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E-Book

Was Sie an der Harvard Business School nicht lernen

AutorMark McCormack
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783962671174
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Die Absolventen der Business Schools führen viele der weltweit größten Unternehmen, Banken und Länder. Der Master of Business Administration, kurz MBA, gilt nach wie vor als Eintrittskarte in diese Welt der exorbitanten Einstiegsgehälter. Doch entgegen vieler Erwartungen ist die raue Unternehmenspraxis dann oft eine andere, als die kuschelige Welt der Business Schools. Viele Situationen im Geschäftsleben passen einfach nicht in die theoretischen Schubladen der Betriebswirte - und erwischen die Absolventen im Alltag kalt. McCormack verrät in seinem Klassiker Was Sie an der Harvard Business School nicht lernen, was einen in der Welt der Top-Etagen wirklich erwartet und füllt mit seinem Know-How die Lücke zwischen Business-School-Ausbildung und praktischen Führungserfahrungen. Sein Bestseller vermittelt seit Jahrzehnten alles Wissenswerte über Strategien der Unternehmensführung, Verhandlungsführung und Verkauf - aber in der Praxis.

Mark McCormack ist Gründer und CEO von IMG, einem der größten amerikanischen Fernsehproduzenten, Repräsentanten und Berater von weltweit renommierten Einrichtungen und Veranstaltungen, insbesondere im Hochleistungssport. Ihm ist es zu verdanken, dass Sport zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor wurde.

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Leseprobe

TEIL A:
MENSCHEN


1. Menschenkenntnis


Lassen Sie mich zu Beginn zwei Geschichten erzählen: Die eine handelt von einem – damals noch – Präsidentschaftskandidaten, die andere von einem bekannten Golfprofi. Obwohl zwischen beiden Begebenheiten fast zehn Jahre liegen, gehören sie in meinen Augen zusammen.

1963 traf ich anlässlich der Internationalen Golf-Weltmeisterschaft in Paris zweimal mit Richard Nixon zusammen – das erste Mal im Golfclub, als er an unseren Tisch kam und Gary Player begrüßte, und das zweite Mal ein paar Tage später, im Tour d’Argent, als er sich kurz mit Arnold Palmer und Jack Nicklaus, mit denen ich gerade zu Abend aß, unterhielt.

Nixons Bemerkungen waren ganz sicher launig, aber mir ist in besonderer Erinnerung geblieben, dass er beide Male dieselben Worte, dieselben fünf oder sechs Sätze verwendete, als ob er nicht mit Menschen, sondern mit Marionetten redete oder ein bestimmtes Repertoire an Standardsätzen für die verschiedenen Kategorien von Personen, die er eventuell kennenlernen oder treffen würde, bereithielt – einige Floskeln für einen Sportstar, ein paar andere für einen Wirtschaftskapitän und ein weiteres »Set« für einen Vertreter der Kirche.

In der zweiten Geschichte geht es um einen außergewöhnlichen Golfspieler, Doug Sanders. Dass wir Doug unter Vertrag genommen hatten, hielten viele anfangs für einen Fehler. Er hatte tatsächlich ein wenig von einem Hasardeur, hetzte von Termin zu Termin, war mehr als einmal in ernsthaften Schwierigkeiten und stets bereit, »aufs Ganze zu gehen«. Manche waren der Ansicht, er sei zu widersprüchlich, und wollten wissen, warum wir ihm trauten. Um ehrlich zu sein – ich traute Doug Sanders mehr als so manchem, der mir diese Frage stellte. Aber nun zu der eigentlichen Geschichte.

Doug nahm einmal an einem Golfturnier in Kanada teil. Er hatte alle dafür notwendigen Vorbereitungen selbst getroffen. Ich wusste nichts davon und hätte es wohl auch kaum je erfahren, denn sein Handgeld wurde bar ausgezahlt. Aber etwa eine Woche nach dem Turnier bekamen wir einen Umschlag zugeschickt, der weder Brief noch Notiz enthielt – nur unsere Prozente, in bar.

Ich erinnere mich heute noch so gut an diese beiden Begebenheiten, weil sie einen fundamentalen Aspekt der Menschenkenntnis zeigen: Was jemand in einer völlig unwichtigen Situation sagt oder tut, spricht manchmal »Bände« und enthüllt oft erst sein wahres Ich.

Meine Zufallsbekanntschaft mit Nixon war durch ein gewisses Maß an Unaufrichtigkeit und Scheinheiligkeit geprägt, an das ich mich zehn Jahre später, als er zum Rücktritt gezwungen wurde, nur allzu gut erinnern sollte. Nixons Fall ist vielleicht ebenso auf seine Unaufrichtigkeit zurückzuführen wie auf die Watergate-Affäre. Unehrliche Menschen sind den meisten ein Gräuel; wir misstrauen ihnen instinktiv und sind erst recht nicht davon begeistert, dass sie über das Schicksal unseres Landes entscheiden.

Im Fall Doug Sanders war das Handgeld für die Teilnahme am Golfturnier kaum der Rede wert. Aber bis zum heutigen Tage kann ich mir vorstellen, wie Doug in sein Hotelzimmer ging, ein Bündel Geldscheine aus der Tasche zog, unseren Anteil abzählte, ihn in einen Briefumschlag steckte und an uns adressierte. Das war so typisch, dass ihm gar nichts anderes eingefallen wäre.

Sicher wäre es so manchem von uns lieber, wenn der künftige amerikanische Präsident sich »charakterfest« und der »zwielichtige« Golfspieler »charakterlos« gezeigt hätte, aber die Fakten sprechen eindeutig dagegen.

Was hat das aber mit dem Geschäftsleben zu tun, werden Sie vielleicht fragen? Sehr viel!

In unserem Metier ist es nicht schwer, sich ein bestimmtes Persönlichkeitsbild oder ein der jeweiligen Situation entsprechendes Image zuzulegen. Manche Menschen verhalten sich im Umgang mit Untergebenen völlig anders als Vorgesetzten oder Außenstehenden gegenüber.

Aber das ursprüngliche Ich, die wahre Natur eines Menschen, ist kein Chamäleon, das sich der jeweiligen Umgebung anpasst. In einer fortdauernden Beziehung werden Sie früher oder später, bewusst oder unbewusst, den wahren Charakter Ihres Geschäftspartners entdecken.

Sie wollen zumindest hören, was er wirklich zu sagen hat, und nicht, was er Ihnen einreden will; Sie möchten in der Lage sein, seine Handlungsweisen bzw. seine beruflichen Aktivitäten in einen umfassenderen Bezug zu seinem Charakter zu setzen. Ob ich verkaufe oder kaufe, ob ich engagiert werde (im Rahmen meiner Beratertätigkeit) oder selbst Mitarbeiter einstelle, ob ich einen Vertrag aushandele oder auf die Wünsche eines Klienten eingehe – ich will wissen, wer der andere ist. Ich will sein wahres Ich kennenlernen.

In jeder Situation im Geschäftsleben geht es im Grunde primär um zwischenmenschliche Beziehungen, und je mehr und je schneller ich etwas über die Person, mit der ich zu tun habe, in Erfahrung bringe, desto mehr kann ich bewirken.

Eine Meinung ist keine Antwort

Viele Leute fällen ein Urteil über andere, ohne sie persönlich zu kennen, allein aufgrund dessen, was sie über ihr Unternehmen gehört haben oder wissen. Sie verwerfen oder ignorieren sogar ihre eigenen Wahrnehmungen, sofern sie nicht mit ihrer vorgefassten Meinung übereinstimmen.

Beim IMG werden wir oft mit Vorurteilen, die unser Unternehmen betreffen, konfrontiert. Unsere Arbeitsweise ist ziemlich transparent, und eine Reihe von Artikeln oder Fernsehsendungen, die sich mit dem Firmenprofil oder meiner Person befasst haben, glaubten, besondere Betonung auf unsere Machtposition im Sportbereich legen und uns als harte, ja sogar rücksichtslose Verhandlungspartner charakterisieren zu müssen.

In neun von zehn Fällen ist dieses Image für uns von Vorteil. Man erwartet geradezu von uns, dass wir »hoch pokern«, und diese Erwartungshaltung macht es uns leichter, den Verhandlungspartner »in den Griff zu bekommen«. Und wenn er dann noch feststellen muss, dass wir eigentlich ganz zugängliche und vernünftige Leute sind, haben wir schon gewonnen.

Aber es gibt auch den »Zehnten«, der sich so verbissen an seine vorgefasste Meinung klammert, dass er die eigentliche geschäftliche Situation oder den Mitarbeiter unseres Unternehmens, mit dem er verhandelt, völlig falsch einschätzt. Er hat sich vorgenommen, genauso hart zu sein wie wir oder sich gegen unsere Zähigkeit zu wappnen, was dazu führt, dass er ein freundliches »Nett, Sie kennenzulernen« bereits als versteckte Drohung empfindet. Offensichtlich ist er aufgrund seiner Vorurteile nicht mehr zu wirklich aufschlussreichen Einsichten fähig.

Menschenkenntnis zu entwickeln erfordert, alle Sinne der Realität zu öffnen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse in greifbare Ansatzpunkte umzuwandeln, die sich zu Ihrem eigenen Vorteil nutzen lassen.

Dave DeBusschere, ein ehemaliger Basketball-Star, war, bevor er als Generalmanager zu den New York Knicks ging, einige Jahre Vizepräsident unseres Unternehmensbereiches Fernsehen. Dave musste einige frustrierende Verhandlungen mit dem Leiter eines Versicherungskonzerns in Connecticut führen, den er als Sponsor für eine unserer Fernsehshows gewinnen wollte. Der Mann schien ernsthaft interessiert zu sein, war aber so überwältigt, mit DeBusschere zu verhandeln, dass er mit dieser Tatsache oder seinem eigenen Misstrauen nicht fertig wurde. Wenn die Gelegenheit wirklich so großartig war – so meinte er –, warum hatte man dann nicht einen »ganz gewöhnlichen« Angestellten dazu abgestellt, sie ihm schmackhaft zu machen?

Erkenntnisse nutzen

Dave Marr, ehemaliger Champion der Professional Golfers’ Association PGA, und ich sprachen einmal über einige der Golfgrößen, die wir kannten; dabei stellte Dave meiner Meinung nach eine der wichtigsten Grundregeln für Golfwetten auf: »Wette niemals mit jemandem, den du am ersten Abschlag triffst, der tief gebräunt ist, einen Golfschläger mit eisernem Kopfstack hat und verstohlene Blicke um sich wirft.«

Zu wirklich wichtigen Erkenntnissen über den wahren Charakter eines Menschen gelangt man oft nur mit Hilfe der Beobachtungsgabe. In den meisten geschäftlichen Situationen gibt es mehr zu sehen als das, was »ins Auge« fällt – nämlich eine breite Skala dynamischer Persönlichkeitsmerkmale, die hinter der Oberfläche wirksam sind.

Es gibt fast immer eine Gelegenheit, die Ihnen gestattet, einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Manchmal sind es die Dinge, die jemand unbewusst sagt oder tut, oder auch die Art, wie jemand, z. B. bei einer bestimmten Frage, Ihrem Blick ausweicht. Aber es gibt auch Verhaltensweisen, die weder einfach noch unbewusst sind, z. B. wie jemand einen bestimmten Gedanken formuliert. Fest steht jedoch, dass es Schlüsselelemente, die zu tief greifenden Erkenntnissen führen, in Hülle und Fülle gibt, verfügbar für jeden, der einen Blick dafür entwickelt.

Aber eine erstaunlich...

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