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Der Cluster als Garant regionalwirtschaftlichen Erfolgs?

Die praktische Umsetzung des Clusterkonzepts am Beispiel des 'dortmund-project'

AutorChristopher Alting
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl122 Seiten
ISBN9783638712538
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Wirtschaftsgeographie, Note: 2,3, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Geographisches Institut - Sozioökonomie des Raumes), 133 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Durch die in den letzten Jahren beobachtbare Verlagerung von Produktionsstätten zu Standorten mit günstigeren Produktionsbedingungen, sowie dem Wegfall vieler Arbeitsplätze in 'traditionellen' Branchen, wie der Montanindustrie, bewegen Ansätze zur Förderung der regionalen Wirtschaft und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze die öffentliche Diskussion. Dabei ist eine Vielzahl von theoretischen Konzepten zur Erklärung der endogenen Regionalentwicklung entstanden, deren Frage nach den Ursachen auch stets eine solche nach den Ursachen räumlicher Ballung ökonomischer Aktivitäten ist. Allen diesen Konzepten ist außerdem gemein, dass sie zunehmend den endogenen Faktoren einen größeren Einfluss beimessen, als regionsexogenen Determinanten. Weiter werden zwischenbetriebliche Kooperationen, kollektives Lernen, Synergieeffekte, sowie eine wachsende Zahl an Neologismen wie 'Spillover-Effekte' oder 'Networking' zur erfolgreichen und nachhaltigen Entwicklung von Regionen und ihren Branchen benannt. Da jedoch die wirtschaftlichen Akteure maßgeblich an der Umsetzung und dem Erfolg der theoretischen Konzepte beteiligt sind, bleibt die Frage, ob in der Praxis diese Konzepte verstanden und umgesetzt werden können. Diese Diplomarbeit gibt eine Überblick über das Clusterkonzept nach Porter und dessen befürchteten und erhofften Risiken und Effekte auf regionale und nationale Wirtschaft. Weitergehend erfolgt eine Überprüfung der theoretischen Annahmen des Konzepts am Beispiel des proklamierten Mikrosystemtechnik-Clusters in Dortmund.

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Leseprobe

2. Die räumlichen Verteilungsmuster der Wirtschaft


 

2.1. Zum Begriff der Standortfaktoren


 

Standortentscheidungen gehören trotz Globalisierung, die viele Faktoren ubiquitär erscheinen lässt, zu den konstitutiven Entscheidungen in einem Unternehmen.[42] Standorte werden je nach unternehmerischer Ausrichtung auf verschiedenen Maßstabsebenen gesucht, wobei die Gewinnmaximierung, als langfristiges Ziel ei-ner jeden Unternehmung von zentraler Bedeutung ist.[43]

 

Alfred Weber definierte 1909 in seinem Werk „Über den Standort von Industrien“, dass ein Standortfaktor

 

„… ein seiner Art nach scharf abgegrenzter Vorteil [ist], der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn sie sich an einem bestimmten Ort oder generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht.“[44]

 

Gemäß diesen Bedingungen – Gewinnmaximierung und lokaler Vorteil – müssten sich Unternehmen dementsprechend an Orten niederlassen, an denen die für sie wichtigsten Standortfaktoren am besten bewertet werden. Eine eindeutige Ent-scheidung wird jedoch dahingehend erschwert, dass die Vielzahl zu berücksichti-gender Faktoren, sowie deren Veränderlichkeit kaum in ein Bewertungssystem eingebracht werden können, sodass Standortentscheidungen letztendlich nie als langfristig richtig und nachhaltig gewertet werden können.[45]

 

Zudem sind Unternehmen durch neue Transport-, Informations- und Kommunika-tionstechnologien, Abnahme des Materialgewichts, Miniaturisierung, sowie eine Reihe anderer Entwicklungen zunehmend von bestimmten Standorten unabhängig geworden. Diese, auch als ‚footloose-Unternehmen’ bezeichnet, sind bei sinken-den Transferkosten dazu in der Lage, die Wertschöpfungskette aufzubrechen und so zu organisieren, dass regionale Vorteile bestmöglich genutzt werden.[46]

 

Die im Folgenden von mir untersuchten Unternehmen der MST-Branche sind nicht an das Vorkommen natürlicher Ressourcen gebunden, sodass die in klassischen Theorien im Vordergrund stehenden Kosten der Materialbeschaffung und Faktor-kosten eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die Kosten der Produktion im engeren und weiteren Sinne, spielen insofern eine Rolle, als dass die Unterneh-men einer hochqualitativen, technologischen Infrastruktur bedürfen, sowie des Zugangs zu spezialisiertem Fachwissen. Dies wird dadurch noch verstärkt, dass im Unterschied zum Informationstransfer der Wissenstransfer entfernungsabhän-gig bleibt.[47] Demnach ist entscheidender, wo und wie effektiv die Faktoren einge-setzt werden, als die Verfügbarkeit der Faktoren selbst.[48]

 

Allgemein wählen höherwertige Dienstleistungsunternehmen – zu denen die MST-Branche zählt (s. Kap. 1.2) – Städte oder Zentren als Standorte, die eine gute großräumige Verkehrs- und Kommunikationsanbindung aufweisen, in denen qualifiziertes Personal verfügbar ist und in denen sich Entscheidungsebenen der Nachfrager konzentrieren.[49] Neben diesen „harten“ Standortfaktoren haben auch zunehmend „weiche“ Faktoren Einfluss. Zu diesen zählen das Wirtschaftsklima, das Image und die Lebensqualität des Umfeldes.[50] Diese Faktoren wirken sich wiederum auf das Image des Unternehmens aus, sowie auf die Verfügbarkeit drin-gend benötigten hochqualifizierten Personals. Die lokale Standortentscheidung, in-nerhalb einer Stadtregion, wird von der Verfügbarkeit von Flächen und deren Mietpreis, sowie etwaiger Imagefaktoren beeinflusst.[51]

 

Aufgrund kürzerer Produktlebenszyklen und technologisch höherwertiger Produkte steigt der Bedarf an hochwertigen, bzw. hochrangigen Unternehmensdienstleis-tungen, zur Innovation von Produkten und Verfahren. Sie gelten als entscheidende Voraussetzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Sta-aten[52] und spielen eine bedeutende Rolle bei der Entstehung „innovativer Netz-werke“, von Industriedistrikten oder leistungsfähiger Produktionscluster.[53]

 

2.2. Abgrenzung der neuen Konzepte der Wirtschaftsgeographie


 

Mitte der 1980er Jahre kam es zu einem Umbruch der bis dahin überschaubaren Zahl an Theorien und Konzepten regionalwirtschaftlicher Entwicklung. Waren diese bis dato im Wesentlichen dominiert durch neoklassische und polarisations-theoretische Ansätze, entwickelte sich eine Vielzahl neuer oder modifizierter Konzepte. Anlass dieser Entwicklung waren grundsätzliche Veränderungen in einzel- und gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen, hauptsächlich der Wandel von fordistischer zu postfordistischer Produktionsweise.[54]

 

2.2.1. Vom Fordismus zum Postfordismus


 

Vom Fordismus zum Postfordismus beschreibt den Anfang der 1970er Jahre be-gonnenen Strukturwandel der Wirtschaft von der ersten zur zweiten industriellen Arbeitsteilung.[55]

 

Die erste industrielle Arbeitsteilung vollzog sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und beschreibt die Entwicklung hin zu industrieller Massenfertigung, wie sie zum Beispiel von Henry Ford – deshalb auch Fordismus – in der Automo-bilindustrie entwickelt wurde.[56] Charakteristisch für diese Wirtschaftsform, ist die Fertigung gleichartiger Produkte, in großen Mengen durch zunehmende Mechani-sierung des Produktionsprozesses; beispielsweise der Fließbandtechnik in der Automobilindustrie. Dadurch können die Fixkosten der Produktion einer größeren Stückzahl an Produkten angerechnet werden, was zu niedrigeren Stückkosten führt und allgemein auch als „economies of scale“ bezeichnet wird.[57] Gleichzeitig werden die Arbeitsschritte zunehmend aufgeteilt (Taylorismus), wodurch es zu einer Spezialisierung der Tätigkeiten in gleichförmigen Arbeitsschritten kommt mit geringer individueller Verantwortlichkeit.[58] Dies erlaubt den Einsatz gering qualifi-zierten Personals, was ebenfalls zur Kostenreduktion beiträgt. Weitere Merkmale fordistischer Produktion sind große Lagerbestände, eine stark vertikal gegliederte Organisationsstruktur, sowie Massenkonsum und –nachfrage.[59]

 

Eine Reihe von Veränderungen führte dann zu einer Schwerpunktverlagerung fordistischer zu nachfordistischer oder postfordistischer Produktion.[60] Auslöser waren weltweite Strukturprobleme in den 1970er Jahren, wie Rohstoffverknap-pung und damit zusammenhängende Energieverteuerung (Ölpreisschock). Eine zunehmend individualisierte Nachfrage, sich schnell wandelnde Kundenwünsche und stärkere Konsumentensouveränität, sowie steigende Produktvielfalt und immer kürzere Produktlebenszyklen werden ebenfalls als Argumente dieser Ver-lagerung angeführt.[61]

 

Die fordistische Massenproduktion wird dabei durch flexible Produktion teilweise ersetzt.[62] Diese kennzeichnet die Fertigung eher innovativer, technologieintensiver Produkte in kleineren Serien. Hochflexible Produktionstechnologien, wie zum Bei-spiel CNC-Maschinen,[63] erlauben eine schnellere Anpassung und Umstellung an sich wandelnde Kundenwünsche und Marktbedingungen.[64] „Economies of scope“ lösen somit „economies of scale“ als Kostenvorteile der Produktion ab.[65]

 

Als weitere Charakteristika sind geringe Fertigungstiefen und kleine Lagerbestän-de, sowie schlanke Hierarchien mittels dezentraler Koordination und Kontrolle zu nennen. Die zuvor aufgeteilten Arbeitsschritte werden zum Teil wieder zusammen-geführt (Toyotismus)[66], was zu höherer individueller Verantwortung der Beschäf-tigten führt und den Bedarf an qualifiziertem Personal erhöht.[67] Als entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit werden unternehmensbezogene Dienstleistungen gesehen, die sowohl betriebsintern als auch extern angesiedelt sein können.[68]

 

Beiden Produktionsformen ist gemein, dass sie zu regionalen Konzentrationspro-zessen führen. Während dies im Fordismus jedoch zu großen, vertikal integrierten Fabrikkomplexen führte, ist der Postfordismus eher durch die räumliche Ballung kleinerer oder mittlerer, vertikal desintegrierter Unternehmen gekennzeichnet. Als Gründe für die Ballung auch postfordistischer Produktionsweise sind „economies of scope“ und die damit zusammenhängende Bildung von Produktionsnetzwerken zu nennen.[69]

 

2.2.2. Konzept der „innovativen Milieus“


 

Das Konzept der innovativen Milieus entstand Mitte der 1980er Jahre und wurde maßgeblich von der „Groupe de Recherche Européen sur les Milieux Innovateurs“ (GREMI) geprägt. Ausgangspunkt waren die unterschiedlichen Innovationsfähig-keiten und -tätigkeiten in verschiedenen Regionen, als Grundlage für die Entsteh-ung innovativer Unternehmen und das wirtschaftliche Wachstum dieser Regio-nen.[70] Eine genaue Begriffsbestimmung oder –abgrenzung, sowie die empirische Überprüfbarkeit werfen bis heute jedoch noch Probleme auf. Grundlegend werden innovative, oder kreative, Milieus beschrieben als:

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