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Fernsehnachrichten im Unterhaltungszeitalter

Eine Untersuchung der Berichterstattung im Boulevardstil und ihrer Auswirkungen auf die klassischen journalistischen Anforderungen an Nachrichten

AutorSusann Störl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl75 Seiten
ISBN9783638053167
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1,0, Technische Universität Chemnitz, 54 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Einführung der privaten Sender Anfang der 1990er Jahre veränderte die Fernsehlandschaft grundlegend. Unterhaltsame Sendungen verdrängten von nun an informationsbetonte, vor allem politische Themen. Wir befinden uns in einem 'Unterhaltungszeitalter'. Diese Entwicklung zu einer Unterhaltungsgesellschaft spiegelt sich auch in den Fernsehnachrichten wider. Die Sender, insbesondere die privaten, haben erkannt, dass die spezifische Gestaltung und Aufmachung der Nachrichten, aber auch die Auswahl der Nachrichtenthemen entsprechend ihres Unterhaltungswerts positive Auswirkungen auf die Einschaltquoten hat: Die Unterhaltungsorientierung dient als Zuschauermagnet. Dieses 'Phänomen' der zunehmenden Boulevardisierung der Fernsehnachrichten ruft zahlreiche Kritiker auf den Plan, die den 'Untergang' des traditionellen Journalismus befürchten. In dieser Arbeit wird die Boulevardisierung der Fernsehnachrichten ausführlich dargestellt. Dabei soll ausgehend von der These, dass sich Fernsehnachrichten zunehmend am Interesse des Publikums orientieren, untersucht werden, auf welche Art und Weise die Nachrichten gestaltet werden, um sie für den Zuschauer attraktiv zu machen und ihn zum 'Dranbleiben' zu animieren.

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Leseprobe

6 Fernsehnachrichten

 

Das Fernsehen ist ein audio-visuelles Medium. Es „(...) überträgt Bilder und Töne, es wird gesehen und gehört“[65]. Dadurch unterscheidet es sich von anderen Medien, die entweder nur den visuellen (wie z.B. Zeitung oder Zeitschrift) oder nur den auditiven Sinn (wie z.B. Radio) des Rezipienten ansprechen. Viele Autoren sind sich aber einig, dass das Fernsehen primär ein Bildmedium ist. Denn das Besondere der Fernsehnachrichten ist die Möglichkeit der Visuali-sierung, die ihnen das Medium Fernsehen bietet. Im Gegensatz zum Radio oder zu den Printmedien können bewegte Bilder eingesetzt werden, um die Informationen visuell zu unterstützen. Maurer unterscheidet zwei Arten der Visualisierung: die Bebilderung von Wortnachrichten bzw. Sprechermeldungen[66] und die Verwendung von Filmbeiträgen.[67] Bereits seit den 1990er Jahren ist eine zunehmende Tendenz zur Visualisierung bei Fernsehnachrichten erkennbar. Die Gründe für diese Entwicklung ist in den Funktionen der Bilder selbst zu suchen, die im Folgenden näher betrachtet werden.

 

6.1 Funktionen von visuellen Illustrationen in Fernsehnachrichten

 

Die Hauptfunktion von Bildern besteht in der Veranschaulichung. Durch Bilder wird der Nachrichtentext verständlicher und erleichtert damit dem Zuschauer die Verarbeitung. Daneben gibt es aber noch weitere, nicht weniger wichtige Funktionen, die Bilder erfüllen. Dazu zählen Authentizität, Aktualität, Weckung von Interesse und Symbolhaftigkeit.[68]

 

6.1.1 Authentizität

 

Durch Bilder und Filmbeiträge erhält der Zuschauer das Gefühl, direkt am Ort des Geschehens zu sein. Ihm wird der Eindruck vermittelt, er könne sich selbst ein Bild von dem stattfindenden Ereignis machen. „Bilder haben Dokumentationscharakter“[69]. Der Zuschauer wird in den Glauben versetzt, er würde mit der 'ungefilterten Realität' konfrontiert, die Bilder würden vom Kameramann aufgenommen und sofort weitergegeben. Daher scheinen Bilder in der Wahr-nehmung der Zuschauer einen höheren Wahrheitsgehalt zu haben als Text.

 

6.1.2 Aktualität

 

Diese Funktion steht vor allem mit dem Aspekt der Live-Aufnahme im Zusammenhang. Beim Zuschauer wird die Illusion erzeugt, das Fernsehen wäre hautnah am Geschehen dabei und steht so für „(...) höchstmögliche Aktualität“[70].

 

6.1.3 Weckung von Interesse

 

Durch Bilder werden Nachrichten interessanter. Der Zuschauer erfährt nicht nur, was passiert ist, sondern er kann unmittelbar sehen, wie sich etwas ereignet hat. Bilder haben das Potential, Emotionen beim Zuschauer auszulösen, was wiederum das Interesse steigert.

 

6.1.4 Symbolhaftigkeit

 

Bilder können zu einem Symbol für ein bestimmtes Thema werden. Durch gestalterische Aspekte (Farbe, Anordnung usw.) wird dabei häufig gleichzeitig eine Bewertung bzw. ein Bedeutungszusammenhang vermittelt. Die Farbe Schwarz z.B. löst in der Regel eher negative  Assoziationen aus.

 

Zahlreiche empirische Studien haben ergeben, dass die Zuschauer den Fernsehnachrichten eine höhere Glaubwürdigkeit zusprechen als anderen Medien. Begründet wird dies durch den Doku-mentationscharakter der Bilder, der beim Zuschauer die Illusion von Authentizität erzeugt. Dem Zuschauer wird der Eindruck vermittelt, er könne ein Geschehen mit eigenen Augen sehen, die Realität erleben. Die besondere Bedeutung von Bildern wird auch bei der Auswahl von Nachrichten deutlich. Ist kein Bildmaterial vorhanden, entscheiden sich Nachrichtenredaktionen unter Umständen dazu, eine Nachricht nicht zu senden.[71]

 

6.2 Das ‚Problem’ der Bilder - Wiedergabe von Realität und Text-Bild-Schere

 

‚Fernsehnachrichten vermitteln die Realität, sie dokumentieren die Wirklichkeit.' Diese An-nahme wird von vielen Wissenschaftlern und Autoren kritisiert. Der Kameramann muss entscheiden, was er von einem Ereignis aufnimmt und welche Einstellung geeignet ist. Journa-listen müssen aus dem zur Verfügung stehenden Bild- bzw. Filmmaterial auswählen. Dieses Bild- bzw. Filmmaterial muss aufgrund der Kürze einer Nachrichtensendung geschnitten werden. All dies beruht auf subjektiven Entscheidungen, die eine Wiedergabe der (objektiven und ungefilterten) Realität nach Meinung der Kritiker verhindern. (Fernseh-) Bilder ermöglichen demnach die Betrachtung eines Ereignisses aus nur einer Perspektive, zeigen immer nur einen Ausschnitt.[72]

 

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Bildern ist das der Text-Bild-Schere: Passen Text und Bild im Nachrichtenfilm nicht zueinander, kann dies für den Zuschauer verwirrend sein und der Nachrichtenfilm verfehlt seine Wirkung.[73] Es besteht insbesondere die Gefahr, dass die Bilder vom Inhalt ablenken.

 

6.3 Journalistische Präsentations- und Darstellungsformen

 

Das Medium Fernsehen bietet im Vergleich zur Presse und zum Hörfunk spezifische Formen der Präsentation von Nachrichteninhalten. Im Folgenden sollen die in Fernsehnachrichten am häufigsten verwendeten Präsentations- und Darstellungsformen hinsichtlich ihrer Merkmale und Funktionen kurz vorgestellt werden.

 

6.3.1 Der Trailer

 

Eine Nachrichtensendung wird durch den so genannten Trailer eingeleitet, ein immer gleich bleibender optisch-akustischer Vorspann.[74] Aufgrund des Einsatzes von Computeranimation besteht heutzutage die Möglichkeit, diesen immer aufwändiger und dadurch auffälliger bzw. ‚spektakulärer’ zu gestalten. Die Funktion besteht vor allem darin, Aufmerksamkeit zu erregen, Interesse an der Sendung zu wecken und den Wiedererkennungswert einer Nachrichtensendung zu sichern.

 

6.3.2 Die Schlagzeilen

 

Unmittelbar auf den Trailer folgen im Allgemeinen die Schlagzeilen. Hier wird der Rezipient erstmals in komprimierter Form mit dem Inhalt der jeweiligen Sendung konfrontiert. Eine Ausnahme stellt hier die Tagesschau dar. An den Trailer schließt sich sofort die Begrüßung des Nachrichtensprechers an. Ein Themenüberblick wird nicht gegeben.

 

Die Schlagzeilen erfüllen zwei Funktionen: Einerseits geben sie den Inhalt der nachfolgenden Beiträge wieder, andererseits versuchen sie Aufmerksamkeit zu erzeugen und Interesse an der Sendung zu wecken. Meistens „(...) dominiert einer der beiden Funktionsbereiche“[75]. Wittwen differenziert demnach zwischen vorinformierenden und zuschauerbindenden Schlagzeilen.[76] Die Bedeutung der Schlagzeilen darf nicht unterschätzt werden. Sie können darüber entscheiden, ob der Zuschauer ‚dranbleibt’ oder nicht. Im deutschen Fernsehen dominieren zwei Formen         von Schlagzeilen: die Schlagzeilen in vollständigen Sätzen und die elliptischen Schlagzeilen. Während bei ersteren vor allem die Vorinformation im Vordergrund steht, zeichnen sich elliptische Schlagzeilen eher durch „(...) sprachliche Attraktivität (...)“[77] aus. Wortspiele und Metaphern sollen den Zuschauer neugierig machen und ihn zum ‚Dranbleiben’ animieren.

 

6.3.3 Die Moderation

 

Eines der wichtigsten Präsentationselemente ist die Moderation. Sie durchzieht die gesamte Sendung und verbindet die einzelnen Beiträge miteinander. Einige Autoren unterscheiden zwischen einem Nachrichtensprecher und einem Moderator.[78] Während von einem Sprecher Objektivität, Sachlichkeit und Distanz zur Nachricht erwartet wird, kann sich ein Moderator wertend äußern und Emotionen zeigen, um dadurch Nähe zum Zuschauer aufzubauen. Der Nachrichtensprecher ist für die Nachrichten und damit für den ‚objektiven’ Teil der Sendung zuständig. Der Moderator hingegen hat eine Koordinierungsfunktion. Durch die Einordnung der einzelnen Berichte, unter anderem durch die Kommentierung dieser, sowie die Überleitung zwischen den Berichten übernimmt er den ‚subjektiven’ Teil der Sendung.[79] Die „(...) intensivierte Form des Moderators“[80] ist der Anchorman. Sein Stil ist mit dem des Moderators vergleichbar. Zusätzlich übernimmt er aber die Funktion einer Identifikationsfigur, was dadurch erreicht wird, dass der Anchor die Nachrichten sehr oft und vor allem regelmäßig präsentiert. Die Art und Weise der Nachrichtenpräsentation kann stark variieren. „Die Unterschiede im Moderationsstil hängen vom individuellen Format der Sendung, den Themen oder (...) vom Naturell des Moderators ab“[81]. Die Tagesschau z.B. ist seit Beginn ihrer Ausstrahlung im Dezember 1952 eine reine Sprechersendung.[82] Der Nachrichtensprecher übermittelt die Informationen neutral und sachlich. Das aus Amerika stammende Konzept des Anchors wurde in Deutschland verstärkt von...

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