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Ertragsteuern in der Zwischenberichterstattung nach IFRS

Die Anwendung von IAS 12 und IAS 34 unter Berücksichtigung des deutschen Ertragsteuerrechts

AutorJörg Herrfurth
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl114 Seiten
ISBN9783638037020
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 2,0, Universität Hamburg (IIFS-Institut für Ausländisches und Internationales Steuerwesen), 189 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Steuerrecht beeinflusst jede wirtschaftliche Betätigung. Steuern stellen die größte Abgabenlast für Unternehmen dar, deren Senkung eine permanente Herausforderung für das Management und die Beraterschaft bildet. Die immer häufigeren Änderungen in der Steuergesetzgebung und die unverändert ansteigende weltweite unternehmerische Betätigung bringen eine erhöhte Komplexität mit sich. Das internationale Steuerrecht ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Zielvorstellungen des Gesetzgebers und dadurch hervorgerufene Zielkonflikte. Ein global agierender Konzern braucht ein Zielsystem der Konzernsteuerplanung. Die aussagefähige Abbildung der Steuerbelastung in der Rechnungslegung der Unternehmen erlangt zunehmend an Bedeutung, denn von den Kapitalmarktteilnehmern werden höhere Informationsbedürfnisse hinsichtlich der aktuellen und zukünftigen steuerlichen Situation der Konzerne geäußert. Die Standardsetter der internationalen Rechnungslegung haben entsprechend reagiert und insbesondere die Bilanzierung latenter Steuern kodifiziert. Deren Umsetzung erweist sich für die Unternehmen als äußerst anspruchsvoll und ressourcenträchtig. So sind Fehler bei der Ermittlung der latenten Steuern in den USA ein wesentlicher Grund für die rückwirkende Änderung von Jahresabschlüssen. In der EU börsennotierte Konzerne müssen seit 2005 ihre Abschlüsse nach den IFRS erstellen und veröffentlichen. Die IFRS enthüllen mehr als das HGB und schaffen es besser, angemessene Informationen über den Konzern zu geben. Allerdings gelingt es derzeit kaum einem deutschen Unternehmen, fehlerfreie IFRS-Abschlüsse aufzustellen und den ausführlich geforderten Anhangsangaben zu genügen. Hierfür dürften die Vorschriften zur Bilanzierung latenter Steuern (insbes. IAS 12) ein typisches Beispiel geben. Die Zwischenberichterstattung hat in Deutschland mit dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz deutlich an Bedeutung gewonnen, auch wenn deren Nutzen strittig ist. Die sehr kurz gefasste Regelung zu Ertragsteuern in Zwischenberichterstattungen (IAS 34) sowie deren Korrespondenz mit IAS 12 geben Anlass für Auslegungsfragen, und damit den Grund für diese Abhandlung.

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Leseprobe

3 Ertragsteuern in der Rechnungslegung nach HGB


 

3.1 Ertragsteuern im HGB-Einzelabschluss


 

Auf Grund der Tatsache, dass eine Vielzahl börsennotierter deutscher Kapitalgesellschaften bis zur Einführung einer Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen ausschließlich HGB-Abschlüsse (gem. §§ 238-262 zzgl. §§ 264-289 HGB) aufgestellt hat, sollen die Grundsätze der Steuerabgrenzung im deutschen Handelsrecht (§ 274 HGB) vorab betrachtet werden. Für den HGB-Einzelabschluss war das Konzept der Steuerabgrenzung lange Zeit ohne große Bedeutung.[35] In die deutsche Rechnungslegung wurde es erst mit dem BiRiLiG[36] aufgenommen[37] und gewann insbesondere durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001[38] an Relevanz. Bis zu diesem Zeitpunkt war es möglich, eine sog. Einheitsbilanz zu erstellen, d.h. Handels- und Steuerbilanz der Gesellschaft waren weitestgehend deckungsgleich.[39] Dies beruhte auf dem in Deutschland etablierten unikaten Konzept der (umgekehrten) Maßgeblichkeit.[40] Fortan hat der Steuergesetzgeber eine ganze Reihe von Vorschriften eingeführt, die mehrheitlich (zeitlich früher) ein höheres zu versteuerndes Einkommen als handelsrechtliches Ergebnis zur Folge haben. Da sich diese Effekte in den Folgeperioden meist ausgleichen, kommt es verstärkter zur Entstehung aktiver latenter Steuern.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ist steuerbilanziell das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist. Der Bilanzierende führt praktisch eine HGB-Buchhaltung, von der er zum steuerlichen Ergebnis überleitet. Diese Anpassungen sind durch Zusätze oder Anmerkungen zur HGB-Bilanz zu dokumentieren, eine eigenständige Steuerbilanz wird indes nicht verlangt (§ 60 Abs. 2 EStDV) und nach § 274 HGB auch nicht erforderlich.[41]

 

Unterscheidet sich das handels- vom steuerrechtlichen Ergebnis, entspricht der tatsächliche (effektive) Steueraufwand nicht dem (fiktiven) Steueraufwand, der laut Handelsbilanzergebnis auszuweisen wäre. Nach § 274 HGB ist für diese Differenz ein Steuerabgrenzungsposten vorgesehen, wenn sie sich in den Folgeperioden voraussichtlich wieder ausgleicht. Die Berücksichtigung nur zeitlich begrenzter Differenzen ist der GuV-orientierten Methode und damit nach h.M. dem Timing-Konzept geschuldet.[42] Permanente Differenzen werden nicht in die Abgrenzung einbezogen, für quasi-permanente Differenzen ist dies nach h.M. vor allem wegen der mangelnden Prognosefähigkeit ihrer Umkehr ebenfalls nicht vorgesehen.[43] Die Vorschrift stellt auf eine Gesamtdifferenzenbetrachtung ab, da nur der gesamte Steueraufwand des Geschäftsjahres und früherer Geschäftsjahre betrachtet wird.[44] Eine Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern wird implizit unterstellt[45] und somit nach der Brutto-Methode[46] immer nur die Abgrenzungsspitze (Saldo) der voraussichtlichen Steuerbelastungen und -entlastungen gezeigt.[47]

 

Ist in den nachfolgenden Perioden eine Steuerbelastung zu erwarten, weil der steuerrechtlich ermittelte Steueraufwand bezogen auf das Handelsbilanzergebnis zu niedrig wäre,[48] ist in Höhe der voraussichtlichen Steuerbelastung eine Rückstellung zu bilden (Ansatzgebot für passive latente Steuern gem. § 274 Abs.1 HGB). Die Vorschrift dient lediglich der Klarstellung, da sich aus § 249 Abs. 1 S. 1 HGB bereits die Pflicht zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ergibt.[49] In der Bilanz[50] oder im Anhang ist diese Rückstellung gesondert anzugeben.

 

Wird in den Folgeperioden eine Steuerentlastung erwartet,[51] darf auf der Aktivseite der Bilanz ein Abgrenzungsposten als Bilanzierungshilfe gebildet werden (Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern gem. § 274 Abs. 2 HGB). Gleichzeitig tritt korrespondierend eine Ausschüttungssperre ein (§ 274 Abs. 2 S. 3 HGB). Nach h.M. ist der Posten unter den Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen.[52] Die teilweise Ausübung des Wahlrechts (Ansatz von Zwischenwerten von null bis zum vollen Betrag des Aktivpostens) wird als zulässig betrachtet.[53] Das Wahlrecht kann jede Periode neu ausgeübt werden.[54] Die Nachholung in Perioden, die dem erstmaligen Auftreten der aktiven Steuerlatenz folgen, wird als zulässig erachtet.[55]

 

Zur Abzinsung des Steuerabgrenzungspostens findet sich im Gesetz keine Aussage. Nach h.M. wird die Abzinsung abgelehnt, weil sie primär der periodengerechten Erfolgsermittlung dienen soll.[56] Die Aktivierung einer aus einem Verlustvortrag resultierenden Steuerentlastung in nachfolgenden Perioden wird nach h.M. abgelehnt.[57] Die Steuerabgrenzung in Verlustperioden ist in der Vorgehensweise grundsätzlich gleich der in Gewinnjahren. Durch Bewertung und Prognose können sich jedoch Anpassungen ergeben.[58]

 

Da nach der Vorschrift des § 274 HGB eindeutig auf die voraussichtlichen Steuerbe- und -entlastungen in den Folgeperioden abgestellt wird, ist für die Bewertung nach h.M. die Verbindlichkeitsmethode anzuwenden.[59] Somit sind die in den Umkehrperioden gültigen Steuersätze - soweit bekannt - heranzuziehen. Steuersatzänderungen sind zu berücksichtigen, wenn sie hinreichend konkretisiert sind.[60] Die Anpassungen erfolgen ergebniswirksam.[61] In Deutschland kommt ein kombinierter Steuersatz aus Körperschaftsteuer (25 v.H. bzw. 15 v.H. gem. § 23 Abs. 1 KStG) zzgl. Solidaritätszuschlag (5,5 v.H. auf die KSt gem. § 4 SolZG) und Gewerbesteuer (in Abhängigkeit von den Hebesätzen gem. § 16 Abs. 1 GewStG) zur Anwendung.[62]

 

Neben allgemeinen Erläuterungspflichten werden in § 274 HGB keine weiteren Informationen im Anhang zur Offenlegung der Steuerabgrenzung verlangt.[63] Gerade in Fällen der Ausübung des Wahlrechtes zu einer Nichtaktivierung von aktiven latenten Steuern, wäre eine Anhangserläuterung von Interesse, wird aber nicht gefordert.[64] Die Steuerabgrenzungsposten brauchen nicht nach Fristigkeiten aufgeteilt oder erläutert werden.[65] Alle Steueraufwands- oder -ertragsbuchungen für die Steuerabgrenzung, inkl. Anpassungen von Vorperioden und Steuersatzänderungen, sind in der GuV unter den „Steuern vom Einkommen und Ertrag“ zu zeigen. Eine Trennung des effektiven vom latenten Steueraufwand erscheint sinnvoll, ist aber ebenfalls nicht zwingend erforderlich.[66]

 

Die Vorschrift des § 278 HGB zur Berechnung der Steuern vom Einkommen und Ertrag auf der Grundlage eines Gewinnverwendungsvorschlages bzw. -beschlusses hat seit 2001 an Bedeutung verloren.[67] Die Steuerabgrenzung nach § 274 HGB hat auf die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und damit die effektive Steuer selbst, keinen Einfluss.[68]

 

3.2 Ertragsteuern im HGB-Konzernabschluss


 

Handelt es sich bei der bilanzierenden Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland um ein Mutterunternehmen i.S.d. § 290 Abs. 2 HGB, so sind von ihr ein Konzernabschluss und ein Konzernlagebericht nach den Regelungen der §§ 290-315a HGB aufzustellen. Die Vorschriften zur Prüfung und Offenlegung (§§ 316-329 HGB) finden auf den Konzernabschluss/Konzernlagebericht entsprechende Anwendung. Die Thematik der Ertragsteuern wird über § 298 Abs. 1 HGB für den Konzernabschluss analog den Vorschriften für den Einzelabschluss (§ 274 HGB) geregelt. Für den Konzernabschluss werden explizit nur in § 306 HGB „Steuerabgrenzung“ Bestimmungen niedergelegt. Die Vorschrift betrifft nach dem Wortlaut nur die latenten Steuern, welche im Rahmen der erfolgswirksamen Konsolidierungsmaßnahmen bei der Vollkonsolidierung (§§ 300-307 HGB) auftreten. Über § 310 Abs. 2 HGB sind sie jedoch auch bei der anteilsmäßigen Konsolidierung (Quotenkonsolidierung) entsprechend anzuwenden. Wird vom Wahlrecht der quotalen Konsolidierung (§ 310 Abs. 1 HGB) kein Gebrauch gemacht oder handelt es sich um assoziierte Unternehmen i.S.d. § 311 Abs. 1 HGB, findet die Steuerabgrenzung nach § 306 HGB für diese Unternehmen im Konzernabschluss keine Anwendung. Die effektiven Steuern der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen werden aus deren Einzelabschlüssen nach landesspezifischem Recht (Handelsbilanzen I – HB I) unverändert bzw. nach den Konsolidierungsregeln des HGB[69] übernommen.

 

Das Konzept der Steuerabgrenzung im Konzernabschluss ist dreistufig.[70] Grundlage der Erstellung des Konzernabschlusses sind in der ersten Stufe die HB I, in denen die latenten Steuern - wie im vorherigen Abschnitt dargestellt – nach §§ 274 HGB bzw. landesspezifischem Recht enthalten sind. Auf der zweiten Stufe...

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