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E-Book

Sachenrecht Fälle und Schemata für Dummies

AutorPeter Eisenbarth
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783527816545
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Die Fallbearbeitung ist für viele Jura-Neulinge eine harte Nuss. Da hilft nur eins: üben! Nach einer kurzen Einführung in die Fallbearbeitung mit vielen hilfreichen Tipps bietet Ihnen dieses Buch Übungsfälle zum Sachenrecht mit ausführlichen Lösungen zur Selbstkontrolle. Arbeiten Sie sich Schritt für Schritt vom Sachverhalt und der Fallfrage zur Lösungsskizze und zum Gutachten. Außerdem stellt Ihnen Peter Eisenbarth die relevanten Schemata vor, sodass Sie schnell einen Überblick über das Mobiliar- und Immobiliarrecht gewinnen.

Peter Eisenbarth ist Professor fur staatliches Liegenschaftswesen und offentliches Baurecht an der Hochschule fur offentliche Verwaltung und Finanzen, Ludwigsburg und Mitglied des Gutachterausschusses fur Grundstuckswerte der Stadt Konstanz.

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Leseprobe

Kapitel 1

Fälle lösen

In diesem Kapitel

Den Sachverhalt erfassen

Ein Gutachten erstellen

Wer will was von wem woraus

These, Erläuterung, Subsumtion

Ansprüche: entstehen, nicht untergehen, ­durchsetzen

Sie halten dieses Buch voraussichtlich aus zwei sportlichen Antriebsgründen heraus in der Hand: entweder, weil Sie ein Rechtsfach belegen oder weil Sie im Alltag auf eigene Faust Rechtslösungen suchen. Dann sollten Sie sich, wie in jedem anderen Fachbereich auch, zunächst die Aufbauanleitung oder die Arbeitsmethode klar machen. Oder haben Sie schon einmal versucht, den Reifen an Ihrem Auto zu wechseln, ohne vorher die Muttern gelöst und das Auto aufgebockt zu haben? Man hat schon Schreiner am Aufbau eines Schwebetürenschranks scheitern sehen, weil sie etwas überheblich ohne die Aufbauanleitung losgelegt haben.

Die Aufbaufragen werden Ihnen in einer Klausur als Fall gestellt werden. Den Fall müssen Sie im Gutachtenstil lösen. Doch wie geht das? Mit der folgenden Aufbauanleitung, so ähnlich wie die Anleitung, ein Stromkabel zu verlegen, anzuschließen und die umweltfreundliche LED-Lampe zum rechtlichen Leuchten zu bringen, ohne einen Kurzschluss zu fabrizieren.

Manchmal erhalten Sie in der Klausur konkrete Wissensfragen gestellt. Dann müssen Sie kein Gutachten anwenden, aber die entsprechende Struktur anzuwenden hilft auch hier!

Als Teildisziplin des Zivilrechts richtet sich eine sachenrechtliche Falllösung nach den Regeln, wie sie generell im gesamten Zivilrecht angewendet werden. Wenn Sie sich also im typischen Werdegang mit dem Zivilrecht auseinandergesetzt haben, sollten Ihnen die Methoden zur Falllösung schon über den Weg gelaufen sein. Aber blättern Sie nicht gleich weiter! In der Lehrtätigkeit und Praxis stellen meine Kollegen und ich mit großem Staunen fest, wie wenig verankert diese eigentlich nicht schwierige Methode ist. Für Sie lohnt sich mit Sicherheit ein Blick auf die nachfolgende Darstellung.

Um den richtigen Einstieg in eine Falllösung zu finden, stellen die Juristen die schon legendäre W-Frage: »Wer will was von wem woraus?«

Wenn Sie diese W-Frage bewusst (und richtig) beantworten, finden Sie den Zugang zur Lösung eines Sachverhalts.

Aufwärmen: Der Sachverhalt

Am Anfang steht ein Sachverhalt, der mit der Aufgabenstellung endet. Der Sachverhalt wird Ihnen entweder von einem Klausursteller angefertigt oder das Leben hat ihn geschrieben.

Der Alltag stellt Sie als Rechtssuchenden oft zunächst vor die Frage, welcher Sachverhalt überhaupt beurteilt werden muss. Und damit ist Ihnen die Frage gestellt: Was ist eigentlich genau passiert? Sie und alle anderen Rechtsanwender stehen vor dem Problem, erst einmal klären zu müssen, was sich überhaupt abgespielt hat. Und was im Streitfall noch viel wichtiger ist: Was davon lässt sich beweisen, damit sich eine Richterin oder ein Richter von Ihrem Anspruch überzeugen lässt?

Wurde der Sachverhalt von einem Klausursteller erfunden, machen Sie sich klar, dass er ein eindeutiges Ziel verfolgen muss, nämlich einen lösbaren Fall zu einer Rechtsproblematik vorzustellen – meist aus einem bestimmten Teilgebiet (mit Ausnahme der juristischen Staatsexamen).

Die allermeisten Angaben im Sachverhalt haben deshalb eine Relevanz für die Falllösung. Sie sollten sich also fragen, welche Inhalte zu welchem Rechtsproblem passen. Überlegen Sie mindestens zweimal, bevor Sie Angaben im Sachverhalt als nicht lösungsrelevant weglassen.

Machen Sie sich das rechtliche Thema des Sachverhalts klar und vermeiden Sie Prüfungen anderer, nicht gefragter Rechtsinhalte.

Umgekehrt können Sie aus der Sachverhaltsstellung mit etwas Übung schon erkennen, worauf die Lösung zusteuert. Lassen Sie sich aber nicht davon verunsichern, falls Ihnen das nicht sofort ins Auge springt. Gerade die systematische Falllösung führt auch zielgerichtet zu einer vertretbaren Lösung!

Lesen Sie den Sachverhalt mindestens zweimal in Ruhe durch! Checken Sie die Fakten am Ende noch einmal. In der Klausur sind Sie zwar in einer Stresssituation, aber diese Zeit muss sein. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie vor lauter Schnelligkeit Fakten verdrehen, etwas übersehen, falsch zuordnen oder sich gar einen eigenen Sachverhalt basteln. Als Korrektor ist man immer wieder sprachlos, was Prüflinge erfinden können.

Sie machen sich also eine Vorstellung vom Sachverhalt und seinem rechtlichen Ziel. Machen Sie sich bewusst, dass der Mensch zu subjektiven Ergänzungen neigt, und achten Sie darauf, dass Sie den Sachverhalt als wahr und richtig unterstellen.

Machen Sie nicht den Fehler, den Sachverhalt zu verändern! Aussagen von Personen sind wahr, solange nichts von der Unwahrheit geschrieben steht. Machen Sie aus dem Gutachten keinen Prozess! Beweisfragen spielen in aller Regel nur im Zusammenhang mit gesetzlichen Beweislastregeln oder gesetzlichen Vermutungen des BGB eine Rolle.

Taktik: Das Gutachten

In aller Regel wird von Ihnen ein sprachlich voll ausformuliertes Gutachten zu allen Rechtsaspekten des aufgeworfenen Themas verlangt.

Sie wären sehr schlecht beraten, wenn Sie einfach beginnen, das Gutachten zu schreiben. Fertigen Sie sich auf jeden Fall vorab eine Lösungsskizze! Damit gliedern Sie nicht nur den Fall, sondern auch Ihre Gedanken. Viele Einstiege, gerade im Sachenrecht, wiederholen sich oft. Das eigentliche Problem kommt später. Nutzen Sie die Standardeinstiege, um sich selbst Sicherheit zu geben.

Die Skizzen in diesem Buch sind ausführlicher, als Sie Ihre in der Praxis fertigen werden, obwohl sie sprachlich in einem Steno-Stil gehalten sind. Das liegt am Ziel des Buches, alles Vorgehen weitestgehend zu erläutern. Mir haben in meiner Lernphase Lösungsskizzen, deren Einzelbegriffe und Abfolgen mehr Fragen als Antworten aufgeworfen haben, nicht geholfen.

Die Arbeitstechnik des Gutachtens ist der Gutachtenstil, der Ihnen im Anschluss erläutert wird. In allen Rechtsfächern wird dieser Stil verlangt, auch wenn Sie VWL, BWL, wirtschaftliche oder andere Fächer studieren oder aus sonstigen Gründen zum Recht verdonnert sind.

Aber generell denken sich Juristen etwas. Und das heißt für Sie: Der Gutachtenstil führt zu einer Struktur, die oft wie eine Schablone angelegt und nachgezeichnet werden kann. Das müsste tröstlich für Sie sein, weil es bedeutet, dass Ihnen generell eine schematische Anleitung zur Verfügung steht. Nutzen Sie dieses Schema!

Ziel Ihres Gutachtens ist es, dass Sie eine juristisch unwissende Person – ohne Kenntnis des Sachverhalts – in einem zusammenhängenden Text von der Ausgangsfrage bis zum Ergebnis logisch führen.

Das ausformulierte Gutachten fordert von Ihnen vollständige Sätze und schlüssige, sinnvolle Aussagen. Auch wenn es in einer Klausur nicht um den Pulitzer-Preis geht – was Sie anfertigen, sollte für die Korrektoren gut und sinnig lesbar sein.

Startschuss: Wer will was von wem woraus?

Mit dieser Einstiegsfrage starten Sie jede Falllösung. Gute Juristen nutzen diese Frage auch im Alltag noch, auch wenn sie sie vielleicht nicht mehr aufschreiben.

Weil Rechte eine Grundlage brauchen, die Anspruchsgrundlage, steht die Suche nach der Anspruchsgrundlage am Ende dieser Frage. Aber immer schön der Reihe nach.

Wer will

Sie haben hier die Frage nach der Person, die einen Anspruch gelten machen möchte. Wenn mehrere Personen an einem Sachverhalt beteiligt sind, ist der richtige Anspruchsteller herauszufinden.

Lesen Sie die Aufgabe beziehungsweise die Fallfrage genau. Bezeichnen Sie die Personen bewusst! Immer wieder werden die Personen vertauscht.

Was

Hier beantworten Sie die Frage nach dem konkreten Ergebnis, das der Anspruchsteller anstrebt. Es geht um die Rechtsfolge. Rechtsfolgen können vielfältig sein, wie ein konkretes Vertragsversprechen, aber auch Schadensersatz und sonstige Rechte.

Oft werden Sie eine exakte Frage nach einem Was haben. Manchmal (vor allem in juristischen Examen) wird aber einfach nur danach gefragt, wie die Rechtslage sei. Dann müssen Sie für alle Beteiligten die Interessenlage untersuchen und selbst entscheiden, wer sinnvollerweise welchen Anspruch geltend machen könnte.

Von wem

Hier müssen Sie nach dem Anspruchsgegner suchen. Das ist die Person, gegen die der Anspruchsteller (Wer will) den Anspruch beziehungsweise die Rechtsfolge (was) geltend macht. Auch hier gilt, sobald mehr als zwei Personen beteiligt sind, kann es schwieriger werden. Arbeiten Sie genau!

Woraus

Sie sind beim wichtigsten und schwierigsten Abschnitt der W-Frage angekommen. Es wird die Anspruchsgrundlage gesucht. Die Anspruchsgrundlage ist ein Paragraf, der die gewünschte Rechtsfolge liefern kann.

Das Woraus ist die Antwort auf das Was!

Für die Antwort auf das Was müssen Sie wissen, was eine Anspruchsgrundlage ist und wie man sie findet. »Eine Anspruchsgrundlage hat mindestens eine Voraussetzung, deren Erfüllung zu einer Rechtsfolge im Sinn des § 194 Abs. 1 BGB führt, also derart, dass eine Person von einer anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen kann.« Der letzte Halbsatz ist wichtig, weil nicht jegliche rechtliche Folge einen Paragrafen zu einer Anspruchsgrundlage macht. So definiert zwar § 276 Abs. 2 BGB eine rechtliche Folge (»wenn Sorgfalt nicht eingehalten, dann Fahrlässigkeit gegeben«); das ist aber keine Anspruchsgrundlage, weil keine Person »Fahrlässigkeit« von einer anderen Person verlangen kann.

Sie müssen also eine Norm (= Paragraf) finden,...

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