Unter Emotionen verstehen die Verhaltensforscher das persönliche, individuelle Erleben von inneren Zuständen, äußeren Reizen oder bewussten Denkprozessen. Nach außen sichtbar werden die Emotionen einer Katze für uns nur durch die verschiedensten körpersprachlichen Verhaltensweisen. Die Katze empfindet Situationen auf eine bestimmte Art und Weise, damit das Gehirn angemessen reagieren und eine Handlung einleiten kann. Ziel der Emotionen ist es, ein seelisches Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen.
Die selbstbewusste Katzenpersönlichkeit verrät sich schon durch ihre Körpersprache.
Die Gehirne von Katzen sind zwar viel kleiner als unsere, in ihrer Funktionsweise unterscheiden sie sich jedoch nicht so stark, wie man vermuten könnte. Die Aktivität einzelner Hirnbereiche gleicht der Aktivität der entsprechenden Bereiche im menschlichen Gehirn. Daher kann durchaus davon ausgegangen werden, dass Katzen vergleichbare Emotionen wie Freude, Ärger oder Angst verspüren können. Sie erleben Situationen ähnlich wie wir Menschen aus einer Mischung der unterschiedlichsten Empfindungen. Dabei entstehen Gefühle durch einen einzigartigen Cocktail aus chemischen Botenstoffen und elektrischen Reizen in den unterschiedlichen Regionen des Gehirns.
Generell gelten unsere Stubentiger als sehr stabile Persönlichkeiten, die selbst nach sehr aufwühlenden Erlebnissen schnell wieder in ihr seelisches Gleichgewicht zurückfinden. So braucht unsere Katze nach einer intensiven Mäusejagd lediglich 15 bis 30 Minuten, um sich wieder zu beruhigen, wohingegen nach aggressiven Kämpfen mit der verhassten Nachbarskatze bis zu zwei Stunden vergehen können, bis sich die Katze wieder entspannt und ausgeglichen präsentiert.
Grundsätzlich gibt es sowohl ausdrucksstarke, extrovertierte Katzen, die sich bei jeder kleinen Gefühlsschwankung nach außen hin mitteilen und deren Körpersprache häufig leicht zu interpretieren ist, als auch gehemmte, introvertierte Katzen, deren Ausdrucksweise nur schwach ausgeprägt ist und subtil erscheint. Bei diesen Katzen können minimale Veränderungen der Körperhaltung schon Anzeichen für tiefe Gefühlswallungen oder im Extremfall auch für psychische Störungen sein.
Zu den Basisemotionen zählen die grundsätzlichen Gefühlsregungen einer Katze. Unbestritten empfinden Katzen die lebenswichtigen Gefühle wie Angst, Ärger oder auch Freude. Ob sie jedoch in der Lage sind, komplexere Gefühlsregungen wie Eifersucht oder Trauer zu verspüren, bleibt wohl zumindest in nächster Zeit ihr Geheimnis. Hier können uns bisher nur Indizien auf die Spur ihres inneren Erlebens führen.
Angst
Die Angst ist ein lebenswichtiges Gefühl im Reich der Tiere und Menschen. Angst veranlasst die Katze, sich zu schützen und das eigene Leben ins Zentrum ihres Denkens zu stellen. Sie ist so gesehen eine der wichtigsten, elementarsten Emotionen. Die Angst fokussiert das gesamte Verhalten der Katze auf eine potenzielle Gefahrenquelle, und ihr kleines Gehirn ist dann ausschließlich damit ausgelastet, instinktiv Optionen für die Sicherung der eigenen Unversehrtheit abzuschätzen. Unter dem Einfluss des mächtigen Gefühls der Angst sind die Verdauung und das körperliche Wohlbefinden gestört, die Katze ist nicht in der Lage, logisch zu denken oder zu lernen.
Auch wir Menschen reagieren in angstbesetzten Situationen eher „aus dem Bauch heraus“, verspüren starkes körperliches Unwohlsein und sind kaum in der Lage, rational zu denken.
Ärger
Ärger oder Wut hilft Katzen, sich gegenüber Artgenossen durchzusetzen, sich gegen Feinde zu verteidigen oder auch Beute zu erlegen. Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt, die Körperfunktionen für den Kampf werden hochgefahren, die Schmerzempfindlichkeit wird herabgesetzt, und alle Kräfte des Tieres werden mobilisiert. Eine ärgerliche Katze befindet sich in einem sehr kräftezehrenden Ausnahmezustand und benötigt nach einem derartigen Gefühlsausbruch einige Zeit zur Regeneration.
Wenn wir Menschen uns zu sehr aufdrängen, weisen uns die Katzen sehr deutlich mit ihrem offensiven Drohverhalten zurecht.
Freude
Freude hilft beim Lernen und Wohlfühlen. Diese Emotion entspannt den Körper der Katze und bringt sie dazu, sich gern an Plätzen aufzuhalten, die gut für sie sind. Katzen empfinden verschiedene Abstufungen der Freude; sie kann von einfacher Zufriedenheit über entspanntes Wohlbehagen bis hin zur euphorischen Begeisterung reichen. All diese positiven Emotionen haben eine Gemeinsamkeit: Das Glückszentrum im Gehirn wird angeregt, und die Katze wird versuchen, so empfundene Ereignisse zu wiederholen. Besonders offensichtlich ist die Freude der Katze natürlich im Spiel, die Zufriedenheit steht ihr aber auch bei einem wohligen Mittagsschläfchen auf dem Schoß ihres Menschen deutlich ins Gesicht geschrieben.
Die Freude hat viele Gesichter, sie reicht bei der Katze von Zufriedenheit über Wohlbehagen bis hin zu Euphorie.
Wann immer sich eine Katze in einer inneren Konfliktsituation befindet, kann sie je nach Temperament, Persönlichkeit und Situation in verschiedenen Mustern reagieren. Früher dachte man, dass Katzen immer nach dem einfachen Schema „Flucht oder Angriff“ handeln würden, dass man im englischen Sprachgebrauch als „Flight or Fight“-Konzept bezeichnet hat, was bedeuten würde, dass die Katze nur zwei Aktionsmöglichkeiten hätte.
Doch das Verhalten unserer Katzen ist tatsächlich wesentlich komplexer als bisher gedacht. Auf einen emotionalen Konflikt hat eine Katze prinzipiell vier verschiedene Reaktionsmöglichkeiten. Diese vier alternativen Handlungsoptionen einer Katze werden im englischen Sprachraum als die „vier Fs“ bezeichnet. Jedes „F“ steht dabei für eine Handlungsoption. Die Handlungsoptionen sind „Flight“ wie Fliehen, „Fight“ wie Kämpfen, „Freeze“ wie Erstarren und „Flirt“ wie Kommunizieren. Je nach Charakter, Temperament und persönlicher Einschätzung der Situation wird sich die Katze für eine dieser vier Möglichkeiten entscheiden. Sie wird nun versuchen, ihr emotionales Gleichgewicht durch die Flucht, einen Kampf, durch Erstarrung oder auch durch den Versuch der Kommunikation wiederherzustellen.
Am einfachsten lässt sich dieses Verhalten erklären, wenn wir uns unsere Katze in einer für sie alltäglichen Situation vorstellen: Nehmen wir einmal an, unsere Katze trifft ihren Erzfeind, den ungehobelten Kater aus dem Nachbarhaus, welcher frech durch ihren Vorgarten stolziert. Wie könnte nun unsere Katze reagieren? Sie könnte vor dem ungeliebten Kater fliehen („Flight“) und sich so dem Eindringling entziehen. Sie könnte aber auch gegen den aufdringlichen Kater kämpfen („Fight“) und ihn mit scharf gewetzten Krallen aus dem eigenen Garten vertreiben. Ebenso könnte sie einfach erstarren („Freeze“) und hoffen, dass der unerwünschte Besucher seines Weges zieht und sie schlicht ignoriert. Oder unsere Katze verlässt sich auf ihre diplomatischen Fähigkeiten, indem sie mit dem Kater kommuniziert („Flirt“) und so die Situation für beide Parteien nachhaltig entspannt. All diese Strategien haben unterschiedliche Vor- und Nachteile und werden von der Katze der jeweiligen Situation entsprechend angewendet. Außerdem gibt es unter Katzen ebenso wie unter den Menschen Typen, die leicht jähzornig reagieren und ihre emotionale Balance über eine Rauferei oder einen lautstarken Disput wiederherzustellen versuchen, während andere doch lieber ihr Gegenüber bezirzen und für sich einzunehmen vermögen.
Ebenso wie Ihnen selbst Ihre Gefühle buchstäblich ins Gesicht geschrieben stehen, können auch bei unseren Katzen Rückschlüsse von ihrem...