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Opiatabhängigkeit

Interdisziplinäre Aspekte für die Praxis

VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl342 Seiten
ISBN9783211693896
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR

Das Wissen über 'Opioidabhängigkeit' ist beträchtlich gewachsen. Neben Grundlagenforschung, Pharmakotherapie, somatischer/psychiatrischer Komorbidität, gewann der interdisziplinäre Aspekt zunehmend an Bedeutung. Die Autoren des Fachbuches geben erstmals einen aktuellen Überblick über die pharmakologischen, medizinischen, psychotherapeutischen und rechtlichen Grundlagen. Sie erweiterten die 2. Auflage um neue Beiträge zur Chirurgie, Dermatologie, Gynäkologie und Schmerztherapie. Plus: Ergänzungen u.a. zu Begutachtungspraxis hinsichtlich Suchtgefährdung und -krankheit und Fahrtauglichkeit. Die Autoren berichten aus ihrer langjährigen Praxis.

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Leseprobe

Heroinmythologie und Heroinkontrolle (S. 65-66)
Alfred Springer

Einleitung: Die soziale Konstruktion der Drogenkontrolle


In der medizinhistorischen Literatur kann man nur wenige Referenztexte finden, in denen versucht wird, die besondere Position, in die das Acetylmorphin drogenpolitisch geraten ist, und den Prozess, der zu dieser Sonderposition führte, darzustellen und zu interpretieren. Als Ausgangspunkt unserer kritischen Überlegungen dient ein in diesem Kontext 1974 erschienener Artikel über die Entstehung der amerikanischen Suchtgiftgesetzgebung. Sein Autor, A. Saper, kam darin zum Schluss, dass die Drogenpolitik der letzten 80 Jahre überwiegend auf Mythen, Fantasien und historischem Zufall aufgebaut sei. Nur bisweilen sei auch die Vernunft zum Zug gekommen (1). Es gilt nunmehr, diesen Prozess nachzuvollziehen und die Spuren der Mythologisierung in der aktuellen Situation aufzuspüren. Am geeignetsten scheint dazu das Studium der Heroinprohibition. In mancher Hinsicht können Heroinkontrolle und die anderen Formen der Drogenkontrolle nicht scharf voneinander abgegrenzt werden. Die Heroinkontrolle repräsentiert den Gipfel aller Kontroll- und Prohibitionstendenzen, die sich zusammenschlossen, um jene Droge zu bekämpfen, der das Schicksal zugewiesen wurde, als die übelste und gefährlichste von allen klassifiziert zu werden.

Der Mechanismus der Drogenkontrolle – die Entwicklung der Internationalen Kontrolle der Narkotika

Die Opium-Konferenz, die 1912 in Den Haag zusammentrat, formulierte eine Konvention hinsichtlich der Unterdrückung des Missbrauchs von Opium und anderer Drogen. Alle Teilnehmer sagten zu, die Produktion und den Gebrauch des Rohopiums zu beschränken. 1933 trat die „Convention for Limiting the Manufacture and Regulating the Distribution of Narcotic Drugs" (bekannt als die „Narcotic Limitation Convention aus 1931") in Kraft, nachdem sie der U.S. Senate bereits 1932 ratifiziert hatte. 63 Nationen traten diesem Abkommen bei. Die Genfer Konferenz von 1936 etablierte die internationale Zusammenarbeit hinsichtlich der strafrechtlichen und sicherheitspolitischen Anteile der Unterdrückung des illegalen Drogenhandels. Dieses Übereinkommen erforderte die Anpassung bereits bestehender nationaler Gesetze an die Vorschläge der Gruppe. Bis 1943 geschah diese Anpassung in 12 Nationen. 1946 übernahmen dann die Vereinten Nationen die Funktionen und Gewalten, die vordem vom Völkerbund ausgeübt worden waren. Ein Narkotika-Komitee wurde konstituiert.

Der historische Hintergrund der Heroinkontrolle

Der erste spezifische Vorschlag bezüglich der Kontrolle des Heroin im internationalen Kontext wurde 1923 vom Völkerbund Subkommittee für Gesundheit und Opium vorgebracht: „In view of the fact that a question is being raised as to the possibility of prohibiting the manufacture of heroin ... the mixed Sub-Committee, composed of technical experts, agrees, having regard to the small therapeutic value and the harmful effects of diacetyl-morphine (Heroin), to advocate the prohibition of its manufacture." Heroin als Problemdroge Heroin wurde zunächst aufgrund der Entwicklung in drei Ländern als Problemdroge identifiziert.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen kam es in China, Ägypten und den USA zu einem rapiden Anstieg des Heroinmissbrauchs. Von diesen drei Ländern wurden sowohl nationale Initiativen in Gang gesetzt, das Problem im eigenen Land in den Griff zu bekommen, wie auch internationale Kooperation im Kampf gegen den Heroinmissbrauch gefordert. Diese internationale Kooperation sollte, wenn es nach den Vorstellungen der drei betroffenen Länder gegangen wäre, bereits in den 30er-Jahren zu einer ähnlichen internationalen Gesetzeslage führen, wie sie heute in Kraft ist.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur 1. Auflage7
Vorwort zur 2. Auflage6
Inhaltsverzeichnis9
Mitarbeiterverzeichnis11
I. Drogen und Ihre Wirkung15
Drogenkulturen: Konsum und Kontrolle17
Opiate aus heutiger Sicht31
Abhängigkeit aus psychologischer Sicht37
Abhängigkeit im Experiment47
Abhängigkeit in der Adoleszenz59
Pharmakologie psychotroper Substanzen65
Heroinmythologie und Heroinkontrolle79
Heroingestützte Behandlung:drogenpolitische Aspekte93
II. Begleiterkrankungen105
Psychiatrische Komorbidität107
Agieren und Mitagieren in der Behandlungvon Substanzabhängigen113
Prophylaxe und Therapie der Hepatitis A, B und C121
Das A-B-C der postexpositionellen Prophylaxe131
Antiretrovirale Therapiex139
Kardiologische und pulmologische Komplikationen bei Opiatabhängigkeit153
Chirurgische Komplikationen163
Geburtshilfliche Komplikationen169
III. Behandlungsstrategien177
Schadensmindernde Aspekte – „Harm Reduction“179
Aspekte der Apotheker187
Substitutionstherapie199
Heroingestützte Behandlung219
Entzugstherapie der Opiatabhängigkeit227
Begleitende psychosoziale Unterstützung in der Substitutionsbehandlung239
Psychotherapeutische Aspekte245
Allgemeinmedizinische Aspekte257
Opiatabhängigkeit und Schmerztherapie265
Entwicklung von Kindern substanzabhängiger Mütte273
Drogen und Opiate im Straßenverkehr283
Drogentests: Möglichkeiten und Grenzen295
Begutachtungspraxis hinsichtlich Suchtgefährdung und Suchtkrankheit311
Substanzabhängigkeit und Strafvollzug323
Was sind eigentlich „Drogenopfer“?335
Sachverzeichnis353

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