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Vergütung von Vorstandsmitgliedern durch Dritte: Rechtlich zulässiges Instrument zur Auflösung des Principal-Agent-Konflikts in der Aktiengesellschaft?

AutorGerrit Bulgrin
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl69 Seiten
ISBN9783863418137
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
In den letzten Jahren ist das Verhalten von Vorständen verstärkt zum Gegenstand öffentlicher Diskussion, sowie wissenschaftlicher Erörterung geworden. Den Anlass dafür bilden mehrere schlagzeilenträchtige Skandale, sowie das steigende Interesse an Aktien in allen Bevölkerungsschichten. Vor dem Hintergrund dieser Skandale nehmen gleichzeitig die Fragen zu, wie Vorstände zukünftig effektiver kontrolliert werden können. Als eine erste Antwort auf diese Fragen sind insbesondere die Bildung der Regierungskommission Corporate Governance und die Schaffung des Corporate Governance Kodex im Jahre 2002 zu nennen. Gleichzeitig ist auch der Gesetzgeber in den letzten Jahren in immer kürzeren Abständen tätig geworden. Damit ist nicht zuletzt der Versuch verbunden, die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Kontrolle und Haftung von Vorständen weiter zu verschärfen. Diese Maßnahmen reichen jedoch für die Disziplinierung des Managements häufig noch nicht aus. Daher sind die Aktionäre vielfach zur anreizorientierten Vergütung von Vorstandsmitgliedern übergegangen, um den Vorstand auf diese Weise am unternehmerischen Risiko zu beteiligen oder zumindest die divergierenden Interessen zu einem Gleichlauf zu führen. Insbesondere im Rahmen von größeren Unternehmenstransaktionen kommt es dabei häufig vor, dass Aktionäre Bonuszahlungen ausloben, um die Unsicherheiten zu überwinden, denen die Anteilseigner und das Management in solchen Phasen der Veränderung ausgesetzt sind. Erstaunlich ist allerdings, dass angesichts der Verbreitung dieses Phänomens bislang noch kaum Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung existieren, zumal solche sogenannten 'Drittvergütungen' komplexe Rechtsfragen hinsichtlich grundlegender Prinzipien des Aktienrechts aufwerfen: So ist der Vorstand einer AG gemäß § 76 Abs. 1 AktG dazu verpflichtet, diese unabhängig und im Interesse der Gesellschaft zu leiten. Eine Weisungsabhängigkeit ist im Gegensatz zur GmbH (§§ 37, 45 GmbHG) gerade nicht vorgesehen. Gleichzeitig greift der Aktionär durch die Vergütung des Vorstands möglicherweise in die ansonsten allein dem Aufsichtsrat zustehende Vergütungskompetenz (§ 87 Abs. 1 AktG) ein. Diese Konflikte sollen zum Anlass genommen werden, einen unverstellten Blick auf die Frage zu werfen, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Vorstand einer Aktiengesellschaft im Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit finanzielle Zuwendungen durch Dritte, insbesondere durch Aktionäre, gewährt werden dürfen.

Gerrit Bulgrin wurde 1989 in Stuttgart geboren. Nach dem Abitur nahm er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School in Hamburg auf und schloss dieses mit Schwerpunkt auf Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht im Jahre 2012 mit dem Baccal

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel B, Ursache der Drittvergütung: Die Principal-Agent-Problematik: Eine Agency-Situation liegt nach der weitesten Definition dann vor, wenn eine Person (Agent) Handlungen vornimmt oder Entscheidungen trifft, deren Konsequenzen nicht allein sie selbst, sondern auch andere (die Prinzipale) betreffen. Weil der Agent seinen Handlungsspielraum im Regelfall im eigenen Interesse nutzen wird, besteht dabei die Gefahr, dass er bei seinen Entscheidungen die Interessen der Prinzipale außer Acht lässt. Wirklich problematisch wird diese Situation jedoch erst dann, wenn dem Prinzipal unmittelbare Eingriffe in die Handlungen des Agenten verwehrt sind und ihm als Steuerungsinstrumente nur vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Vorgaben zur Verfügung stehen. Wie es sich bereits im von Berle und Means untersuchten Ursprungsmodell der US-amerikanischen Kapitalgesellschaft andeutet, stellt das Verhältnis von Managern (Agent) zu ihren Aktionären (Prinzipale) daher das Musterbeispiel für einen Principal-Agent-Konflikt dar. Liegen bei personalistisch strukturierten Gesellschaften die unternehmerische Entscheidungsmacht und das damit verbundene Risiko bei den Anteilseignern, so führt die Trennung von Eigentum und Kontrolle in der AG dazu, dass bei den Anteilseignern lediglich das unternehmerische Risiko verbleibt, während die Entscheidungsmacht auf den Vorstand übergeht. Nach dem Verhaltensmodell des homo oeconomicus, das dieser Theorie zugrunde liegt, wird der Vorstand die Handlungsalternative präferieren, aus der er selbst den größten Nutzen ziehen kann. Diese Maximierung des Eigennutzens und das fehlende unternehmerische Risiko des Vorstands führen im Ergebnis dazu, dass Aktionär und Vorstand regelmäßig unterschiedliche Ziele verfolgen werden. Um diese Divergenzen zu überwinden, stehen dem Aktionär nach Lutter grundsätzlich zwei unterschiedliche Handlungsoptionen zur Verfügung, nämlich: 'Zuckerbrot und Peitsche.' Eine unmittelbare Überwachung des Vorstands durch den einzelnen Aktionär ('Peitsche') kommt im deutschen Aktienrecht aufgrund der Existenz des Aufsichtsrats, der gemäß § 111 Abs. 1 AktG selbst für die Überwachung zuständig ist, nicht in Betracht. Zwar könnte man aufgrund der Wahl des Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG eine mittelbare Kontrollkompetenz der Aktionäre annehmen, jedoch wird dabei vernachlässigt, dass sich der Einfluss des einzelnen Aktionärs auf den Aufsichtsrat wegen dessen Weisungsunabhängigkeit in Grenzen halten wird und demnach zur Eindämmung des Agency-Konflikts noch nicht ausreichend ist. Um dennoch einen Gleichlauf zwischen den eigenen Interessen und denen des Managements herzustellen, sehen sich die Aktionäre daher häufig gezwungen, auf die Variante des 'Zuckerbrots' zurückzugreifen und den Vorstand durch die Auslobung finanzieller Anreize auf die eigene Zielkonzeption auszurichten. Der durch diese Drittvergütung des Aktionärs geschaffene Anreiz stellt demnach gewissermaßen das Antidot zum Gift des klassischen Principal-Agent-Konflikts in der AG dar. C, Drittvergütung in einer unabhängigen Aktiengesellschaft: Im Folgenden soll zunächst die Rechtslage in einer unabhängigen AG untersucht werden. Das Problem der Drittvergütung stellt sich dabei in der Praxis vor allem im Zusammenhang mit Vergütungsanreizen, die dem Vorstand im Vorfeld von M&A Transaktionen gewährt werden. Dies liegt daran, dass sich in der Transaktionsphase die bereits bestehenden Interessendivergenzen auf besonders prekäre Weise äußern: Aufgrund des bevorstehenden Verkaufs nimmt die Loyalität des Vorstands gegenüber dem verkaufswilligen Aktionär stetig ab und es kommt zu einer zunehmenden Orientierung an den Interessen des zukünftigen Gesellschafters (shift of management loyality). Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, kann es für den einzelnen Aktionär daher attraktiv sein, mittels Drittvergütung wieder einen Interessengleichlauf herzustellen. I, Interessenlage der Parteien (am Beispiel einer M&A Transaktion): Am Verkaufsverfahren eines Aktienpakets durch einen Großaktionär nehmen neben diesem vor allem drei weitere Interessenträger - nämlich die Mitglieder des Vorstands der Zielgesellschaft, die Bieter und die Zielgesellschaft selbst - teil. Im Folgenden sollen zur Veranschaulichung der Principal-Agent-Problematik die unterschiedlichen Interessenlagen der Parteien dargelegt werden, wobei die Interessen der Zielgesellschaft mangels Relevanz für Drittvergütungskonstellation keine weitere Berücksichtigung finden. Auch auf den horizontalen Interessengegensatz zwischen Großaktionär und außenstehenden Aktionären wird erst später im Konzern näher eingegangen, da dieser im dortigen Kontext verschärft auftritt. 1, Interessen des Großaktionärs: Der verkaufswillige Großaktionär will im Regelfall den größtmöglichen Verkaufserlös erzielen. Daneben wird der Verkäufer daran interessiert sein, möglichst viele Risiken auf den Käufer abzuwälzen, ergo möglichst wenige Garantien zu übernehmen. Aus Sicht des Verkäufers ist dem Verkaufsverfahren jedoch das Risiko immanent, dass der Ausgang von den Vorstandsmitgliedern, die dem Ergebnis häufig nicht neutral gegenüberstehen, einseitig verfälscht wird. So ist er auf deren Kooperation insbesondere bei der Einschätzung des Synergiepotentials sowie der Beurteilung der Zukunftsperspektiven des Unternehmens angewiesen. Um einer Manipulation durch das Management vorzubeugen, hat der Verkäufer demnach ein großes Interesse daran, die Unterstützung des Vorstands hinsichtlich eines für ihn optimalen Verkaufsergebnisses durch finanzielle Zugeständnisse, wie beispielsweise einer Drittvergütung, für sich zu gewinnen. 2, Interessen des potentiellen Käufers: Der Kaufinteressent will das angebotene Aktienpaket typischerweise zum bestmöglichen Preis/Risiko-Verhältnis erwerben. Daher wird er bestrebt sein, die Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft als Verbündete zu gewinnen, zumal im Regelfall niemand die genauen Risiken besser kennt, als das Management. Außerdem wird der Bieter daran interessiert sein, dass die Zielgesellschaft durch den Unternehmenskauf nicht beeinträchtigt wird. Sofern die Vorstandsmitglieder dank ihrer Qualifikation und Erfahrung zu den wertgebenden Faktoren der Gesellschaft gehören, wird es ihm daher darauf ankommen, Kündigungsabsichten abzuwenden und das Management auch zukünftig an die Gesellschaft zu binden. 3, Interessen der Vorstandsmitglieder: Die Vorstandsmitglieder der Zielgesellschaft möchten naturgemäß verhindern, dass sich ihre bisherigen Arbeitsbedingungen verschlechtern. Die Veräußerung eines größeren Aktienpakets an einen neuen Aktionär wird von den Vorstandsmitgliedern vielleicht nicht bei einer Veräußerung an einen breit gestreuten Aktionärskreis, jedenfalls aber bei dem Verkauf an einen neuen Großaktionär typischerweise als Gefahr einer Situationsverschlechterung wahrgenommen. Während die Verteilung der Kontrolle auf eine größere Zahl von Aktionären zu einem Streuverlust führt, ist der Kontrollwechsel an einen neuen Großaktionär nämlich häufig mit einem Einflussverlust des Vorstands verbunden. Dies hängt damit zusammen, dass der neue Aktionär im Regelfall versuchen wird, den mit dem Unternehmenskauf verfolgten Zweck möglichst effektiv und damit auch gegen die Vorstellungen des Managements umzusetzen. Vor diesem Hintergrund müssen die Vorstandsmitglieder nicht nur mit einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, sondern schlimmstenfalls auch mit ihrer Abberufung rechnen. Demnach geht das Interesse des Vorstands dahin, sich demjenigen Bieter anzudienen, der sie im Amt zu lassen verspricht und gleichzeitig die besten Arbeitsbedingungen in Aussicht stellt. Dazu werden sie häufig von ihrem Einfluss auf die Gesellschaft Gebrauch machen, sodass dieser Bieter am Ende den Zuschlag erhält. Reppesgaard bezeichnet das Management daher als 'dritte Partei im Übernahmepoker.'
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