VORWORT
A) TALENT UND WILLEN SIND VORAUSSETZUNG FÜR AUSSERGEWÖHNLICHE LEISTUNGEN
Foto 1: Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Kind läuft.
Es war noch nie leicht, Talente, Rohdiamanten, Goldkörnchen oder gar Genies für eine Sportart zu finden. Die wilden Bewegungsspiele früherer Jahre unserer Jüngsten „draußen“ finden heute nur noch selten, die Spiele am Computer dafür umso öfter statt. Auch im Schulsport werden unsere Kinder nicht mehr auf das Leben vorbereitet, nur noch selten Talente erkannt und den Vereinen empfohlen. Trotzdem braucht der Spitzensport Hochbegabte, wenn er die Sehnsüchte vieler Sportbegeisterter und deutscher Fans des Hochleistungssports nach Konkurrenzfähigkeit bei Europameisterschaften, Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen erfüllen soll. Man muss sie möglichst früh finden und langfristig ausbilden, die künftigen Medaillengewinner. Dafür müssen neue Organisationsformen vom Sport selbst gefunden und praktiziert werden.
Dieses Buch beschäftigt sich nicht mit der Spielleichtathletik, nicht mit dem Wohlfühlen beim „Ball über die Schnur“ und ist auch nicht für Kinder und Jugendliche gedacht, die mit wenig Ehrgeiz nur hin und wieder einmal zum Leichtathletiktraining gehen, mehr um Freunde zu treffen, um Spaß zu haben oder von den Eltern geschickt werden, um abzunehmen. Vielmehr soll mit diesem Buch allen denen Hilfe, trainingsmethodische Erfahrungen und praktische Anleitungen gegeben werden, denen die Ausbildung von Talenten zum Leistungsathleten im Mittelstrecken-, Langstrecken- oder Straßenlauf am Herzen liegt.
Trainer sind Vorbilder für ihre Sportler. Sie sollten ihnen vor allem Einstellungen vermitteln und sie möglichst früh lehren, Schwierigkeiten und Probleme eigenständig und bewusst zu bewältigen. Selbstvertrauen und Selbstständigkeit sind vorrangig notwendige Eigenschaften und Voraussetzung für Erfolge. Trainer sind keine „Rucksackträger“ der Athleten. Der Weg zum Glück ist für Sportler und Trainer mit Anstrengungen, Härte, Schmerzen, Rückschlägen, Leiden, mit Erfolgen und Niederlagen, aber auch mit Freuden und Glücksmomenten verbunden.
Gute Trainer zeichnen sich durch ein besonderes Geschick aus, mit jungen Menschen hart zu trainieren, ohne dass sie es als „Drill“ empfinden.
Von den Besten kann überliefert werden, dass sie im Training in einer geregelten Ordnung oft unerbittlich und hart waren. Dazu wurden sie erzogen.
Trainer sollten ihren jungen Läufern und Gehern schon früh ihre optimalen Bewegungsvorstellungen von einer möglichst perfekten Lauf- bzw. Gehtechnik vermitteln und nicht eher aufhören, dies zu üben, bis ihre Athleten eine entsprechende Perfektion verinnerlicht haben und sie auf der Bahn oder Straße ihre Energie höchst ökonomisch in Geschwindigkeit umsetzen.
Lauftrainer sollten sich nie von ihren jungen Sportlern überzeugen lassen, dass ein zügiger bzw. schneller 6-km-Dauerlauf oder eine andere, nicht beliebte Aufgabe nicht zum Ausbildungsprogramm gehört.
Eltern von Talenten sollten sich nicht als „Assistenztrainer“ versuchen, wenn ihnen die Fähigkeiten dazu und eine Ausbildung fehlen. Sie sollten aber früh ihren Kindern die Leidenschaft für ihr „Hobby“ vermitteln und auch einmal ein Bedauern verbergen, wenn ihr Kind etwas „gestresst“ vom Training nach Hause kommt.
Zeigen Sie Ihren Schülern, dass nur, wer die Funktionen seines gesamten Körpers beherrscht, auch die höchste Ausprägung der Laufökonomie erreichen wird. Es ist wichtig, auf jeder körperlichen Entwicklungsstufe, auf der Grundlage der erworbenen Kraftfähigkeiten, die erarbeitete Technik „neu zu justieren“.
Vermitteln Sie Ihren Sportlern früh, dass sie für sich und nicht für den Trainer trainieren, immer öfter und immer besser Ihre Anweisungen selbstständig auszuführen lernen und in den Trainingseinheiten ihre Aufgaben präzise und mit hoher Bewegungsqualität in einer möglichst guten psychischen Balance zu realisieren. Wer ohne Lust und Leidenschaft zum Training erscheint, wird auf große Erfolge vergeblich warten müssen.
Bringen Sie Ihren Schülern gegenüber rechtzeitig zum Ausdruck, wie wichtig es ist, seine Gefühle zu beherrschen, in guten und in schlechten Zeiten, nach Siegen und auch nach unerwarteten Niederlagen, auch gegenüber den Gegnern. Zeigen Sie ihnen die gemachten Fehler, aber auch die Auswege, immer mit etwas Distanz zum Wettkampf, möglichst konkret auf.
Zu einem Durchmarsch nach oben sind vor allem große Talente, Siegertypen fähig. Nicht selten haben es aber auch mittelmäßig Begabte, mit langer, außergewöhnlicher Bereitschaft zur „Arbeit“, geschafft.
Auf außergewöhnliche Voraussetzungen muss eine gute psychophysische Ausbildung treffen. Dazu gehört, im Rahmen dieser „Lehrzeit“, das Verlieren zu lernen. Dies ist die erforderliche Basis, um später einmal als Sieger veredelt zu werden.
Sportler, die viele Jahre erfolgreich sein wollen, sollten sich nie zu lange mit Niederlagen, aber auch nicht mit Siegen aufhalten. Auch Lorbeer verwelkt. Denken Sie nie zu lange über Erfolge nach, wenn Sie Siege auf immer höherem Niveau erringen möchten. Niederlagen können auch Siege sein, wenn man alles gegeben hat. Es geht vorwärts, wenn Siegen und Verlieren im Gleichgewicht sind. Wichtig ist nach Niederlagen, ohne Ausreden schnell wieder aufzustehen, gründlich zu analysieren und die nächsten Aufgaben mit Elan anzugehen.
Bewahren Sie das Talent davor, als Kinderstar von den Medien getrieben zu werden, arbeiten Sie mit Ruhe, aber zielgerichtet im Training, ziehen Bilanz erst, wenn er körperlich „erwachsen“ (d. h. das Längenwachstum abgeschlossen ist) geworden ist. Danach beginnt die wichtige Phase des Jugendaufbautrainings. Auch damit vermeiden Sie, dass Ihr Talent eine Sternschnuppe wird.
Im modernen Hochleistungssport sollten Sie jungen Talenten früh den Umgang mit den Medien lehren. Bedenken Sie, dass die Worte toll, super, Talent, Supertalent oder sensationell sich schnell ins Gegenteil, in Verlierer, Versager, Holzmedaille kehren, wenn sie nicht mehr auf dem Podium stehen.
Viele Große sind mit großen Lobpreisungen über Jahre wohlwollend und aufbauend begleitet worden. Genauso intensiv, mit Häme und mit möglichst vielen negativen Zeilen, wurden sie dann aber auch in ihrem Abstieg als enttäuschend aus den Schlagzeilen verbannt.
WÄHLT VORBILDER FÜR EURE ZIELE UND ERSTREBT, IHNEN ZU FOLGEN!
„Entwicklung ist kein Ereignis – es ist ein Prozess.“
Jimmy Beauttah – Trainer im IAAF-Camp Eldoret/Kenia
Foto 2: Kinderwettkampf im Laufen
Suche Hochbegabte und du bist dem Erfolg näher!
„Die angeborenen Schnelligkeitsfähigkeiten, die aerobe Kapazität und Talente, die in die Spitze „wollen“, entscheiden über Erfolge über 800 m-5.000 m oder im Marathon.“
B) AUSBILDUNGSAUFGABEN IM JUGENDLAUFTRAINING „TALENT – BEGABTENBEREICH“
Anforderungen
Zielgerichtete Talentauswahl.
Umfassende konditionelle Basis schaffen.
Koordinationsfähigkeiten.
Technische Fertigkeiten, Lauf-/Gehtechnik.
Technik aller Trainingsübungen.
Mentale Fähigkeiten.
Taktikausbildung in Theorie und Praxis sowie
altersgemäße, individuelle Leistungsausprägung.
Grundlagentraining
Lauftechnik.
Aerobe und anaerobe Ausdauer – Schnelligkeit – Schnellkraft/Athletik – Beweglichkeit – Koordination.
Eine richtige Atmung sichert eine optimale Sauerstoffversorgung.
Basis für das Aufbautraining schaffen (vielseitig-zielgerichtete Vorbereitung).
Talentauswahl, Scouting, Eignungsbestimmung.
Individuelle Entwicklungspotenzen erschließen, Ziele setzen.
Trainierbarkeit feststellen (Muskelfaserstruktur).
Physische und psychische Belastbarkeit entwickeln.
Kraftentwicklung des „Zentrums“ (Bauch-, Rücken-, Hüft- und Beckenmuskulatur) und der Füße.
Technik...