1. Beseitigen Sie die Akquise-Hemmnisse in Ihrem Kopf
Das größte Hindernis bei der Akquise sind nicht etwa die schwierigen Kunden oder die technischen Probleme, sondern die eigenen Hemmungen. „Sich selbst zu verkaufen“ ist vielen Selbständigen unangenehm. Warum es das nicht zu sein braucht und wie Sie innere Barrieren umgehen oder abbauen können, lesen Sie im ersten Kapitel.
„Ich liebe meinen Job wirklich. Ich berate einfach gern, ich rede gern mit Menschen, ich finde es toll, im Leben meiner Kunden eine Veränderung bewirken zu können. Trotzdem überlege ich, mir wieder eine Festanstellung zu suchen. Das Schlimme an der Selbständigkeit ist nämlich für mich die Akquise. Die macht mich wirklich fertig.“ So und ähnlich klagen viele Selbständige und Freiberufler. Auch wenn sie wirklich gut sind. Und eine solide Ausbildung, viel Fachwissen und Erfahrung sowie eine positive Ausstrahlung vorzuweisen haben. Wie schade wäre es, wenn nur einer von ihnen wegen seiner Akquise-Probleme aufgeben würde! Während der Recherchen zu diesem Buch haben mir viele Selbständige von Problemen bei der Kundengewinnung erzählt. Bei manchen war es ein Anfangsproblem, für das sie im Lauf der Zeit Lösungen entwickelt haben. Für andere bedeutet Akquise nach wie vor eine Last. In einigen Fällen ist daran sogar die Existenzgründung gescheitert. Es gibt aber auch viele Selbständige, die das Gewinnen von Kunden als eine spannende und kreative Aufgabe betrachten, die ihnen Spaß macht. Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie hoffentlich zur letzten Gruppe gehören.
Warum ist Akquise für viele Selbständige eigentlich so unangenehm?
Wenn es darum geht, neue Kunden zu gewinnen, scheint teilweise ein kulturelles Problem vorzuliegen. Eines, das tief in unserer Erziehung und Weltanschauung verwurzelt ist. Sich dessen bewusst zu werden ist der erste Schritt dazu, es zu lösen.
„Sei wie das Veilchen im Moose …“
Viele, vor allem die Frauen unter Ihnen, erinnern sich sicher an diese Poesiealbum-Weisheit: „Sittsam, bescheiden und rein“ sollten wir sein – und „nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein“. Bis weit in die 1970er Jahre hinein war klar: Brave Mädchen halten sich still im Hintergrund und versuchen keinesfalls aktiv, Aufmerksamkeit auf sich und ihre Leistungen zu ziehen. Auch die Jungen hatten zu lernen, dass es ungezogen ist, laut zu sein, sich vorzudrängen und im Mittelpunkt stehen zu wollen. Wobei ihnen freilich mehr Spielraum zugestanden wurde als den Mädchen. Heutzutage lehnen wir derartige geschlechtsspezifische Kategorisierungen natürlich ab, und unsere Kinder erziehen wir sowieso anders. Trotzdem steckt da noch etwas in uns: Wir wollen uns nicht vor- und schon gar nicht aufdrängen. Es ist doch peinlich, sich selbst zu loben und anzupreisen, sich gar selbst zu „verkaufen“. Am Ende fallen wir anderen lästig und wirken ein bisschen lächerlich. Und wer will das schon?
Davor brauchen Sie aber keine Angst zu haben. Selbstbewusst für sich zu werben ist immer noch etwas anderes, als sich selbstverliebt zu beweihräuchern. Schließlich geht es darum, potenzielle Kunden professionell und seriös auf sich aufmerksam zu machen. Erinnern Sie sich? Die Stillen, Schüchternen, Bescheidenen waren in Wirklichkeit keineswegs die beliebtesten Mitschüler. Das waren die Fröhlichen, Freundlichen, Aktiven, die mit Leib und Seele bei der Sache waren. Die, mit denen man reden und Spaß haben konnte. Wenn Sie als Selbständiger also Ihre Leistung und damit immer auch etwas von sich selbst verkaufen, ist das ganz sicher nicht unanständig, sondern ehrlich und authentisch. Sie stehen ja mit Ihrem Namen und mit Ihrer Person für Ihre Leistung ein. Wie Sie Ihr Angebot klar herausarbeiten und eindeutig kommunizieren, erfahren Sie im Kapitel „2. So schärfen Sie Ihr Profil“.
„Ich will doch nicht sein wie …“
Jeder von uns hat irgendwann einmal Erfahrungen mit lästigen Verkäufern gemacht. Mit den Call-Center-Agenten, die uns – verbotenerweise! – zu Hause anrufen und uns Lotterielose, Abonnements, Clubmitgliedschaften, Weine oder Unterwäsche verkaufen wollen. Sie wird man oft erst dann los, wenn man richtig unfreundlich wird oder einfach den Hörer auflegt. So manches Mal trifft man auch auf Verkäufer in Einzelhandelsgeschäften, die ihren Kunden unbedingt einen Ladenhüter andrehen wollen, weil sie dafür eine satte Provision bekommen. Oder auf Bankmitarbeiter, die unter solchem Verkaufsdruck stehen, dass sie wöchentlich einen neuen Fonds anpreisen (müssen). So wollen Sie bestimmt nicht auftreten, oder?
Gut so. Lästige Verkäufer sind nämlich schlechte Verkäufer. Es kostet sehr viel Zeit, Geld und Energie, über einen derart starken Verkaufsdruck Neukunden zu gewinnen. Dieser Weg führt nur selten zu langjährigen, vertrauensvollen Kundenbeziehungen. Zudem macht die Akquise so absolut keinen Spaß. Machen Sie sich bewusst, dass Sie potenzielle Kunden nicht überreden müssen, bei Ihnen zu kaufen beziehungsweise Sie zu beauftragen. Wenn Sie die richtigen Menschen ansprechen, werden diese schnell selbst sehen, dass sie Sie und Ihre Leistungen oder Produkte brauchen. Wie Sie herausfinden, wer die richtigen Kunden für Sie sind, erfahren Sie im Kapitel „3. Wer sind Ihre Kunden und was wollen sie?“.
„Absagen belasten mich.“
Weil wir als Selbständige unsere persönliche Leistung verkaufen, geht uns eine Ablehnung leicht nahe. Wenn ein potenzieller Kunde nicht gleich oder gar nicht antwortet, wirkt das damit ausgedrückte Desinteresse schnell verletzend. Ein „Nein“ empfinden viele als persönliche Zurückweisung. Kein Wunder, dass sich so mancher derartige Erfahrungen von vornherein ersparen will.
Doch Sie können einiges dafür tun, dass sich Ihre Erfolgsaussichten verbessern. Bereiten Sie die Akquise gut vor und wenden Sie sich nur an Personen, von denen Sie wissen, dass sie Ihre Leistung ziemlich wahrscheinlich brauchen können. Gehen Sie zudem handwerklich sauber vor. Wie Sie Ihr Angebot professionell und zielführend an den Kunden bringen, ist in den Kapiteln 4 bis 8 beschrieben. Indem Sie das richtige Handwerkszeug anwenden, verringern Sie die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Angebot zurückgewiesen wird.
Dennoch heißt Akquirieren immer auch, die Möglichkeit des Scheiterns einzukalkulieren. Es kann jederzeit vorkommen, dass ein potenzieller Kunde sich desinteressiert zeigt oder mit einem klaren „Nein“ auf Ihr Angebot reagiert. Vielleicht hat er gerade zu viel um die Ohren, als dass er sich mit Ihrem Angebot beschäftigen könnte. Vielleicht hat er auch gerade kein Geld. Unter Umständen ist ihm noch gar nicht aufgefallen, dass er Ihre Leistung braucht. Oder er will das nicht merken, weil das nicht zu seinem Selbstbild passt. Eventuell hat er schon schlechte Erfahrungen mit ähnlichen Angeboten gemacht oder gerade einen ähnlichen Auftrag vergeben. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Es gibt immer Gründe, warum ein Geschäft trotz guter Vorbereitung scheitern kann. Und für die meisten dieser Gründe können Sie persönlich gar nichts. Es geht nicht um Zuneigung oder Zurückweisung. Sie bieten etwas an. Ihr Kunde will es haben – oder eben nicht. Das gehört einfach zum Geschäft.
„Meine Leistung spricht für sich selbst.“
Auch diese Fehleinschätzung wird durch ihre weite Verbreitung nicht richtiger. Egal, wie gut Sie sind und was Sie können: Ihre Leistung spricht nicht. Nur Menschen sprechen. Entweder Sie reden über sich und Ihre Leistung. Oder andere tun es. Oder beides. Aber ohne Kommunikation bleibt selbst eine sensationelle Leistung unbemerkt. Gerade am Anfang Ihrer Selbständigkeit müssen Sie darüber sprechen, was Sie tun, damit überhaupt eine Chance besteht, dass andere auf Sie aufmerksam werden. Sobald Sie mit den richtigen Menschen reden – denen, die Ihre Leistung tatsächlich brauchen können, oder solchen, die als sogenannte Multiplikatoren dienen und anderen von Ihrem Angebot berichten –, betreiben Sie bereits Akquise.
Das Schöne ist: Wenn Sie die richtigen Kunden finden und für sie gute Leistungen erbringen, werden diese Ihnen früher oder später einen Teil der Akquise abnehmen; zufriedene oder gar begeisterte Kunden werden mit (Geschäfts-) Freunden und Kollegen über Sie sprechen und Sie weiterempfehlen. So entwickelt die Kundengewinnung eine Eigendynamik, von der Sie dauerhaft profitieren. Wie Sie dazu beitragen können, dass diese Empfehlungsspirale in Gang kommt, erfahren Sie im Kapitel „8. Networking, Social Media & Co. – wer aktiv ist, findet überall Akquisechancen“.
Prüfen Sie Ihre Einstellung
Die bisherigen Ausführungen zeigen, woran die Neukundengewinnung in der Praxis immer wieder scheitert: Weder die bösen Konkurrenten noch die schwierigen Kunden sind schuld. Sie selbst sind das Hemmnis, wenn Sie gegen Ihre Überzeugung und Ihre Persönlichkeit ankämpfen und die Kundengewinnung mit erheblichem innerem Widerstand betreiben. Dabei ist das völlig unnötig. Sie können sich das praktische Handwerkszeug für die professionelle Akquise genauso leicht aneignen wie jedes andere fachlich-technische Wissen. Die erforderlichen Kenntnisse vermitteln Ihnen die übrigen Kapitel dieses Buches. Überprüfen Sie aber zunächst, wie Ihre Einstellung zur Kundengewinnung tatsächlich aussieht. Machen Sie sich noch einmal klar, was Akquise nicht ist:
- Akquise heißt nicht, aufdringlich oder lästig zu sein.
- Akquirieren bedeutet nicht, andere zu überreden oder ihnen etwas gegen ihren Willen aufzuschwatzen.
- Um erfolgreich bei der Akquise zu sein, brauchen Sie weder sich selbst noch Ihre Seele zu...