Vorwort
Hallöchen ihr Lieben!
Wisst ihr, wir waren schon immer anders als andere Familien. Wir, das sind Katie, meine Frau, unsere sechs gemeinsamen Kinder Benny, Jaro, Ronja, Joa, Luna und Sofia – und ich, der Ka. Der Buchtitel legt nahe, dass wir Deutschland den Rücken gekehrt haben, um eine Weltreise zu machen. Aber eigentlich stimmt das so gar nicht. Denn wir waren als Familie schon immer auf Reisen, wir kennen das gar nicht anders. Es gab nie wirklich einen Zeitpunkt, an dem wir gesagt hätten: »So, jetzt gehen wir dann mal.« Wir waren nämlich schon immer weg. Das war schon so, als wir noch gar keine Familie waren, ja selbst bevor Katie und ich uns kennengelernt haben. Selbst das Fundament unserer Beziehung – die sich dann zur Familie entwickelte – wurde auf Reisen gelegt.
Katie und ich haben uns schon 1997 in Neuseeland kennengelernt. Da war sie gerade mal 18 und ich 21 Jahre alt. Damals waren wir aber eben (nur) auf Reisen, mit festem Zuhause in Deutschland. Und so ist das immer noch was anderes, als wenn man wirklich alle Zelte abbricht und keinen Platz mehr zum Zurückkommen hat. Unser Zuhause, einen festen Platz, an den wir zurückkehren konnten, einen Ort in Europa, haben wir erst 2010 aufgegeben. Bis dahin waren wir immer, mit einer Beziehung zu und einer Basis in Europa auf Reisen. Erst seit diesem Zeitpunkt sind wir höchstoffiziell (Trommelwirbel!) Auslandsdeutsche beziehungsweise Auswanderer, da wir unseren Lebensmittelpunkt nach Costa Rica verlagert haben. Auch wenn das nicht gerade viel bedeutet, denn wir sind in Wahrheit (digitale) Nomaden, ohne festen Wohnsitz und Besitztümer. Anfangs – als wir noch weniger Kinder hatten – sind wir mit einem Reiserucksack losgezogen, dann auch mal für eineinhalb Jahre mit einem schönen, geräumigen und selbst mit Holz ausgebauten Lastwagen. Wir waren Haussitten auf den Kanarischen Inseln, haben auf einer Permakulturfarm und in einer Lebensgemeinschaft in Costa Rica, campend am Strand in Australien, in Resorts in Südostasien, in Zelten in der Savanne Afrikas oder Ferienhäusern in Kanada gelebt. Wir sind sowohl mit Bus und Bahn unterwegs gewesen, getrampt, gelaufen, mit dem Fahrrad und Kinderanhänger gefahren als auch mit Schiffen und Flugzeugen gereist. Ein Auto haben wir in den über 15 Jahren, seit es uns als Familie gibt, nur für ganz kurze Zeit besessen. Die einzige wirkliche Verbindung, die einzige Konstante auf all unseren Reisen war immer das gemeinsame Erleben. Wir machen das alles immer zusammen als Familie. Immer.
Und das wirft natürlich die Frage auf, die wir hier in diesem Buch beantworten wollen: Warum machen wir das Ganze? Was treibt uns an, als so große Familie ohne Zuhause, ohne festen Wohnsitz oder wirklichen Anker ortsunabhängig durch diese wunderschöne Welt zu reisen, so fernab von den gesellschaftlichen Normen und Vorgaben?
Was man dabei verstehen muss: Katie und ich waren schon immer beseelt davon, Erfüllung, Zufriedenheit und Glück für uns und unsere Kinder zu finden. Dabei wurde uns schnell klar, dass wir sämtliche Normen und Konventionen zu hinterfragen hatten, da die Vorschläge, die das System und die Gesellschaft für uns bereithielten, für uns einfach keinen Sinn machten. Glaubt mir: Wir haben versucht, normal zu sein, reinzupassen und einfach einem Job nachzugehen, RTL2 zu schauen und eine gute, brave, bürgerliche Familie zu sein. Und wir hätten es so gern geschafft! Es ist nämlich nicht immer so leicht, gegen den Strom zu schwimmen und zu merken: »He, das bringt’s einfach nicht!« Der Versuch, normal zu sein, mündete in die wohl anstrengendsten und auch unglücklichsten sechs Monate unseres Lebens. Wir strengten uns so sehr an, in die Schablone zu passen. Aber so sehr wir uns auch verbogen hatten, Glück und Freude fanden wir nicht.
Im Schwabenland, wo wir aufgewachsen sind, heißt es immer gern: »Des gheert so!« – auf Hochdeutsch: »Das gehört eben so!«. Da wird einem doch tatsächlich auf allen Kanälen eingetrichtert, dass man nicht allzu viel Glück im Leben erwarten sollte. Wirkliche Lebensfreude und Zufriedenheit soll anscheinend nur einigen wenigen Glücklichen und Reichen vorbehalten sein. Hä? Warum denn, bitte schön?
Katie und ich haben uns eigentlich von Anfang an geweigert, diese Pille zu schlucken. Wir dachten schon immer: Es muss doch Alternativen zu diesem Wahnsinn geben. Es muss doch Alternativen dazu geben, einen Job zu machen, den man nicht mag, um komische Sachen zu kaufen, die man nicht mal haben will, um die dann wiederum Menschen zu zeigen, die man nicht wirklich leiden kann. Und dieses Spiel soll dann vierzig, fünfzig Jahre so gehen? Um bei diesem doofen Gesellschaftsspiel überhaupt mitspielen zu dürfen, müssen unsere Kinder in irgendwelche Institutionen gezwungen werden, in denen wir uns damals zu unserer Kinder- und Jugendzeit schon nicht wahrgenommen und wertgeschätzt gefühlt hatten. Also, nee! Da dachten wir uns: »Die Regeln sind doof. Das macht keinen Spaß. Tja, dann spielen wir dieses Spiel halt einfach mal nicht mit. Wir setzen gerade mal aus.«
Wir wollten noch nie Allerweltsmenschen sein, die das Leben halt aushalten und alles irgendwie hinnehmen, immer in Erwartung des Feierabends, des Wochenendes, des Urlaubs, der Rente … des Paradieses nach dem Leben. Uns war schon immer bewusst, dass wir ein Anrecht darauf haben, unser Glück zu finden, ein außergewöhnliches, aufregendes Leben mit Bedeutung zu kreieren, zusammen als Familie die Wunder der Welt in all ihren bunten Farben zu erforschen, während wir gleichzeitig anderen Menschen helfen und andere inspirieren dürfen. Ich weiß, ich weiß: Das klingt für den ein oder anderen geradezu abenteuerlich fantastisch und unerreichbar. Aber was soll man machen? Wenn du glücklich sein willst, musst du eben bereit sein, nach den Sternen zu greifen, auch wenn es sonst keiner wagt und die meisten Menschen denken, dass du spinnst.
Der Hauptgrund, warum wir diesen Weg für uns gewählt haben, sind unsere Kinder. Wir wollen diese abgedroschene Phrase »Du kannst alles werden, was du willst … Blabla …«, die zu oft von zu vielen anscheinend gebildeten, aber unglücklichen Menschen in Deutschland bemüht wird, mit Leben füllen und eben nicht nur mit fahlen, leeren Worten. Wir sind als Familie gemeinsam auf der Reise, weil wir es wichtig finden zu leben, andere Kulturen kennenzulernen und eben nicht nur aus Büchern oder der Glotze passiv zu konsumieren, sondern mit seinen eigenen fünf Sinnen alles aktiv zu erfahren und in sich aufzusaugen, ungefiltert, unkommentiert und roh. Es ermöglicht uns, uns nicht als lokale Nordeuropäer zu fühlen, sondern als wahre Weltbürger eine kritische Draufsicht auf unsere sehr einseitige deutsche Prägung zu erlangen und neue, frische Perspektiven wahrzunehmen. Unsere Kinder können so selbst erfahren, ob es für sie mehr Sinn macht, eben deutsch-genau-zuverlässig, aber immer latent gestresst zu sein, oder doch lieber gemütlich-langsam-tropisch-entspannt – oder etwas ganz anderes für sich als passend zu erleben. Das viele Sich-Auseinandersetzen mit fremden Kulturen auf Reisen bildet einen auf so vielen Ebenen und hilft einem, die für einen selbst passende Mischung und Seelenkomposition zu finden, die sitzt, passt, ’n bisschen wackelt und Luft für zukünftige Veränderungen hat. So verstehen wir uns nicht als Dauerurlauber (die wir ja irgendwie auch sind), sondern hauptsächlich als Familie, die mit ihren Kindern gemeinsam andauernd Bildungsreisen unternimmt. Für uns ist die Welt der Spielplatz und das Klassenzimmer – und das Leben der Lehrer.
Unsere Kinder sind begeisterte Schüler des Lebens. Sie lieben es, Wissen und neue Erfahrungen in sich aufzusaugen, sich weiterzuentwickeln und neue Fähigkeiten zu erlernen. Sie sprechen drei Sprachen, haben Freunde in mehr Ländern, als der Durchschnittsdeutsche jemals in seinem Leben zu Gesicht bekommen wird, und haben sich Lesen, Schreiben und Rechnen genauso wie das Laufen und Reden komplett allein beigebracht. Wenn sie sich für spezielle Themen begeistern, über die Katie und ich nicht genug wissen und zu denen sie in Eigenregie nicht genug Informationen zusammenklauben können, dann finden wir immer die passenden Lehrer, die leidenschaftlich ihr Wissen teilen und unseren Kindern helfen.
Wir als Familie lieben das Abenteuer, das Neue und Unerforschte, die Aufregung, in einem komplett fremden Land anzukommen und gemeinsam als Familie im wahrsten Sinn des Wortes Neuland zu betreten. Unsere Reisen bringen uns als Familie immer wieder so dicht zusammen – ach, wie schön das ist! Dazu kommt unsere Liebe für den Strand, das warme Meer und die freundliche südländische Mentalität. Auch wenn der deutsche Wald im Sommer nach einem warmen Gewitter wunderbar duftet und wir sehr gern im Winter in Kanada für zwei Wochen Schlitten fahren gehen, freuen wir uns auch nach so vielen Jahren in den Tropen nach wie vor über jeden einzelnen Tag, an dem wir unter Kokospalmen die Zehen im Sand vergraben können. Das Leben ist schön. Und auf dieser gemeinsamen (Lebens-)Reise als Familie gibt es auch kein wirkliches Ziel mehr. Wir müssen nirgendwo ankommen. Wir sind schon da.
Tja, und mit diesem Buch wollen wir dich einladen, mit uns zu träumen, zu lachen, deine eigenen Grenzen zu erforschen und sie – wenn du magst – hinter dir zu lassen, um in den aufregenden Raum der Ausdehnung und des Wachstums einzutreten und WIRKLICH zu leben. Das Leben ist aufregend und kostbar und soll gelebt werden – frei, ungebunden und ohne Grenzen. Bist du dabei?
Bedenke: Wenn wir als kleine Menschen ohne finanzielle oder emotionale Unterstützung, ohne Ausbildung, Wissen, Ersparnisse...