Kapitel 1
Von der Ware Liebe zur wahren Liebe
Jeder Mensch trägt tief in sich ein Wissen um die Liebe. Wir spüren, wenn ein Mensch voller Liebe ist, wenn er liebevoll spricht oder handelt. Unser Herz kennt die Sprache der Liebe, aber unser Verstand kennt sie nicht. Wir sehnen uns nach der Liebe und nach Menschen, die uns zeigen und sagen: »So wie du bist, liebe ich dich.« Aber nicht viele Menschen haben Menschen um sich, die dies tun, ohne Bedingungen an ihre Liebe zu stellen. Jeder einzelne Mensch und auch die Menschheit als Ganzes sind durch eine lange Erfahrung der Unliebe gegangen. Aber die Sehnsucht nach der Liebe und einer heilen Welt ist ungebrochen. Das kommt nicht nur in Romanen, Filmen und Liedern zum Ausdruck.
Wir sehnen uns nach dem Lächeln des anderen, nach Freundlichkeit und Zärtlichkeit und danach, in unserem Sosein verstanden und angenommen zu werden. Wenn Sie freundlich lächelnd durch eine Fußgängerzone gehen und den Menschen in die Augen schauen, erkennen Sie diese Sehnsucht sehr schnell. Die meisten reagieren spontan und lächeln zurück.
Wir haben vergessen, dass die Liebe immer da ist und immer um uns war. Sie ist in jedem Menschen, ob er es weiß oder nicht. Sie ist in allem, was uns umgibt – vor allem in Mutter Erde und in allem, was auf ihr wächst und lebt. Jeder Baum, jede Blume, jedes Tier ist lebendige Liebe, auch wenn wir es nicht wahrnehmen, weil wir verschlossen oder ohne Achtsamkeit sind. Aber wenn wir es wahrnehmen, berührt es unser Herz, das nichts als lieben will. Mutter Erde ist eine unendlich und bedingungslos liebende Wesenheit. Sie verschenkt sich in all ihrer Schönheit, ihrer Lebendigkeit, ihrer Fruchtbarkeit, in ihrem Nähren und ständigen Gebären.
Die Menschheit ist einen langen Weg gegangen, tief hinein in die Erfahrung der Unliebe, der scheinbaren Abwesenheit von Liebe. Über viele Menschengenerationen hinweg haben wir das Verurteilen, das Ausgrenzen und das Hassen gelernt. Viele Millionen Menschen sind in den letzten Jahrtausenden keines natürlichen Todes gestorben. Sie wurden in zahllosen Kriegen von anderen Menschen abgeschlachtet, auf Scheiterhaufen verbrannt, in Gaskammern vernichtet. Den Höhepunkt dieser Geschichte der Unliebe haben wir in den beiden Weltkriegen erlebt. Und daraufhin sahen sich viele veranlasst, den Menschen als böses Tier zu betrachten, das man domestizieren, kontrollieren und beherrschen muss und das lernen muss, sich zusammenzureißen, die Zähne zusammenzubeißen, sich kleinzumachen und der Meinung der Masse anzupassen.
Diese Geschichte der Unliebe geht jetzt zu Ende, und zwar schneller, als Sie sich vorstellen können. Es hat zweitausend Jahre gebraucht, bis die radikale Botschaft Jesu wie ein Samen nach einem langen Winter aufgeht: »Liebe dich selbst, liebe deinen Nächsten und liebe deine Feinde.« Also: »Liebe alle und alles, denn du bist ein Kind der All-Liebe, ein Kind Gottes.« Jesus hat nicht das Kreuz und die Unterwerfung gelehrt, sondern die Liebe des Herzens. Bisher waren die meisten Menschen jedoch nicht reif, um diese Botschaft zu begreifen und zu leben. Die Kirchen, die sich auf Jesus berufen, sind Institutionen der Unliebe und des trennenden Denkens, die den Menschen bis heute Angst, Schuld und Scham einjagen und von Verurteilung sprechen. Sie begreifen selbst noch nicht, dass sie auf dem Scheiterhaufen der Zeit liegen.
Und weil sich das Leben im Außen so lieblos, schwer und hart zeigte, hoffte der Mensch stets, in der Liebe zu zweit seine Insel der Glückseligkeit zu finden und damit die Liebe, nach der er sich wirklich sehnte.
Doch was Männer und Frauen der letzten Jahrhunderte in ihren Beziehungen und Ehen veranstaltet haben, war von der Liebe so weit entfernt wie die Erde vom Mars. Sie haben die Liebe zur Ware gemacht, zum Gegenstand von Verträgen, zum Objekt eines Tauschhandels. Und noch immer lernen die meisten Kinder in ihren Familien, dass man für Liebe bezahlen muss. Liebe einfach zu verschenken, ohne Bedingungen zu lieben, jemanden zu lieben, der vielleicht gerade keinen Zugang zur Liebe hat – all das ist den meisten immer noch ein fremder Gedanke. Für das, was wir Liebe nennen, wollen wir etwas haben. Wir knüpfen die Liebe und das Lieben an Bedingungen.
Wir haben die Liebe zur Ware gemacht, für die man bezahlen muss, im Puff mit Geld, in der Ehe mit Anpassung, Aufopferung, Selbstverleugnung und Verrat am eigenen Herzen. Von diesem Theater der Unliebe haben vor allem die Frauen langsam genug. Seit Jahrzehnten sind immer mehr von ihnen im Aufbruch, im Aufbegehren, in der Verweigerung und auf der Suche nach einem anderen Leben. Inzwischen beginnen aber auch mehr und mehr Männer, ihnen zu folgen. Viele Frauen glauben, die Männer müssten sich ändern, damit sie sie lieben können, doch mit diesem Glauben machen sie sich weiterhin zum Opfer jener liebesunfähigen Männer.
Es geht in der Liebe weniger um die Veränderung des eigenen Verhaltens, sondern eher darum, zu erkennen, wer wir sind und wozu das Leben da ist. Es geht darum, uns über unser Herz wieder daran zu erinnern, dass die Liebe immer da war, mitten in uns und um uns herum. Die wahre Natur des Menschen ist Liebe. Dieses Wissen ist im Herzen eines jeden Menschen gespeichert, und in diesen Jahren erinnern sich immer mehr Menschen – Frauen und Männer – an diese Wahrheit, an ihre göttliche Liebesnatur. Die Erinnerung an das Wissen, dass wir alle Liebe sind und dass die Liebe die größte Macht im Himmel und auf Erden ist, wird diese Welt radikal verändern. Und diese Veränderungen sind bereits im Gange. Was nicht mit der Liebe in Harmonie ist, hat auf dem Planeten Erde das Zeitliche bereits gesegnet. Die Krise, die wir zurzeit in der Wirtschaft wahrnehmen, ist keine Krise des Kapitalismus, sondern eine Krise der ganzen Menschheit, die etwas Neues gebären wird. Sie zeigt an, dass alte Strukturen, die nicht von der Liebe getragen wurden – ob in Ländern, Firmen, Organisationen oder Familien – von der Bildfläche verschwinden werden. Und für Paare gilt: Sie können ihre Hochzeit noch so pompös in Szene setzen, mit weißer Kutsche und Party auf den Balearen – ohne die wahre Liebe liegt diese Ehe in Scherben, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Wir Menschen haben über lange Zeit vergessen, woher wir kommen und wozu wir auf Mutter Erde sind. Wir haben vergessen, dass wir mächtige Wesen sind, ausgestattet mit unendlicher Schöpferkraft und einem Herzen, das nichts will, als zu lieben. Diese Schöpferkraft setzen wir jeden Tag ein, allerdings ohne das wache Bewusstsein eines Schöpfers und ohne die bewusste Liebe zur Erde, zu Gott und der Menschheit. Auf diese Weise sorgen wir immer wieder dafür, dass wir die Erfahrungen eines Opfers machen. Über den meisten Lebensläufen müsste stehen: Sie wissen nicht, was sie tun. Auf unbewusste Weise erschaffen wir eine Lebenswirklichkeit in materiellem Wohlstand, aber mit nur wenig Freude und Begeisterung am Leben. Wir erzeugen Leiden – in unseren Körpern wie in unserer Psyche, in unseren Firmen wie in unseren Beziehungen. Warum? Weil wir all dies ohne die Liebe tun und weil wir aus der Verbindung zu Gott und zur Erde gefallen sind. Wir haben vergessen, dass wir von Gott kommen, um die Liebe auf die Erde zu bringen. Dies war und ist der Auftrag des Menschen.
Mann und Frau sind Ausdruck von Gott/Göttin, dem männlichen und dem weiblichen Aspekt Gottes. Obwohl Gott eins ist und nicht trennbar, drückt er sich in seinen Schöpfungen auf vielfältige Weise aus und erfährt sich zugleich durch sie. Dies war früheren Generationen der Menschheit bewusster als uns. Mann und Frau sind gekommen, um die Liebe auf die Erde zu bringen, um die Liebe zu verkörpern, die sie von Natur aus sind. Dies ist ihr göttlicher Auftrag, den sie lange vergessen haben. Nun ist die Zeit gekommen, sich wieder daran zu erinnern.
Wir haben das Leben auf Mutter Erde in einem herrlichen Körper geschenkt bekommen, um mit ihm, mit unserem Geist und mit unserem Herzen zu lieben. Aber die Lust am Leben ist vielen ebenso abhandengekommen wie die Lust am Lieben. Wir haben das Leben zu einer anstrengenden und leidvollen Angelegenheit gemacht. Die wenigsten Menschen wachen morgens auf mit einer unbändigen Lust zu leben. Ihr Denken ist geprägt von »müssen, sollen, nicht dürfen, brauchen« usw. Wir verurteilen das Leben als ungerecht, hart, schwer und leidvoll, weil wir und Generationen vor uns es so erfahren haben. Und uns selbst haben wir entwürdigt und in Kleinheit und Minderwertigkeit hinuntergedacht. Für diese Schöpfung übernehmen bisher erst wenige Menschen ihre Verantwortung als Schöpfer. Jetzt ist die Zeit gekommen, um aus diesen »alten Schuhen« auszusteigen und die leiderzeugenden Lebensformen so vieler Menschheitsgenerationen hinter uns zu lassen.
Die Menschheit steht – zusammen mit Mutter Erde – vor einem großen Sprung aus einer langen dunklen Nacht in das Licht, aus Äonen der Unliebe in die Liebe, aus dem Vergessen in das Erinnern, woher sie kommt, wer sie ist und was sie hier will. Und wir alle sind dabei.
Ich möchte Sie – ganz gleich wie alt Sie heute sind – ermutigen, Ihr Leben mit Liebe und Lust zu füllen, indem Sie begreifen, dass Sie das Herrlichste und Wunderschönste sind, was Gott je erschaffen hat und dass er sich durch Sie in Lust und Liebe erfahren will. In Mann und Frau begegnet Gott sich selbst als Gott und Göttin scheinbar getrennt, um mit sich selbst zu tanzen und sich selbst und das Leben zu feiern. In den Ohren mancher mag dies wie ein spirituelles Märchen klingen. Aber sie werden sich die Augen reiben, wenn sie sehen, wie schnell Menschen aufwachen und ein neues Leben beginnen, weil sie plötzlich etwas Wesentliches verstanden...