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Schi-King / Shi Jing - Das kanonische Liederbuch der Chinesen

oder Das Buch der Lieder: die älteste Sammlung von chinesischen Gedichten

AutorAnonym
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl528 Seiten
ISBN9788026805670
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Schi-King / Shi Jing - Das kanonische Liederbuch der Chinesen' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Das Buch der Lieder ist einer der Fünf Klassiker. Es ist die älteste Sammlung von chinesischen Gedichten und die größte aus vorchristlicher Zeit. Konfuzius soll, der Tradition nach, die Lieder aus einem Fundus von 3000 Gedichten ausgewählt und in ihren jetzigen Zustand gebracht haben. Das Buch der Lieder enthält eine Sammlung von 305 Liedern, die in 160 Volkslieder; 74 kleinere Festlieder oder Oden; 31 größere Festlieder und 40 Hymnen unterteilt ist. Im Konfuzianismus werden diese Gedichte moralisch interpretiert. Andere, insbesondere westliche Sinologen heben allerdings die Volksliedhaftigkeit der Lieder hervor.

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Leseprobe

Religion und Cultus.


Die Religion des chinesischen Alterthums kennt keine Mythologie, aber auch keine Offenbarung und weiß dennoch nur von Einem Gott. Auch darin, wie in manchem Andern, scheint das »schwarzhaarige Volk« Erbe der ältesten Menschheit zu sein. Ihm ist Gott auch nicht Nationalgott, und es kennt ihn so sehr nur als den Alleinigen und Einzigen, daß es nicht einmal einen Gattungsnamen für ihn hat. Es nennt ihn Tí, den HErrn oder Herrscher, Schàng Tí, den Höchsten HErrn, oder Thiân, den Himmel, mit dem Bewußtsein, daß jeder dieser Namen dasselbe Eine höchste Wesen bezeichne. – Hat man neuerdings die Bezeichnung »Schàng Tí« oder »Ti« durch »Gott« übertragen, so ist das nicht falsch, aber doch insofern ungenau, als es den bedeutsamen Eigennamen durch einen Gattungsnamen ersetzt. –

Der Höchste HErr nun, oder der Himmel, ist allherrschend und Niemand kann ihm widerstehen. Er ist bewußter Geist, der Alles sieht, hört und auf das lichtvollste erkennt. Er will und wirkt, doch ohne Laut und ohne Geruch, d.h. unkörperlich. So ist er allgegenwärtig, denn er geht mit dem Menschen aus und ein und ist über und unter ihm. Er giebt dem Menschen das Leben und den Völkern das Dasein. Alle Tugend und Weisheit stammt von ihm. Keinen bevorzugt er, hasset auch Keinen; aber er liebt, die ihn fürchten, belohnt und segnet die Guten. Der Bösen Frevel erzürnen ihn und er bestraft sie. So kommt von ihm aller Segen, von ihm alles Unglück. Er sieht den Weltgang voraus setzt demzufolge die Bestimmung der Menschen und beschließt über sie, je nachdem sie seinem Willen gehorchen. Darum regieren auch die Könige aus seinem Auftrage, und nach ihrem Verhalten zu seinem Willen macht er sie groß oder stürzt er sie. Die Erkenntniß seines Willens wird durch die von ihm bestimmte Naturordnung, vornehmlich auch durch das allgemeine Volksbewußtsein vermittelt; ja, nach einem unserer Lieder (III. 1, 7) hat der Höchste HErr sogar drei Mal zu dem Könige Wên unmittelbar geredet; eine Angabe, welche freilich die späteren chinesischen Ausleger in die größte Verlegenheit setzt.

Diese Aussagen des altchinesischen Gottesbewußtseins gehören aber sämmtlich einer Zeit an, da noch nicht philosophirt und speculirt wurde. Sie geben daher auf viele Fragen, die damit erst auftauchten, keine Antwort. Überdieß mangelte es an einem religiösen Grundbuche, so wie an einer Priesterschaft, die eine Theologie hätte entwickeln können. Alles beruhte auf unvordenklicher Überlieferung, welche sich mannigfaltigen Cultushandlungen anheftete.

Einen Monotheismus im höchsten Sinne kann man diesen Theismus allerdings nicht nennen, dennoch war in ihm das höchste Wesen zu sehr nach seiner in sich beschlossenen Einheit und Einzigkeit aufgefaßt, um sich im Bewußtsein der Menschen mythologisch, mithin polytheistisch zersetzen zu können. Ebendeßhalb aber war es in seiner scharfen Unterschiedenheit von der Welt auch so unerreichbar und ohne Selbstmittheilung, weil ohne Offenbarung, – dann die erwähnten Reden desselben an König Wên stehen ganz einsam und fremdartig in der altchinesischen Literatur – daß zwischen ihm und der Menschenwelt für das religiöse Gefühl eine Kluft blieb, die durch ein Vermittelndes ausgefüllt sein wollte. Diesem Bedürfnisse kam der Glaube an die Fortdauer abgeschiedener Menschenseelen und an eine Menge von Naturgeistern entgegen. Beide wurden als Vertreter der Menschen bei dem Höchsten HErrn und als Ausrichter seiner Befehle gedacht. Ihre Gunst zu erlangen und zu bewahren war daher vom größten Interesse, weßhalb dieser Ahnen und Geniendienst im Glauben und Cultus der alten Chinesen einen eben so großen Raum einnahm, wie bei dem katholischen Volke mancher Gegenden der Heiligen-und Engeldienst, der zwar auch den Gottesdienst nicht verdrängt, aber breit, vielgestaltig und mit mancher Superstition behaftet in den Vordergrund tritt.

Unangezweifelt bestand der Glaube an die persönliche Fortdauer der menschlichen Geister nach dem Tode. Von ihnen heißt es: sie sind aufgestiegen, sind droben, sind im Himmel, – wobei dann der Himmel, wie auch sonst oft, nur die überirdischen Räume und nicht etwa den Höchsten HErrn bezeichnet. Aber sie sind mit diesem in unmittelbarer enger Verbindung, und von dem Könige Wên, dem vielgepriesenen, heißt es, er leuchte im Himmel und sei des Höchsten HErrn linke und rechte Hand. Die Ahnen nehmen Theil an dem Ergehen ihrer Nachkommen und sorgen für sie, solange dieselben sich ihrer Gunst würdig erweisen. Man kann nie wissen, ob sie nicht anwesend sind, aber zu den fehllos und rechtzeitig dargebrachten Opfern steigen sie allemal hernieder, freuen sich ihrer und vergelten sie mit Glück und langem Leben. Die Geister der ältesten Kaiser nehmen einen besonderen Rang ein. Manche Heroengeister sind ganzen Lebensgebieten vorgesetzt; so der »Vater des Feldbaues«, des Krieges, der Pferdezucht. Insbesondere sind es die Ahnen des eigenen Hauses, vornehmlich die sechs nächsten und der allerälteste, denen in jeder Familie, vom Kaiser bis herunter zum Geringsten, gehuldigt wird. Sie bleiben in so nahem Verhältnisse mit den Lebenden, daß diese ihnen jeden Entschluß, jedes Ereigniß von Wichtigkeit ausdrücklich anzuzeigen für Pflicht erachten. Es wird ihnen sogar der höhere Rangtitel beigelegt, den die Nachkommen erlangen.

Ein Näheres über den jenseitigen Zustand der Abgeschiedenen erfahren wir nicht, wie denn auch von einer Unseligkeit oder Bestrafung der Bösen im Jenseits nirgends geredet wird. Belohnung und Bestrafung des sittlichen Verhaltens wurden so sehr nur in das Dießseits verlegt, daß man wol die Strafe der Bösen bei ihrem Tode schon für abgebüßt ansah. Vielleicht verhielt man sich auch solchen Fragen gegenüber aus Pietät naiv ablehnend.

Der klare und bewußte Theismus der alten Chinesen bewahrte sie vor der Vergötterung der Kräfte und Erscheinungen der sinnlichen Welt, und dieß dürfte ein starker Beweis für die Alterspriorität jenes Gottesbewußtseins sein. Eben so fern war ihnen aber auch eine todte materialistische Anschauung der Naturwelt. Sie dachten sich vielmehr diese und ihre Gebilde überall durchwirkt und belebt von seelenhaften Geistern, Genien oder Dämonen, deren Erscheinung die Naturgestalten selbst seien, in und mit denen sie auch geehrt und angerufen wurden. So werden als Geister des natürlichen Himmels Sonne, Mond, Planeten und einzelne Sternbilder verehrt, als irdische Geister vor Allem die Erde selbst, die vier Weltgegenden, dann Berge und Höhen, Wälder und Thäler, Meere, Flüsse und Quellen; auch giebt es einen Schutzgeist der Wege und Reisen, einen Genius der Dürre u.s.w. Diese Naturgeister folgen den allgemeinen Gesetzen und besonderen Geboten des Höchsten HErrn, sie haben Verstand, nehmen Antheil an den menschlichen Dingen und wirken auf dieselben ein, und darum wird mit Opfern und Anrufungen auch ihre Gunst gesucht, werden große Unternehmungen auch ihnen angezeigt. Immer aber werden sie, wie mächtig auch, doch endlich und beschränkt gedacht und durchaus unterworfen dem unendlichen und unbeschränkten Höchsten HErrn.

Denn wenn sie heraustreten aus ihrem wolthätigen regelmäßigen Gange, wenn Erdbeben und Bergstürze, verheerende Stürme, Dürre oder Überschwemmungen, Hungersnoth und Sterben, Sonnen-und Mondfinsternisse die Menschen schädigen oder schrecken, so sind das mahnende Zeichen, daß der Himmel unzufrieden ist mit dem Verhalten der Menschen und ihnen zürnt. Bei solchen Mahnungen sollen sie daher, insbesondere die Regierenden, sich selbst prüfen, ihre Sünden erkennen, Buße thun und dadurch, sowie mit Opfern und Gebeten, den Höchsten HErrn zu versöhnen trachten.

Aber auch dem Besten kann Mißerfolg und Unglück begegnen, wenn er aus menschlicher Kurzsichtigkeit unrichtig handelt oder auch das Rechte zur unrichtigen Zeit thut. Wer möchte daher nicht im Vor aus wissen, ob er bei einem Vorhaben die richtige Wahl, bei dessen Ausführung die richtige Zeit treffen werde? Darum finden wir von Alters her bis heute überall Orakel verschiedenster Art, die über das Künftige Aufschluß geben sollen, damit man sein Thun demselben gemäß mache. Bei den alten Chinesen galt es nicht bloß als Klugheit, sondern auch als Pflicht, bei jedem wichtigeren Vorhaben die Weissagung zu befragen, zuerst ob sie es überhaupt und in welcher Weise billige, sodann welches die Glückstage seien, die das Gelingen sicherten. Man entnahm den Schicksalsspruch aus den Rissen einer gerösteten Schildkrötenschale sowie aus den Blättern des Schikrautes, unsrer gemeinen Schafgarbe. An Höfen war dafür ein kundiger Weissager angestellt, doch scheint die Auslegung der Orakel allgemein bekannt gewesen zu sein. Jetzt kennt man sie nicht mehr.

Die kommenden Dinge kündeten sich aber auch wol ungesucht an, und zwar durch Träume, zu deren Auslegung ebenfalls besondere Traumdeuter verordnet waren. Eine Bemerkung in dem alten Sch?-k?ng zeigt uns, daß die Sendung eines prophetischen Traumes auf den Höchsten HErrn zurückgeführt wird.

Je lebendiger bei kräftig und innig empfindenden Menschen die Vorstellung einer höheren Macht ist, deren segnende Güte erfahren zu haben, deren Unwillen erregen zu können sie überzeugt sind, desto mehr werden sie sich gedrungen fühlen, ihrerseits derselben mit Dank und Furcht entgegenzukommen und ihr die Aufrichtigkeit dieser Gefühle tatsächlich zu erweisen. Der natürliche Ausdruck hierfür sind die Opfer, die darum so alt sind wie die Menschheit und auch bei den Chinesen schon im grauesten Alterthume stattfanden. Nicht minder natürlich ist es, daß die Opfer mit Weihungen und Gebeten begleitet werden, welche den Sinn und die Absicht des Darbringenden...

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