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E-Book

Stressmindernde Pflege bei Menschen mit Demenz

Praxishandbuch für Pflegeassistenten, Begleiter und Angehörige

AutorChris Bonner
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9783456753324
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wie kann man Stress bei Menschen mit Demenz vermindern? Menschen mit Demenz haben eine geringere Stresstoleranz als Menschen ohne kognitive Beeinträchtigungen. Sie benötigen daher eine Umgebung, die weder unter- noch überfordernd ist und Menschen, die mit ihnen einen guten Mittelweg zwischen Anregung und Beruhigung beschreiten. Dieses anschauliche, einfache und leicht zugängliche Buch bietet eine umfassende Checkliste einfacher und fantasievoller Wege, um stressbedingtes Verhalten bei Menschen mit Demenz zu verhindern oder zu verringern und um zu bewirken, dass sie sich in ihrer Umgebung wohl fühlen. Chris Bonner macht praktische Vorschläge für den Umgang mit einigen der Probleme, denen Menschen mit Demenz gegenüberstehen, wie etwa beim Essen, Ausscheiden, ruhelosen Umhergehen und Schlafen sowie bei Aggression und Unruhe. Er zeigt auch, wie bei Menschen mit Demenz das Gedächtnisses angeregt, die Umgebung beruhigt und die Kommunikation verbessert sowie Stress effektiv abgebaut werden kann. All das macht dieses kleine Buch zu einer großartigen Hilfe für die in der Begleitung und Pflege Tätigen sowie für die Familien und Betreuungspersonen von Menschen mit Demenz. Aus dem Inhalt · Stressfaktoren · Verhindern beziehungsweise Minimieren von Stress · Umgang mit stressbedingten Reaktionen · Umgang mit Ernährungsproblemen · Umgang mit unangemessenem Sexualverhalten · Umgang mit gestörtem Schlaf · Die Bedeutung von Teamwork, Training und Unterstützung · Das PLST-Modell

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Leseprobe

3 Umgang mit stressbedingten Reaktionen


Feindselige verbale und körperliche Reaktionen


Menschen mit Demenz, deren Stressschwelle überschritten wurde, können mit Schlagen, Treten, Kratzen, Verbalinjurien, Fluchen, Beißen oder Spucken regieren.

Entschärfen einer akuten verbalen oder körperlichen Episode


  • Lassen Sie die effektivsten Mitarbeiter die Führung übernehmen (Wick/Reid, 1997).
  • Stellen Sie sich angemessen vor. Begeben Sie sich auf die Höhe der Person. Seien Sie ausgeglichen. Sprechen Sie mit sanfter Stimme. Halten Sie Blickkontakt. Bitten Sie um Erlaubnis und erklären Sie, was geschehen muss.
  • Isolieren Sie die Person und lenken Sie ihre Aufmerksamkeit vom Ereignis ab.
  • Lenken Sie die Person ab oder lenken Sie ihre Aufmerksamkeit in eine neue Richtung, indem Sie das fehlende Kurzzeitgedächtnis zu Ihren Gunsten nutzen.
  • Forschen Sie nach den Ursachen von Ängsten. Validieren Sie Sorgen und Bedenken der Person.
  • Setzen Sie sanfte Berührung ein, wo angemessen, zum Beispiel durch Handhalten.
  • Räumen Sie Auswahlmöglichkeiten ein und beruhigen Sie.
  • Reduzieren Sie Umgebungsreize auf ein Minimum.
  • Geben Sie der Person etwas in die Hände, damit sie sie nicht gebraucht, um gegen essenzielle Pflege und Versorgung Widerstand zu leisten.
  • Halten Sie gefährliche Gegenstände außer Reichweite.

Assessment verbaler oder körperlicher Reaktionen


Assessmentinstrumente sind von Nutzen, um ein gegebenes Verhalten umfassender und genauer zu verstehen. Sie könnten als Anleitung zu effektiven Pflege- und Versorgungsstrategien sowie als Richtgröße dienen, an der sich Fortschritt messen lässt (Cohen-Mansfield, 1999). Beim ABC-Ansatz geht es um die Fragen, die angesichts dieser Verhaltensweisen zu stellen sind:

  • Vorgeschichteantecedents»): Fragen und suchen Sie nach Stressoren, die das Verhalten provoziert haben könnten.
  • Verhaltenbehaviour»): Dokumentieren Sie alle Aspekte des Verhaltens. Was geschieht wo, wann und wie oft?
  • Folgen («consequences»): Notieren Sie die Folgen des Verhaltens für die betroffene Person und für Dritte.

Überprüfen Sie, ob die Erwartungen an das Verhalten realistisch sind, und überlegen Sie, ob das Verhalten jemanden schädigt oder das Wohlbefinden des Patienten beeinträchtigt. Vermeiden Sie es, den Vorfall fehlzuinterpretieren oder eine Überreaktion zu zeigen. Ein «Greifreflex», wie er in späten Stadien der Demenz vorkommt und bei dem die Person außerstande sein kann, ihn willkürlich zu lösen, kann als Versuch fehlinterpretiert werden, einer Betreuungsperson Widerstand zu leisten oder sie zu verletzen. Widerstand gegen die geeignete Positionierung von Gliedmaßen zum Ankleiden kann ein unwillkürlicher Widerstand gegen eine passive Bewegung – bisweilen auch als Gegenhalten bezeichnet – sein. Überlegen Sie, ob die Person ihre Wut gegen eine Betreuungsperson richtet oder lediglich versucht, einen unangenehmen Stimulus zu beseitigen. Fallbesprechungen sind eine wichtige Initiative beim Optimieren der Pflege und Versorgung von Menschen mit Demenz. Bestimmte Betreuungspersonen haben oft spezifische Pflege- und Versorgungstechniken entwickelt, die den übrigen Betreuungspersonen vermittelt werden sollten. Oft berichtet eine Betreuungsperson über ein bestimmtes Problem hinsichtlich des Verhaltens eines Bewohners, während eine andere Betreuungsperson sagt, ihr Vorgehen führe nicht zu solch einem Problem. Fallbesprechungen geben dem Pflegepersonal Gelegenheit, ihre erfolgreichen Strategien untereinander auszutauschen, die Mitarbeiter, die Schwierigkeiten haben, zu ermutigen und zu unterstützen und ein einheitliches Verständnis für die Person sowie einen stimmigeren Ansatz in der Interaktion und Pflege beziehungsweise Versorgung zu fördern. In einem Pflegemodell beinhaltet ein Gruppenprozess zur Schulung von Betreuungspersonen und zum Verhaltensmanagement auch die Einbindung des jeweiligen Bewohners in die Diskussion oder aller Bewohner in Gruppendiskussionen (Swift et al., 2002).

Verhindern feindseliger verbaler oder körperlicher Reaktionen


Herausfinden der Ursache bzw. Bedeutung von Stress

Der erste Schritt besteht darin, das Verhalten zu verstehen. Verhaltensweisen können für ältere Individuen mit Demenz eine spezielle Bedeutung haben, die von der Bedeutung, die ihm der Beobachter zuweist, abweichen kann. Scheinbar funktionslose Handlungen können in Zeiten von Stress und Angst das einzige Kommunikationsinstrument der Person darstellen. Passiver Widerstand gegen Pflege und Versorgung kann unzutreffend als Aggression dokumentiert werden. Es hat sich gezeigt, dass nur 2% der aggressiven Vorfälle ohne ein vorangehendes Ereignis eintreten (Katz, 2000). In mehr als 70% der Fälle war Kontakt mit Personal der unmittelbare Auslöser eines aggressiven Vorfalls (Ryden et al., 1991). Pflege- und Versorgungstechniken des Personals sind daher ein wichtiges Element beim Begrenzen verbal oder körperlich aggressiven Widerstands gegen Pflege und Versorgung. Es wird behauptet, dass Betreuungspersonen, die die Betreuungssituation stärker akzeptieren und für demenzbedingte Probleme sensibler sind, über weniger Hyperaktivitätssymptome bei den Personen in ihrer Betreuung berichten als Personen, die gegenüber ihrer Pflege- und Versorgungssituation weniger sensibel sind (de Vugt et al., 2004).

Stellen Sie Fragen und verweisen Sie auf erfahrene Mitarbeiter oder die Fallbesprechung, um Stressoren zu suchen und herauszuarbeiten, die agitiertes Verhalten auslösen können. Sprechen Sie mit der Person und befragen Sie, soweit angemessen, Besucher und Verwandte sowie Betreuungspersonen einschließlich des Personals der häuslichen Pflege, was agitiertes Verhalten auslösen könnte. Die Trigger können alle in der täglichen Pflege- und Versorgungsroutine nötigen Aktivitäten und Tätigkeiten umfassen und liefern Hinweise auf erfolgreiche Pflege- und Versorgungstechniken. Überweisen Sie die Person bei auftauchenden medizinischen Zuständen und Erkrankungen für das weitere Assessment.

Beseitigen von Stressoren

Stressoren, die zu aggressiven verbalen oder körperlichen Reaktionen führen können, sind zum Beispiel:

  • eine Wahrnehmung, dass in die persönliche Sphäre eingedrungen wurde
  • Schmerz oder die Erwartung von Schmerz
  • Depression. Es hat sich gezeigt, dass die Prävalenz der Depression bei Menschen mit Demenz, die körperlich oder verbal Aggression gezeigt haben, höher ist als bei Menschen, die dies nicht getan haben (Menon et al., 2001). Vor allem Schreien kann mit Depression einhergehen (Cohen-Mansfield et al., 1990).
  • medizinische Zustände oder Erkrankungen wie Obstipation, Vaginitis oder ein Harnwegsinfekt (s. S. 17–19)
  • Ausscheidungsbedarf oder eine Inkontinenzepisode (unter Umständen wurde die Person als Kind bei Einnässen bestraft)
  • Frustration angesichts des Unvermögens, zu kommunizieren
  • Frustration angesichts von Vergesslichkeit
  • Konfrontation mit der Realität und die Erkenntnis, dass die gegenwärtige Situation inakzeptabel ist
  • das Unvermögen, eine Aufgabe zum Abschluss zu bringen
  • ausgeschimpft zu werden
  • Fehlinterpretation einer Situation, etwa infolge von Sehschwäche oder Schwerhörigkeit, oder plötzlich aufgeweckt zu werden
  • Verkennen einer Betreuungsperson
  • belastende oder unangenehme Interaktionen mit anderen Bewohnern
  • wahnhaftes Verkennen, Halluzinationen oder Illusionen (fehlinterpretierte Schatten) (Hwang et al., 1999)
  • Musik, Fernsehen, eine Sendung im Rundfunk oder besondere Aufgaben
  • Veränderungen im Ablauf täglicher Aktivitäten, in der Umgebung oder unter den Betreuungspersonen (Banazak, 1996)
  • Einsamkeit, fehlende persönliche Kontakte, Langeweile, Trauer oder Furcht
  • Wärme, Kälte, Lärm, das Bedürfnis, zur Toilette zu gehen oder Hunger
  • toxische Wirkung von Medikamenten oder Delir
  • Erinnerungen an Kindheitsereignisse oder ungelöste innere Konflikte. Manchmal wird diese Information nicht nach außen getragen und nachzuforschen kann unangemessen sein oder die Information wird nur in der geschützten Umgebung einer Arztpraxis geäußert.
  • unbefriedigte Bedürfnisse aus der kulturellen, sozialen, spirituellen, häuslichen, umgebungsbezogenen und beruflichen Vorgeschichte oder früheren Lebensweise
  • Fixierungen. Vorgehensweisen und Voraussetzungen für Fixierungen sind wohlbekannt und es hat sich erwiesen, dass deren Anwendung reduziert und auf Alternativen zurückgegriffen werden kann, ohne dass ernste Verletzungen zunehmen (Neufeld et al., 1999).

Reaktionen auf diese Stressoren sind beispielsweise:

  • Gefühle von Scham und Unzulänglichkeit, etwa angesichts des Unvermögens, eine Aufgabe zum Abschluss zu bringen
  • Handlungen, die normalerweise unter Kontrolle stünden und jetzt enthemmt werden. Alternativ können geschädigte Hirnprozesse zu aggressivem Verhalten führen (Holden/Chapman, 1994).
  • einfach nur allein gelassen werden wollen. Der Pflege und Versorgung Aufmerksamkeit zu widmen ist zwar nötig, aber gegen den Willen der Person mit Demenz.
  • agitiertes Verhalten. Bei...
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