Hunde sind hoch soziale Wesen. Ihr Rudelverständnis beruht auch heute noch auf dem Wolfserbe. In einem Wolfsrudel besteht eine feste Hierarchie mit eisernen Regeln, und niemand wird ausgegrenzt. Hunde erwarten in ihrem Mensch-Hund-Rudel genau diese Struktur: eine stabile Führung und ein darauf basierendes friedliches Zusammenleben. Die Betonung liegt auf „Zusammenleben“. Tag und Nacht, Jahr für Jahr gehört der Hund zu Ihnen. Deshalb ist es ungemein wichtig, dass alle Menschen im Haushalt mit einem Hund leben möchten – immer! Bei artgerechtem Umgang unter Berücksichtigung der hundlichen Verhaltensweisen wird sich ein Hund so umwelttauglich entwickeln, dass sich (vom Hund als Strafe empfundene) Isolationsmaßnahmen wie das „Wegsperren“ in einen Zwinger oder gar ins Gartenhäuschen oder Badezimmer, die zu meinem Bedauern nach wie vor Anwendung finden, erübrigen. Ich habe leider schon Hunde erleben müssen, die durch tägliche beziehungsweise nächtliche Isolation das Vertrauen zu ihren Menschen verloren haben.
Mit einem Hund wird Ihr Leben völlig anders verlaufen als bisher. Zwei Stunden Spaziergang allein reichen dem Kumpel nicht aus. 22 Stunden tägliche Langeweile machen ihn seelisch krank. Wie viel Zeit steht Ihnen Tag für Tag zur Verfügung?
Hunde sind Rudeltiere und brauchen die Nähe zu ihrem Menschen. (Foto: Dr. Richard Maurer)
Morgens, mittags und abends muss je eine halbe Stunde Spaziergang für erwachsene Hunde möglich sein. Das ist äußerstes Minimum! Einige Rassen benötigen weit mehr als die doppelte Auslaufzeit. Welpen dürfen in den ersten Monaten keine langen Strecken laufen, weil sich Knochen, Gelenke und Muskeln noch entwickeln müssen. Das bedeutet aber nicht, dass ein Welpe nur für ein paar Minuten raus darf. Statt mehrere Kilometer zu bewältigen, sind für ihn Laufen und Spielen auf großen Wiesen außerhalb des Grundstücks gesünder. Hier kann er sich auch mal ausruhen, ohne darauf achten zu müssen, Sie nicht zu verlieren. Wohnen Sie in der Stadt, bietet der Stadtrand sicher Möglichkeiten für abwechslungsreiche Spaziergänge. Hier finden sich meist Flächen, wo Hunde abgeleint werden dürfen und sich mit Artgenossen austoben können. Zu Hause wird Ihr Hund dann zufrieden ins Körbchen wandern, lebhaft träumen, und Sie können mit gutem Gewissen anderen Beschäftigungen nachgehen.
Nehmen Sie einen Hund zu sich, der zum Abhauen neigt, brauchen Sie eine Roll- oder Schleppleine von 8 bis 10 Metern Länge. Die kurzen 2 oder 3 Meter langen Leinen passen nicht zu seinem Bewegungsbedürfnis. Er müsste neben Ihnen herschleichen, auch dann, wenn Sie sich zügig bewegen. Menschen bewältigen nur einen Bruchteil der normalen Hundegeschwindigkeit. An der langen Leine kann der Hund umherwuseln, interessante Gerüche aufnehmen, und Zwei- und Vierbeiner erleben ohne Gezerre entspannende Spaziergänge.
Nicht nur bei schönem Wetter müssen Hunde mehrmals täglich raus. (Foto: Dr. Richard Maurer)
Bei fast jedem Wetter geht es also täglich ab nach draußen, Gewitter und Hagel einmal ausgeschlossen. Sind Sie bereit für lange Spaziergänge auch bei Wind und Regen, bei Eis und Schnee?
Das Erlernen von Tricks ist eine tolle Beschäftigung für Hunde.
Haben Sie Zeit und Lust, Ihren Hund zusätzlich zu den Spaziergängen zu beschäftigen? Ein gelangweilter Hund sucht sich eigene „Arbeiten“, die Ihnen wenig gefallen werden.
Bringen Sie Ihrem Hund Tricks bei oder fordern Sie seinen Geist beim Spiel. Es gibt Bücher, die hierfür etliche Ideen bieten. Sie erhalten im Fachhandel auch knifflige Intelligenzspiele für Hunde.
Oder Sie widmen sich dem Hundesport. Bestimmt begeistert Sie die eine oder andere Sportart genauso wie Ihren Hund. Sie wachsen noch mehr zusammen und Ihr Hund wird Sie dafür verehren.
Damit Ihr Hund sein späteres Leben ohne Scheu und Angst bewältigt, muss ihm vor allem in den ersten zwei Lebensjahren eine Vielzahl von Lernerlebnissen geboten werden. Die Anforderungen sind groß. In seiner besonders sensiblen Phase, die etwa von der 8. bis zur 16. Lebenswoche dauert, treibt die Neugier den Welpen an, die Welt Stück für Stück zu erobern. Dabei wird Angst ab- und Sicherheit aufgebaut. Ihre Aufgabe ist es, ihn dabei umfassend zu unterstützen. Für diese zwei Monate müssen Sie Urlaub und wenn nötig einen Dogsitter einplanen. Ein Welpe verkraftet es psychisch nicht, jeden Tag über viele Stunden allein zu sein. Das gelegentliche Alleinsein wird allmählich in kleinen Schritten eingeübt.
Ab etwa der 17. Lebenswoche besitzt der Hund genug Selbstbewusstsein, die Stubenreinheit ist geschafft und der Grundgehorsam klappt schon gut. Bei Halbtagsjobs ist es nun möglich, ihn mit an den Arbeitsplatz zu nehmen, vorausgesetzt, der Chef und die berufliche Umgebung lassen es zu. Eine Runde vor Arbeitsbeginn lässt Sie und Ihren Hund erfrischt in den Alltag starten. In der Firma steht nah bei Ihnen ein bequemer Liegeplatz bereit. Mittags geht es gemeinsam heim und der Tag hält neben anfallenden Hausarbeiten noch genug Zeit für Spiele und Auslauf bereit.
Besteht keine Chance, den Hund an Ihren Arbeitsplatz mitzunehmen, bringen Sie ihn während Ihrer Abwesenheit bei Nachbarn oder Freunden unter.
Für ganztags Berufstätige lässt sich der Hundewunsch selten verwirklichen, selbst wenn die Mitnahme an den Arbeitsplatz möglich ist. Ihr temperamentvoller Junghund möchte seine Neugier jeden Tag aufs Neue befriedigen. Ein langer Arbeitstag bietet üblicherweise nicht den Spielraum für Training, Spiel und Spaziergänge. Im Normalfall wird seine Lebhaftigkeit unterdrückt und Verbote bestimmen einen Großteil seines Tages. Innere Konflikte setzen dem Hund mehr und mehr zu. Aber vielleicht können Sie mit Ihrem Chef ja doch ein Konzept aushandeln, in dem sich Ihre Tätigkeit mit Spielzeiten und Auslauf vereinbaren lässt? Oder Sie entscheiden sich für einen älteren Hund, der einfach gern und ruhig bei Ihnen liegt. Ein wenig Auslauf zwischendurch muss aber auch dann möglich sein.
Es hilft ganztags Berufstätigen nicht, den Hund tagsüber bei Freunden gut aufgehoben zu wissen. Eine Abend- und Wochenendbeziehung klappt mit Hunden nicht.
Der Hundewunsch muss unbedingt von den Erwachsenen ausgehen. Aufgaben wie Erziehung, Versorgung und Pflege liegen dann in geeigneten, sprich erwachsenen Händen. Aus Hundesicht sind Kinder wunderbare Partner zum Spielen, Toben und Kuscheln. Sie sind Kumpel, stehen auf etwa gleicher Stufe und dürfen keine Anweisungen erteilen. Hunde nehmen es übel, wenn Kinder Erziehungsübungen durchsetzen wollen, und „rufen“ unter Umständen durch Schnappen (nicht Beißen!) das Kind zur Ordnung. Die Toleranz ist je nach Rasse unterschiedlich hoch. Reagiert das Kind auf die Zurechtweisung nicht wie vom Hund erwartet, wird das Zwicken heftiger. So kann es dazu kommen, dass Eltern fälschlicherweise...