sie sind hier
E-Book

Rudolf Borchardts Anthologien

AutorStefan Knödler
VerlagWalter de Gruyter GmbH & Co.KG
Erscheinungsjahr2010
ReiheQuellen und Forschungen zur Literatur- und KulturgeschichteISSN 63 (297)
Seitenanzahl355 Seiten
ISBN9783110228304
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis189,95 EUR

Rudolf Borchardt’s anthologies - Deutsche Denkreden, Ewiger Vorrat deutscher Poesie [German Speeches, Eternal Supply of German Poetry] and Der Deutsche in der Landschaft [The German in the Landscape] (1925-27) - differ not only due to the extraordinary canon of comparable collections they are based on, but particularly due to the ruthlessness with which Borchardt intervenes in the texts he collected. This book analyzes Borchardt’s anthologies in detail for the first time. It places them in their context as central texts of Borchardt’s cultural political program of a ”Creative Restauration“.



Stefan Knödler, Eberhard Karls Universität Tübingen.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

IV. Paradies und Entsagung: Der leidenschaftliche Gärtner (S. 297-298)


Für Borchardts Gartenbuch Der leidenschaftliche Gärtner, 1937 und 1938 geschrieben und erst 1951 posthum erschienen, läßt sich das Wort „Anthologie“ ganz wörtlich nehmen: als das griechische Wort wie als das lateinische „florilegium“ oder das deutsche „Blütenlese“. Eine solche Blütenlese stellt das „Kernstück“ des Buches dar, der „Katalog der Verkannten, Neuen, Verlorenen, Seltenen, Eigenen“ – der Titel träfe auch für jede von Borchardts Anthologien zu –, in dem auf beinahe siebzig Druckseiten eine Vielzahl von „seltenen und verkannten Pflanzen“ mit praktischen Angaben aufgeführt sind. Aber auch der 1932 veröffentlichte Essay „Deutsche Namen ausländischer Gartenpflanzen“ (1932),  eine lange von Borchardt eingeleitete Liste, hat eine anthologische Funktion und dokumentiert in einer Auswahl, darin der Fremden Muse vergleichbar, Borchardts Aneignung ausländischer Blumen auf sprachlichem Gebiet. Als „Blütenlese“ erscheint schließlich das ganze Buch Der leidenschaftliche Gärtner, das mehr mit Borchardts Anthologien gemein hat, als es zunächst scheint.

Die Blume ist seit 1906, da Borchardts Arbeitsfelder abgesteckt sind, selbstverständlicher Teil seines Kanons und Gegenstand seiner Beschäftigung. Dies zeigt schon das im selben Jahr entstandene Fragment „Kamelien“, in dem einige Gedanken, die später in Der leidenschaftliche Gärtner ausgearbeitet werden, anklingen. Seit Borchardt im August 1906 die Villa Sardi bei Lucca bezogen hat, erhalten Blumen und Garten über ihren oberflächlichen, farbig-impressionistischen, rein ästhetischen Reiz hinaus, den sie etwa in den Gartenbüchern von Elizabeth von Arnim und Alfred Lichtwark haben, bereits eine tiefere Bedeutung. Den Beginn seiner eigentlichen gärtnerischen Tätigkeit und der Begeisterung dafür datiert er selbst jedoch erst auf das Jahr 1911. So heißt es in einem Brief an Schröder aus dem Jahr 1937: „Bis 1911 also in Villa Sardi, Orologio, Burlamacchi, hatte ich von der hiesigen wilden Blume so viel Glück gehabt, dass der Gedanke an einen Garten mir gar nicht gekommen war. In Geggiano der einsamsten aller meiner alten Einsamkeiten, fing ich an Gemüse zu ziehen und kaufte mir in einem Seneser Lädchen nebenbei auch sieben Samentüten, dabei, wie ich noch weiss, Scabiosen, Löwenmaul, Sommerrittersporn, Reseda. Es blühte alles recht brav. Damit war der Teufel in mich gefahren und Monsagrati wurde mein erster Garten.“

Auch in der Villa Mansi, die er von 1912 bis 1914, dann wieder von 1921 bis 1923 bewohnt, hält sein Interesse für das Gärtnern an, wie aus einem Brief an Hofmannsthal hervorgeht: „Jetzt erfrischt mich der Garten, den ich mit Eintritt der guten Jahreszeit [...] ernstlich in Angriff genommen habe. Gegen achtzig Blumensämereien werden in Kästen und Näpfen gewartet, heut ist der Küchengarten für die Bestellung in Beete geteilt worden und ich habe Stundenlang gesät.“ Was Borchardt zu dieser Zeit über die Blume und seine Arbeit im Garten schreibt, ist von der Originalität, die er in Der leidenschaftliche Gärtner erreichen wird, noch weit entfernt: „Nichts Märchenhafteres als dies Spiel mit den Kräften der Natur, bei dem man sich für einen schlafenden Samenkeim in die Vier Elemente nach einander und durch einander verwandeln muss und gewissermassen die ganze Schöpfung in sich ziehen, um einen einzigen, nachlässig unbewussten ihrer Akte, die Hervorziehung eines Kelches aus einem Korn, bewusst ergreifend hervorzurufen.“

Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Einleitung8
I. Grundlagen der Anthologien12
II. Das Umfeld von Borchardts Anthologien104
III. Manifestationen des Kanons: Borchardts Anthologien151
IV. Paradies und Entsagung: Der leidenschaftliche Gärtner304
V. Literaturverzeichnis324
VI. Register344

Weitere E-Books zum Thema: Literatur - Sprache - Literaturwissenschaft

Instrumente in Kunst und Wissenschaft

E-Book Instrumente in Kunst und Wissenschaft
Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert Format: PDF

This volume presents a collection of original papers at the intersection of philosophy, the history of science, cultural and theatrical studies. Based on a series of case studies on the 17th…

Instrumente in Kunst und Wissenschaft

E-Book Instrumente in Kunst und Wissenschaft
Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert Format: PDF

This volume presents a collection of original papers at the intersection of philosophy, the history of science, cultural and theatrical studies. Based on a series of case studies on the 17th…

Instrumente in Kunst und Wissenschaft

E-Book Instrumente in Kunst und Wissenschaft
Zur Architektonik kultureller Grenzen im 17. Jahrhundert Format: PDF

This volume presents a collection of original papers at the intersection of philosophy, the history of science, cultural and theatrical studies. Based on a series of case studies on the 17th…

Das 18. Jahrhundert

E-Book Das 18. Jahrhundert
Zeitalter der Aufklärung Format: PDF

Akademie Studienbücher - Literaturwissenschaft - Diskussion von Epochenbegriff und Epochengrenzen - Autor, Markt und Publikum: Strukturwandel der literarischen Öffentlichkeit - Die…

Weitere Zeitschriften

AUTOCAD Magazin

AUTOCAD Magazin

Die herstellerunabhängige Fachzeitschrift wendet sich an alle Anwender und Entscheider, die mit Softwarelösungen von Autodesk arbeiten. Das Magazin gibt praktische ...

küche + raum

küche + raum

Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung und Küchenplanung. Mit Fachinformationen für Küchenfachhändler, -spezialisten und -planer in Küchenstudios, Möbelfachgeschäften und den ...

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft. Für jeden, der sich gründlich und aktuell informieren will. Zu allen Fragen rund um die Immobilie. Mit ...

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler ist das monatliche Wirtschafts- und Mitgliedermagazin des Bundes der Steuerzahler und erreicht mit fast 230.000 Abonnenten einen weitesten Leserkreis von 1 ...

EineWelt

EineWelt

Lebendige Reportagen, spannende Interviews, interessante Meldungen, informative Hintergrundberichte. Lesen Sie in der Zeitschrift „EineWelt“, was Menschen in Mission und Kirche bewegt Man kann ...