Oh, noch immer keinen Freund? Bemitleidende Blicke trafen mich. Immer wieder. Auf Verwandtschaftsfeiern. In der Kirche. Wenn ich Bekannten über den Weg lief. Wie habe ich das gehasst! Ich versuchte tough zu sein und zu vertrauen und mein Leben als Single mutig anzupacken und zu gestalten … und dann: zack – eine nett gemeinte Frage, die mir aber in den falschen Hals rutschte. Eine Frage wie „Hast du denn keine Sehnsucht nach einem Mann?“ konnte mich als sanguinisch veranlagte Frau1 von einem Moment auf den anderen verärgern, zum Heulen bringen, zumindest aber meine gute Laune trüben. So was passierte mir häufig. Immer wieder wurde ich daran erinnert, dass mir zu meinem Glück scheinbar noch jemand fehlt: mein Partner. Erst dann würde mein Leben so richtig losgehen. Ja, dann hätte ich endlich ein lohnenswertes Ziel vor Augen: Ehe, Kinder, Familienglück. Ohne meinen Prinzen neben mir war ich eben Nelli ohne Anhang. Single. Alleine. Nicht verheiratet. Gefühlt halbwertig.
Anscheinend empfand nicht nur ich selbst diesen Status manchmal als großen Nachteil, nein, auch andere Menschen in meinem Umfeld gaben es mir deutlich zu verstehen. Und wenn ich dann gerade in einem Moment zu schwach war, um fröhlich drüberzustehen, passierte es wieder: Mein Selbstwert schrumpfte sekündlich. Ich stellte meinen Charakter und mein Aussehen in Frage. Ich dachte über Ursachen nach, warum ich immer noch keinen Mann an meiner Seite hatte. Und das Ergebnis dieses Grübelns war manchmal, dass ich mich selbst anfeindete und mir selbst die giftigsten Pfeile entgegenschoss. Ich bin bestimmt selber schuld! Ich bin wohl zu kompliziert, zu unsexy, zu langweilig. Meine Sehnsucht nach einer Beziehung stand dann wieder mit in die Hüfte gestemmten Armen vor mir und grinste: „Ha, wer sagt es denn? Du kriegst niemanden ab. Guck dich doch mal an!“
Geht es dir vielleicht manchmal ähnlich? Hast du gelegentlich den Eindruck, dass du nicht so wertvoll bist, weil du eben (noch) nicht dein Gegenstück gefunden hast? Dass in deinem Alter schon alle unter der Haube sind und scheinbar das perfekte, traumhafte Leben führen, wonach du dich so sehnst? Beschleicht dich auch manchmal das Gefühl, dass dein Wert irgendwann zur vollen Fülle gelangen wird, nämlich dann, wenn du dein Gegenstück gefunden hast und dann nur noch im Doppelpack mit ihm unterwegs sein wirst? Never more alone! Immer an seiner Seite. Kein Ich, nur noch Wir. W wie wertvoll. Endlich! Das Leben macht endlich Sinn! Schlimm genug, dass so viel Zeit ins Land gezogen ist. Verpasste Zeit. Ungenutzte Zeit. Sinnlos.
Moment! Was passiert hier gerade? Da schmuggeln sich Botschaften in unser Inneres und beschmutzen unser Herz, unsere sensible Seele. Es sind Botschaften, die uns andere Menschen oder die Gesellschaft vermitteln – und die wir uns allzu oft selbst einreden. Solche destruktiven Gedanken verhindern jedoch einen aufrechten Gang, sie hindern unsere Seele daran, aufrecht zu gehen. Ja, sie geben uns das Gefühl, versagt zu haben – im ganz großen Stil. Und das nur, weil wir der weitverbreiteten Meinung glauben, man könne nur mit einem Partner wirklich glücklich sein. Nancy Leigh DeMoss schreibt in ihrem Buch „Lügen, die wir Frauen glauben“2, dass viele Frauen verzweifelt nach Bestätigung und Anerkennung durch andere suchen. „Aber in den meisten Fällen“, so sagt sie, „können noch so viele ‚Streicheleinheiten‘ die schmerzhaften negativen Bemerkungen nicht aufwiegen, die dazu geführt haben, sich für wertlos zu halten.“ Wir wollen in den Augen anderer erfolgreich sein und haben auch selbst den Anspruch an unser Leben, dass es in die Schablone passt: toller Mann, süße Kinder, erfüllender Beruf, Top-Aussehen. #läuftbeimir.
Keine Macht den Schablonen!
Doch warum machen wir unseren Wert von einer Schablone abhängig? Warum erlauben wir ihr, uns so viel Gestaltungsraum wegzunehmen, so viel Freiheit und so viele Chancen? Die Schablone engt uns ein. Sie taugt nicht dazu, etwas Lebendiges zu formen. Das Leben will leben, Platz haben, sich ausbreiten, atmen, Neues entdecken, experimentieren, unterwegs sein. Da ist eine Schablone nur hinderlich. Sie raubt uns den so wichtigen Freiraum, um zu wachsen – und um zu der Frau zu werden, die Gott sich vorgestellt hat, als er uns schuf. Doch wie werden wir diese hartnäckige Schablone los?
Ich bin davon überzeugt, dass Gott, unser Schöpfer, die längeren Hebel in der Hand hat. Es ist schwierig, die Schablone selbst zu entfernen, weil sie sich über Jahre in unseren Köpfen festgesetzt hat und wir ihr schon so lange glauben und uns an ihr orientieren. In der Bibel finden wir jedoch viele Hilfen, die uns wieder in unsere persönliche Freiheit führen können. Wenn wir Gottes Wahrheiten folgen und ihnen glauben, wird die Schablone in unseren Köpfen immer mehr verblassen und sich irgendwann ganz in Luft auflösen.
Die Bibel ist ein großartiger Lügendetektor. Sie hilft uns, die Lügen aus unserem Herzen zu entfernen – damit wir wieder mehr Kraft haben, unser Leben zur Freude Gottes zu gestalten.
„Wenn ihr in meinem Wort bleibt […] werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen“, sagt Jesus (Johannes 8,31–32; NGÜ). Frei von irgendwelchen Schablonen, die sich Menschen ausgedacht haben. Mit 18 einen Freund, mit 21 Jahren heiraten, mit 23 Jahren das erste Kind, mit 25 Jahren das zweite Kind, mit 27 Jahren das eigene Haus. Jesus will uns freimachen, damit wir mit seiner Hilfe unseren eigenen Weg entdecken und ihn fröhlich gestalten können. Auch an anderen Stellen in der Bibel ist davon die Rede, dass wir frei sein sollen. Paulus schreibt: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Ja, wir alle sehen mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn. Wir sehen sie wie in einem Spiegel, und indem wir das Ebenbild des Herrn anschauen, wird unser ganzes Wesen so umgestaltet, dass wir ihm immer ähnlicher werden und immer mehr Anteil an seiner Herrlichkeit bekommen (2. Korinther 3,17–18). Was für eine Verheißung!
Gottes Plan, wie die Schablone aus unseren Köpfen entfernt werden kann, ist also der: Schau auf mich und lass dich von mir umgestalten. Indem wir wieder und wieder die biblischen Wahrheiten in unser Herz lassen, werden unsere Gedanken und Einstellungen korrigiert. Die Bibel ist ein großartiger Lügendetektor. Sie macht uns auf das aufmerksam, was nicht der Wahrheit entspricht, und hilft uns, die Lügen aus unserem Herzen zu entfernen – damit wir wieder mehr Kraft haben, unser Leben zur Freude Gottes zu gestalten. Gott offenbart uns in seinem Wort, was er über uns denkt und welchen Wert wir in seinen Augen haben. In Jesus Christus haben wir eine ganz neue Identität. Schablonen, die unser Leben bestimmen wollen, sind nicht in seinem Sinne. Er, der selbst die Freiheit proklamiert, wünscht sich, dass wir in seiner Gegenwart immer mehr Freiheit schmecken und unsere Identität in ihm entdecken.
Himmlische Ermutigungen
Noch bevor ich dich im Leib deiner Mutter entstehen ließ, hatte ich schon meinen Plan mit dir. Noch ehe du aus dem Mutterschoß kamst, hatte ich bereits die Hand auf dich gelegt.
Jeremia 1,5
Du bist wunderbar und einzigartig gemacht.
Psalm 139,14
Christus hat dich befreit; er will, dass du jetzt auch frei bleibst. Steh also fest und lass dich nicht wieder ins Sklavenjoch einspannen!
nach Galater 5,1
Denn Gott hat dir nicht einen Geist der Ängstlichkeit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
nach 2. Timotheus 1,7
Mein Plan mit dir steht fest: Ich will dein Glück und nicht dein Unglück. Ich habe im Sinn, dir eine Zukunft zu schenken, wie du sie erhoffst. Das sage ich, der Herr.
nach Jeremia 29,11
Alle Zeiten deines Lebens sind in deiner Hand.
Psalm 31,16; NGÜ
Wenn ich gerade traurig darüber bin, dass ich noch alleine bin, unterhalte ich mich intensiv mit Jesus. Wir gehen spazieren oder ich schreibe ihm einen Brief und lasse Jesus einfach an meinem Leben teilhaben. Und es ist unglaublich: Häufig sind gerade diese ganz sensiblen Momente, in denen ich ihm von meinem Hunger nach Liebe und nach einer Beziehung erzähle, richtige Gottesmomente. In meiner Verzweiflung gibt er mir Wasser zu trinken, das meinen Durst nach Liebe auf viel tieferer Ebene löscht. Die ungestillte Sehnsucht, die mich zu Gott treibt, wird anders, aber auf wundersame Art und Weise von ihm gestillt. Er gibt mir Wasser, das meinen Durst wirklich löscht. Das Singlesein ist meine Chance, immer wieder in Gottes Armen nach Liebe und Annahme zu suchen und sie bei Gott zu bekommen.
Carolin3 habe ich bei einer Freizeit auf Korsika kennengelernt. Sie verriet mir, dass sie ein kleines Plüschtier besitzt, das von ihr schon völlig zerknautscht und zerknuddelt ist. Ihr Kuschelmarienkäfer trägt den amüsanten Namen Ullifurz. Er ist ihr stetiger Begleiter, schon seitdem sie Kind war. Sicher ist das Stofftier in den Augen anderer ziemlich unansehnlich und reif für die Mülltonne, weil es nicht mehr gut riecht und teils undefinierbare Flecken hat. Doch in den Augen von Carolin ist es eben Ullifurz, ihr liebstes...