Einführung
Wenn Sie zu diesem Buch gegriffen haben, leiden sie wahrscheinlich unter Kopfschmerzen, die häufig auftreten, sehr stark sind oder Sie erheblich beeinträchtigen. Damit sind Sie keineswegs allein; Schätzungen zufolge leiden in Deutschland etwa 54 Millionen Menschen, zumindest zeitweise, an Kopfschmerzen. Dennoch gibt es kein Patentrezept, um Kopfschmerzen zu kurieren. Das liegt unter anderem daran, dass die Ursachen dafür häufig sehr vielfältig und komplex sind. Solange die zugrunde liegenden oder aufrechterhaltenden Faktoren nicht behoben sind, treten die Beschwerden in der Regel immer wieder auf. Kopfschmerzen können ein sehr hartnäckiges Problem sein, da manche ihrer Ursachen nur selten erkannt werden.
Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen, sich einen Überblick über die möglichen Ursachen Ihrer Kopfschmerzen zu verschaffen, und es bietet Ihnen Tipps zur Selbsthilfe an, um solche chronifizierenden Faktoren anzugehen. In Teil I wird erklärt, was Triggerpunkte sind, wie man sie behandeln kann und welche Rolle sie bei der Entstehung von Kopfschmerz, Migräne und kraniomandibulärer Dysfunktion (CMD, craniomandibular dysfunction oder temporomandibular joint dysfunction [TMJ], Sammelbegriff für Beschwerden in Kaumuskulatur und Kiefergelenken) spielen. Teil II soll Sie in die Lage versetzen, chronifizierende Faktoren, die Ihre Schmerzen verursachen und Triggerpunkte entstehen lassen, zu erkennen – zum Beispiel ungünstige Körperhaltung und -bewegungen, unvorteilhaft konstruierte Möbel, ernährungsbedingte Faktoren, Stress, Schlafstörungen sowie akute oder chronische Krankheiten. Hier finden Sie ebenso Empfehlungen, wie Sie diese Ursachen beheben können. Teil III vermittelt Ihnen, wo Sie Triggerpunkte finden und wie Sie sie behandeln können, indem Sie Druck ausüben und die Muskeln dehnen.
Mein Werdegang
Im Jahre 1989 absolvierte ich eine Ausbildung zur Massage-Therapeutin mit Schwerpunkt Schwedische Massage (andere Bezeichnung für die Klassische Massage). Dabei lernte ich, wie man eine sehr gute klassische Massage durchführt. Der Versuch, die Verspannungsprobleme meiner Patienten zu lösen, erwies sich aber häufig als schwierig und frustrierend. Im Vorlesungsverzeichnis des Heartwood Institute fiel mir dann ein Kurs über neuromuskuläre Therapie (die eine Form von Tiefen-Gewebemassage mit der Behandlung von Triggerpunkten verbindet) auf, deren Beschreibung mich interessierte. Im Jahre 1991 nahm ich an diesem von Jeanne Aland durchgeführten Kurs teil, und dadurch veränderte sich mein gesamter Ansatz zur Behandlung von Patienten.
Das Wichtigste, was mir in diesem Kurs über Triggerpunkte vermittelt wurde, war die Erkenntnis, dass sie nach ziemlich regelmäßigen Mustern Schmerzen auf andere Bereiche des Körpers ausstrahlen. So können zum Beispiel Schmerzen, die Sie im Bereich der Stirn empfinden, von einem dort angesiedelten Muskel ausgehen, aber sie können auch von einem Triggerpunkt ausstrahlen, der sich im vorderen Bereich Ihres Halses befindet. Kennt man diese Schmerzfelder, kann man darauf schließen, wo die Triggerpunkte zu suchen sind, die den Schmerz tatsächlich verursachen. Nachdem ich das gelernt hatte, konnte ich beständig die Beschwerden meiner Patienten lindern – sogar bei solchen Patienten, denen man gesagt hatte, sie würden dauerhaft mit ihren Schmerzen leben müssen.
Ich kaufte mir den ersten Band von Janet Travell und David Simons, dessen Thema der Oberkörper ist: Handbuch der Muskel-Triggerpunkte, Band 1: Obere Extremität, Kopf und Rumpf (Travell & Simons, 1983; deutsche Ausgabe 1998). Dann wartete ich gespannt auf die Fertigstellung des zweiten Bandes, in dem es um die untere Körperhälfte geht und der 1992 erschien. In dem Kurs über neuromuskuläre Therapie hatte ich gelernt, was Triggerpunkt-Schmerzfelder sind und wie man Triggerpunkte sucht und behandelt, aber aus diesem Buch lernte ich so viel mehr – über kausale (chronifizierende) Faktoren, andere Symptome als Schmerzfelder und einige Selbstbehandlungs-Techniken, die ich meinen Patienten vermitteln konnte.
Im Laufe der Jahre, in denen ich Tausende von Patienten behandelte, erweiterte ich mein Wissen um eigene Erkenntnisse und entwickelte diverse Selbsthilfetechniken. Im Jahre 1999 machte ich meinen Masterabschluss in Akupunktur, und seither habe ich mich auf die Behandlung von Schmerzsyndromen und Triggerpunkten durch Akupunktur spezialisiert.
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Unter den Schmerzsyndromen, die ich therapiere, sind Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen die häufigsten. In diesem Buch werden Sie erfahren, wie diese Beschwerden miteinander zusammenhängen und auf welche Weise Muskelprobleme eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Kopfschmerzen spielen können, sogar bei migräneartigem Kopfschmerz. Da so häufig Triggerpunkte an der Entstehung von Kopfschmerz beteiligt sind, ist es wichtig, sich mit Selbsthilfetechniken vertraut zu machen, die in den meisten Fällen von Kopfschmerz eine Linderung bewirken können.
Teil I enthält grundlegende Informationen über Triggerpunkte und erklärt, warum es wichtig ist, Schmerzen so früh wie möglich zu behandeln. Außerdem werden die verschiedenen Kopfschmerztypen beschrieben, ihre jeweiligen Ursachen besprochen und es wird die Frage beantwortet, auf welche Weise Triggerpunkte an der Entstehung dieser verschiedenen Arten von Kopfschmerz beteiligt sein können. Durch kraniomandibuläre Dysfunktion (Craniomandibular Dysfunction, CMD) verursachte Probleme spielen ebenfalls häufig eine Rolle bei Kopfschmerzen, aber viele Menschen kommen gar nicht auf die Idee, dass ein Zusammenhang zwischen diesen Symptomen bestehen könnte – oder es ist ihnen nicht klar, dass sie ein CMD-Problem haben.
Teil II dieses Buches soll Ihnen dabei helfen, die Faktoren zu erkennen, die für Ihre persönliche Kombination von Umständen und Symptomen relevant sind. Viele Dinge verursachen Triggerpunkte und halten sie aktiv: schlechte Körperhaltung, ungünstig konstruierte Möbel, chronische und akute Krankheiten, emotionale Faktoren und schlechte Ernährung, um nur einige zu nennen. Um diese Probleme werden Sie sich mithilfe von Selbsthilfetechniken kümmern müssen. Kopfschmerzen haben häufig neben Triggerpunkten noch andere Ursachen. Wenn Sie zum Beispiel zu wenig Wasser trinken, werden dadurch zwar keine Triggerpunkte direkt verursacht oder chronifiziert, aber es kann bei der Entstehung Ihrer Kopfschmerzen eine Rolle spielen oder sie verstärken.
In Teil III wird erklärt, wie Sie die Muskeln finden, die möglicherweise Triggerpunkte enthalten, und wie Sie diese Triggerpunkte durch Ausübung von Druck und durch Dehnen der Muskeln (Stretching) behandeln können. Kapitel 8 geht im Einzelnen auf die Behandlungsgrundsätze ein; Kapitel 9 enthält einen Leitfaden, der erklärt, welche Muskeln im Hinblick auf Ihre eigenen Kopfschmerzen oder kraniomandibulären Schmerzen als kausale Faktoren infrage kommen und welche Kapitel Sie daher durcharbeiten sollten. Kapitel 10 bis 18 helfen Ihnen, die spezifischen Muskeln zu identifizieren, die Ihre Kopfschmerzen oder CMD-Schmerzen verursachen. Diese Kapitel enthalten Listen von häufigen Symptomen für bestimmte Triggerpunkte, geben nützliche Hinweise darauf, welche Tiggerpunkte bei Ihnen relevant sein können, und sie beschreiben Selbstbehandlungstechniken und Stretching-Übungen.
Wie Sie dieses Buch nutzen sollten
Beginnen Sie mit Teil II, in dem es um Triggerpunktursachen und chronifizierende Faktoren geht, bitte erst, nachdem Sie Teil I gelesen haben. Allerdings kann es eine Weile dauern, die chronifizierenden Faktoren, die in Ihrem spezifischen Fall zum Tragen kommen, zu erkennen und sie dann zu beseitigen. Währenddessen sollten Sie bereits Ihre Triggerpunkte durch das Ausüben von Druck behandeln, und daher können Sie ruhig schon anfangen, Teil III zu lesen, bevor Sie mit Teil II fertig sind. Bevor Sie jedoch beginnen, die in Kapitel 10 bis 18 erklärten Techniken zur Selbstbehandlung anzuwenden, sollten Sie die in Kapitel 8 beschriebenen Behandlungsgrundsätze gründlich durcharbeiten und dann in Kapitel 9 nachlesen, wie Sie die Muskeln erkennen, die Ihre Kopfschmerzen verursachen. Auf jeden Fall sollten Sie den gesamten Teil II sobald wie möglich vollständig durchlesen, denn wahrscheinlich spielt eine Kombination der darin beschriebenen chronifizierenden Faktoren auch in Ihrem Fall eine Rolle. Sie werden Ihre Triggerpunkte (und folglich Ihre Kopfschmerzen) nicht dauerhaft beseitigen können, wenn Sie sich nicht um all die Dinge kümmern, die sie verursachen und intensivieren – und daher ist es wichtig, dass Sie Teil II vollständig lesen und genau überlegen, ob jeder einzelne Faktor möglicherweise in Ihrem Fall zum Tragen kommt.
Die in diesem Buch beschriebenen Verfahren sind keine schnelle Patentlösung! Es gibt keine Technik, mit der Sie in einer Viertelstunde und in fünf einfachen Schritten Ihre Schmerzen loswerden könnten. Ich empfehle Ihnen, Ihre Triggerpunkte nach Möglichkeit durch einen Therapeuten identifizieren zu lassen, der in der Behandlung von Triggerpunkten ausgebildet ist, etwa ein Therapeut für neuromuskuläre Massage oder vielleicht einen Physiotherapeuten, und dieses Buch als Ergänzung zur Therapie zu nutzen. Meiner Erfahrung nach bessert sich der Zustand von Patienten, die sich ergänzend zu einer professionellen Therapie zu Hause selbst behandeln, mindestens fünfmal so schnell wie bei Leuten, die ausschließlich professionell behandelt werden.
Vielleicht haben Sie auch das Pech und finden keinen geeigneten Therapeuten. Ohne professionelle Beratung dauert es zwar länger, bis Sie Ihre Triggerpunkte gefunden haben, aber mithilfe dieses Buches werden...