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E-Book

Zum Krieger geboren

Mein Leben als Navy Seal

AutorChuck Pfarrer
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl500 Seiten
ISBN9783864132933
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Die gefährlichsten Einsätze der Navy SEALs. Die Navy SEALs gelten als eine der härtesten und tapfersten Sondereinsatzkommandos weltweit und sind für die Liquidation von Osama bin Laden verantwortlich. Kein SEAL hat sich je ergeben, kein SEAL wurde je gefangen genommen und keiner wurde je tot oder lebendig auf dem Schlachtfeld zurückgelassen. Navy SEAL Chuck Pfarrer nahm an über 200 Geheimoperationen teil. In diesem Buch erzählt er von seinen gefährlichsten Einsätzen auf allen Erdteilen, bei denen er immer wieder in Lebensgefahr schwebte. Im Atlantik half er bei der Bergung von Interkontinentalraketenteilen, in Südamerika unter-stützte er Special-Forces-Operationen und im Mittelmeer unternahm er den Versuch einer Geiselbefreiung, der schließlich abgebrochen werden musste. Hochspannend, sehr persönlich und mit bestechen-der Ehrlichkeit schildert Pfarrer die Kampf- und Anti-Terror-Einsätze der SEALs. Seine Geschichten sind keine reinen Heldenepen, sondern bewegende Schilderungen von Kämpfen, bei denen Angst, Verwundung und Tod immer eine Rolle spielen.

CHARLES PATRICK »CHUCK« PFARRER war 8 Jahre lang ein aktiver Navy SEAL. Er diente als Militärberater in Mittelamerika, trainierte NATO-Truppen in Europa und war im Nahen Osten im Einsatz, insbesondere im libanesischen Bürgerkrieg. Er war einer der Anführer des SEAL-Teams, das für die Festnahme der Entführer des italienischen Luxusdampfers Achille Lauroum Abu Abbas verantwortlich war und beendete seine Karriere als Assault Element Commander des SEAL Team 6

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Leseprobe

Das letzte Mal


Es war Freitagabend, und an Gate 14 im Norfolk International Airport warteten nur wenige Fluggäste. American Airlines Flug 405 war ein planmäßiger Kurzstreckenflug von Norfolk in Virginia nach San Juan in Puerto Rico mit Zwischenstopp in Miami. Die etwa zwei Dutzend Personen im Warteraum reichten kaum aus, um ein Drittel der Plätze in der Boeing 727 zu füllen, die gerade am Ende des Flugsteigs aufgetankt wurde. Angeblich sollten die meisten Passagiere erst in Miami zusteigen, um einen Vergnügungsausflug zu den Casinos zu machen und das Nachtleben in San Juan zu genießen.

Als meine Sitzreihe aufgerufen wurde, nahm ich mein Handgepäck, zeigte meine Bordkarte und ging den Flugsteig hinunter. Durch die Fenster konnte ich am Horizont tief hängende Gewitterwolken sehen. Es war 20.25 Uhr, nur zehn Minuten vor dem geplanten Abflug, und im Westen färbte das letzte Tageslicht den Himmel rot. Ich kam zu meinem Platz, als die Flugbegleiterinnen die Türen schlossen und die letzten Vorbereitungen für den Flug trafen, und stopfte meine Tasche in das Gepäckfach. Ich hatte definitiv mehr Handgepäck als erlaubt. In der Tasche war ein MT-1X-Militärfallschirm.

Ich flog nicht nach Miami.

Ich wollte mit einem Dutzend anderer Passagiere aus dem Flugzeug abspringen.

Ein genauerer Blick auf die Personen im Warteraum wäre vielleicht aufschlussreich gewesen. Die meisten waren unter 35, und die Männer hatten alle harte Augen und sahen sehr fit aus. Ein aufmerksamer Beobachter hätte vielleicht auch registriert, dass sie eine Vorliebe für Rolex-Uhren und teure Turnschuhe hatten. Sonst aber wirkten sie unauffällig. Doch sie waren kein gemischter Haufen von Zivilisten, sondern gehörten zu einem zwölfköpfigen Assault-Team von Navy SEALs. Die restlichen Passagiere von Flug 405 waren Mitglieder der Defense Intelligence Agency, Airforce Combat Controllers, Fallschirmexperten der Navy und eine Handvoll Offiziere vom Special Operations Command in Tampa, Florida. Alle waren in Zivil; und keiner war den strengen militärischen Vorschriften für das Erscheinungsbild unterworfen. Sie sollten sich unter die Leute mischen.

Ich wirkte genauso unauffällig wie die anderen Passagiere. Meine rötlichen Haare hatten Kragenlänge und mein Gesicht war von einem stattlichen Wyatt-Earp-Schnurrbart geschmückt, den ich mir hatte wachsen lassen, um meinem von Sommersprossen bedeckten Antlitz etwas mehr Würde zu verleihen. Mein Vater sagte immer, dass ich wie ein struppiger Tennisprofi oder wie ein extrem muskulöser Jachtbesitzer wirke. Jedenfalls sah ich ganz und gar nicht nach dem aus, was ich tatsächlich war: ein Lieutenant Commander der United States Navy im aktiven Dienst. Und ich war kein gewöhnlicher Lieutenant Commander. Meiner Ansicht nach hatte ich – abgesehen vom Piloten eines Spaceshuttles – den besten Job in Gottes Navy. Ich war Assault Element Commander bei der wichtigsten Einheit für Terrorismusbekämpfung der Navy: SEAL Team Six. Die anderen Männer, die unförmige Reisetaschen ins Gepäckfach wuchteten, waren meine Shooters oder meine »Boat-Crew«, wie ein anderer Ausdruck für sie lautete. Ich war verantwortlich für die heutigen Festivitäten, eine Übung in unauffälliger Einschleusung und Ausschleusung.

Zwei Stunden vor dem Flug hatten wir im Hauptquartier von SEAL Team Six unsere Ausrüstung und unsere Waffen zusammengepackt und waren einzeln zum Flughafen gefahren. Wir gaben nicht gekennzeichnete Koffer mit unseren Waffen und unserer Kampfausrüstung als Gepäck auf und bekamen Tickets für einen Flug, bei dem nie geplant war, dass er den ausgewiesenen Bestimmungsort erreichte. Stattdessen führten wir in Zusammenarbeit mit der Fluggesellschaft eine Übung für einen verdeckten Einsatz durch. Es gibt Hunderte von Arten, wie wir SEALs in ein Zielgebiet vordringen können: Wir können von einem Atom-U-Boot abgesetzt werden und uns mit Tauchgeräten dem Ziel nähern. Oder ein Flugzeug wirft Schlauchboote für uns ab, ein Einsatz mit der Bezeichnung »Rubber Duck«. Wir können über einen Gletscher, durch einen Dschungel oder durch eine Wüste vorstoßen. Wir können mit dem Fallschirm abspringen oder uns per Fast Rope (eine schnelle Winde mit Stahlseil) von einem Hubschrauber abseilen. Der Absprung aus Zivilflugzeugen ist eine Operation, die wir »DB Cooper« nennen. (D. B. Cooper hieß ein Flugzeugentführer, der 1971 angeblich mit der erpressten Summe von 200 000 Dollar aus einer Boeing-727 absprang.) Die Nutzung des normalen Luftverkehrs für die Einschleusung in ein feindliches Land oder ein feindlich beherrschtes Gebiet ist eine Spezialität der SEALs.

Kaum jemand springt absichtlich mit dem Fallschirm aus einem Düsenflugzeug ab. Jets sind zu schnell und die Luftwirbel, die ihnen folgen, können einem das Rückgrat brechen und das Fleisch vom Hintern reißen. Wir aber wurden für den Sprung aus zivilen Passagiermaschinen ausgebildet, weil sie überall verkehren und nicht dem Militär zuzuordnen sind. Es ist relativ leicht, amerikanischen Militärmaschinen das Überflugsrecht zu verweigern, aber ungleich schwerer, den Luftraum auch für die zivile Luftfahrt zu sperren. Libyen, Syrien, Kuba und zahlreiche andere Länder erlauben zivilen Fluggesellschaften, ihr Territorium zu überfliegen, und mehr braucht ein SEAL-Team auch nicht. Unerkannt und unerwartet können SEALs an jedem Ort der Erde eingesetzt werden. Vorausgesetzt, sie überleben den Sprung, sollte man vielleicht hinzufügen.

Der Trick besteht darin, in der richtigen Körperhaltung abzuspringen und den Fallschirm mit der angemessenen Verzögerung zu öffnen. Bei den SEALs gibt es zwei Arten von Fallschirmoperationen: HALO (High Altitude, Low Opening) mit Absprung in großer Höhe und Öffnung des Schirms in geringer Höhe und HAHO (High Altitude, High Opening) mit Absprung in großer Höhe und Öffnung des Schirms in großer Höhe.

Bei einem HALO-Sprung verlässt der Springer das Flugzeug unter Verwendung eines Sauerstoffgeräts in 10 500 Metern Höhe und öffnet den Fallschirm erst in einer Höhe von etwa 600 Metern, um zu vermeiden, dass er entdeckt wird. Er fällt dann volle drei Minuten mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 Stundenkilomentern, bevor er den Schirm öffnet.

Bei einem HAHO-Sprung verlassen Kampfspringer das Flugzeug ebenfalls in 10 500 Metern Höhe, ziehen aber schon nach einer kurzen Verzögerung von vielleicht drei Sekunden die Reißleinen. Sie öffnen ihre Schirme also nicht erst in letzter Sekunde, sondern in großer Höhe und manchmal buchstäblich noch im Jetstream. Die Springer gleiten dann in einer Höhe von 10 000 Metern mit offenem Fallschirm dahin. Sie bilden eine Gruppe und steuern ihr Ziel im Formationsflug an.

In einer Höhe von 10 000 Metern hat ein MT-1X-Fallschirm eine Vorwärtsgeschwindigkeit von etwa 55 Stundenkilometer, er kann also eine erhebliche Distanz zurücklegen, bevor er am Boden ankommt. Je nach Windverhältnissen kann ein Springer 30 bis 50 Kilometer von der Absprungstelle entfernt landen. Das ermöglicht, in ein Gebiet vorzudringen, in dem man weder erwartet wird noch willkommen ist.

Alle Mitglieder meines Assault-Teams hatten beide Arten von Sprung schon Hunderte von Malen absolviert und der Sprung in dieser Nacht sollte reine Routine sein. Er war nur eine Übung und zugleich mein letzter operativer Einsatz als Navy SEAL. Ich machte es mir auf meinem Platz bequem und nickte der Frau auf der anderen Seite des Ganges zu. Sie war mir schon bei einer Einsatzbesprechung als Angestellte des Außenministeriums vorgestellt worden – wie wir beide wussten, die übliche Deckbezeichnung für ein CIA-Mitglied. Wie die hohen Offiziere vom Special Operations Command war auch sie an Bord, um unseren Sprung zu beobachten.

Das Flugzeug wurde von der Rampe abgedockt und die Flugbegleiterinnen machten die Pantomimen ihrer Sicherheitsunterweisung. Wie üblich schenkte ihnen niemand Beachtung. Flug 405 bekam eine freie Startbahn zugewiesen und machte sich startbereit. Im Cockpit befand sich außer dem Flugkapitän der American Airlines auch ein Navy SEAL – einer unserer Operators, der als Flugkapitän und Pilot für über ein Dutzend ziviler Flugzeugtypen qualifiziert war. Er durfte alles fliegen, vom Kleinflugzeug bis zu Großraumflugzeugen wie der 747 oder der DC-10, und er sollte die Maschine während unseres Absprungs übernehmen.

Das Flugzeug erhielt die Startfreigabe und die Triebwerke heulten auf. Als es in die Nacht hinaufstieg, bekam der Pilot vom Tower in Norfolk die Anweisung, auf der Frequenz 234.32 mit der Abflugkontrolle Kontakt aufzunehmen. Nachdem er auf diese Frequenz gewechselt hatte, benutzte er das Rufzeichen Assailant 26, das zu einem Flugzeug der Navy gehörte. Flug 405 der American Airlines war damit im Nirwana verschwunden.

Das Leuchtzeichen auf den Radarschirmen der Abflugkontrolle bewegte sich nicht nach Süden auf den sonnigen Rentnerstaat Florida zu, sondern über die Virginia Capes nach Nordosten. Unter dem Rufzeichen der Navy verlangte der Pilot eine direkte Route zu »Seal DZ«, einem gesperrten Luftraum 40 Kilometer westlich von Virginia Beach. Als ich aus dem Fenster blickte, drehte das Flugzeug gerade eine Schleife über dem Leuchtturm von Cape Henry. Es wurde von einer Turbulenz geschüttelt und flog in eine Wand von Regenwolken hinein. Ich öffnete meinen Sicherheitsgurt, stand auf und wandte mich an meinen Leading Petty Officer. Der kleine, muskulöse Costa Ricaner Alex Romero war Sprengstoffexperte und dekorierter...

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