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Vergleichsarbeiten - Bedingungen empirischer Schulentwicklung

Praktikabilität zentraler Tests und Verständlichkeit der Leistungsrückmeldungen

AutorAnna Nuss
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl85 Seiten
ISBN9783640272365
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 2,0, Pädagogische Hochschule (Erziehungswissenschaften), Veranstaltung: Pädagogik, 38 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits seit der Entstehung von Schulen wird die Leistung der Schüler gemessen. Somit haben Leistungsmessungen eine lange Tradition, die zwar von den Reformpädagogen und Psychometrikern oft kritisiert und in Frage gestellt wurden, doch trotzdem eine manchmal angenehme, manchmal unangenehme Selbstverständlichkeit für Lehrende und Lernende darstellten. Die deutsche Bildungssituation hat sich allerdings vor einigen Jahren gewandelt, denn vergleichende Leistungsmessungen werden in der Öffentlichkeit stark diskutiert. Politische Parteien, Lehrerorganisationen und Elternverbände diskutieren kontrovers über die Bedeutung der Schulleistungsmessungen für die Qualität der Schule (WEINERT, F. E.: S.5). Seit den 1990er Jahren hat die allgemeine Öffentlichkeit und die Bildungspolitik ein enormes Interesse an Bildung und Erziehung gewonnen (v. ACKEREN, I. (a): S.7). Die schockierenden Ergebnisse der veröffentlichten Leistungsvergleichsstudien im Bildungsbereich (z.B. TIMSS I, II, III, PISA, MARKUS) lösten eine bildungspolitische Diskussion über die Qualität von Schule aus (PRIEBE, B.: S.7). Der Vergleich von Lernergebnissen zwischen Deutschland und anderen Teilnahmeländern war ein Grund für große Enttäuschung der Menschen gewesen. Dennoch sind die strukturellen Erkenntnisse signifikant für notwendige Reformen (KLIEME, E.; AVENARIUS, H.; BLUM, W. et al.: S.11). Die Fragen der Nation nach möglichen Behebungsmaßnahmen und Lösungen für die festgestellten Defizite an Schulen waren monumental. Die Aufgaben der Bildungspolitik, die daraus resultieren, sind das Überprüfen und Entwickeln der schulischen Qualität (v. ACKEREN, I. (a): S.7).

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Leseprobe

THEORETISCHER TEIL

 

2.   Standardisierte Leistungsmessungen

 

Leistungsmessungen werden zweifellos künftig in den Schulen eine größere Bedeutung spielen, als es bisher der Fall war. Den Ergebnissen der Leistungsmessungen kommt für die Qualität der einzelnen Schulen sowie der Überprüfung bildungspolitischer Beschlussfassungen eine expandierende Bedeutung zu (WEINERT, F. E. (b): S.30).

 

Je wichtiger Leistungsmessungen als Bildungsindikatoren für die Gesellschaft werden, umso wichtiger wird auch ihr Wert für Politiker, Schuladministratoren, Lehrer, Eltern und die gesamte Öffentlichkeit. Um einen Vergleich der Schülerleistungen anstellen zu können, mussten zunächst Maßstäbe geschaffen werden (WEINERT, F. E. (b): S.27). Diese Maßstäbe wurden bereits in der Kultusministerkonferenz im Jahre 2004 durch die Einführung neuer Bildungsstandards in Folge der Bildungsreform veröffentlicht. Die darin angestrebten Kompetenzen und Mindeststandards sollen nun von den Schülern erfüllt werden. Durch die Einführung der Bildungsstandards sollen aus den Ergebnissen von Vergleichsarbeiten wichtige Informationen entnommen werden, die die zukünftigen bildungspolitischen Entscheidungen beeinflussen werden.

 

Leistungsmessungen sind eine Domäne wissenschaftlichen Arbeitens und damit ein Aufgabenfeld professionell wissenschaftlichen Institutionen. Sie stellen eine Form von Untersuchungen im Schulsystem dar und gehören somit zum Bereich der Bildungsforschung. Ein Teilgebiet der Bildungsforschung ist die Erziehungswissenschaft. Dennoch geschieht die Entwicklung der Leistungsstudien in enger Zusammenarbeit mit der empirischen Bildungsforschung, pädagogischer Psychologie, Curriculumforschung, sowie der Fachdidaktik. Die Instrumente der Messungen stellen dabei zentrale Tests dar (ARNOLD, K.-H.: S.117).

 

Blickt man über die nationalen Grenzen hinaus, so erkennt man, dass zahlreiche Schulsysteme Europas die Einzelschulen zur Rechenschaft über ihre Leistungsergebnisse angehalten haben. Mit Hilfe der Evaluationsprogramme und Schulleistungsmessungen werden Auskünfte über die Qualität der Einzelschule eingeholt. Durch die Veröffentlichung der Leistungsergebnisse der Einzelschulen wird z. B. in England den Eltern die Wahlmöglichkeit über die Schule für ihre Kinder eingeräumt. Aus diesem Grund ist das Erreichen der Standards für die Schulen von hohem Stellenwert für ihre finanzielle Situation, denn die Finanzierung der Schulen ist mit den Leistungsergebnissen der Einzelschulen gekoppelt. Somit sind viele Schulen anderer Länder zu einem Subjekt der Politik geworden (v. ACKEREN, I.: S.8/9).

 

Die Entwicklung der deutschen Schulpolitik schreitet immerfort und gleicht mit der Einführung der zentralen Leistungstests dem englischen Beispiel. Es lässt sich vermuten, dass durch die Veröffentlichung der Testergebnisse in Deutschland die Schulwahl für die Eltern von Bedeutung sein wird. Aus diesem Grund werden die Einzelschulen dazu angehalten werden ihre Schul- und Unterrichtqualität deutlich zu verbessern, um den staatlichen Sanktionen zu entgehen. Außerdem werden auch die Gemeinden darum bemüht sein ihre Schulqualität zu sichern, um ihre Gemeindemitglieder nicht an benachbarte Gemeinden zu verlieren.

 

Zur Qualitätssicherung von Schulen werden in Deutschland internationale Schulleistungsstudien mit deutscher Beteiligung, nationale Schulleistungsstudien in Deutschland (länderübergreifend und länderintern) und Vergleichs-, Orientierungsarbeiten sowie Diagnosearbeiten durchgeführt (v. ACKEREN, I.: S.29).

 

Dieses Kapitel soll die Entwicklung der einzelnen Schulleistungsstudien aufzeigen. Im Punkt 2.1. werden die internationalen und nationalen Schulleistungsmessungen bündig erläutert. Der Punkt 2.2. beinhaltet dabei für die wissenschaftliche Arbeit relevanten Vergleichs- und Diagnosearbeiten, die ausführlich beschrieben werden.

 

2.1. Internationale und nationale Leistungsmessungen

 

Die Plattform für den Paradigmenwechsel von der Input- zur Output-Steuerung des Bildungssystems bildeten die internationalen Schulleistungsstudien, an denen sich Deutschland nach mehr als 20 Jahren beteiligte (HOSENFELD, I.; GROß OPHOFF, J.; BITTINS, P.: S.6).

 

Zu Beginn wurde die dritte internationale Studie (TIMSS: Third International Mathematics and Science Study) zu den Mathematik- und Naturwissenschaften durchgeführt. Die dabei mangelhafte Leistung der deutschen Schüler führte in der Bevölkerung zu einem so genannten „TIMSS-Schock“. Folglich wurde in der Kultusministerkonferenz (KMK) entschieden, dass Deutschland verbindlich an der PISA-Studie (Programme for International Student Assessment) der OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) teilnehmen wird. Dabei wurden ausschließlich Schüler der Sekundarstufe zunächst im Leseverständnis, dann in Mathematik und anschließend in den Naturwissenschaften getestet. Die erneut geringwertigen Ergebnisse der Schüler in Deutschland führten zu der Annahme, dass dies das Verschulden der weiterführenden Schulen sei (HOSENFELD, I.; GROß OPHOFF, J.; BITTINS, P.: S.6/7). Aus diesem Grund wurde an den Grundschulen die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU), deren Forschungsbasis das Textverstehen und die Lesekompetenz darstellte, durchgeführt. Dabei erreichten die deutschen Schüler im internationalen Vergleich ein Ergebnis im oberen Mittelfeld. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die erreichten Leistungen stark abhängig vom familiären Hintergrund (Sozialschicht, Migration) sind. Neben diesen internationalen Studien, die ihre Präsenz und ihren Bekanntheitsgrad in den Medien erreichten, gab es eine Vielzahl von nationalen Schulleistungsstudien wie z.B. die Hamburger Lernausgangslagen-Untersuchung.

 

Die Veröffentlichung der deutschen Schülerergebnisse führte nach dem „TIMSS-Schock“ zu einer „PISA-Katastrophe“ in der Bevölkerung. Infolgedessen formulierten die Bundesländer in der Kultusministerkonferenz sieben zentrale Handlungsfelder. Dabei sollten Anstrengungen zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Unterricht und Schule sowie eine ergebnisorientierte Evaluation unternommen werden (HOSENFELD, I.; GROß OPHOFF, J.; BITTINS, P.: S.8). 

 

Dennoch können die Ergebnisse der nationalen und internationalen Schulleistungsmessungen lediglich ein Orientierungswissen über den Leistungsstand der Schüler zum Nutzen der Bildungsforschung vermitteln. Ein Nutzen für die Einzelschule, Lehrkräfte und Schüler kann von diesen Tests nicht erwartet werden (MAIER, U; DREXLER, M.; JÄGER, S.: S. 2). Gerhard Brand, Geschäftsvorsitzender des Verbandes für Bildung und Erziehung, formulierte in einer seiner Reden wörtlich: „Diese zu begleiten, zu entwickeln, zu erziehen, wo es nötig ist, sie zu bilden, wie es nötig ist, sie in die Gemeinschaft der Menschen zu führen und den Schülern Anerkennung, Geborgenheit und Zuversicht zu geben, das ist die Aufgabe der Schule, und das kann PISA alles nur sehr bruchstückhaft erfassen.“ Denn nationale Vergleichsstudien wie PISA können die pädagogische Situation nur in Fragmenten erfassen (VBE: S.6). Damit möchte Brand mitteilen, dass die Aufgabe der Schule mehr ist, als die Schüler lediglich zu testen und zu prüfen. Außerdem appelliert er an die Bildungspolitik, dass Schulleistungsstudien das tatsächliche Wissen der Schüler nicht erfassen können.

 

2.2.    Vergleichs-, Orientierungsarbeiten sowie Diagnosearbeiten

 

Parallel zu den Handlungsfeldern des KMK wurden Verfahren zu Leistungsmessungen der Schüler entwickelt, die als Diagnose- und Vergleichsarbeiten oder Orientierungsarbeiten bezeichnet werden (HOSENFELD, I; GROß OPHOFF, J; BITTINS, P.: S. 8). Vergleichsarbeiten befinden sich als Typ von Leistungsmessungen unter dem Niveau der Lernstandserhebungen wie MARKUS oder LAU, weshalb sie den Vorzug haben leichter organisierbar zu sein und trotzdem Vorteile für das Qualitätsmanagement der Schulen bieten (HELMKE, A.: S.215). Sie beziehen sich auf  das Lernergebnis der Schüler, welches an hunderten von Schulen erfasst wird. In dieser Hinsicht haben die Vergleichsarbeiten einen large scale- bzw. großflächigen Charakter, da dabei eine Vielzahl von Schülern und Schulen aus einer Region oder einem Ort berücksichtigt werden. Die zentrale Steuerung unterliegt dem Landesinstitut für Schulentwicklung in Stuttgart (v. ACKEREN, I, S: 23/24).

 

Vergleichsarbeiten lassen sich nach Helmke (HELMKE, A,: S.219/220) von anderen Typen der Leistungsmessung folgendermaßen unterscheiden:

 

Parallelarbeiten: Diese werden als Erhebungsinstrumente zum Vergleich der Schulklassen untereinander innerhalb einer Schule herangezogen. Vergleichsarbeiten gehen darüber hinaus, da sie einen landesweiten Vergleich ermöglichen.

 

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