In einem Markt bewegen sich die erzielbaren Mieten, als die wahrscheinlich wichtigste Variable im Immobilienmarkt,[5] in der Regel in einem Korridor um die Marktmiete. Nach einer in der Immobilienbranche akzeptierten Definition der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ist unter dem Begriff Marktmiete zu verstehen:
„The estimated amount for which a property, or space within a property, should lease (let) on the date of valuation between a willing lessor and a willing lessee on appropriate lease terms in an arm’s-length transaction after proper marketing wherein the parties had acted knowledgeably, prudently and without compulsion.”[6]
Diese Definition hebt hervor, dass die Marktmieten unabhängig von unnatürlichen Einflüssen, wie etwa außergewöhnlichen Verhandlungsmethoden, Marktbeherrschung oder Insider-Geschäften, gebildet werden. Auf dieser Grundlage basieren alle in den späteren Kapiteln vorgestellten Untersuchungen zu den Büromietpreisen. Diese Definition liegt auch der vorliegenden Untersuchung zugrunde.
Bei Büromietpreisen sind Nominalmieten und Effektivmieten auseinanderzuhalten. Beide Formen müssen präzise unterschieden werden, um Ungenauigkeiten und Missverständnisse in der Betrachtung zu vermeiden.
Die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif) definiert Nominalmiete und Effektivmiete wie folgt:[7]
Nominalmiete: „Die Nominalmiete ist die im Vertrag ausgewiesene Anfangsmiete, ohne Berücksichtigung von Incentives, Nebenkosten und lokalen Steuern.“
Effektivmiete: „Die Effektivmiete berücksichtigt mietfreie Zeiten, besondere Anpassungsklauseln, geldwerte Nebenleistungen, Staffelmietvereinbarungen und sonstige Arrangements (Incentives). Zur Ermittlung der Effektivmiete wird der Barwert der eingeräumten Incentives bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit (einschließlich Optionen) auf die vertragliche Nominalmiete angerechnet.“
Mit Hilfe von Nachlässen, mietfreien Zeiträumen und anderen Konzessionen versuchen Makler und Vermieter, die Büroflächen unter einer höheren Nominalmiete im Vertrag zu vermieten.[8] Während die Nominalmieten im zeitlichen Verlauf keine Veränderung aufweisen, können die Effektivmieten signifikant von deren Höhe abweichen. Hierdurch entsteht ein verzerrtes Bild von der Realität. Der Markt verliert somit an Transparenz, da die angesprochenen „Incentives“[9] und Konzessionen in den seltensten Fällen zu ermitteln sind und meistens von den Vertragsparteien nicht offengelegt werden.
Bei der Bildung von Mietpreisen für Büroflächen kommen generell zwei Vorgehensweisen in Frage: Entweder orientiert sich die Höhe der Mieten an der aktuellen Marktsituation oder aber an den zu deckenden Kosten des Anbieters. Diese beiden Ansätze stellen die Grenzen jener Spanne dar, innerhalb der die Höhe der Miete festgesetzt werden kann.[10]
Im Gegensatz zur kostenorientierten Mietpreisfindung ist es die Maxime des marktorientierten Verfahrens, die Preisobergrenze zu ermitteln, zu dem eine Immobilie vermietet werden kann. Die Gegebenheiten des Marktes sind also die Haupteinflussfaktoren für die Höhe der Miete. Durch Rückrechnung wird überprüft, ob zu einem solchen Preis die Büroflächen ohne Verlust vermietet werden können.[11] Die Ermittlung der Preisobergrenze kann dabei entweder wettbewerbs- oder abnehmerorientiert erfolgen.
Obwohl Immobilienmärkte nicht perfekte Märkte sind, können Büroflächen bis zu einem gewissen Grad als substituierbare Güter angesehen werden. Die Ermittlung der Mietpreise richtet sich daher nach den Preisen vergleichbarer Büroflächen der Konkurrenz. In der Realität ist dieses Verfahren jedoch nur eingeschränkt praktikabel und eher als Orientierungshilfe zu sehen, da die Effektivmieten aus bereits genannten Gründen selten mit den Mietpreisforderungen bzw. mit den Nominalmieten übereinstimmen und somit weitestgehend intransparent sind.[12]
Bei dem abnehmerorientierten Verfahren wird ebenfalls die Preisobergrenze ermittelt, zu der eine Bürofläche vermietet werden kann. Jedoch steht hierbei die Bereitschaft eines potentiellen Mieters, einen bestimmten Mietpreis zu bezahlen, im Mittelpunkt. Zentrale Bedeutung kommt der Beantwortung der Frage zu, welche Werteinschätzungen die Mieter bezüglich der Leistungen und der Qualität der Flächen haben und wie genau sich diese Präferenzen auf die Höhe der Miete auswirken. Diese Bereitschaft zu ermitteln, ist jedoch insbesondere in Bezug auf die heterogene Mieterstruktur schwierig. Üblich ist die Ermittlung in Anlehnung an die Mietforderungen der Konkurrenz mit den bereits bekannten Einschränkungen. Eine weitere Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist die direkte Befragung potentieller Mieter durch Preistests.[13] Ein weiterer Aspekt beim abnehmerorientierten Verfahren ist die Untersuchung der Mietpreiselastizität der Nachfrage. Hierbei wird versucht zu ermitteln, inwiefern sich die Nachfrage nach Büroflächen prozentual verändert bei einer prozentualen Veränderung des Mietpreises. Auch bei dieser Methode besteht wieder das Problem der quantitativen Ermittlung. Jedoch wird bei rational handelnden Mietern nur soviel Bürofläche als Produktionsfaktor nachgefragt, wie sie gebraucht wird. Daher ist die Nachfrage der Theorie nach äußerst unelastisch.[14]
Gegenstand der kostenorientierten Mietpreisfindung ist die Ermittlung der Preisuntergrenze, zu der die zu vermietenden Büroflächen vermietet werden können. Die wichtigsten Kostentreiber sind in der Regel die Grundstücks- und Baukosten. Vertriebskosten, Marketingkosten, Finanzierungskosten und weitere interne Kosten erhöhen die Preisuntergrenze noch erheblich. Quelle dieser einzuholenden Informationen über dieKosten ist die interne Kostenrechnung.[15]
Die am meisten verbreitete Methode der kostenorientierten Preisermittlung ist die Zuschlagskalkulation, auch Cost-Plus-Methode genannt. Hierbei wird den mittels Teilkosten- bzw. Vollkostenrechung ermittelten Kosten ein Gewinnzuschlag hinzugerechnet, um auf diese Weise einen kostendeckenden und zugleich gewinnbringenden Preis zu errechnen. [16] Der Gewinnaufschlag ist variabel und orientiert sich an den Charakteristika der Immobilie, den Marktbeschaffenheiten und an der Risikoneigung sowie der Erfahrung des Entscheidungsträgers.[17] Die Heterogenität von Immobilien erschwert die einheitliche Preisermittlung und erfordert eine individuelle Auseinandersetzung mit den Kosten und Gegebenheiten der einzelnen Immobilie. Das Verfahren der Zuschlagskalkulation stellt in diesem Zusammenhang daher nicht zuletzt auch durch die einfache Handhabung ein besonders geeignetes Instrument für die Ermittlung von Verkaufspreisen und Mieten dar. Zwar wird das Verhalten der Nachfrager nicht berücksichtigt, jedoch soll das Verfahren lediglich die Mindestgrenze der Preisfindung bestimmen.[18]
Stellt sich heraus, dass die Marktmiete unterhalb der errechneten Mindestmiete liegt oder letztere realistisch nicht erzielbar ist, so ist von der Investition bzw. dem Bauvorhaben (sofern möglich) abzusehen. Ist die Immobilie bereits errichtet, müssen alternative Strategien zur gewinnbringenden Vermietung oder zum Verkauf entwickelt werden. Bei der Festsetzung des Preises ist ein Abgleich mit der am Markt erzielbaren Obergrenze daher unverzichtbar, da diese letztlich durch die Nutzer bestimmt wird.[19]
2.2 Grundlagen zum Grundstückswert und zur Grundstücksnutzung
Zu jeder Immobilie gehört zwangsläufig auch ein mit ihr fest verbundenes Grundstück. Da sich die Preise für Grundstücke auch auf die Immobilienpreise und Miethöhen niederschlagen, ist es sinnvoll, einige Besonderheiten des Grundstückmarkts genauer zu betrachten.
Als Produktionsfaktor oder auch notwendiger Input benötigt, begründet ein Grundstück seinen Wert auf einer abgeleiteten Nachfrage. Abgeleitet ist die Nachfrage deshalb, weil die Nutzer nicht den Wert des Grundstücks oder des Bodens selbst schätzen, sondern weil das Grundstück notwendig ist, um bestimmte Dinge herzustellen, die Konsum- oder Produktionswert haben.[20] Im städtischen Umfeld sind Grundstücke notwendig, um Gebäude zu errichten, die wiederum für die Produktion der meisten Güter oder die Bereitstellung von...