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Das Museum als außerschulischer Lernort. Eine Analyse der museumspädagogischen Didaktik am Beispiel des Museumsparks Kalkriese

AutorLuisa-Kristina Paetsch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783656593270
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1,0, Universität Osnabrück, Sprache: Deutsch, Abstract: Auf der UNESCO-Weltkonferenz 2010 in Seoul war die Forderung nach einer fundamentalen und nachhaltigen Berücksichtigung von Kultur in der Erziehung und Bildung ein Schwerpunkt der Erörterungen. Gefordert wurde insbesondere die 'Erreichbarkeit von Kultur für jedermann' sowie eine Bereitstellung einer hohen Qualität in Konzepten und Praxis, die Lösungen für gegenwärtige und zukünftige, soziale und kulturelle Herausforderungen anbieten können. Dass der kulturellen Bildung bereits seit vielen Jahren im internationalen Bereich und in wissenschaftlichen Konferenzen von Komitees, wie etwa im Internationalen Museumsrat (ICOM), ein hoher Stellenwert zugesprochen wird, versteht sich als Reaktion auf den schnellen und tief greifenden Wandel in vielen gesellschaftlichen Bereichen der westlichen Welt. Im heutigen Zeitalter der Technisierung und der damit einhergehenden beschleunigten Lebensverhältnisse unterliegen auch die kindlichen Lebenswelten immer schnelleren und vielfältigeren Modernisierungsprozessen. So wachsen Kinder einerseits in einer Informationsgesellschaft auf, in der man heute davon ausgeht, dass sich ihre Disziplinen auf technischen, naturwissenschaftlichen oder ökonomischen Bereichen alle drei Jahre erneuern. Diese Innovationsgeschwindigkeit hat zur Folge, dass Lernprozesse für soziale und personale Kompetenzen als permanente und lebensbegleitende Weiterbildungsprozesse verstanden werden müssen. Andererseits wachsen Kinder in einer medialisierten Gesellschaft auf, in der Informationen nicht mehr aus erster Hand übermittelt werden, sondern vielmehr Medien wie Fernsehen, Computer oder Handys der Informations- und Erkenntnisbeschaffung dienen. Einer Studie von JÜRGENS zufolge ist das Fernsehen das anteilig größte Medium, über das die Vermittlung von Erfahrungen aus zweiter Hand überliefert wird. Über das Fernsehprogramm können sich Kinder eine Vielfalt von Verhaltensmöglichkeiten abschauen oder sich durch Computerspiele in andere Lebenswelten versetzen lassen. Der Zugang zur Unmittelbarkeit von Erfahrungen bleibt Kindern aufgrund dieser medialen Fortschrittlichkeit oftmals verwehrt. [...]

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Leseprobe

3. Das Museum als Lernort


 

3.1 Grundlagen der Museumspädagogik


 

3.1.1 Begriffsbestimmung: Museumspädagogik


 

Der Begriff ,Museumspädagogik’ erweckt zunächst den Anschein einer eindeutigen Definitionsbestimmung. Die Bereiche ,Museum’ und ,Pädagogik’ werden bereits angesprochen und weisen auf zuständige Wissenschaften mit ihren jeweiligen Theorie- und Praxisfeldern hin. Zwar wird die Museumspädagogik als Teilbereich in das komplexe Fachgebiet der Pädagogik eingebunden, doch bleibt darin ihre Position noch weitgehend ungeklärt, zumal die Museumspädagogik weiteren Teilbereichen zugeordnet wird, wie der Allgemeinen Pädagogik, der Schulpädagogik, der Sonderpädagogik, der Erwachsenenpädagogik, der Freizeit-, Medien-, Umwelt- sowie der Spiel- und Theaterpädagogik.[28]

 

Relativ selten werden in der Pädagogik museumspädagogische Fragen behandelt oder diskutiert. Auch nimmt die Pluralität von Lernorten eine immer wichtigere Rolle in der Pädagogik ein, jedoch hat sich das Museum noch nicht als eigenständige Bildungsinstitution etabliert.[29]

 

So muss eine allgemeingültige Definition des Begriffs ,Museumspädagogik’ von zwei Seiten aus geliefert werden, nämlich einerseits aus Sicht der Pädagogik, andererseits im Zusammenhang mit der Museumsarbeit.

 

Definition aus Sicht der Pädagogik:

 

„Als Museumspädagogik wird die Praxis und die Theorie jenes Bereichs der Pädagogik bezeichnet, in dem das pädagogische Handeln in einem Museum (ggf. einer museumsähnlichen Einrichtung) oder in organisatorischer Bindung an die Institution Museum stattfindet, auf potentielle und tatsächliche Museumsbesucher, Kinder und Erwachsene, bezogen ist, um zwischen ihnen und dem Museum, insbesondere seinen Ausstellungsobjekten so zu vermitteln, daß ihnen dies in kognitiver, affektiver oder psychomotorischer Hinsicht förderlich ist, wobei diese Vermittlung darauf angelegt ist, daß die einzelnen Besucher ihrer immer weniger bedürfen.“[30]

 

Im Rahmen dieser Definition nimmt die Museumspädagogik innerhalb der Pädagogik durch den besonderen Ort des pädagogischen Handelns und den speziellen Vermittlungsprozess zwischen Ausstellungsobjekten und Ausstellungsbesuchern eine gesonderte Stellung ein. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Lernort Museum von anderen pädagogischen Lernorten.

 

Definition aus Sicht der Museumsarbeit:

 

„Als Museumspädagogik wird die Praxis und Theorie jenes Bereiches der Museumsarbeit definiert, in dem pädagogisches Handeln stattfindet.“[31]

 

Auf dieser Grundlage definiert sich die Museumspädagogik erst durch ihre Abgrenzung von den sonstigen Bereichen der Museumsarbeit.

 

Auch Weschenfelder/Zacharias verweisen durch ihre Definition auf den pädagogischen Charakter, der erst die museumspädagogische Arbeit ausmacht: „Museumspädagogik ist Erziehung auf das Museum hin, im Museum, durch das Museum und vom Museum ausgehend.“[32]

 

Die Museumspädagogik besitzt insofern einen Bildungs- und Erziehungsauftrag, indem sie jene Arbeitsformen untersucht, entwickelt und erprobt, die den Bildungs- und Erziehungszielen unserer Gesellschaft entsprechen. Damit sich die Zielgruppe die Objektsammlung eines Museums erschließen kann, müssen museumsspezifische Formen der Kommunikation angewandt werden. Eine der Hauptformen der Museumskommunikation mit der Öffentlichkeit ist die Ausstellung, die sowohl die Besucher als auch die Massenmedien, wie Presse, Rundfunk und Fernsehen, an ein Museum bindet. In diesem Bereich zählt die „pädagogische effektive Darbietung der Museumsobjekte“[33] zu einem der Hauptmerkmale der museumspädagogischen Kommunikationsformen. Diese „Darbietung“[34] muss einerseits „wissenschaftlich didaktisch-methodisch[..,]“[35] sowie „ästhetisch-attraktiv[...]“[36] gestaltet werden, andererseits jedoch eine pädagogisch effektive Vermittlung und Aneignung der Kernaussagen der Ausstellung gewährleisten. Außerdem muss sie auf Gruppen- und Einzelbesucher unterschiedlicher Altersstufen, Bildungsvoraussetzungen und Interessengebiete Rücksicht nehmen.

 

Insofern hat auch die Museumspädagogik, mit der Erziehungs- und Bildungsarbeit in unseren Schulen und weiteren Bildungs- und Fortbildungseinrichtungen vergleichbar, differenzierte Formen und Methoden herausgearbeitet, um dem unterschiedlichen Bewusstseins-, Bildungs-und Erfahrungsstand der Besucher gerecht zu werden.[37]

 

3.1.2 Die historische Entwicklung der Museumspädagogik in der BRD


 

Wird die gegenwärtige Situation der Museumspädagogik analysiert, so ist eine historische Betrachtung der museumspädagogischen Entwicklung unerlässlich. Aus dieser wird ersichtlich, dass den musealen Tätigkeiten von Anfang an bestimmte Intentionen in Form von erzieherischen Absichten zugrunde lagen. Demnach besaßen die Museumskonzepte schon damals einen pädagogischen Wert. Die historische Betrachtung zeigt eine Entwicklung, ausgehend von der ungelenkten bis hin zur institutionalisierten Museumspädagogik.[38]

 

In der Bundesrepublik Deutschland begann die Museumspädagogik mit dem Bau der Kunstkammer, die von Herzog Albrecht V. in Auftrag gegeben und in den Jahren 1563-1567 von Wihelm Egkl errichtet wurde. Im Jahre 1575 folgte im anliegenden Franziskanergarten aufgrund der umfangreichen Skulpturensammlung der Bau des Antiquariums durch Jacopo Strada und Simon Zwitzel. Zu der Zeit konnte der Herzog noch nicht erahnen, welche Bedeutung diesem ersten Museum Deutschlands einmal zukommen würde.

 

Der Leibarzt des Herzogs, Samuel van Quiccheberg, war leidenschaftlicher Sammler und kreierte die Idee eines Idealmuseums. Er schrieb 1565 das wissenschaftliche Handbuch „Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi“[39] , in dem er ein museologisches Programm, mit Ausrichtung auf den Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten in einem Museum, vorstellte. Mit seiner Ansicht des methodischen Lernens übertraf er schon weit die im 16. Jahrhundert herkömmliche Auffassung des Zusammentragens von Sammlungen und verstand das Museum bereits als eine unabhängige Bildungsstätte. Seine verdiente Anerkennung sollte Samuel van Quiccheberg jedoch erst im 20. Jahrhundert erhalten.[40]

 

Im 19. Jahrhundert folgte aufgrund der nationalen Bewegung und des Selbstverständnisses der Bürger die Gründung zahlreicher Museen durch fürstliche Sammler, die ihre Kunstkammern der Öffentlichkeit nicht vorenthalten wollten. Sie orientierten sich an den im Zuge der Französischen Revolution entstandenen Museen in Frankreich. Im frühen 19. Jahrhundert fand außerdem erstmals die Verlegung des Unterrichts einer Schulklasse in das Frankfurter Senckenberg-Museum statt.[41] Nun begannen viele Museen, hauptsächlich Großstadtmuseen, wie in Berlin, Frankfurt oder München, mit der Aufnahme museumsdidaktischer Intentionen in ihr Museumskonzept. Den Landesfürsten und Baumeistern wurde dadurch die Wichtigkeit der didaktischen Motive bewusst. Während die Landesfürsten in ihnen Vorteile bei der Repräsentation und Vermittlung von politischen Angelegenheiten sahen, so betrachteten die Baumeister die Museen eher als „nationale[s] Denkmal“[42].

 

Die Museumsleiter waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts meist keine Fachwissenschaftler, sondern Juristen oder Reformprediger, die die Nähe zum Volk, wie etwa durch „Wanderungen durch die Königliche Kunstkammer“[43], pflegten. Die Fürsten ergriffen im 19. Jahrhundert jedoch auch die Initiative, die von ihnen konzipierten Museen als ein „gezieltes erzieherisches Angebot gegenüber dem Bürgertum“ auszulegen. Ihre Museen wurden als „Institutionen der Bildung“ begriffen, durch die das Fürstentum dem Bürgertum zum Ausdruck bringen wollte, dass ihr Verdienst des Adels dem Kulturgut zu verdanken sei.

 

Mit der Zeit konnten sich Museen, die von bürgerlichen Museums- und Geschichtsvereinen getragen wurden sowie jene, die sich das Ziel der historischen Bildung oder der Bildung des Geschmacks gesetzt hatten, etablieren. Durch die 1. Weltausstellung in London im Jahre 1851 wurden in vielen deutschen Großstädten zahlreiche Gewerbe- und Kunstgewerbemuseen errichtet, die jungen Handwerkern als Anschauungsorte dienen sollten. Auch in diesen Museen stand der Aspekt im Vordergrund, die Praxis im Unterrichtsgeschehen auszulegen.

 

Adolf Reichwein war Leiter der Abteilung ,Schule und Museum’ in Berlin. Als Pädagoge im Widerstandskampf gegen den Nationalsozialismus gehörte er dem ,Kreisauer Kreis’[44] an und entwickelte erstmalig ein an Lehrer und Schüler gerichtetes pädagogisches Konzept, das die Arbeitsformen in Museen thematisierte.[45]

 

Die Museumsdidaktik wurde erstmals durch die Einrichtung des Deutschen Museumsbundes 1917 und des Internationalen Museumsrats ICOM (International Council of Museums), die zusammen mit der CECA (Council of Education and Cultural Action) in Paris gegründet wurden, professionalisiert. Eine Institutionalisierung der Museumspädagogik fand in den 1960er Jahren statt, als die Bildungsangebote von verantwortlichem Personal sowohl museumsintern, als auch extern, organisiert in...

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