In ihren Anfängen fokussierte die europäische Literatur auf Außenseiter; die Tragödien des Ödipus oder des Macbeth analysierten Widersprüche innerhalb der Kultur. Erst die deutsche Klassik verpflichtete sich hehren Erziehungszielen, weshalb sich heutige Leser bei der Lektüre oft gründlich langweilen. In unserer Zeit hat sich die Unsitte etabliert, die Literatur von Außenseitern in Schubladen zu packen und dann zu ignorieren, soweit man sich nicht selbst dieser Randgruppe zugehörig fühlt. Verleger Joachim Bartholomae will zeigen, dass dieser Haltung ein arges Missverständnis zugrunde liegt. Gerade am Beispiel Heinrich von Kleists wird deutlich, dass die Literatur oft der einzige Weg ist, auf dem Außenseiter mit der Mehrheitsgesellschaft kommunizieren können. Wer sich mit Werken befasst, die die Welt aus einer verschobenen Perspektive betrachten, sei es die einer Antigone, eines Michael Kohlhaas oder Tonio Kröger, lernt etwas dazu, das er auf anderem Weg kaum erfahren würde.
Joachim Bartholomae gehörte 1992 zu den Mitbegründern des Männerschwarm Verlags und verantwortet dort das belletristische Programm. Zum 20. Verlagsgeburtstag gibt er ein pointiertes Statement über den Sinn und die Möglichkeiten auch schwuler Literatur für heterosexuelle Leserinnen und Leser.
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