1. Schritt – Das Herz aufräumen
Fangen wir also gleich mit den praktischen Tipps an, wie Sie garantiert Ihren Traummann finden? Tut mir leid, aber das muss noch etwas warten. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass wir uns mit dem Status Quo befassen. Weil Gefühle und Einstellungen – die meist noch aus der Vergangenheit stammen – entscheidend Einfluss darauf haben, was Ihnen demnächst in einer Beziehung passieren wird. Die amerikanische Autorin Marianne Williamson fasst diese Zusammenhänge in ihrem Buch „Rückkehr zur Liebe“ mit einem treffenden Satz zusammen: „Der Gedanke ist die Ursache, die Erfahrung ist die Wirkung.“ Deshalb ist es auch für eine zukünftige Partnerschaft unverzichtbar, sich erst einmal die Gegenwart und die Vergangenheit anzuschauen. Sie kommen nicht um die Frage herum: Bin ich wirklich innerlich frei für eine Beziehung? Die folgenden Gefühlsbarrieren kommen besonders häufig vor. Vielleicht erkennen Sie sich in einer dieser Situationen wieder und finden Anregung, wie Sie sich davon lösen können:
Ich kann meine große Liebe nicht vergessen
Wer einmal die große Liebe erlebt hat, weiß genau, was er sucht und hat es deshalb besonders leicht, sollte man glauben. Tatsächlich kann es im Gegenteil so sein, dass sich diese Erfahrung eher hemmend auswirkt.
Anna und Leon lernten sich im Job kennen und heirateten bald. Dann nach vier Jahren die Katastrophe: Leon verunglückte tödlich mit seinem Motorrad. Seitdem lebt Anna allein. Zwar gibt es immer mal wieder jemanden, der sich für sie interessiert, aber Anna findet an jedem etwas auszusetzen. Der eine ist zu unsensibel, der andere hat nicht die passende Bildung, ein dritter wohnt zu weit weg. Anna lebt mit Leon weiter. Äußerlich erkennt man es daran, dass seine Fotos noch überall in der Wohnung hängen und dass die Einrichtung sich seit der gemeinsamen Zeit kaum verändert hat. Im Grunde sucht Anna einen zweiten Leon. Den aber gibt es nicht.
Man muss nicht unbedingt eine trauernde Witwe sein, um von Erinnerungen blockiert zu werden. Jede Liebe, die wir nicht vergessen können, hat den gleichen Effekt.
Katrin hat sich bei einem Austausch von Wissenschaftlern in einen Amerikaner verliebt. Nach ein paar intensiven Monaten musste George wieder zurück nach Boston. Seitdem telefonieren sie. Die Chancen, dass sie beide dauerhaft zu einander kommen, sind jedoch sehr gering. In letzter Zeit hat Katrin sogar den Eindruck, dass George sich von ihr zurückzieht. Er meldet sich kaum, und wenn, dann erzählt er nur Belanglosigkeiten. Sie vermutet, dass er eine andere Frau kennengelernt hat. Mit dieser Vorstellung quält sie sich, findet aber nicht die Kraft, die Verbindung zu beenden. Solange Katrin an George hängt, sind andere Männer in der Nähe für sie uninteressant.
Falls durch äußere Umstände eine glückliche Beziehung in die Brüche gegangen ist oder wenig Chancen hat, ausgelebt zu werden, messen wir möglicherweise jeden neuen Partner an dem (alten) Ideal. In dem Fall sollten wir uns wirklich fragen, ob wir den Rest unseres Lebens mit der Liebe zu einem Phantom verbringen möchten. Vielleicht ist es besser, sich mit Dankbarkeit für die schöne Zeit innerlich zu verabschieden und wieder frei zu werden.
Die Trennung ist noch frisch
Wenn die Trennung erst kürzlich war, gelingt es selten, sofort eine neue Beziehung anzufangen. Erst einmal braucht die Trauer ihre Zeit. Wir würden uns selbst vergewaltigen, wollten wir alles möglichst schnell bewältigen und vergessen. Ohnehin glauben wir im akuten Stadium meist, dass wir nie im Leben wieder froh sein werden. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Lage nach einer Trennung keineswegs so hoffnungslos ist, wie sie scheint. Aus psychologischer Sicht gibt es einen typischen Verlauf, bestimmte Phasen, in denen man allmählich aus dem Tal der Tränen langsam wieder in die Höhe steigt. Natürlich laufen sie nicht strikt nach Plan ab. Zeitweilig vermischen sie sich oder wechseln abrupt. Auch wie lange man in jeder verharrt, ist unterschiedlich. Im Großen und Ganzen jedoch folgen die Phasen deutlich aufeinander. Wenn wir sie kennen, können wir sie als Leuchtturm im wilden Meer der Gefühle nutzen:
In der ersten Phase sind wir geschockt und wollen die Trennung nicht wahrhaben. Wir sind davon überzeugt: Es ist nur eine vorübergehende Krise. Er liebt mich doch. Er überlegt sich das noch. Er kommt wieder zu mir zurück. Inständig wünschen wir, es wäre nur ein böser Traum und versuchen mit allen Mitteln, den anderen doch noch umzustimmen.
In der zweiten Phase brechen heftige Gefühle auf. Wenn wir erkennen, dass es tatsächlich kein Zurück mehr gibt, kommt die Verzweiflung. Unser Körper reagiert heftig.
In der dritten Phase orientieren wir uns neu. Langsam geht es aufwärts. Nach und nach gewinnen wir wieder Freude am Leben und entwickeln ein neues Interesse an unserer Umwelt.
In der vierten Phase haben wir die Realität akzeptiert und wissen nun: Das Leben geht auch ohne den ehemaligen Partner weiter. Ganz allmählich können wir uns sogar vorstellen, wieder eine Beziehung einzugehen.
Alle vier Phasen zusammen bezeichnet man als "Trauerarbeit". Dieses nicht besonders schöne, aber passende Wort besagt, dass wir keine dieser Phasen überspringen dürfen. Sämtliche damit verbundenen Gefühle sollen ausgelebt und ausgedrückt werden, um sie auf diese Weise zu überwinden. Gute Freunde sind in der Krise Gold wert. Bei ihnen können wir uns aussprechen und ausweinen. Aber wir dürfen sie auch nicht überstrapazieren. Immer wieder das gleiche Klagelied zu hören, macht selbst die beste Freundin auf die Dauer mürbe. Schließlich gibt es noch andere Möglichkeiten, sich mit eigenen Mitteln zu helfen. Vor allem das Tagebuchschreiben hat sich bewährt. Es hat zudem den Vorteil, dass wir immer wieder schwarz auf weiß nachlesen können, wie weit wir uns bereits an den Haaren aus dem Sumpf der Trauer gezogen haben. Sinnvoll ist es auch, sich eine psychotherapeutische Begleitung zu suchen. Jede mit Schmerz verbundene Trennung ist eine tiefe Krise, die man nicht unbedingt tapfer alleine bewältigen muss. Sie ist aber immer auch eine Chance zur positiven Veränderung. Es ist sehr erleichternd, dabei kompetent unterstützt zu werden. Keine Sorge, das bedeutet nicht, dass Sie sich auf eine lange Therapie einlassen müssen. Ich habe seinerzeit in meiner Praxis viele Frauen begleitet, bis sie ihre Trauer überwunden hatten und mit Mut und Hoffnung alleine weitergehen wollten. Das hat meist zwischen drei Monaten und einem Jahr gedauert.
Die letzte Beziehung liegt weit zurück.
Angenommen, Ihre letzte feste Beziehung liegt schon Jahre zurück. Inzwischen haben Sie sich gut eingerichtet. Ihr Job macht Ihnen Spaß, Sie haben einen interessanten Freundeskreis. Natürlich wäre manches zu zweit schöner, aber sollen Sie sich tatsächlich wieder in Abhängigkeit begeben und sich den üblichen Stress mit der Partnerschaft aufladen?
Sophie hat dazu jedenfalls keine Lust. Sie ist seit fünf Jahren geschieden. Neulich hat sie ihren zweiundvierzigsten Geburtstag gefeiert. Es war ein schönes Fest, ihre Gäste haben sich bestens unterhalten. Das Besondere war: Sophie hatte nur Frauen eingeladen. "Ich kenne jede Menge toller Frauen", sagte sie. "Gute Männer kenne ich kaum." Also hat sie konsequent einen Ladies Lunch veranstaltet.
Wunderbar, wenn Sie auch solo glücklich sind. Das ist eine perfekte Voraussetzung, um sich entspannt den passenden Partner zu suchen. Nur wer mit sich allein sein kann, ist für die Zweisamkeit reif, meinen Paartherapeuten. Allerdings hat das auch seine Tücken: Unter Umständen klappt es so gut, dass Sie zu keinem Kompromiss mehr bereit sind. Sie können es sich leisten, die Messlatte für einen Partner hoch anzulegen. Die Folge davon ist oft Resignation, denn Idealmänner sind selten. Und noch einen Nachteil hat es: Je besser wir als Single klarkommen, desto geringer ist der Druck, sich ernsthaft einen neuen Partner zu suchen. Das gilt besonders, wenn wir andere Menschen um uns haben und dadurch unser Alleinsein weniger stark spüren. Zum Beispiel, wenn Sie in der Nähe Ihrer Eltern oder in einer netten Hausgemeinschaft wohnen oder einen großen Freundeskreis haben. Auch vielen allein erziehenden Müttern geht es so. Die Kinder fordern so viel Zeit und Fürsorge, dass sie ohnehin wenig Freiraum für einen Partner lassen. Darüber hinaus schenken sie Liebe und Zärtlichkeit. Mit älteren Kindern kann eine Mutter schon recht vertraut sprechen. So werden große Mädchen leicht zu guten Freundinnen und halberwachsene Jungen zum "Mann im Haus". Auch eine platonische Beziehung kann als Ersatz herhalten:
Lilly arbeitet als Ärztin in einem Krankenhaus. Mit ihrer Arbeit ist sie glücklich, findet aber, dass sie Pech in der Liebe hat. Entweder gerät sie an verheiratete Männer oder an solche, die sich nicht binden wollen. Wenn sie dann deprimiert ist, ruft sie Oliver an. Oliver ist ihr schwuler Freund, der ebenfalls alleine lebt. Meist hat er für sie Zeit, nicht nur, wenn sie Rat oder Trost sucht. Er geht auch gerne mit ihr ins Kino oder ins Konzert. Beide haben sogar schon einige schöne Urlaubsreisen zusammen gemacht. Mit Oliver genießt Lilly alle Annehmlichkeiten einer festen Beziehung, ohne sich dafür groß anstrengen zu müssen. Mit Partner-Ersatz lässt es sich angenehm als Single leben, selbst wenn man es eigentlich gar nicht möchte.
Die Frage ist, inwieweit bei der Einstellung "Ich habe es nicht nötig, Kompromisse zu machen" nicht doch der Schatten der früheren Beziehung unterschwellig eine Rolle spielt. Viele von uns haben einfach keine Lust, noch...