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Dampfmaschinen,
eine Einführung
1 Die Entwicklung der Dampfmaschine
1.1 Die Kraftmaschine vor Einführung der Dampfmaschine
Die Geburt der Dampfmaschine reicht weit zurück in alte Zeiten, und ihre Entstehung lässt sich bis in unsere Zeitrechnung zurückverfolgen. Als es vor fast zwei Jahrtausenden dem Menschengeist zuerst gelang, die Naturkraft, die in unserer Zeit berufen war, die menschlichen Beziehungen und Tätigkeitsgebiete umzugestalten.
Bei den alten Pharaonen diente die Maschine in seiner Urform einer mächtigen Priesterkaste, um das Bedürfnis nach Wundern beim gläubigen Volke zu befriedigen.
Ein Spielzeug für müßige Gelehrtenstunden blieb die Dampfmaschine auch im ganzen Mittelalter. Es war ein physikalischer Apparat, der hier und da im Laboratorium seinem Besitzer viel Freude machte. Besonders stolz war der, dem es gelang, mit Dampfkraft einen Bratspieß in Umdrehung zu versetzen. So hat in der Küche die Dampfkraft mit zuerst angefangen, Arbeit zu leisten, aber das war auch mehr ein Spielzeug für große Kinder, als eine wirtschaftlich bedeutsame Maschine.
Die Gelehrten knüpften tiefsinnige Weltbetrachtungen an den Vorgang der Dampfentwicklung, den sie bei ihren Aeolipylen (Luftgefäße) stundenlang zu beobachten konnten.
1.1.1 Die Arbeit als Kulturmaßstab
Die Arbeit ist die ständige Begleiterin der ganzen Menschheit auf ihrem Entwicklungsgang. Der Kampf ums Dasein hat von Anfang an den Menschen zur Arbeit gezwungen. Aus angestrengter Arbeit sind dann alle jene riesigen Tätigkeitsgebiete erwachsen, von denen jedes einzelne sich vor dem Blick dessen, der es aus eigener Arbeit kennen gelernt hat, in unermessliche Weiten auszudehnen scheint.
Am sinnfälligsten tritt die Macht der Arbeit in dem Gebiete der technisch wirtschaftlichen Kultur auf, die als ältester Teil der Gesamtkultur für die Menschheitsgeschichte die größte Bedeutung hat. Der Inbegriff aller Mittel und Werkzeuge zur Förderung der wirtschaftlichen Kultur ist die Technik.
Technik und Wirtschaft sind heute unzertrennlich miteinander verbunden, die eine ist ohne die andere nicht mehr denkbar.
So alt wie die Menschheit ist die Technik. In den ursprünglichsten Formen des Kampfes um das Dasein lehrt die Technik den Menschen die Kunst der einfachsten Waffen und Werkzeuge. Schwert, Axt und Pflug waren machtvolle Werkzeuge im Besitz der Menschen; und nach dem Stoff, aus dem diese ersten technischen Schöpfungen gefertigt wurden, pflegt man noch heute Hauptabschnitte vorgeschichtlicher Zeiten zu unterscheiden.
In hervorragendem Maße war und blieb es die Aufgabe der Technik, den durch die Wirtschaftsentwicklung sich immer mehr steigernden Arbeitsbedarf zu befriedigen. Menschliche und tierische Muskelkraft, unterstützt durch Werkzeuge und einfache Maschinen, Wasser-und Windkraft, die Explosionskraft der Pulvergase und schließlich die in unseren Brennstoffen schlummernde Wärmeenergie sind nacheinander und miteinander die Träger der erforderlichen Arbeitsgrößen geworden.
1.1.2 Entstehung der Maschine
Die Frage nach dem Ursprung der Maschine hat mit der Erklärung des Begriffes zu beginnen. Die Frage, was versteht man unter einer Maschine, ist auf die vielfältige Weise beantwortet worden. Je nach dem Gesichtspunkte des Forschers ist diese oder jene Seite hervorgehoben oder gar zum ausschließlichen Kriterium erhoben worden. Aber die ungeheure Vielseitigkeit des Wortes hat sich einseitig aufgestellten Begriffsbestimmungen noch nie ganz fügen wollen, stets hat sie zu Ausnahmen und zu Einschränkungen gezwungen.
So kann man zwischen philosophischen, physikalischen, kinematischen, technologischen und anderen Definitionen unterscheiden, von denen jede die eine oder die andere Seite der Maschinentätigkeit oder ihrer Wirkung zur Erklärung benutzt.
Reuleaux nannte eine Maschine eine Verbindung widerstandsfähiger Körper, welche so eingerichtet ist, dass mit ihr mechanische Naturkräfte genötigt werden können, unter bestimmten Bewegungen bestimmte Wirkungen auszuüben. Leupold und Sombarts betonen, dass aus der geschichtlichen Zeit heraus, auch auf die Bedeutung der Maschine in vorgeschichtlichen Zeiten schließen lässt, denn zu allen diesen Anfängen der Arbeitsmaschinen kommen auch die einfachen Transportmaschinen. Aus der einfachen Walze entwickelte sich das Rad, der Baumstamm wird ausgehöhlt zum Boot, das Ruder, durch Menschen betrieben, wird zum Antrieb. Muskelkraftmaschinen.
1.1.2.1 Muskelkraftmaschinen
Die ersten Maschinen, von denen gesprochen wurde, sind Arbeitsmaschinen, diese brauchen eine von außen hineingetragene Kraft, wenn die von ihnen verlangte Arbeit verrichten werden soll. Diese Arbeitsquelle war zuerst die Muskelkraft der Menschen und Tiere. Besondere Bedeutung erlangten die Hebezeuge, bei denen menschliche Muskelkraft mit Hilfe der verschiedensten Verbindungen von Hebel und Keil frühzeitig große Arbeitsleistungen vollbrachte. Bei den Hebelanordnungen, die zur Aufnahme der Menschenkräfte dienten, arbeitete der Mensch von einer Stelle aus, mit den Armen auf oder abwärts, hin oder her ziehend oder drückend.
Am meisten ist das Pferd zur Arbeitsleistung herangezogen worden, es war die normale Betriebsmaschine für die verschiedenen Zwecke, und noch heute rechnet sich die Arbeitsleistung unserer Kraftmaschinen nach „Pferdestärken“ (Horse-Power, HP), ein Anlass, das sich anfangs ganz von selbst ergab, als die Dampfmaschine die Pferde ersetzen sollte.
Ebenfalls sehr erhebliche Arbeitsleistungen erlangten die alten Ruderschiffe. Die Zahlenangaben der alten Schriftsteller lassen erkennen, mit welchen Mitteln damals die Technik arbeiten musste, um nach unserer Vorstellung doch noch immer kleine Kräfte in dem kleinen Raum eines Schiffes unterzubringen.
Auch die Maschinen, die zur Aufnahme menschlicher Muskelkraft dienten und in den gewerblichen Betrieben verwendet wurden, richtete man bald so ein, dass an ihnen mehrere Menschen arbeiten konnten, um die Leistung zu steigern. So kam man zur „Zwei-und viermännigen Winde“ und zur „Achtmännigen Haspel“, Treträder wurden zuweilen so breit gebaut, dass so in einigen Fällen sogar über 50 Menschen nebeneinander darin arbeiten konnten.
1.1.2.2 Die Wasserkraftmaschinen
Die Naturkraft, die zuerst einen Teil der schweren Arbeit von Mensch und Tier auf sich nahm, war die Kraft des fließenden Wassers. Die Erfindung der Wasserräder - der Wassermühle -reicht bis in die Jal 1rhunderte vor unserer Zeitrechnung zurück.
Vitruv beschreibt zur Zeit des Kaisers Augustus bereits ausführlich Wasserkraftanlagen zum Wasserschöpfen und Getreidemahlen, und noch früher erwähnt Strabo eine Wassermühle, die nahe bei dem Wohnsitze des Mithridates in Asien gestanden haben soll. Aber nur langsam verbreiteten sich diese ersten Kraftmaschinen, und vom Ersatz menschlicher Muskelkraft war noch wenig zu merken.
Deutschland scheint schon im 4·Jahrhundert Wassermühlen besessen zu haben. In Frankreich werden Wassermühlen im 6. Jahrhundert erwähnt. 718 soll auch die erste Wassermühle in Böhmen erbaut worden sein. 1014 soll es in Venedig Wasserräder gegeben haben, die durch Ebbe und Flut in dem Zeitraum von 6 Stunden abwechselnd nach der einen oder anderen Richtung umgedreht wurden.
Die Leistungsfähigkeit der Wasserräder im Mittelalter, noch bis ins 8. Jahrhundert hinein, war im Allgemeinen außerordentlich gering. Wenige Pferdestärken mögen durchschnittlich auf ein Wasserrad gekommen sein. Größere Kraftleistungen bis vielleicht zu 10 PS. waren schon seltene Ausnahmen. Welch riesigen Anlagen entstanden, wenn man bedeutende Arbeitsleistungen durch Wasserkraftmaschinen erzielen wollte, zeigt die berühmte Kraftzentrale Ludwigs XIV., die er durch den Lütticher Zimmermanns Rennequin 1682 bei Marly an der Seine zwischen St. Cloud und St. Germain hatte ausführen lassen. Diese Anlage hatte die Aufgabe die Springbrunnen der königlichen Gärten zu speisen.
1.1.2.3 Die Windkraftmaschinen
Nicht so weit wie die Wasserräder, aber doch auch ein Jahrtausend zurück können die Windmühlen ihren Stammbaum verfolgen. Vielfach nimmt man an, dass Deutschland ihr Vaterland sei. Die älteste Nachricht über Windmühlen findet sich in einem Aktenstück aus dem Jahre 1105, worin einem Kloster in Frankreich erlaubt wird, Wasser-und Windmühlen anzulegen.
In England reichen Windmühlen bis vor das Jahr 1143 zurück. 1332 soll man in Venedig eine Windmühle erbaut haben, und 1393 ließ die Stadt Speyer durch einen aus den Niederlanden geholten Kunstmeister sich eine Windkraftmaschine errichten.
Besonders die Holländer erwarben sich einen großen Ruf als Mühlenbauer. Die holländischen Windmühlen mit festem Gebäude und drehbarem Dach...