2. Grundlagen der internationalen Besteuerung
2.1. Ursachen der Doppelbesteuerung
Von internationaler Doppelbesteuerung wird gesprochen, wenn derselbe Steuerpflichtige mit demselben Steuergegenstand in zwei Staaten besteuert wird. Die Doppelbesteuerung kann durch folgende Konstellationen zustande kommen:
(1) Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht in einem Staat bei gleichzeitiger unbeschränkter Steuerpflicht in einem anderen Staat.
(2) Die Situation der unbeschränkten Steuerpflicht in zwei Staaten.
(3) Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht in zwei Staaten.
Die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen befassen sich nur mit den unter (1) und (2) aufgeführten Sachverhalten.
Begrifflich wird zwischen wirtschaftlicher und rechtlicher Doppelbe-steuerung unterschieden. Von einer rechtlichen Doppelbesteuerung wird gesprochen, wenn vergleichbare Steuern in zwei oder mehreren Staaten von dem selben Steuerpflichtigen für denselben Steuertatbestand und Zeitraum erhoben werden. Eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung liegt vor, wenn vergleichbare Steuern von verschiedenen Steuersubjekten für den selben Steuergegenstand und Zeitraum erhoben werden.[7] Für diese Arbeit ist die wirtschaftliche Doppelbesteuerung und die Möglichkeit ihrer Vermeidung von Interesse.
2.2. Methoden zur Entlastung einer Doppelbesteuerung
2.2.1. Freistellungsmethode
Die Freistellungsmethode ist in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart.[8] Bei der Freistellungsmethode verzichtet einer der beteiligten Staaten, i.d.R. der Sitzstaat der empfangenden Gesellschaft,[9] auf das ihm zustehende Besteuerungsrecht. Die Besteuerung folgt dann dem Recht des Quellenstaates. Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen enthalten einen Progressionsvorbehalt,[10] wenn die Freistellungsmethode vereinbart wurde. Die Anwendbarkeit des Progressionsvorbehalts auf die Körperschaftsteuer ist umstritten. Verluste im Ausland würden den inländischen Durchschnittssteuersatz verringern. Bei entsprechend hohen Verlusten im Ausland würde der negative Progressionsvorbehalt zu einem wesentlich geringeren Steuersatz als dem inländischen Körperschaftsteuersatz auf die inländischen Einkünfte führen. Dies wird aber weitgehend in der Literatur verneint.[11] Soweit die Kapitalgesellschaft lediglich Gewinne erwirtschaftet, hat der Progressionsvorbehalt wegen seines proportionalen Tarifes keine Auswirkungen.[12]
Durch die Freistellung unterliegen die ausländischen Einkünfte dem Steuerniveau des Quellenstaates.[13] Die Freistellungsmethode behebt die Doppelbesteuerung bei Kapitalgesellschaften.[14]
2.2.2. Anrechnungsmethoden
Die Besteuerung folgt dem Welteinkommensprinzip. Die ausländischen Einkünfte erhöhen die inländische Bemessungsgrundlage, und die im Ausland entrichtete Steuer wird auf die inländische Steuerschuld angerechnet. Die Anrechnung findet sowohl im bilateralen als auch im unilateralen Recht Anwendung. Im deutschen Steuerrecht existieren die direkte, die indirekte und die fiktive Anrechnung.[15]
Direkte Anrechnung
Unilateral ist die direkte Anrechnung für Kapitalgesellschaften durch § 26 Abs. 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 1 EStG geregelt. Die Voraussetzungen[16]für die Anwendung der direkten Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuer auf die inländische Körperschaftsteuer sind eine unbeschränkte Steuerpflicht, die Subjektidentität[17], eine gleichartige ausländische Steuer[18], ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d EStG[19], die Identität des Abgabezeitraums; die ausländische Steuer muß festgesetzt und gezahlt sein und darf keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegen.
Gem. § 68a EStDV ist die Anrechnung der ausländischen Steuer maximal in Höhe der deutschen Einkommensteuer[20] zulässig.[21] Durch die Nichtberücksichtigung eines eventuellen Anrechnungsüberhanges unterliegt der Steuerpflichtige immer der höheren Steuerbelastung der beiden betrachteten Länder. Der mögliche Anrechnungsbetrag entspricht höchstens dem Entlastungsbetrag bei der Freistellungsmethode.[22] Somit dominiert die
Freistellung die direkte Anrechnung bei einem ausländischen Quellensteuersatz von über 45 %.
Die Wirkung der Anrechnung auf die inländische Körperschaftsteuer läßt sich wie folgt darstellen:
(1) AE x IKs - Anrechnung
Für den Fall ohne Anrechnungsüberhang gilt: Die gesamte im Ausland angefallene Quellensteuer ist bei der Berechnung der inländischen Körperschaftsteuer abzuziehen. Die Gesamtsteuerbelastung der ausländischen Einkünfte ergibt sich dann aus:
(2) StB = AE x AKs + AE x IKs
Für diese Situation ist im Inland Körperschaftsteuer in Höhe der Differenz zwischen inländischer Körperschaftsteuer und ausländischer Quellensteuern zu entrichten.
Für den Fall mit Anrechnungsüberhang gilt:
(3) AH = 0,45 AE[23]
Für die Gesamtbelastung gilt dann:
(4) StB = AE x AKs + Qs (AE - AE x AKs)
Aufgrund der Anrechnung eines über 45 % liegenden Quellensteuersatzes fällt im Inland keine Körperschaftsteuer an. Die Steuerbelastung ergibt sich dann aus dem Betrag von ausländischer Körperschaft- und Quellensteuer.
Indirekte Anrechnung
Für Schachtelbeteiligungserträge kommt zusätzlich zur direkten Anrechnung noch die indirekte Anrechnung als Entlastungsmaßnahme in Betracht. Diese Maßnahme ist sowohl unilateral als auch bilateral[24] vorgesehen. Eine deutsche Muttergesellschaft kann nach dem sog. internationalen Schachtelprivileg auf Antrag die von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft entrichteten Steuern auf die deutsche Körperschaftsteuer anrechnen lassen. Bei Doppelbesteuerungsabkommen findet sie Anwendung, wenn keine Freistellung der Schachteldividenden vorgesehen ist. Die Voraussetzungen der indirekten Anrechnung sind auf unilateraler Ebene in § 26 Abs. 2 KStG geregelt[25]. Es müssen die Voraussetzungen der direkten Anrechnung erfüllt sein, mit der Ausnahme, daß hier auf die Subjektidentität verzichtet wird.[26] Weiter muß die Beteiligung seit mindestens zwölf Monaten zu mindestens zehn Prozent am Nennkapital der ausländischen Kapitalgesellschaft bestehen. Die Tochtergesellschaft muß ihre Bruttoerträge zu mehr als 90 % durch aktive Tätigkeiten erzielt haben.[27] Die indirekte Anrechnung schließt gleichzeitig den Abzug oder die Pauschalierung aus, jedoch nicht die direkte Anrechnung.[28] Gem. § 26 Abs. 2 S. 6 KStG hat die direkte Anrechnung Vorrang vor der indirekten. Anrechenbar sind die Steuern, die die Tochtergesellschaft im Wirtschaftsjahr entrichtet hat und die anteilig auf die ausgeschütteten Gewinne entfallen.[29]
Weiter ist die indirekte Anrechnung auf das Verhältnis der Gewinnanteile und der Anteile der Muttergesellschaft am Nennkapital beschränkt. Der zur Anrechnung kommende Steuerbetrag wird bei der Muttergesellschaft dem von ihr erhaltenen Gewinnanteil hinzugerechnet.[30] Der Anrechnungshöchstbetrag ergibt sich aus dem ausländischen Gewinn und dem Aufstockungsbetrag multipliziert mit der deutschen Tarifbelastung abzüglich der direkten Anrechnung[31]. Die indirekte Anrechnung beseitigt die wirtschaftliche Doppelbesteuerung. Charakteristisch für die indirekte Anrechnung ist, daß die Einkünfte immer mit dem höheren Steuerniveau der beiden betrachteten Staaten belastet werden.[32]
Da die indirekte Anrechnung immer erst nach der direkten Anrechnung zur Anwendung kommt, ist es sinnvoll, die steuerliche Wirkung der indirekten Anrechnung immer für den Fall zu betrachten, daß zuvor die direkte Anrechnung vorgenommen wurde.
Für den Fall, daß die ausländische Quellensteuer über 45 % liegt, ist der Anrechnungshöchstbetrag bereits voll ausgeschöpft und es entfällt die Möglichkeit der indirekten Anrechnung.
Bei einer ausländischen Quellensteuer unter 45 % sind zwei Fälle zu unterscheiden. Die ausländische Quellen- und Körperschaftsteuer ergibt in der Summe eine geringere Steuerbelastung als die inländische Tarifbe-lastung und dem Fall, daß die ausländischen Steuern über dem inländischen Tarif liegen.
Wenn die beiden ausländischen...