In der vorliegenden Arbeit wird versucht, einen Teil der Herausforderungen in der Beschaffung mit der Hilfe von Beschaffungsportalen zu lösen bzw zumindest deren Lösung zu begünstigen.
Somit erscheint es angebracht, zuerst die Ausgangssituation darzustellen, um daraus die Zielsetzungen ableiten zu können.
Es erscheint sinnvoll, zuerst die Rahmenbedingungen in Form der bestehenden IT-Landschaft im Umfeld der Beschaffung darzulegen.
Das Umfeld der Beschaffung ist – noch immer – gezeichnet von einer heterogenen Systemlandschaft [vgl Zlabinger 1998: 147f]. Es existieren vielfach verschiedene Systeme für zudem oft unscharf voneinander abgegrenzte Zwecke. Diese Systeme reichen von ERP-Systemen über individuell entwickelte Workflow- und Groupware-Anwendungen bis hin zu einer Fülle von auf den einzelnen PCs laufenden Office-Anwendungen.
Durch diese Systemvielfalt sind aufwändige Schulungen aufgrund der unterschiedlichen Oberflächen erforderlich sowie kosten- und zeitintensive Wartungsarbeiten die Folge.
Die Durchdringung von IT-Sytemen bei den operativen Tätigkeiten der Beschaffung ist schon recht weit gediehen, dahingegen sieht es bei der Unterstützung der Management-Aufgaben noch nicht so gut aus [vgl Zlabinger 1998: 148].
Unter anderem durch die oben erwähnten heterogenen Systemlandschaften entstehen Defizite bei Management Support Systemen, da für die Aggregation unterschiedlichste Datenquellen herangezogen werden müssten und diese zudem oftmals noch völlig unterschiedlich strukturierte Daten beinhalten, die in einem ersten Schritt vereinheitlicht werden müssten, um überhaupt die Möglichkeit einer Vergleichbarkeit zu schaffen. Diesbezügliche Ansätze stellen Data Warehouses mit vorgelagerten Data-Unification-Lösungen dar.
Die derzeit verbreiteten Ansätze beinhalten vorgefertigte Auswertungen aus den jeweils beteiligten Systemen sowie individuell mit PC-Programmen erstellte Berichte [vgl Zlabinger 2004b: 245].
Ein wesentliches Manko sind die unterschiedlichen Arten, wie Informationen abgelegt sind [vgl Zlabinger 1998: 148]. Dies reicht von Informationen, die digital abgelegt sind, über jene, die in Form von Papierausdrucken und –notizen vorliegen bis zu der Kategorie von Informationen, die nur in den Köpfen der entsprechenden Mitarbeiter verfügbar sind.
Die papierbezogenen Informationen (bspw Organisationsanweisungen, interne Notizen, externe Informationen wie Produktkataloge, allgemeine Beschaffungsmarktinformationen, etc) werden üblicherweise im „Gießkannenprinzip“ verteilt, was schnell zu einem Information Overload führen kann, da Personen vielfach nicht benötigte Informationen zur Verfügung gestellt bekommen und diese filtern müssen. Umgekehrt werden aufgrund von Zugriffs- und Ablageproblemen Personen wesentliche Informationen vorenthalten.
All diese Probleme verlängern die Durchlaufzeiten und erhöhen somit letztendlich die Kosten der Beschaffung.
Eine weitere Folge der heterogenen Systemlandschaft sind die oft zueinander inkompatiblen Softwareversionen, die zudem oftmals unterschiedliche Hardwarevoraussetzungen besitzen. Bei Aktualisierung von Software muss dann genau aufgepasst werden, dass die Versionen der eingesetzten Programme zueinander kompatibel sind und auch die Hardwarevoraussetzungen erfüllt sind.
Häufig ist man aufgrund von auslaufenden Wartungsverträgen mit Hard- und Softwarelieferanten gezwungen, auf eine neuere Version umzusteigen, wobei der Fall eintreten kann, dass diese neue Version mit anderen eingesetzten Systemen nicht kompatibel ist und man daher entweder diese Inkompatibilität in Kauf nehmen muss, einen „wartungsfreien“ Zustand akzeptieren muss oder auch bei anderen Systemen ein Upgrade vornehmen muss[12].
Mangels Standard für den Datenaustausch ergibt sich auch aufgrund der oben angeführten heterogenen Systemlandschaft die Situation, dass zwischenbetrieblicher Datenaustausch nur bei Inkauf nehmen von hohen Implementierungs- und Abstimmungskosten möglich wäre. So gesehen ist dieser Problembereich lediglich die Steigerung der im innerbetrieblichen Kontext bereits ausgeführten Probleme der unterschiedlichen Hard- und Softwarelandschaft: Durch Einführen eines zwischenbetrieblichen Datenaustauschs würden sich die beteiligten Unternehmen in ein Abhängigkeitsverhältnis von den eingesetzten Hard- und Softwaresystemen begeben, da eine Änderung der Systeme mitunter schwerwiegende Auswirkungen auf die Systemlandschaft der angebundenen Partnerunternehmen hat.
Aus diesen Gründen herrscht im Umfeld der Beschaffung nach wie vor die Kommunikation mit herkömmlichen Medien wie Telefon, Fax, Brief vor [vgl Zlabinger 1998: 149].
Die Ziele der Beschaffung kann man in Abhängigkeit vom Zeithorizont in strategische und operative Ziele unterteilen.
Abbildung 8: Strategische und operative Ziele und Aufgaben der Beschaffung[13]
Strategische Ziele der Beschaffung dienen dazu, die Erfolgspotenziale zu stärken und Wettbewerbsvorteile zu erzielen und zu sichern [vgl Wirtz 2001: 302]. Im Gegensatz zu operativen Zielen besitzen strategische Ziele eine längerfristige Ausrichtung. Strategische Ziele können bei einer kurzfristigen Betrachtung mitunter sinnvoll erscheinenden operativen Zielen entgegenstehen. Bei langfristiger Sichtweise erweisen sich operative Ziele dabei oftmals als Irrweg, der bei Orientierung am – damals widersprüchlich erscheinenden – strategischen Ziel hätte vermieden werden hätte können [vgl Bogaschewsky, Kracke 1999: 99].
Strategische Ziele der Beschaffung leiten sich von den strategischen Zielen der Unternehmung ab und können daher nicht allgemein gültig angegeben werden. Es gibt jedoch einige strategische Beschaffungsziele, die unabhängig von der Unternehmensstrategie gelten [vgl Arnold 1995: 10f]:
Versorgungssicherungsziel
Kostenreduzierungsziel
Qualitäts- bzw. Leistungsverbesserungsziel
Diese Ziele können einerseits in Ziele, die die Beherrschung von Risiken zum Inhalt haben und andererseits in Ziele, die die Nutzung von Chancen verfolgen, untergliedert werden [vgl Arnold 1982:
Als Risiko ist in diesem Zusammenhang das Versorgungsrisiko, als Chance hingegen die Nutzung von strategischen Wettbewerbsvorteilen, also bspw Kostenreduzierung, Qualitäts- und Leistungsverbesserung zu betrachten.
Aufrechterhalten der Versorgungssicherheit: Oberstes strategisches Ziel der Beschaffung ist die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Dieses Ziel ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass in einem Unternehmen überhaupt eine geplante Leistungserstellung erfolgen kann [vgl Arnold 1995: 12].
Kostenreduzierungsziel: Als weitere strategische Zielsetzung kann die Generierung und Nutzung von Kostenoptimierungspotenzialen betrachtet werden. Damit ist gemeint, dass eine Situation geschaffen werden sollte, in der es möglich ist, Kosteneinsparungspotenziale erkennen und auch nutzen zu können.
Qualitäts- und Leistungsverbesserungsziel: Um sich von den Mitbewerbern abgrenzen und langfristig erfolgreich sein zu können, ist es erforderlich, ständig die Qualität und die Leistung zu verbessern. Somit ist auch dies eine strategische Zielsetzung.
Wie in fast jedem Bereich der Betriebswirtschaft gibt es auch in der Beschaffung Zielkonflikte:
Die Beschaffungsobjekte sollen unter Erreichung des materialwirtschaftlichen Optimums [vgl Arnold 1995: 118ff], nämlich
bei kürzest möglichen Durchlaufzeiten
zu geringst möglichen Kosten
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