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Selbstbestimmung über Liebe, Partnerschaft und Sexualität im Alter(-sheim): Aktueller Forschungsstand und Empfehlungen für zukünftige Forschung

AutorHeike Rieperdinger
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl62 Seiten
ISBN9783956846717
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Liebe, Partnerschaft und Sexualität werden die meisten Menschen in ihrem Leben gelebt und erlebt haben. Die Sexualität ist ein integrierter Bestandteil der Gesamtpersönlichkeit und spielt bei der Erhaltung des psychophysischen und sozialen Wohlbefindens, auch bei älteren Menschen, eine herausragende Rolle. Diese Annahme unterstützen die Ergebnisse einer Studie über sexuelles Verlangen und sexuelle Aktivität von Männern und Frauen über die Lebensspanne. Darin postulieren die Autorinnen und Autoren Beutel, Stöbel-Richter, Daig, und Brähler (2008) zwar eine Abnahme des sexuellen Verlangens und der sexuellen Aktivität ab der Lebensmitte, allerdings bleibt sexuelles Verlangen bei einem Großteil der Frauen und der Mehrheit der Männer bis ins hohe Lebensalter bestehen. Auch Weeks (2002) konnte in einer retrospektiven Analyse von sexuellen Biografien zeigen, dass gegenwärtige sexuelle Aktivität ein entscheidender Prädiktor für höhere subjektive Lebensqualität darstellt. Aufgrund der Beziehung zwischen gegenwärtiger und früherer erlebter sexueller Zufriedenheit, deduzierte er, dass Zufriedenheit und sexuelle Aktivität wesentliche Indikatoren für gegenwärtige und zukünftige Lebensqualität darstellen. Die vorliegende Arbeit gibt im Folgenden einen theoretischen Einblick über die Situation der alternden Gesellschaft. Verwendete Begriffe werden erläutert, abgegrenzt und miteinander in Bezug gesetzt. Hierzu wird die Literatur anhand folgender leitender Fragen überprüft: Wirkt sich Selbstbestimmung über Liebe, Partnerschaft und Sexualität in Hinsicht auf Wohlbefinden und Gesundheit im Alter(-sheim) aus? Und welche Unterschiede gibt es im Erleben von Liebe und Sexualität in Partnerschaften und Beziehungen im Alter? Anschließend wird mittels bisheriger empirischer Befunde zu den unterschiedlichen Schwerpunkten überprüft, ob sich Zusammenhänge soweit belegen lassen, dass sich als übergreifendes Ziel der Arbeit konkrete Hypothesen für die zukünftige Forschung formulieren lassen. In der anschließenden Diskussion werden die Ergebnisse der Studien und Implikationen weiterführender Forschung hinsichtlich der Fragestellung erörtert. Die Erkenntnisse sollen die Wichtigkeit zukünftiger spezifischer Altersforschung hervorheben, besonders für das Gesundheits- und Sozialwesen, die psychosoziale und medizinische Beratung, Alters-, Pflege- und Wohnheime, die Marktwirtschaft, die Politik und nicht zuletzt für die allgemeine Bevölkerung selbst. Es sollen Vorurteile und Ängste vor [...]

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.1.1, Sexualität im Alter - How important is sex in later life? The views of older people (Gott & Hinchliff, 2003): Gott & Hinchliff gingen 2003 in ihrer Studie, anhand von qualitativer und quantitativ erhobener Daten, der Frage nach wie Sexualität im mittleren Alter und späteren Leben priorisiert wird. Den Hintergrund dazu stellte die Annahme, dass stereotype Vorstellungen eines asexuellen Alters allgegenwärtig sind. Diese beeinflussen nicht nur die Darstellung des späteren Lebens, sondern auch die empirische Forschung und politische Agenden. Das Ziel dieser Studie sollte sein, die Stimmen älterer Menschen selbst zu erfassen, um Perspektiven in Bezug auf die Rolle und die Bedeutung von Sexualität im späteren Leben aufzuzeigen. Stichprobe: Die Stichprobe umfasste während der semi-strukturierten Interviews 69 Personen. Jeweils ca. 10 Männer und Frauen aus drei Altersgruppen: 30 - 49, 50 - 69 und >70 Jahren wurden aus der Patientenliste einer Chirurgischen Praxis in Sheffield, Nord England rekrutiert. Alle hatten zuvor die Quality of Life Questionaires (WHOQOL-100 und WHOQOL Important Scale) Fragebögen zur Erfassung der Lebensqualität, durchgeführt. Der Focus dieser Studie lag schließlich bei 44 heterosexuellen Teinehmerinnen und Teilnehmern, davon 21 Männer und 23 Frauen zwischen 50 - 92 Jahren. Unterschieden wurde der materielle Status zwischen Alleinstehend, Single, Verheiratet und Geschieden. Untersuchungsdurchführung: Kontaktiert wurden die Teilnehmer zuerst per Brief dazu aufgefordert, durch eine vorbereitete Rückantwort, ihre Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie mitzuteilen. Die Einladung wies explizit auf das Ziel der Studie: 'Look at the importance of sexual health to people of all ages' hin und versicherte den vertraulichen Umgang mit den persönlichen Daten. 25 % der angeschriebenen Personen interessierten sich für eine Teilnahme. Die Beteiligtenrate war nicht gleich verteilt nach Geschlecht und Alter. Unterdurchschnittlich repräsentiert waren Männern im Alter von 30 - 49 Jahren mit nur 16% und Frauen >70 Jahre mit nur 18 %. Als Gründe für eine Nichtteilnahme gaben 70 Personen (24%) der Rückantworter an, diesen Abschnitt der Sexualität in ihrem Alter beendet zu haben. 16 Personen gaben sogar an, 'das Thema der Studie schrecke sie ab'. Die Interviews wurden in der Praxis durchgeführt und dauerten zwischen 45 Minuten und 2 Stunden. Der Interviewzeitplan ließ großen Spielraum zur Erörterung von Fragen und Schilderungen persönlicher Geschichten, seitens der Teilnehmer, zu. Die zuvor durchgeführten Fragebögen WHOQOL-100 und WHOQOL Importance Scales wurden ausgewählt, da sie zu den wenigen Lebensqualitäts Erfassungsinstrumenten gehören, die auch Elemente zur Erhebung von Sexualität enthalten. Ergebnisse: Die qualitativen Daten wurden nach den Prinzipien der Grounded Theory und die quantitativen Daten mit SPSS ausgewertet, codiert und auf Richtigkeit überprüft. Angesichts der geringen Stichprobengröße waren multivariate Analysen nicht angebracht. Die qualitativen Interview Daten wurden in Bezug zu den Antworten aus dem WHOQOL Important Scale Item: 'How important to you is your sex life?' gesetzt und ausgewertet. 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer schätzten ihren Sex auf der fünf-stufigen Likert Skala als 'moderatly important', 20 als 'very important' und fünf sogar als 'extremely important' ein. Dagegen bewerteten sechs Frauen und drei Männer im Alter von 62 - 92 Jahren ihren Sex als 'not important' und ein Mann und zwei Frauen zwischen 56 und 84 als 'little important'. Ihrer Ansicht nach lagen die wichtigsten Determinanten für die geringe Wichtigkeit der Sexualität im aktuellen Partnerstatus. Acht Personen hatten keinen Partner und vier hatten nicht mehr regelmäßig Sex mit ihrem Partner. Dennoch ergeben sich individuelle Differenzen in Hinsicht auf eine mögliche zukünftige sexuelle Bindung. Für die acht verwitweten, geschiedenen, alle ohne Partner lebenden Teilnehmer, stellten sich die Ansichten 'niemand Anderen zu wollen', 'die einzig richtige Person finden zu wollen' und 'vom Pech verfolgt zu sein' als Hauptgründe für die geringe Wichtigkeit heraus. Die zwei verheirateten Männer und Frauen gaben physische und psychologische Barrieren für ihre sexuelle Abstinenz an. Die meisten der 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem moderaten Interesse an Sex beschrieben gesundheitliche Probleme als Grund dafür, warum Sex an Wichtigkeit verloren hat. Das Alter an sich erwies sich dabei nicht als wichtige Determinante der aktuellen Priorisierung von Sex. Positiv bewerteten sie eine langjährige Beziehung als Hilfe zur Bewältigung, wenn Sex nicht mehr statt finden konnte. 11 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 54 - 79 Jahren, stuften Sex als 'very important' und vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 52 - 81 Jahren, als 'extrem important' ein. Alle, bis auf eine Person, hatten einen regelmäßigen Sexualpartner und die meisten führten die Bedeutung von Sex auf die enge Beziehung zu ihrer Partnerin oder ihrem Partner zurück. Insgesamt gab es eine gute Konsistenz zwischen den Beurteilungsskalen des WHOQOL Importance Scale Fragebogens und den Darstellungen aus den Interviews. Die eine Datenquelle konnte die andere validieren. Die Ergebnisse lassen laut der Autorinnen folgende Schlussfolgerungen zu: 1 Sex ist ein wichtiger Bestandteil in einer engen emotionalen Beziehung im späteren Leben. Für Personen, die nicht in einer Beziehung leben, hat Sex keine so große Bedeutung. Insbesondere die Personen, die das Gefühl haben zukünftig in ihrem Leben nicht mehr sexuell aktiv sein zu wollen. Sie können als sexuell zurückgezogen bezeichnet werden. 2 Erlebte Barrieren, vor allem gesundheitliche Probleme, können bei älteren Menschen dazu führen, dass Sex an Priorität verliert. Hier scheint körperliche Intimität durch Kuscheln und Berühren von zentraler Bedeutung für das Wohlbefinden zu sein, wenn penetrativer Sex nicht mehr möglich ist. 3 Das Alter an sich hat keine Auswirkungen darauf wie Sex priorisiert wird, eher assozierte Faktoren, die mit dem Älter sein verbunden sind, können auf ein geringeres Interesse an Sex schließen lassen.
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