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Väter und Vaterschaft heute. Der Einfluss der Väter auf die Erziehung und Sozialisation ihrer Kinder

der Einfluss der Väter auf die Erziehung und Sozialisation ihrer Kinder

AutorLaura Trümper
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl64 Seiten
ISBN9783638718912
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Vordiplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Pädagogik - Familienerziehung, Note: 1,0, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 19 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Da in der Forschung der letzten Jahrzehnte die Väter oft vernachlässigt und erst in den letzten Jahren in den Fokus genommen wurden (vgl. Martin 1979: 26), soll es in meiner Arbeit um die Rolle des Vaters im europäischen Raum in der Erziehung und Sozialisation seiner Kinder gehen. Des Öfteren wurden die Väter in diesem Bereich vernachlässigt, aber auch sie haben neben den Müttern ihre Bedeutung in der kindlichen Erziehung und können ihren Beitrag zu einer positiven Entwicklung ihrer Kinder leisten. Von der Benachteiligung der Frauen in unserer Gesellschaft wurde und wird oft gesprochen. Diese möchte ich keineswegs bestreiten, doch sollten wir nicht vergessen, dass es auch Bereiche gibt, in denen eindeutig die Männer benachteiligt sind. Das Problem der Frauen in der Vereinigung von Familie und Berufstätigkeit ist bekannt, aber gerade diese Problematik ist auch eine der Väter - vielleicht sogar im stärkeren Maße - da die Mehrzahl der Väter berufstätig ist und auch sie für ihre Familie da sein wollen, bzw. sollten. (vgl. Matzner 2004: 116f) Wir müssen den Blick auf beide Seiten richten, da wir sonst eine verfälschte Sicht vorfinden, welche nicht der Realität entspricht. Die Vaterschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Väter sind heute nicht mehr die autoritären unnahbaren Überväter, oft wollen sie ihren Kindern auch emotional näher kommen und sich aktiv an ihrer Erziehung beteiligen. Was macht die Väter zu Vätern? In welcher Form hat sich Ihre Rolle verändert? Wie sieht die heutige Position der Väter in der Familie aus? Welche Beziehung haben Väter zu ihren Kindern? Welche Bedeutung haben sie in der Erziehung? Und welche Differenzen bestehen zwischen der Vater- und der Mutter-Rolle? - Dies sind nur einige Fragen, denen diese Arbeit auf den Grund gehen wird.

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Leseprobe

2 Die Rolle des Vaters in der Geschichte


 

Auf den folgenden Seiten werde ich einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Vaterrolle und einen Vaterschaft geben.

 

In der Vergangenheit, sowie auch heute, gab es keine Zeit in der von einer einzigen Form von Vaterschaf gesprochen werden kann. Alleine durch unterschiedliche Ethnizität, Klasse oder Religion entstanden beträchtliche Unterschiede zwischen verschiedenen Vaterrollen und der Ausübung der Vaterschaft (vgl. Fthenakis 1999: 27).

 

Über die Vatergestalt in den letzten Jahrhunderten existieren eine Reihe von Quellen, die Vater-Kind-Beziehung wird aber in den meisten Fällen nur indirekt behandelt, trotzdem habe ich versuchen diese soweit möglich darzustellen und einen kurzen Überblick zu schaffen.

 

2.1 Vaterschaft Ende 18./ Anfang 19. Jahrhundert


– Väter zwischen Idealen und Realität


 

Zum Ende des 18. Jahrhunderts hatten die Väter die Rolle des traditionellen Ernährers, der für ökonomische Sicherheit zu sorgen hatte und der für den sozialen Status der Familie zuständig war. (vgl. Trepp 1996: 34ff, Herlth 2000: S. 106). Zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften und sozialen Schichten traten aber beträchtliche Unterschiede der Familienstrukturen auf (vgl. Fthenakis 1999). Trepp betont den damals schon existierenden Unterscheid zwischen Vateridealen der Gesellschaft, und der Ausübungen in der Realität. Sie beschreibt den damaligen Vater als autoritär, betont aber, dass er von seinen Kindern nicht nur gefürchtet, sondern auch geliebt wurde (vgl. Trepp 1996: 32). Es ist demnach zwischen den Vorstellungen des sozialen Umfeldes über Väter und der realen Ausübung der Vaterschaft zu unterscheiden, da hier erhebliche Differenzen existieren können.

 

Bis zum Ende 18. Jahrhunderts war die Vaterrolle durch Nähren, Schützen und Zeigen geprägt, er war das Oberhaupt und der Beschützer der Familie, welche er in der Öffentlichkeit zu vertreten hatte. Seine Kinder waren körperlich und emotional von ihm abhängig und auch die pädagogische Funktion wurde ihm zugeschrieben. (vgl. Lenzen 1991: 255ff)

 

So war es der Vater, welcher hauptsächlich für die Erziehung der Kinder zuständig war. (vgl. Matzner 2004: 136) Werke über die Erziehung, wie die von Rousseau, wandten sich an die Väter und sprachen ihn als Erzieher an. Der Vater sollte für die Kinder der Lehrer sein, die Mutter hingegen bekam eher die Aufgaben einer Amme zugesprochen (Schütze 1989: 52). Doch diese Aufgabenteilung konnte in einem solch strengen Maße oft nicht in eingehalten werden, so beschreibt Trepp in ihrem Artikel über eine systematische Auswertung von Selbstzeugnissen Hamburger Bürger und Bürgerinnen, wie eine Mutter u. a. ihren Kindern das Zeichnen lehrte. „Damit hatten die Frauen nach Ansicht der Pädagogen ihre Kompetenzen eigentlich schon überschritten; sollte doch der Vater der Lehrer der Jungen und Mädchen sein. Aber diese Dominanz des Vaters war ein bloßer theoretischer Entwurf ohne Aussicht auf Realisierung.“ (Trepp 1996: 43-44)

 

Auch das Ideal des autoritären, strengen Vaters, der rational und ohne jegliche emotionalen Regungen seine Kinder erzieht, kann von Trepp nicht bestätigt werden. Sie fand verschiedene Fälle, in denen Väter große Anteilnahme während der Schwangerschaft  nahmen und direkt nach der Geburt Vaterliebe verspürten. (vgl. ebd.: 33f).

 

Kindestod, welcher zu dieser Zeit häufiger vorkam, wurde von den Eltern, und auch von Seiten des Vaters, als äußerst schmerzvoll beschrieben. Auch wünschten viele Väter zu ihren kleinen Kindern eine innige Beziehung und kümmerten sich um ihre Babys. Hieraus lässt sich eine gefühlvolle Zuwendung auch von Seiten des Vaters ableiten. (vgl. ebd.: 37f)

 

Mit der Zeit wurde auch der Frau die Notwendigkeit für die kindliche Erziehung zugestanden, diese stand in der Öffentlichkeit aber deutlich hinter der Bedeutung die dem Vater für die Erziehung seiner Kinder zugemessen wurde.

 

„Obgleich die Pädagogen des achtzehnten Jahrhunderts anfingen die mütterliche Verantwortung für die psychologische Entwicklung der Kinder Bedeutung zuzumessen, schrieben sie doch dem Vater oder anderen männlichen Autoritätspersonen die Führungsrolle in der Erziehung nach der Säuglingsphase zu, sie sollten sogar schon für Kleinkinder zuständig sein.“ (Taylor 2000: 42)

 

Laut Trepp waren die Väter Ende des 18. Jahrhunderts oft noch nicht primär berufsorientiert, sie hatten sehr großes Interesse am Familienleben. Doch konnte die Mutter in der Realität mehr Einfluss auf ihre Kinder nehmen, da die Väter viele Verpflichtungen außerhalb der Familie hatten (vgl. Trepp 1996: 42). Hier ist deutlich zu erkennen, dass sich die Erziehungsmaxime von der Praxis absetzen, da die ökonomischen Umstände die Durchführung dieser Ideale nicht zuließen.

 

Doch ist auch die machtvolle Position der damaligen Väter nicht zu unterschätzen. Für die Erziehung und Sozialisation der Kinder war er von großer Bedeutung, er war schließlich Beschützer und Hausvater. (vgl. Matzner 2004: 154) Diese Form, die über Jahrhunderte hinweg existierte, wich zu dieser Zeit im Bürgertum schließlich einer anderen Entwicklung, welche einen bedeutenden Einfluss auf die heutigen familiären Beziehungen hatte. Es entwickelt sich eine gefühlsbetontere Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Kinder wurden im Bürgertum nicht mehr als Zweck betrachtet, d.h. als nützliche Arbeitskraft gesehen, sondern bekamen eine neue Bedeutung als das Ergebnis der Liebe zwischen den Eheleuten. Die Erziehung der Kinder gewann zunehmend an Bedeutung und die Kinder wurden als Individuum anerkannt, welches gefördert und erzogen werden wollte. Theoretisch war der Adressat der Erziehung noch hauptsächlich der Vater, was durch seine zugeschriebenen Charaktereigenschaften begründet wurde, er sollte sogar bei der Säuglingspflege seine Frau anleiten, da dieser eine alleinverantwortliche Aufziehung nicht zugetraut wurde. In den ersten Jahren sollte eine Art Vorbereitung der Kinder auf die väterliche Erziehung stattfinden. (vgl. Trepp 1996: 31f)

 

Bei dieser Rollenverteilung in der Erziehung ist es nicht verwunderlich, dass die Erziehung des Vaters hauptsächlich den Söhnen gelten sollte, da diese auf ihre spätere Erziehungsfunktion und Position in der Gesellschaft vorbereitet werden sollten. (vgl. ebd.: 32)

 

Diese Wende zu einem lockereren und ungezwungeneren Umgang mit den Kindern hat ihren Ursprung in der Industrialisierung, wobei sich in dieser Zeit das Arbeitsleben und der Beruf für die Väter zunehmend in den Mittelpunkt stellten und sich in der Bedeutung über die Familie schoben:

 

„Jetzt erst begann sich der Mann primär über seinen Beruf zu definieren; die Spielräume der Männer wurden enger und andere männliche Verhaltensmuster erforderlich. Diesen entsprechend demonstrierten die Väter im späteren 19. Jahrhundert emotionale Distanziertheit, Ernsthaftigkeit und Strenge. Während die Väter um 1800 einen ganz zentralen Platz in der Familie einnahmen und den Kindern ungezwungene Emotionalität vorlebten bzw. wie selbstverständlich in die emotionalen Beziehungen mit eingeschlossen waren, traten sie im Laufe des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in die Peripherie, bis sie als strenge, unnahbare Autoritäten im Hintergrund der Familie standen. Auch sie hatten natürliche Gefühle, aber sie zeigten sie nicht; gefühlvoll waren die Mütter, aber nicht die Väter und Männer – das hatte Folgen, bis heute.“ (Trepp 1996: 45)

 

Durch die Industrialisierung kam auch ein Umschwung in der Erziehung zustande. Die Mutter wurde immer bedeutender, da der Vater seinen Beruf außerhalb der Familie ausübte und weniger präsent war. Durch diese Trennung von Betrieb und Familie erlangten die Mütter allmählich die Verantwortung für das Kindeswohl. (vgl. Schütze 1989: 53) Die Frau erhielt ihre Zuständigkeit für die Erziehung der Kinder und den Haushalt, der Vater hingegen war in der Erziehung oftmals nur noch symbolisch vertreten. (vgl. Herlth 2000: 106)

 

Die Frauen waren zwar durch ihre Bindung an das häusliche Umfeld in ihrer Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit benachteiligt, aber auch die Väter hatten einen Nachteil: Die emotionale Wärme, Zärtlichkeit und Bindung der Kinder wurde fast ausschließlich an die Mutter gewendet. (vgl. Schütze 1989: 53).

 

Fthenakis beschreibt diesen Umschwung in der Familie, zumindest treffend aus der Sicht der Mütter und Kinder, als ein Wandel von einer „Produktionsgemeinschaft innerhalb einer umfassenden Gemeinde“ zu einem „geschützten Garten von Liebe und Fürsorge in einer ungastlichen Welt“. (ebd. 1999: 19)

 

2.2 Das 19. Jahrhundert – Der Verfall der Vaterschaft?


 

Gerade über die Vaterschaft im 19. Jahrhundert gibt es sehr differenzierte Ansichten. Die eine Seite sieht in diesem Jahrhundert den Beginn des nicht mehr aufhaltbaren Verfalls der Vaterschaft, die andere Seite verbindet diese Veränderungen auch mit Vorteilen für die...

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