1 Dein Selbstbewusstsein stärken
Wer selbstbewusst ist, hat es im Leben leichter. Das gilt auch umgekehrt: Wer sich weniger mit Problemen herumplagen muss, fühlt sich selbstbewusster. Oder?
Jedenfalls glauben das viele. Das stimmt aber nicht! Gerade Menschen, die sich schon mit vielen Problemen herumgeschlagen haben, sind selbstbewusster – vorausgesetzt, sie haben sich diesen Problemen aktiv gestellt und haben sie gelöst. Genau hier liegt der wichtigste Schlüssel zu einem guten Selbstbewusstsein und einem dicken Fell. Es geht nicht darum, vorzusorgen, dass alles glattläuft. Ganz im Gegenteil – das macht Menschen eher ängstlicher! Sondern es geht darum, dafür zu sorgen, dass man auf Herausforderungen gut vorbereitet ist, egal, wie groß sie sein mögen.
Damit das gelingt, ist die innere Einstellung entscheidend. Also nicht das, was außen passiert, sondern das, was in dir drin passiert. Ist das nicht eine grandiose Nachricht? Denn es bedeutet nichts anderes, als dass du selbst entscheidest, wie du unterwegs bist. Du entscheidest, was du anziehst: das kleine Schwarze oder den Ostfriesennerz. Wenn du die richtigen Klamotten griffbereit hast und morgens aus dem Fenster und auf das Thermometer schaust, bevor du aus dem Haus gehst, bist du für jedes Wetter gewappnet. Und nichts anderes bedeutet es, ein gutes Selbstbewusstsein zu haben. Deine Psyche weiß: Du hast für jedes Wetter die richtigen Klamotten zur Hand. Und wenn nicht, kannst du sie dir stricken.
In diesem Kapitel findest du viele Fäden, mit denen du dein Fell dicker stricken kannst. Wichtig ist, wie du mit dir selbst umgehst. Behandelst du dich selbst gut, geht es dir besser. Mäkelst du ständig an dir herum oder erwartest immer und überall mindestens 100 Prozent von dir, sind Misserfolge und Enttäuschungen vorprogrammiert. Darum heißt es: Ärmel hochkrempeln und auf zur ersten Etappe zu einem dickeren Fell!
1.1 Die innere Perfektionistin ehrenvoll verabschieden
Tausend gute Gründe sprechen dafür, perfektionistisch zu sein – und zweitausend Gründe sprechen dagegen. Der wichtigste Grund: Perfektionismus macht nicht nur unglücklich. Er macht auch schwach. Denn wer perfekt sein möchte oder alle Dinge perfekt erledigen will, hat das Scheitern quasi abonniert.
Wenn du etwas perfekt machen möchtest und es nicht klappt, erlebst du dich selbst als Verliererin. Du hast dein Ziel nicht erreicht, du genügst deinem Anspruch nicht. Das schwächt dich jedes Mal. Dein Selbstvertrauen sinkt. Dein Fell wird dünn und durchlässig. Du fängst an, dich mehr anzustrengen, um noch besser zu werden. Du erschöpfst dich und das dünnt dein Fell noch mehr aus. Denn für ein dickes Fell brauchst du Seelenruhe. Erholungspausen. Ausreichend Schlaf. Und einen guten Umgang mit dir selbst. Das alles nimmt dir deine innere Perfektionistin – gnadenlos.
Aber noch ein anderer Aspekt öffnet in diesem Zusammenhang die Augen:
Wenn du etwas zu 80 Prozent tust, brauchst du dafür Mühe und Zeit X. Tust du das Gleiche zu 90 Prozent, brauchst du nicht etwa 10 Prozent mehr Mühe und Zeit, sondern doppelt so viel. Und möchtest du von 90 Prozent auf sogar 100 Prozent kommen (und mit nichts weniger ist die Perfektionistin ja zufrieden), dann kostet dich das noch einmal doppelt so viel. Also: Von 80 Prozent auf 100 Prozent brauchst du vier Mal so viel Zeit und Kraft.
Du glaubst mir nicht? Probiere es aus. Putze ein Fenster zu 80 Prozent: Das Fenster ist innen und außen geputzt, die Fensterrahmen sind abgewischt. Die Ecken sind nicht tipptopp, und der ein oder andere kleine Streifen oder Mückenschiss ist auch noch da. Aber man kann gut durchschauen und sieht: Das hat jemand sauber gemacht. Möchtest du nun auf 90 Prozent kommen, also keine Streifen mehr im Fenster und einen perfekt sauberen Rahmen, dann brauchst du viel mehr Zeit. Denn streifenfrei heißt: gründlich polieren. Wenn du nun auch noch das letzte Eckchen supersauber haben möchtest, also die 100 Prozent willst, wischst du nicht nur länger, du solltest auch noch das Fensterbrett innen und außen sauber machen. Und schon brauchst du für ein Fenster die gleiche Zeit wie deine Freundin, die in der gleichen Zeit die halbe Wohnung geputzt hat und sich kurz danach mit einem Cappuccino in den Garten setzt oder sich mit ihrer Freundin trifft – nein, nicht mir dir. Du putzt ja noch.
Du merkst, wo es klemmt, oder? Perfektionismus ist nicht verboten, aber er vermiest dir dein Leben nachhaltig und verhindert alles, was dein Fell stärkt: regelmäßige Erfolgserlebnisse, kleine Pannen, die du mit Humor nimmst, Zeit für dich selbst und für positive Erfahrungen.
1.2 Deine alte Gouvernante
Stell dir deine innere Perfektionistin wie eine alte und strenge Gouvernante vor, die dich jahrelang unsichtbar begleitet hat. Es ist Zeit für sie, zu gehen. Und damit dir das leichterfällt, kannst du ein Bild für sie suchen, es ausdrucken und hier rechts einkleben.
Wirf sie bitte nicht hochkant hinaus. Sie hat es vermutlich gut gemeint und dir jahrelang gedient. Nimm dir Zeit für sie, bedanke dich für alles, was sie bisher für dich getan hat, und für ihre guten Absichten. Sie hat genug getan, sie darf nun in Rente gehen und sich ausruhen. Das hat sie verdient. Sag ihr das. Gib ihr in der Vorstellung ein Abschiedsgeschenk, begleite sie zur Tür, sag ihr freundlich »Auf Wiedersehen«, schließe die Tür – und tanze! Am besten schmeißt du eine riesige Party! Lade alle Freunde und Bekannten ein, an die du dich erinnern kannst. Und, ganz klar: Das wird keine perfekte Party! Die Wohnung ist nicht blitzsauber, die Gäste haben vielleicht nicht alle einen Stuhl oder müssen Klappstühle mitbringen, das Bier geht aus, dafür ist noch Whiskey da – improvisiere und feiere das schönste und entspannteste Fest deines Lebens!
1.3 Um Hilfe bitten und Hilfe annehmen
Fühlst du dich manchmal überlastet? Hast du viel zu wenig Zeit für dich selbst? Nimmt dir zu selten jemand etwas ab? Wirst du von vielen Menschen für ganz stark gehalten, würdest dich aber gerne mal fallen lassen oder anlehnen?
Dann hast du verlernt, um Hilfe zu bitten und zu fragen. Es ist wirklich so: Gerade Frauen gehen ganz oft davon aus, dass andere sehen müssten, wo sie sich Hilfe wünschen. Wir sehen es ja auch bei anderen. Warum also sollten unsere Partner oder unsere Kinder es nicht bei uns bemerken? Nun, sie ticken anders. Gerade als Frau, die stark erscheint, hinterlässt du nämlich häufig den Eindruck, dass du keine Unterstützung brauchst oder sie vielleicht sogar gar nicht willst. Auch Bequemlichkeit kann bei anderen dazu führen, dass sie starke Frauen einfach weiterpowern lassen.
Bevor du nun zu deinen Liebsten läufst und ihnen sagst: »So, es reicht, ab sofort will ich mehr Unterstützung!«, bitte ich dich, das konkrete Fragen zu üben, damit es dir in den Situationen, in denen es eigentlich darauf ankommt, leichterfällt. Das ist wie in der Fahrschule: Erst übt man auf den ruhigen Nebenstraßen, bevor man auf die Autobahn fährt.
Die Fragen beginnen mit
Könnten Sie bitte …?
Darf ich …?
Würden Sie bitte …?
Haben Sie auch …?
Bitte …?
Bitte darum, dass dir etwas als Geschenk verpackt wird. Bitte die Verkäuferin, dir zu zeigen, wo etwas steht, bevor du selbst den ganzen Laden durchsuchst. Bitte jemanden darum, dir eine schwere Tasche vom Auto bis zur Haustür zu tragen, dir in den Mantel zu helfen, dir die Tür aufzuhalten, wenn du bepackt aus dem Laden möchtest, dir eine Auskunft zu geben oder dir das Wechselgeld in Münzen rauszugeben.
Der Grund: Es geht um das Trainieren deines »Fragemuskels«, und dafür ist jede Situation gut. Bitte eine Freundin darum, nach dem Kindergarten zwei Stunden auf deinen Sprössling aufzupassen, selbst wenn unter Missachtung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen pünktlich sein könntest. Trinke stattdessen nach der Arbeit noch einen Cappuccino, sodass du erholt ankommen kannst. Und rechtfertige dich NIE für eine Bitte. Sprich sie aus und warte ab, was passiert. Wird sie angenommen, gut! Wenn nicht, auch gut! Es geht ja um das Trainieren und nicht darum, dass dir nun jede Tür deines Lebens von einem freundlichen Menschen aufgehalten wird.
Notiere, wo du dieses Fragen üben kannst! Mach eine lange Liste, sodass du jeden Tag mindestens eine Gelegenheit findest! Ich wünsche dir viel Spaß!
1.4 Deine Umgebung entrümpeln
Du musst keine Feng-Shui-Expertin sein, um zu ahnen, dass es nicht guttut, in Gerümpel zu leben. Das tust du nicht? Wunderbar! Vielleicht gibt es aber auch in deiner Wohnung ein paar »vergessene« Ecken und Schubladen, Kellerräume und Kartons, ein chaotisches Bücherregal, in dem du nichts mehr findest? Jeder dieser Bereiche stresst dich ein klein wenig, unbewusst, aber beständig. Es wird Zeit, diesen Ballast zu entrümpeln und die Ecken aufzuräumen, die deine Gelassenheit beharrlich ankratzen – auch wenn du es bewusst...