6.1.1.1. Design
Der visuelle Eindruck eines Schulbuches entscheidet mit, ob Schüler und Lehrer gerne damit arbeiten oder nicht. Das Design kann die Arbeit mit dem Medium erleichtern, aber auch erschweren. Deshalb gehe ich im Folgenden auf das äußere Design (Verarbeitung, Haltbarkeit, Handlichkeit etc.), sowie das innere Design (Schrift, Graphik, Bilder etc.) von World Geography und unter 5.2.1.1 von Unsere Erde näher ein.
Das Lehrbuch World Geography ist laut dem auf der Innenseite des Hardcover-Einbandes gedruckten Ausleihstempels für eine neunjährige Nutzung ausgelegt. Durchschnittlich wird in den USA ein Schulbuch nach sechs Jahren ersetzt.[56] Spätestens dann ist es in einem Fach wie Geographie auch veraltet.
Abb. 4 World Geography 2000, S.181
Das Buch misst 22,2cm x 28,3cm x 3cm, umfasst 832 Seiten und wiegt 2 kg. Das ist aus zwei Gründen problematisch. Zum einen ist ein Buch dieser Größe unhandlich, da es auf den in den USA üblichen kleinen Einzeltischen den gesamten Platz einnimmt und dadurch für Hefte und Arbeitsblätter kein Platz mehr bleibt. Zum anderen leiden die Schüler beim Transport unter dem enormen Gewicht des Buches. Vorteilhaft erscheint mir der Aspekt, dass das Buch das gesamte fachliche Wissen, das ein High School-Schüler im Fach Geographie erreichen soll, abdeckt und es mit seiner Informationsfülle als Nachschlagewerk attraktiv ist.
Farblich wird das Buch von den vier Hauptfarben dominiert. So sind die Hauptüberschriften in Rot gehalten und Unterüberschriften in Blau. Abschnitte mit Karten- und Bildmaterial, sowie Zusammenfassungen sind hellgelb hinterlegt und haben einen farbigen Rahmen, um sich von den normalen Buchseiten abzuheben. Die Schriftarten beschränken sich auf Arial für Überschriften und Times New Roman für den fortlaufenden Text, sind also sehr sachlich gehalten. So wirkt das Buch durchaus freundlich und nicht monoton, aber nicht immer unbedingt übersichtlich (vgl. Abb.4). Durch die relative Vielzahl von Farben fällt es dem Leser manchmal schwer, das sehr detaillierte Gliederungsschema zu überblicken. Zwar steht am Fußende der Seiten kleingedruckt in welcher Unit und welchem Chapter man sich befindet, doch das Thema selbst ist nicht direkt ersichtlich.
Ein entscheidendes Kriterium für die Attraktivität eines Schulbuches sind die Illustrationen. Sie sollen die Aufmerksamkeit wecken und zum Lernen motivieren. Auf fast jeder Seite des Buches sind eine oder auch mehrere Bildquellen oder Graphiken zu finden. Die Bilder sind bewusst attraktiv gewählt, klar im Aufbau und bedienen häufig Klischees des jeweiligen Raumes, was positive Assoziationen beim Schüler hervorrufen soll.[57] So finden sich beispielsweise Bilder von Athens Akropolis, der nächtlich beleuchteten Donau in Budapest oder des Ätna in Sizilien. [58] Anhand dieser Bilder, die man eher in einem Reiseführer erwarten würde und durch deren Wiedererkennungseffekt, wird für den Schüler der Reiz erhöht, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Als „Arbeitsbilder“, an denen geographische Stoffe er- und bearbeitet werden, sind die wenigsten geeignet.
Vorteilhaft ist, dass jedem Bild noch eine kleine Landkarte mit einem roten Punkt hinzugefügt wurde, so dass der Schüler in der Lage ist, die Abbildung lokal einzuordnen. In World Geography finden sich beispielsweise im Abschnitt USA/Kanada auf 65 Seiten 32 Bilder, 14 Graphiken (d.h. Diagramme, Kartogramme, geographische Skizzen und Tabellen) und 17 Karten. Somit fallen bei 73 Illustrationen auf 65 Seiten genau 1,12 Illustrationen auf eine Seite, wobei sich bezüglich ihrer Anzahl die Medien der anschauenden Begegnung (d.h. Bilder) und die Medien der abstrahierenden Begegnung (d.h. Karten und Graphiken) die Waage halten.[59]
6.1.1.2. Strukturierung
World Geography ist formal durch drei Haupteinheiten organisiert: Units, Chapters und Sections. Das Buch umfasst elf Units, die jeweils einen Erdteil mit seinen Ländern behandeln. Ausnahme ist Unit 1, mit dem Titel „Looking at the world“, worin physisch- und kulturgeographische Grundlagen behandelt werden. Jede Unit umfasst drei Chapters, wobei Chapter 1 immer die Physische Geographie behandelt, Chapter 2 die Kulturgeographie und Chapter 3 die aktuelle Entwicklung und relevante Schwerpunkte, die den jeweiligen Raum betreffen. Auch die Chapters sind in allen Units wieder genauso untergliedert, sodass das Buch ein zwar starres, aber doch klar gegliedertes Schema bekommt. Dies ist angesichts der Seitenzahl und Informationsfülle auch notwendig. Dem eigentlichen Inhalt des Buches geht ein „Reference Atlas“ voraus, der 29 Seiten umfasst und physisch-politische Karten aller Erdteile enthält.
Der Anhang des Buches beinhaltet ein neun Seiten umfassendes Glossar wichtiger Begriffe auf Englisch, sowie ein elf Seiten langes Glossar in spanischer Sprache. Hinzu kommt eine Kurzzusammenfassung der Kapitel des Buches auf Spanisch, die insgesamt 33 Seiten umfasst. Hierauf folgt das zehn Seiten lange „Gazetteer“, eine Auflistung von wichtigen Städten, mit Nennung deren Breiten- und Längengrades und der Seitenangabe, wo im Buch diese Stadt auf einer Atlaskarte zu finden ist. [60] Es schließt sich das Sachregister, der eigentliche Index an, ein 13 Seiten langer Schlagwortkatalog mit den Seitenangaben. Ein so ausführlicher Anhang mit derart langen Registern jeglicher Art vermittelt den Eindruck, mit einem inhaltlich mehr als vollständigen Buch zu arbeiten, dessen Inhalt eigentlich über den im Kurs „World Geography“ zu vermittelnden Stoff weit hinaus geht.
Die Untergliederung der Units, also der Hauptkapitel, erfolgt immer nach folgendem Schema:
Die Einführung in die Einheit leistet ein landestypisches Bild. Dazu werden drei den Erdteil betreffende und relativ willkürlich gewählte Quizfragen gestellt (Beispiel: „What nickname describes the Great Plains?“[61]), wobei für die Antwort bzw. weitere Informationen auf die Internetseiten www.nationalgeographic.com und www.glencoe.com verwiesen wird.
Auf den folgenden Seiten erfolgt ein kartographischer Überblick über den Raum durch einen Regionalatlas. Dieser Kartenteil beinhaltet jeweils:
- eine politische Karte
- eine Karte der Bevölkerungsdichte
- eine Graphik, die die Anzahl der jeweiligen Bevölkerung verglichen mit der Bevölkerung der USA darstellt
- eine physische Karte
- eine Übersicht über die Ressourcen
- ein Querschnittsprofil
- eine Tabelle mit den jeweiligen Landesumrissen, Flaggen, Landesprachen, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte, Hauptexport- und Hauptimportgut
Zu den Karten sind mit Pfeilen offensichtlich willkürlich gewählte Informationen zu den jeweiligen Bereichen, die als interessant und wissenswert erachtet wurden, hinzugefügt worden. So steht zum Beispiel mit Pfeilen bei der politischen Karte Europas: „Iceland has the oldest legislature in the world, the Althing.“ oder „From the 1200s to the earl 1900s Austria was the center of a huge empire that included much of central and eastern Europe. Today it is a small landlocked country”.[62] Diese Ergänzungen geben dem Schüler Zusatzinformationen, die jedoch ohne jeden Kontext stehen und so vom Schüler wohl kaum im Gedächtnis behalten werden. Es erweckt den Eindruck, als sollte nur der Platz an den Seitenrändern gefüllt werden, denn unterrichtsdidaktisch lässt sich kein Sinn feststellen.
Nach den eigentlichen Kapiteln schließt sich immer eine Zusammenfassung der Inhalte in Stichpunkten an, in denen auch Schlüsselbegriffe mit Seitenangaben zum Nachschlagen genannt werden. Den Abschluss jeder Unit bildet jeweils eine Doppelseite, die Frage- und Aufgabenstellungen liefert, um den Schüler auf Tests vorzubereiten.
6.1.2.1. Außertextliche Komponenten
Das Lehrbuch enthält zahlreiche außertextliche Komponenten, die sowohl dem Lehrer als auch dem Schüler gleichermaßen die Arbeit erleichtern und verschönern sollen. Als Vorstrukturierung stellt World Geography die fünf Themen der „Guidelines for Geographic Education“ den Überschriften voran und weist so auf deren Umsetzung im Buch hin. Sie geben einen knappen Anhaltspunkt, wovon der folgende Textabschnitt handelt.
Abb. 5 World Geography 2000, S.239
Advance Organizers, d.h. vorangestellte Einordnungshilfen finden sich zu Beginn der Units im jeweiligen Vorspann (vgl. Abb.5). Es handelt sich bei Advance Organizers um Vorstrukturierungen des Textes auf einer abstrakten Ebene, die die Auseinandersetzung...