TYPISCH ZWERGKANINCHEN
Zwergkaninchen sind die »Minis« unter den Kaninchenrassen und deshalb als Heimtiere besonders beliebt. Doch in jedem Zwerg steckt noch das Erbgut seiner Vorfahren, der Wildkaninchen.
Zwergkaninchen kennenlernen
Vor allem junge Zwergkaninchen wirken auf Kinder einfach unwiderstehlich. Mit ihren Kulleraugen und ihrem Plüschfell scheinen sie wie geschaffen zum Kuscheln und Liebhaben. Doch Kaninchen benötigen mehr zum Glücklichsein: Verständnis für ihre natürlichen Verhaltensweisen und die Möglichkeit, diese auch ausleben zu dürfen. Begleiten Sie mich in die spannende Welt der Kaninchen, und Sie werden diese munteren kleinen Hausgenossen mit ganz neuen Augen sehen.
Glücklich nur mit Artgenossen
Feldhasen sind ausgesprochene Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit zusammenkommen. Wildkaninchen hingegen verbringen ihr gesamtes Leben innerhalb ihrer Gruppe, bestehend aus mehreren Männchen und Weibchen. Schließen sich einzelne Familienverbände zusammen, können Kolonien mit 100 und mehr Tieren entstehen. Dies tiefe Bedürfnis, gesellig zu leben, ist auch unserem Zwergkaninchen angeboren. All seine Verhaltensweisen sind darauf angelegt, sich als Gruppentier innerhalb der Gemeinschaft mit Artgenossen auszutauschen. Daran haben weder die jahrhundertelange Domestizierung (Haustierwerdung) noch die Zucht etwas Grundlegendes ändern können. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass ein einzeln gehaltenes Kaninchen wirklich zufrieden und glücklich lebt. Weder ein Mensch noch ein Meerschweinchen können als Ersatzpartner den Artgenossen ersetzen. Auch die Pauschalaussage, ein einzeln gehaltenes Kaninchen werde zutraulicher, ist nicht richtig. Häufig ist das Gegenteil der Fall. Dies bestätigen mir Hunderte von Zuschriften verzweifelter Halter, die größte Probleme mit ihrem einzeln gehaltenen Kaninchen haben. Ob das Tier eine vertrauensvolle Bindung zum Menschen eingeht, stets scheu bleibt oder sich aggressiv verhält, hat zumeist ganz andere Ursachen (? >, >, >).
Zugegeben, die Pflege ist nicht ganz einfach, doch wer so gelenkig wie ein Zwergkaninchen ist, der meistert die Übung lässig.
Sich wohl fühlen und genießen
Das gesellige Kaninchen sucht und braucht den Körperkontakt zu seinen Artgenossen. Gern liegen sie zu zweit oder auch in kleinen Gruppen eng beieinander und kuscheln. Auch in stressigen Situationen drücken sich die Tiere häufig eng zusammen und fühlen sich dadurch geborgener. In den Ruhephasen, manchmal spontan, oder wenn ein Tier das andere durch Anstupsen mit der Schnauze dazu animiert, wird ein Partner dann ausgiebig an Kopf und Ohren beleckt, bis ein Wechsel stattfindet. Diese soziale Körperpflege wirkt auf alle Beteiligten sehr entspannend und festigt die freundschaftliche Bindung der Kaninchen untereinander. Im Sexualkontakt wirkt dieses Belecken stimulierend. In meinen Gruppen leben Häsinnen mit kastrierten Männchen zusammen. Und hier beobachte ich immer wieder, wie rangniedere Kaninchen den ranghöheren (dominanten) Tieren ihre Anerkennung dadurch zeigen, dass sie diese besonders häufig putzen. Beleckt der Zwerg Ihre Hand oder Ihren Arm, meist wenn Sie ihn streicheln, bedeutet sein Verhalten ebenfalls: »Ich mag dich, und deshalb putze ich dich.«
Wer ist hier der Boss?
In der Wildkaninchenkolonie herrscht eine strenge Rangordnung. So verteidigen vor allem dominante (ranghohe) Weibchen während der Paarungszeit und Jungenaufzucht aggressiv ihren Wohnungsbau. Und die Rammler kämpfen mit beginnender Geschlechtsreife heftig um ihren Rang innerhalb der Gruppe, bis sich ein Alpha-Männchen (Rudelführer) durchgesetzt hat. Unterlegene Rivalen fliehen, und so kommt es zu keinen ernsthaften Verletzungen. Auch fremde Artgenossen werden nicht so ohne weiteres im Revier geduldet und in die Kolonie aufgenommen. All diese Verhaltensweisen sind jedoch wichtig, um die Ordnung innerhalb der Kaninchengemeinschaft zu regeln. Und auch unsere Zwergkaninchen zeigen dieses Verhalten, je nach individueller Eigenart, unterschiedlich stark ausgeprägt. Doch wenn es zu Revierstreitigkeiten kommt und sich ein sanftes »Kuschelkaninchen« plötzlich zu einem »Kampfkaninchen« entwickelt, reagieren die meisten Halter entsetzt und verzweifelt. Und nur allzu schnell wird ein Schlussstrich gezogen unter das gesellige Miteinander, denn: »Kaninchen vertragen sich nicht. Sie müssen einzeln gehalten oder abgegeben werden!« Gehe ich in Beratungsgesprächen den Dingen auf den Grund, wird schnell deutlich, dass Missverständnisse, Unkenntnis und nicht artgerechte Haltungsbedingungen das Ganze eskalieren ließen. Die kleinen munteren Racker stellen zwar manchen Blödsinn an, sie verdienen es jedoch nicht, wenn man sie dafür bestraft, dass sie sich wie Kaninchen verhalten.
Gehörst du wirklich zu meiner Familie? Der Schnuppertest bringt den Beweis: Wer nicht nach Sippe duftet, muss das Weite suchen…
Anatomie und Sinne
Augen
360 GRAD Sehwinkel. Das ermöglicht dem Kaninchen, sein Umfeld rundum, auch nach oben, zu erkennen. Dazu kommt die Fähigkeit, bei schlechten Lichtverhältnissen gut zu sehen. So ist das Kaninchen in der Lage, seine Feinde rechtzeitig zu erkennen und zu fliehen.
Nase
100 MILLIONEN Riechzellen ermöglichen den Kaninchen, feinste Duftmoleküle aufzunehmen. Wir reden in Worten, sie »sprechen« per Duftbotschaften miteinander. Für Kaninchen ist es wichtig, auch ihr Revier zu markieren.
Tasthaare
SIE BEFINDEN SICH im Mund-Nasen-Bereich, über den Augen und an den Wangen. Mit ihrer Hilfe kann sich das Kaninchen z.B. im unterirdischen Bau orientieren.
Krallen
TUNNEL GRABEN ist für Wildkaninchen eine Überlebensstrategie. Die Krallen dienen ihnen dabei als Werkzeug und müssen folglich ständig nachwachsen, um gebrauchsähig zu bleiben.
Zähne
10 CM PRO JAHR wachsen seine Zähne und werden nur durch intensives Nagen und Kauen abgenutzt. Zwerge brauchen immer etwas zu knabbern.
Ohren
WIE SCHALLTRICHTER gebaut, können die Ohren jeweils unabhängig voneinander gedreht werden. Ohne den Kopf zu bewegen, erfasst das Kaninchen einen Hörraum von etwa 360 Grad. Mit seinem feinen Gehör reagiert das Tier äußerst empfindlich auf alle lauten Geräusche. Vor allem, wenn Geräusche plötzlich auftreten, ungewohnt und schrill (Raubvogelschrei) sind, geraten Kaninchen leicht in Panik. Anhaltender Lärm in ihrem Umfeld verursacht den Tieren Dauerstress.
Zunge
IN DER MUND- und Rachenhöhle des Kaninchens befinden sich die Geschmacksknospen. Es kann zwischen süß, sauer, bitter und salzig unterscheiden. Saftiges Grün und aromatisches Heu schmecken besonders gut.
Wie Kaninchen »sprechen«
Um Missverständnissen im Umgang mit Zwergkaninchen vorzubeugen ist es gut, ein wenig »kaninisch« zu verstehen.
Männchen machen Sobald etwas die Aufmerksamkeit des Kaninchens erregt, wird eine erhöhte Körperposition eingenommen. Das verschafft dem Tier einen besseren Rundumblick.
Sich wälzen »Ich fühle mich rundum wohl. Ein Kistchen mit Sand wäre super.«
Anstupsen Kaninchen begrüßen sich, indem sie sich leicht mit der Schnauze anstupsen. Stupst der Zwerg Sie an, hießt das: »Hallo, hier bin ich. Hast du Zeit zum Schmusen?« Weiter im Text ? >.
Wegstupsen der Hand »Nun ist es genug mit Streicheln. Ich will meine Ruhe haben.«
Umkreisen der Füße Haben Sie schon beobachtet, dass Ihr Kaninchen Ihre Füße umkreist? Dieses Verhalten ist Teil des Paarungsrituals. Der Kaninchenmann umkreist seine Auserwählte. Lebt Ihr männliches Zwergkaninchen noch allein? Dann lassen Sie den »Herrn« kastrieren und gesellen Sie ihm ein Weibchen dazu. Sonst ist der Zwerg nur sexuell frustriert.
Aufstampfen, auch Trommeln genannt. Schlägt das Kaninchen mit den Hinterläufen auf den Boden, bedeutet dies: »Alarm, Gefahr in Verzug!
Ich habe Angst!« So warnen Wildkaninchen ihre Artgenossen vor herannahenden Feinden.
Luftsprünge und Haken schlagen. Wildkaninchen versuchen dadurch ihren Feinden zu entkommen. Dürfen Kaninchen als Heimtiere frei herumtollen, halten sie sich gern damit fit.
Flach auf den Boden gedrückt, dazu Ohren angelegt, Augen angstvoll geweitet. Irgendetwas hat Ihr Kaninchen sehr erschreckt. Ruhe bewahren und keinesfalls zu ihm hinrennen.
Entspanntes Hocken, Ohren angelegt. »Wenn nichts los ist, kann ich so stundenlang vor mich hin mümmeln und...