Mit dem Begriff des Going Public bezeichnet man im originären Sinne den reinen Rechtsformwechsel eines Unternehmens hin zu einer börsenfähigen Form wie z.B. der AG.[1] In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff für die Beschreibung desjenigen Prozesses verwendet, bei dem im Zuge einer Kapitalerhöhung eines bisher nicht-börsennotierten Unternehmens dessen Aktien zum öffentlichen Verkauf angeboten und danach erstmalig in einen Börsenhandel einbezogen werden. In der Öffentlichkeit werden häufig die Begriffe IPO (Initial Public Offering), Erstemission oder einfach nur Börseneinführung synonym verwendet.
Der Mittelstand ist ein Anker, der das manchmal schwerfällige Schiff unserer Volkswirtschaft in konjunkturellen Stürmen hält und ein Motor, der es zu neuen Ufern treibt.
(Norbert Lammert, CDU, MdB seit 1980)
Der Begriff „Mittelstand“ trat erstmalig in der Zeit des Mittelalters auf und kennzeichnete dort die Selbstständigen und Gewerbetreibenden des städtischen Bürgertums.[2]
Diese waren innerhalb der damals vorherrschenden Ständegesellschaft zwischen den oben stehenden Adligen und der unteren Landbevölkerung als „mittlerer Stand“ positioniert.[3] Diese Beschränkung auf die Gruppe der Selbstständigen und Kleingewerbetreibenden scheint zwar auch heute noch in der Vorstellung mancher Leute zu existieren, entspricht aber längst nicht mehr den realen Verhältnissen. Der Begriff des Mittelstands, international auch als SME (Small and Mid Size Enterprises) oder zu Deutsch KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) bezeichnet, umschreibt eine wesentlich über den Bereich der kleineren Betriebe hinausreichende Gruppe von Unternehmen, die in der deutschen Volkswirtschaft eine zentrale Rolle einnehmen und von Politiker auch oft „das Rückrat der gesamtem Wirtschaft“ genannt werden.[4]
Dessen ungeachtet ist es allerdings bis heute trotz vieler Forschungsarbeiten zu diesem Thema nicht gelungen, eine allgemeingültige Definition bzw. genaue Abgrenzung zu Großunternehmen in der Fachliteratur zu etablieren.[5] Aus statistischen Gründen erscheint die Bewertung nach rein quantitativen Kriterien durchaus sinnvoll. Es werden dabei bestimmte, leicht zu erfassende Kennzahlen der Unternehmensgröße, wie z.B. der Mitarbeiterzahl verwendet, um Definitionsgrenzen festzulegen.[6] Für viele Fachleute ist diese Methode allein allerdings zu ungenau[7], da mittelständische Unternehmen auch Unterschiede qualitativer Art gegenüber Großunternehmen aufweisen, wie z.B. die des Führungsstiles, die für eine Definitionsfindung ebenso berücksichtigt werden müssen.[8]
2.2.1.1 Nach quantitativen und qualitativen Kriterien
Quantitative Merkmale haben den Vorteil der einfachen Erhebungsmöglichkeit für statistische Auswertungen. Hierbei haben sich in der Vergangenheit die Verwendung der Anzahl von Mitarbeitern und die Höhe des Jahresumsatzes als Kennzahlen betrieblicher Unternehmensgröße durchgesetzt.[9] Allgemein anerkannt ist mittlerweile die Definition des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM).
In Anlehnung an: http://www.ifm-bonn.org
Tab. 1: Mittelstandsdefinition des IfM, Bonn
Statistische Erhebungen nach dieser Definition unter Beachtung der zusätzlichen Prämisse eines steuerpflichtigen Jahresumsatzes von mind. 17.500 EUR ergaben für das Jahr 2003 eine Existenz von ca. 3 Mio. Unternehmen in Deutschland.
Die Gruppe der Betriebe kleiner und mittlerer Größe hatten daran einen Anteil von 99,7% und beschäftigten 70,2% der gesamten Arbeitnehmer.[10] Dies bestätigt die bereits erwähnte Bedeutung des Mittelstandes innerhalb der Wirtschaft.
Die Verwendung rein quantitativer Merkmale reicht allerdings wie bereits erwähnt nicht aus, den Mittelstand in seinen wesentlichen Zügen von Großunternehmen abzugrenzen. So weist Pfohl darauf hin, dass Unternehmen des mittelständischen Sektors gegenüber Großunternehmen in nahezu allen betrieblichen Funktionsbereichen besondere qualitative Eigenschaften aufweisen[11], wie z.B. Einheit von Eigentum, Haftung und Leitung und damit wirtschaftlicher Existenz des Betriebes in einer Person.[12]
Diese Merkmale messbar zu erfassen, wird jedoch häufig kritisch betrachtet. So zeigen WOLTER/HAUSER und KRAMER, dass die Rechtsform des Unternehmens die Haftung des Eigentümers per Gesetz beschränken kann oder dass auch kleinere Unternehmen angestellte Manager beschäftigen, die nicht finanziell am Unternehmen beteiligt sind.[13]
Nebenstehende Abbildung verdeutlicht die genannten Ungenauigkeiten.
In Anlehnung an: Wallau, F. (2001), S. 23
Abb. 1: Mittelstandsdefinition nach quantitativen und qualitativen Merkmalen
Es zeigt sich also, dass eine Abgrenzung unter Berücksichtigung beider Kriterien zwar sinnvoll ist, dass die Definitionsmerkmale selbst jedoch nicht als rein statisch gesehen werden dürfen. Sie müssen also immer wieder an die sich ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Begebenheiten angepasst werden.
2.2.1.2 Abgrenzung in der vorliegenden Arbeit
Die folgenden Ausführungen werden sich auf mittelständische Unternehmen beziehen, die quantitativ gesehen bis zu 500 Mitarbeiter beschäftigen, ihre Gründungsphase bereits durchlaufen und sich in ihrem jeweiligen Marktumfeld etabliert haben. Im Hinblick auf qualitative Aspekte sind die Unternehmen rechtlich und wirtschaftlich selbstständig, wodurch Tochtergesellschaften und Konzernunternehmen ausgeschlossen werden. Die Unternehmensleitung liegt in den Händen eines Alleineigentümers oder geschäftsführenden Gesellschafters, der offen gegenüber alternativen Formen der Finanzierung und einer damit einhergehenden aktiven Informationspolitik ist. In der Studie „mind“ aus dem Jahre 2003 wird ein solcher Unternehmertyp als „der Kreative“ bezeichnet und sein Anteil in der gesamtem Gruppe deutscher, mittelständischer Unternehmer mit ca. 25% beziffert.[14] Ebenso verfügen die Unternehmen über ein gut funktionierendes Rechnungswesen und Controlling als Grundlage eines effizienten Informationssystems.[15]
2.2.2.1 Probleme der traditionellen Finanzierung
Eine Hauptursache für die grundlegende Schwäche in den finanziellen Strukturen des Mittelstandes ist die geringe Eigenkapitalquote[16], d.h. die Höhe des vorhandenen Eigenkapitals im Vergleich zur gesamten Bilanzsumme. So zeigt eine aktuelle Studie der Creditreform, dass über 60% der mittelständischen Unternehmen eine Eigenkapitalquote von weniger als 20% und gerade einmal ca. 22% der Unternehmen eine solidere Quote von mehr als 30% aufweisen.[17] Signifikant ist hierbei auch die relativ hohe Anzahl von Betrieben mit äußerst geringer Eigenkapitalausstattung von unter 10%, die vor allem im kleineren Sektor mit bis zu 9 Beschäftigten anzutreffen sind. Im Vergleich dazu liegen international die durchschnittlichen Eigenkapitalquoten mittelständischer Unternehmen zum Teil wesentlich höher, so z.B. in Frankreich bei 32%, in Spanien bei ca. 38% und in den USA sogar bei ca. 45%.[18]
Küffer sieht die hohe Substanzbesteuerung und den fehlenden bzw. erschwerten Kapitalmarktzugang als Hauptgründe für diese Entwicklung.[19] Ist einem Unternehmen die externe Beschaffung von Eigenkapital nicht möglich, muss es dieses durch Innenfinanzierung, d.h. durch das Einbehalten der Gewinne, selbst generieren.[20] Durch die in Deutschland allerdings relativ hohe Unternehmensbesteuerung kann dies nur in geringem Maße erfolgen.[21] Das ist insofern beunruhigend, da die Eigenkapitalbasis von fundamentaler Bedeutung für jedes Unternehmen ist[22], denn das Eigenkapital steht dem Unternehmen i.d.R. unbefristet zur Verfügung und trägt somit zur Dauerfinanzierung bei.[23] Im Falle einer niedrigen Eigenkapitalquote ist diese Funktion beeinträchtigt.
Deutsche mittelständische Unternehmen bedienen sich neben der Innenfinanzierung daher traditionell der Fremdkapitalfinanzierung, zum größten Teil in Form von Bankkrediten, um eine dauerhafte Liquidität zu erreichen.[24] Diese typische Hausbankfinanzierung[25] deutscher Mittelständler funktionierte, solange die Banken[26] durch hohe Margen am Kreditgeschäft verdienen konnten. Ausgelöst durch weltweite Veränderungen im Finanzsektor nahmen diese jedoch stetig ab[27] und die lange...