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Wortakzent im Deutschen

AutorKonstantin Udod
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl60 Seiten
ISBN9783668079144
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 2,3, Universität zu Köln (Institut für deutsche Sprache und Literatur I), Sprache: Deutsch, Abstract: Es handelt sich hierbei um eine Untersuchung zum Thema 'Akzentzuweisung in deutschen Simplicia und einfachen Lehnwörtern'. Im Rahmen dieser Untersuchung wird der gewichtsbasierte Ansatz von Vennemann/Noel mit dem fußbasierten von Wiese/Eisenberg verglichen.

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Leseprobe

2. Der gewichtsbasierte Ansatz


 

2.1 Die Zuweisung des Hauptakzentes nach Vennemann


 

Nach Vennemann gibt es im Deutschen keine Vokalopposition, sondern nur acht Vokale: a, ä, o, ö, u, ü, e, i. [Vennemann 1991: 87] Dementsprechend kann die Länge oder Kürze von Vokalen nicht als ausschlaggebendes Kriterium bei der Akzentzuweisung dienen. [Vennemann 1995: 187] Den Grund für das Fehlen der Vokalopposition im Deutschen sieht Vennemann in der Dehnung in der offenen Tonsilbe, die im Mittelalter einsetzte und zum Zusammenbruch der Quantität im Deutschen führte. [Vennemann 1995: 206] In derselben Zeit soll es unter dem Einfluß romanischer Sprachen zur Ersetzung des ursprünglichen Initialakzentes durch den Finalakzent gekommen sein. [Vennemann 1995: 206f.] Deswegen zählt Vennemann die Silben deutscher Wörter von rechts nach links und bezeichnet sie wie im Lateinischen als Ultima, Pänultima und Antepänultima, was sich im weiteren Verlauf noch zeigen wird. Vennemann betrachtet folgende vier Regeln und vier Normalitätsbeziehungen als die Prinzipien, die hinter der Vergabe des Hauptakzentes in deutschen Simplicia und integrierten Lehnwörtern stecken:

 

Strikte Regeln:

 

1) Vollsilbenregel: Nur Vollsilben können akzentuiert werden. (R1) [Vennemann 1991: 97]

 

Als Vollsilben betrachtet Vennemann solche Silben, die einen Vollvokal im Kern haben. [Vennemann 1991: 88]

 

2) Reduktionssilbenregel: Eine bedeckte reduzierte Ultima arretiert den Akzent auf der letzten Vollsilbe. (R2) [Vennemann 1991: 98]

 

Reduziert sind Silben dagegen dann, wenn sie r, l, m, n oder das Schwa im Nukleus haben. [Vennemann 1991: 87] Nach Vennemann ist eine Silbe dann bedeckt, wenn ihr Kopf gefüllt ist: „kalt“ (Unterstreichung durch den Verfasser) [Vennemann 1991: 93, Fußnote 11]. Als Beweise für die Existenz dieser Regel betrachtet Vennemann solche Wörter wie „A‘gathe“, „He‘lene“, „Me‘lone“ und „Gra‘nate“ [Vennemann 1991: 98]. In all diesen Wörtern ist der Kopf der Ultima gefüllt. Außerdem steht nicht ein Vollvokal, sondern ein Schwa im Kern. Die Silbe davor hat dagegen einen Vollvokal im Nukleus. Dementsprechend bekommt sie auch den Wortakzent. In den ersten beiden Wörtern kommt noch hinzu, dass sie in der Herkunftsprache auf der Antepänultima betont werden [Vennemann 1991: 98], was wiederum bedeutet, dass diese Wörter infolge der Anpassung an das Akzentsystem des Deutschen eine neue Wortbetonung bekommen haben. Das betrachtet Vennemann als zusätliche Evidenz für die Richtigkeit von (R2). [Vennemann 1991: 98]

 

3) Dreisilbenregel: Nur die letzten drei Vollsilben eines unzusammengesetzten Wortes können akzentuiert werden. (R3) [Vennemann 1991: 98]

 

 

[Vennemann 1991: 98]

 

Das demonstriert Vennemann am Beispiel solcher Wörter wie „Allotria“ oder „Methusalem“, wo die Betonung der vierten Silbe von rechts als grammatischer Fehler markiert ist. [Vennemann 1991: 98]

 

4) Pänultimaregel: Der Akzent geht nicht über eine schwere Pänultima zurück (R4) [Vennemann 1991: 99].

 

In der Vorstellung von Vennemann ist eine Silbe dann schwer, wenn sie nicht leicht ist. Leichte Silben definiert er dabei folgendermaßen: „Eine Silbe heißt leicht im Standarddeutschen, wenn sie offen, monophthongisch und sanft geschnitten ist…“ [Vennemann 1991: 97]. Aus der oben erwähnten Regel von Vennemann betreffend leichte Silben folgt, dass eine Silbe dann schwer ist, wenn sie entweder geschlossen oder diphthongisch oder scharf geschnitten ist. Dementsprechend führt er Beispiele für jeden dieser Fälle an:

 

Pänultima schwer da geschlossen:

 

 

[Vennemann 1991: 99]

 

In allen drei Wörtern endet die Pänultima auf einen Konsonanten und ist in der Vorstellung von Vennemann schwer. In „Katmandu“ ist auch die Antepänultima schwer, bekommt aber den Wortakzent nicht, was man als zusätzlichen Beweis für die Richtigkeit dieser Regel betrachten kann.

 

 

[Vennemann 1991: 99]

 

Sowohl im Wort „Balalaika“ als auch im Wort „Eleusis“ sind alle Silben betonbar. Doch in beiden Fällen bekommt die Silbe mit Diphtong im Nukleus den Akzent, während andere Varianten als ungrammatisch markiert werden.

 

 

 [Vennemann 1991: 100]

 

Auch hier enthalten die Wörter „Kentucky“ und „Andorra“ zwei schwere Silben („Ken“ und „ta“ sowie „An“ und „do“). Doch der Akzent geht nicht über die schwere Pänultima zurück. Als Ausnahmen aus dieser Regel betrachtet Vennemann solche grammatischen Termini wie „‘Akkusativ“, „‘Nominativ“ sowie Eigennamen wie „‘Turandot“, „‘Valentin“ und „‘Augustin“ [Vennemann 1995: 208].

 

Diese Beispiele erwecken den Eindruck, als ob nur offene Silben, denen ambisilbische Konsonanten folgen (Vennemann bezeichnet solche Silben als „virtuell geschlossen“ [Vennemann 1999: 229]), scharf geschnitten wären. Doch in der Tat definiert Vennemann den scharfen Schnitt ganz anders. Nach ihm endet der Nukleus einer jeden scharf geschnittenen Silbe auf Crescendo, während der Nukleus von sanft geschnittenen Silben auf Decrescendo ausgeht. [Vennemann 1991: 90] Unter Crescendo versteht Vennemann den Gipfel des Energieanstieges in der Silbe. [Vennemann 1991: 92] Daraus kann man folgern, dass das Decrescendo den Beginn des fallenden Energieverlaufs bedeutet. Dabei ist der Energieverlauf nicht identisch mit dem Sonoritätsverlauf, denn die größte Sonorität bedeutet maximale Schallfülle, während das Crescendo mit maximalem Energieaufwand für die Produktion eines Lautes identisch ist [Vennemann 1991: 92]. Zur Veranschaulichung des Energieverlaufs bedient sich Vennemann folgender Schemata:

 

 

[Vennemann 1991: 90]

 

Das obige Schema zeigt, dass das Crescendo auf dem als Pfeil markierten Silbennukleus landet, während das Decrescendo erst auf der nächsten, als bloßer Strich markierten Position in der Silbe beginnt.

 

 

[Vennemann 1991: 90]

 

Um besser illustrieren zu können, dass das Crescendo und Decrescendo beim scharfen Schnitt nicht aufeinandertreffen, benutzt Vennemann die Abbildung oben, wo die Verbindungslinie zwischen dem Nukleus und dem Symbol für das Decrescendo extra durchgestrichen ist.

 

 

[Vennemann 1991: 90]

 

Auf dem Schema zum sanften Schnitt ist diese Linie nicht durchgestrichen, was veranschaulichen soll, dass das Crescendo und das Decrescendo „aufeinanderprallen“. So wird der Unterschied zwischen dem scharfen und dem sanften Schnitt von Vennemann veranschaulicht.

 

Doch Silben existieren nicht in einem linguistischen Vakuum, sondern werden zu Füßen und Wörtern zusammengefügt. Wie der Energieverlauf in ganzen Wörtern abgebildet werden kann, sollen folgende Beispiele von Vennemann illustrieren:

 

 

 [Vennemann 1991: 91]

 

Im Wort „Bett“ erreicht der Energieverlauf seinen Höhepunkt auf dem Silbengipfel „e“, während der abfallende Energieverlauf erst auf der folgenden Position in der Silbe „t“ anfängt. Deswegen gibt es keine Verbindungslinie zwischen „e“ und „t“, was man als eine Alternative zur durchgestrichenen Linie betrachten kann. Im Wort „Beet“ dagegen kollidieren das Crescendo und das Decrescendo miteinander, was mit den auf dem Silbengipfel zusammenfallenden Linien zum Ausdruck gebracht wird.

 

Aus solchen Beispielen folgert Vennemann, dass einfach geschlossene Einsilber sowohl scharf als auch sanft geschnitten werden können. [Vennemann 1991: 95] In mehrsilbigen Simplicia haben einfach geschlossene Silben in der Regel scharfen Schnitt und zwar selbst dann, wenn sie den Akzent tragen: As’tarte [Vennemann 1991: 95]. Mehrfach geschlossene Silben sind bis auf wenige Ausnahmen („Mond“, „Biest“, „Geest“) scharf geschnitten. [Vennemann 1991: 94] Bei offenen Silben gilt der sanfte Schnitt als normal. [Vennemann 1999: 229]

 

Normalitätsbeziehungen:

 

1) Normalitätsbeziehung für schwere Ultimae: Simplicia mit schwerer Ultima werden auf der Ultima akzentuiert, insbesondere, wenn diese mehrfach geschlossen ist. [Vennemann 1991: 101]

 

 

 [Vennemann 1991: 101]

 

Auch hier gibt es Beispiele mit schwerer diphtongischer („Radau“) Silbe, geschlossener („Taifun“) sowie scharf geschnittener („robust“) Silbe. Was besonders wichtig ist: Jedes dieser Wörter besteht ausschließlich aus vollen und damit auch betonbaren Silben. Doch die Schwere der Ultima arretiert den Akzent auf ihr. Die drei Ausnahmen „‘Tharau“, „‘Aaron“, „‘Ballast“ zeigen, dass es keine strikte Regel, sondern eine Normalitätsbeziehung ist.

 

2) Normalitätsbeziehung für leichte Ultimae: Simplicia mit leichter Ultima werden nicht auf der Ultima akzentuiert. [Vennemann 1991: 102]

 

Als Normallfall...

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