2. Didaktische Rezension
2.1 Krabat- Inhaltsangabe
Krabat ist die Hauptfigur in Ottfried Preußlers gleichnamigen Roman, der in drei Teile unterteilt ist, wobei jeder Teil für ein Jahr steht.
2.1.1 Das erste Jahr
Krabat ist ein elternloser, wendischer Betteljunge im Alter von vierzehn Jahren, der zu Beginn eines neuen Jahres als einer von den drei heiligen Königen von Dorf zu Dorf zieht. Eines Nachts hat Krabat zum ersten Mal einen seltsamen Traum. Elf Raben sitzen auf einer Stange, auf der ein Platz frei zu sein scheint. Eine heisere Stimme ruft drei Mal seinen Namen. Die Stimme fordert ihn auf, zur Mühle in Schwarzkollm zu kommen, es würde nicht zu seinem Schaden sein. Die Raben erheben sich und krächzen: „Gehorche der Stimme des Meisters, gehorche ihr!“[20]
Er gehorcht dem Traum und geht dort in die Lehre. Im Laufe der nächsten Wochen ereignen sich unheimliche Dinge auf der Mühle. Er findet in Tonda, dem Altgesell einen Freund, der ihm in schwierigen Situationen beisteht. In der Osternacht hört Krabat zum ersten Mal die Stimme der Kantorka von Schwarzkollm und wird in die schwarze Schule, welche die Mühle ist, aufgenommen. In den folgenden Monaten lernt er neben der Arbeit, die für alle auf der Mühle anfällt, an jedem Freitagabend, gemeinsam mit den anderen Gesellen, die Fertigkeiten der schwarzen Magie. Er macht die Bekanntschaft mit dem Herrn Gevatter, der in jeder Neumondnacht die Mühle besucht und muss am Ende des Jahres Tod und Begräbnis seines Freundes Tonda miterleben.
2.1.2 Das zweite Jahr
Ein neuer Lehrling nimmt Tondas Platz auf der Mühle ein, was für Krabat den „Freispruch“ zur Folge hat. Seine Lehrzeit ist nun vorbei und er ist einer der Gesellen. Es stellt sich heraus, dass ein Jahr auf der Mühle für drei in der Realität zählt, was Krabat auch an den Veränderungen seines Körpers spürt.
In diesem Jahr ereignen sich einige Geschichten, die Krabats Unmut in Bezug auf den Müller und das System, in dem sie leben wachsen lassen. Er scheint ein Ziel vor Augen zu haben, für das er fleißig lernt und er wird immer besser in der schwarzen Kunst. Ein Besuch Pumphutts[21] endet in einem Zauberwettkampf mit dem Müller, in dem dieser unterliegt. Diese Niederlage verdeutlicht, dass der Meister nicht unbesiegbar ist und gibt Krabat Hoffnung und Mut, sich dem Bösen zu stellen.
Die Gedanken an die Kantorka häufen sich, und in der Osternacht gibt er seiner Sehnsucht, und der mit ihr verbundenen Versuchung letztendlich nach und verlässt seinen Körper, um sie zu sehen. Da jedes Jahr mit einem Todesfall endet, müssen die Gesellen diesmal Michal begraben, woran sein Vetter Merten fast zerbricht.
2.1.3 Das dritte Jahr
Auch das dritte Jahr beginnt mit der Ankunft eines neuen Lehrlings. Krabat kennt den kleinen Lobosch aus Sternensingerzeiten und nimmt sich des Jungen an, wie es einst Tonda bei ihm getan hatte. Angetrieben durch den Verlust seiner Freunde und die stetig wachsende Liebe zur Kantorka, wird Krabat immer unvorsichtiger in seinem Kampf gegen den Meister. Dass der Weg aus der Mühle nicht durch eine einfache Flucht zu bewerkstelligen ist, wird durch Mertens missglückte Fluchtversuche deutlich. Je gefährlicher die Situationen werden, in die Krabat sich unvorsichtig begibt, desto häufiger erscheint Juro, um ihm zu helfen. Dieser offenbart Krabat seine „gespielte“ Dummheit und steht ihm als Freund zur Seite. Er unterstützt Krabat in seinem Kampf und verrät ihm die Möglichkeiten, die es gibt, der Mühle zu entkommen. Der Meister spürt die Veränderungen, die in Krabat vorgehen und bietet ihm seine Nachfolge an. Krabat lehnt jedoch ab und gerät dadurch in die Lage der „Auserwählte“ zu sein, der in der letzten Nacht des Jahres sterben soll. Dies geschieht jedoch nicht, da die Kantorka ihn frei bittet und die ihr auferlegte Prüfung durch ihre Liebe zu ihm besteht. Krabat und die übrigen Gesellen sind befreit, da die Mühle, und mit ihr der Müller, untergehen werden.
2.2 Die Darstellung der Charaktere
Krabat, der wendische Betteljunge, ist in Preusslers gleichnamiger phantastischer Erzählung die Hauptfigur. Neben ihm leben, außer dem Meister, noch elf andere Gesellen auf der Mühle. Da in der letzten Nacht des Jahres jeweils ein Geselle stirbt, kommt zweimal ein neuer Lehrling dazu.
Besonderes Augenmerk möchte ich in dieser Arbeit auf insgesamt sieben der Protagonisten legen. Die erwähnten Charaktere ziehen sich wie ein roter Faden durch die Erzählung und die Handlung. Unter Punkt 2.4 werde ich verdeutlichen, weshalb gerade diese Figuren für die Deutung der Erzählung überaus wichtig sind. Bereits an Krabats erstem Morgen auf der Mühle, bekommt der Leser das Gefühl, Preussler wolle ihm mitteilen, auf welche Gesellen er sein Augenmerk legen solle. Tonda stellt sich selbst, Michal, Merten und Juro namentlich vor.
Näher betrachtet werden sollen an dieser Stelle, außer Krabat der Meister der Mühle, Tonda der Altgesell, Lyschko der Spitzel, Juro der Dummkopf und die Kantorka von Schwarzkollm. Im Zusammenhang mit dem Meister wird der Herr Gevatter auch eine nicht ganz unwichtige Rolle spielen.
Aufgrund der Tatsache, dass Preußler eine altdeutsche Sage zum Thema seiner Erzählung gemacht hat, bieten die dargestellten Personen, Kontext bedingt, keine direkten Identifikationsmöglichkeiten für den Leser. Sie sind schwer arbeitende Müllerburschen, die keine Kindheit oder Jugend erleben, wie sie aus der Sicht eines heutigen Heranwachsenden normal ist. Die Personen sind also nicht kindgerecht geschildert, in dem Sinne, als dass sie typische Merkmale kindlicher Existenz versinnbildlichen. Krabat allerdings fällt aus diesem Bild, welches Preussler von den Charakteren zeichnet, heraus.
2.2.1 Krabat
Krabat zieht als Sternensinger durchs Land, um so zu genügend Nahrung und einem Schlafplatz für die Nacht zu kommen. So etwas wie ein Zuhause ist ihm fremd; seine Eltern leben nicht mehr und er ist für sein Leben selbst verantwortlich. Es wäre denkbar, dass die Kinder einer vierten Grundschulklasse dieses Leben auf den ersten Blick bewundern. Entfernt erinnert die Situation an Astrid Lindgrens Protagonistin „Pippi Langstrumpf“. Sie stellt zwar eine andere Ebene kindlicher Entwicklung dar, verkörpert aber auch den Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit, die als elementare kindliche Bedürfnisse gelten.[22] Die meisten der kindlichen Rezipienten haben erwachsene Bezugspersonen, die ihnen Liebe und Geborgenheit schenken. In unserem sozialen Umfeld kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass genügend Nahrung zur Verfügung steht und Bett vorhanden ist. Nur aufgrund dieser Selbstverständlichkeit können sich die Kinder nach der Unabhängigkeit eines Krabat sehnen. Beim ersten Besuch der Mühle ist er sich der Veränderung in seinem Leben vorerst nicht bewusst. Möglicherweise genießt Krabat das Leben in einer Gemeinschaft. Seit dem Tod seiner Eltern ist er auf sich alleine gestellt. Nun erlebt er eine Situation, in der er versorgt wird und zusätzlich durch Tondas Freundschaft Liebe und Zuneigung erfährt.
Er steht am Anfang seiner Entwicklung, auf dem Weg erwachsen zu werden. Der Leser erlebt die gesamte Geschichte aus seiner Sicht. Er sieht die Dinge, die geschehen, durch Krabats Augen und erlebt alles aus Krabats Perspektive, da er der einzige ist, der eine Entwicklung durchläuft. Preußler beschreibt mit seinem Protagonisten also keine bloße Sagengestalt, sondern „vielmehr eine psychologisch höchst subtile und differenzierte Figur, die in einem krisenhaften und gefahrvollen Entwicklungs- und Reifeprozess am Ende ihrer Geschichte zum Anfang ihrer Selbstbestimmung findet (Rösler, S. 31).“[23]
2.2.2 Der Meister
Der Leser lernt den Meister der Mühle als einen einäugigen, massigen dunklen Mann kennen, der sehr bleich, fast schon kalkweiß, im Gesicht ist.[24] Bei Krabats Eintreffen in der Mühle nimmt er den Meister in einer düsteren Atmosphäre fast gespenstig wahr. Eine rote Kerze, auf einem Totenschädel steckend, spendet dem Meister Licht, während er in einem in Leder eingebundenen Buch liest, das an Ketten hängt. Der Müller spricht mit rauer, heiserer Stimme und Krabat erkennt die Stimme, die ihn im Traum gerufen hat.
Er ist immer alleine, eine furchterregende Erscheinung, hat auf der Mühle die Macht und tritt wie das personifizierte Böse auf. Sein Verhalten, seine äußere Gestalt und seine Ausdrucksweise machen ihn auch für den Leser zu einem Feind. Die Angst, die er verbreitet veranlasst den Leser dazu, seine Sympathien auf Krabat und seine Freunde zu übertragen.
2.2.3 Lyschko der Spitzel
„Lyschko, ein...