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Toto & Harry

Was Sie schon immer über die Polizei wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten

AutorFrank Schneider, Thomas Weinkauf, Torsten Heim
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
ReiheToto & Harry 1
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783644438316
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Skurriles, Amüsantes, Wissenswertes Der etwas andere Blick hinter die Kulissen des Polizeialltags: von den gefährlichsten Einsätzen, den dümmsten Kriminellen, den kuriosesten Unfällen, den kreativsten Ausreden, den dreistesten Bestechungsversuchen, den rührendsten Momenten und vielen anderen Superlativen aus ihrem langen Berufsleben erzählen Toto & Harry, Deutschlands beliebteste Polizisten. Gleichzeitig geben sie Einblicke in die merkwürdige Welt der Polizei-Abkürzungen und antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen: Welche Ausrüstung tragen sie am Gürtel? Und sind Polizisten eigentlich immer im Dienst?

Polizeihauptkommissar Torsten Heim, Jahrgang 1963, geht seit 1992 zusammen mit Polizeioberkommissar Thomas Weinkauf in den Straßen Bochums auf Streife. Durch ihre Fernsehsendung «Toto & Harry - die Zwei vom Revier» sind sie zu Deutschlands bekanntesten Polizisten geworden. Außerdem engagieren sie sich als Botschafter für das Kinderhospiz Mitteldeutschland.

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Leseprobe

Kuriose Rotlichtgeschichten


Stripper im Bordell

Diesen ungewöhnlichen Einsatz bekamen wir im Frühdienst. An diesem Morgen war ich aber nicht wie üblich mit Harry unterwegs, sondern mit einer jungen Kollegin. Der Kollege, der sich über Funk meldete, war amüsiert. Das hörte man am Klang seiner Stimme: «Da soll sich ein Exhibitionist im Puff aufhalten. Die haben ernsthaft angerufen und sich über einen Flitzer beschwert. Offenbar haben die Damen etwas dagegen, wenn nicht nur sie nackt sind. Fahrt mal gucken, wird bestimmt interessant.»

Wir brauchten nur drei Minuten bis zum «Eierberg», dem Bochumer Bordellviertel. Die junge Kollegin war schon ganz aufgeregt: «Da hatte ich bisher noch keinen Einsatz. Als Frau komme ich da ja nicht hin, mal schauen, was da so los ist.»

Wir hatten gerade den Motor ausgeschaltet, da kam auch schon Chantalle angelaufen. Sie arbeitete schon seit vielen Jahren in einem der Häuser, saß immer am linken Fenster. Sie klopfte an die Seitenscheibe. «Der Bekloppte tut nichts, der ist jetzt in Haus vier. Die machen sich einen Spaß aus der Show, die der Typ abzieht.» Die Kollegin und ich stiegen aus und gingen zum Eingang von Nummer vier. Direkt hinter der Tür standen drei leichte Damen und kicherten. Alle waren überschminkt und hatten verschiedenfarbige Bikini-Oberteile an. Dazu trugen sie Slips oder Hotpants aus Jeansstoff. Ich fragte ebenfalls grinsend: «Na, was gibt’s zu lachen? Wo ist denn der ungewöhnliche Flitzer vom Puff?»

Die Mädels zeigten den Gang runter. «Hinten links, bei der Chefin. Die lässt den so richtig tanzen. Aber offensichtlich will er das auch, der hat Spaß ohne Ende.»

Wir gingen zum Zimmer der «Chefin», die ich schon lange kannte. Erika führte ihr Haus konsequent. Illegale Frauen hatten bei ihr keine Chance, auch Frauen, die ihre Kunden beklauten, flogen sofort wieder raus. Ich klopfte an die Tür. Von drinnen hörten wir eine Männerstimme: «Kommt ruhig rein, ihr süßen Mäuse, Papa ist gerade so richtig in Fahrt.»

Meine Kollegin lachte und öffnete die Tür. In dem Zimmer saß Chefin Erika auf einem Stuhl. Sie war eine echte Ruhrgebiets-Olle, wie man bei uns zu sagen pflegt. Und das ist eher ein Kompliment als ein Schimpfwort. Neben ihr stand ein etwas älterer, aber noch immer kräftig gebauter Bodybuildertyp. Er war splitterfasernackt, nur auf dem Kopf trug er eine blaue Strickmütze. Es sah völlig verrückt aus.

Ich lachte, sah Erika an und fragte: «Bewirbt der sich gerade bei dir? Ich dachte, hier arbeiten nur Frauen.»

Die Chefin von Nummer vier lachte zurück: «Nee, der hat am Fenster vor Isabell gestrippt, mitten auf der Straße. Da habe ich ihn reingeholt, bevor es Stress mit anderen Freiern gibt. Der ist aber ein ganz Lieber, der tut nichts.» Ich hatte das Gefühl, den Typen zu kennen. Und dann wusste ich auch, woher: aus dem Fernsehen. Der Nackte war nämlich ein stadtbekannter Flitzer aus Bielefeld, der auch schon bei einem Bundesligaspiel nackt über den Rasen gelaufen war. Ähnliche Aktionen machte er öfters. Uns erzählte er: «Ich wollte doch, dass es der Dame ebenfalls gefällt. Und da ich sie fast nackt sehen und begutachten konnte, sollte sie dies ebenfalls tun können.»

Dann zog er sich an und verschwand Richtung Bahnhof. Die Kollegin schrieb später in den Einsatzbericht: «Eine Belästigung der Damen war nicht gegeben, nackte Männer zu sehen ist im Bordell ja was Alltägliches.»

Österreicher lässt sich beklauen

Damals hatten wir auf der Wache einen Kollegen, der konnte ganz viele Dialekte sprechen. Wenn man nicht hinsah, glaubte man, da spräche ein Fremder. An diesem Tag hatte ich mit ihm Nachtdienst. Und wie fast in jedem Nachtdienst hatten wir mal wieder einen Einsatz am Eierberg. Ein Anrufer hatte gemeldet, dass er in einem Haus von einer Hure beklaut worden wäre. Es erwartete uns ein aufgeregter, dicklicher Mann im feinen schwarzen Anzug. Der Geschäftsmann lief mit hochrotem Kopf auf unseren Polizeibulli zu. Ich war noch nicht ganz ausgestiegen, da fing er schon an zu schimpfen. Sofort musste ich innerlich lachen, denn der Mann hatte einen starken Wiener Dialekt. Es klang so ungewöhnlich, hier mitten im Bochumer Rotlichtviertel. Außerdem mussten wir uns höllisch auf die Worte konzentrieren, denn er war schwer zu verstehen. Er schilderte uns in seinem Dialekt, dass er in seiner Geldbörse ca. 16 000 Mark gehabt hätte. «Ich wollte damit einen Sportwagen anzahlen.»

Dann erzählte er, er sei rein zufällig (nee, is klar) auf dem Eierberg gelandet. Und da er auch noch rein zufällig eine Stunde Zeit hatte, sprach er eine dralle Blondine an. «Geh, die hat me gereizt, da bin i neigange.» So oder so ähnlich klang das.

Da er dämlicherweise den Hurenlohn aus seiner Brieftasche nahm, konnte die Blondine vermutlich sehen, wie viel er dabeihatte. Dann erzählte er, die Hure habe ihm liebevoll beim Ausziehen geholfen. Man muss sich jetzt den österreichischen Dialekt denken: «Die hat sich dann auf mich draufgesetzt, ich sah nichts mehr. Also nichts mehr außer ihrer grandiosen Oberweite.»

Angeblich habe er dann ein Türquietschen gehört. «Ich wurde misstrauisch, wollte hoch, aber sie ließ mich nicht. Als ich wieder an meiner Jacke war, war die ganze Kohle weg.»

Wir gingen in das beschriebene Haus. Dort erzählte man uns dann allerdings: «Die Marie hat schon Feierabend gemacht.»

Ich dachte nur: Kein Wunder, wenn das stimmt, hat sie für heute genug verdient. Wir nahmen also die Anzeige auf, gaben eine Fahndung nach Marie raus und brachten danach den «armen» Geschäftsmann in sein Hotel. Die größte Sorge des Österreichers war aber nicht, wie er jetzt den Sportwagen anzahlen sollte. «Was sag ich nur meiner Frau?»

Da antwortete der Kollege ihm plötzlich im original österreichischen Dialekt, er solle doch erzählen, er wäre auf dreiste Trickbetrüger reingefallen. Schließlich wäre das ja nicht wirklich gelogen. Der Geschäftsmann nickte nur und wurde gar nicht stutzig, weil ein Bochumer Polizist so sprach wie er. So sehr saß ihm der Schrecken noch in den Knochen. Als der Beklaute an seinem Hotel ausgestiegen war, brach ich noch im Polizeibulli in lautes Lachen aus, dass mir die Tränen nur so die Wangen runterliefen. Auf der Wache musste unser Dialekttalent dann natürlich immer wieder allen Kollegen die verrückte Geschichte im Originaldialekt erzählen. Die Wache tobte jedes Mal, und ich schrieb in einem der Büros mit feuchten Augen die Anzeige. Manchmal ist der Job aber auch wirklich hart für uns.

Mann am Pranger

Harry und ich hatten früher auch manchmal Dienst in Zivil. Eine ordentliche Haarpracht und Dreitagebart, so fiel man gerade am Bahnhof weniger auf. Allerdings war es gerade im Sommer schwer, sich zu tarnen, da man die Pistole und das Funkgerät irgendwo verstecken musste. Bei 30 Grad hat ja keiner eine Jacke an, und unterm T-Shirt oder Hemd beult das ja ziemlich aus. Wir haben die verschiedensten Klamotten ausprobiert. Unter einem weiten Sommerhemd zum Beispiel konnte man ein enganliegendes Schulterholster fast unsichtbar tragen. Außerdem nahmen wir einen Rucksack für diverse andere Geräte mit.

An diesem Tag waren wir als Fußstreife im Rotlichtviertel unterwegs. Nach unseren Informationen trieb sich da in letzter Zeit ein junger Türke rum, der offensichtlich als Zuhälter groß rauskommen wollte und die Damen immer wieder bedrohte und erpresste. Da in diesem Fall die Huren ein großes Interesse an unserem Einsatzerfolg hatten, boten sie uns ein Versteck in einem der «Liebeshäuser» an. Durch eines der Schaufenster beobachteten wir die Straße. Da sah ich plötzlich eine nervöse Gestalt, die hektisch hin und her lief und offensichtlich Ausschau nach Danuta hielt. Die Dame hatte ein Domina-Studio in der hinteren Ecke des Eierbergs mit allem, was dazugehörte. Bei ihr war allerdings gerade besetzt, der Vorhang war zugezogen und das rote Licht brannte.

So hatte ich genug Zeit, mir den schon etwas in die Jahre gekommenen Herrn näher anzuschauen. Er war gut gekleidet und hatte einen schönen Lederkoffer dabei, der mir sehr gefiel. Er sah aus wie ein Arztkoffer aus früheren Tagen. Augenscheinlich war der Inhalt sehr schwer, denn der Mann wechselte beim Tragen immer wieder die Hand. Als ich kurz abgelenkt war, Harry dachte, der brutale Zuhälter käme, war der ältere Herr plötzlich verschwunden, und ich kümmerte mich auch nicht mehr weiter darum. Ich erzählte Harry beim Warten von dem Koffer. Seine Antwort: «Was da wohl drin war? Hehlerware? Drogen?» Ich schüttelte den Kopf.

«Danach sah der Typ nun gar nicht aus.»

Eine halbe Stunde später krächzte mein Funkgerät: «Toto, Harry, ihr seid doch am Eierberg, wir haben da ein Hilfegesuch, ihr seid doch eh da. Und nach Aussage der Anruferin ist es sehr pikant, also erst recht was für euch.»

Eine pikante Angelegenheit, soso. Ich fragte: «Wo denn genau hier im Puff?» Die Antwort war knapp, aber eindeutig: «Bei dieser Domina, Danuta heißt die doch?» Wir verabschiedeten uns von den Damen, die wir bewacht hatten, und gingen zum SM-Studio gegenüber. Danuta wartete schon an der Tür.

«Ist ’ne echt peinliche Nummer, kommt rein.» Wir kamen um die Ecke ins erste Folterzimmer und blieben wie angewurzelt stehen. An einem Pranger stand ein nackter Mann. Danuta meinte: «Stellt euch nicht so an, das ist doch normal. Aber der Typ spinnt, den krieg ich nicht mehr weg da.»

Harrys fragendes Gesicht bekam eine Antwort: «Der will für immer bei mir bleiben. Hat er jedenfalls gesagt. Mir für immer dienen. Und da hat er einfach die kleinen Handschellenschlüssel...

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